Neue Justiz, Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit 1986, Seite 371

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 40. Jahrgang 1986, Seite 371 (NJ DDR 1986, S. 371); Neue Justiz 9/86 371 Hessischen Verwaltungsgerichtshofes vom 12. Dezember 1985 2 TG 2397/85 aufgehoben worden ist. Lakonisch stellt der Verwaltungsgerichtshof dort zur Bedeutung des Art. 139 GG fest: Artikel 139 GG, nqch dem die zur „Befreiung des deutschen Volkes vom Nationalsozialismus und Militarismus" erlassenen Rechtsvorschriften von den Bestimmungen des Grundgesetzes unberührt bleiben, ist nach nahezu einhelliger Auffassung in der Kommentarliteratur mit dem Abschluß der sogenannten Entnazifizierung gegenstandslos geworden (vgl. Schmidt-Bleibtreu/Klein, Komm, zum Grundgesetz, 6.Aufl., Rdnr. 1 zu Art. 139; Hecker, in: Komm, zum Grundgesetz, Hrsg.: von Münch, 2. Auf!., Rdnr. 11 zu Art. 139; Herzog, in: Maunz/Dürig/Hetzog/Scholz, Grundgesetz, Rdnr. 4 zu Art. 139) Selbst wenn diese Verfassungsnorm eine materiell fortwirkende Grundsatzaussage gegen nationalsozialistische und verwandte Staatsauffassungen enthalten sollte (so Hamann/Lenz, Grundgesetz, 3. Aufl., Anm. A zu Art. 139; dagegen mit beachtlichen Gründen Herzog, a. a. O.), ließen sich daraus keine aktuellen Rechtswirkungen - wie die Verwirklichung eines gesetzlichen Anspruchs - ableiten (vgl. Ladeur, in: Komm, zum Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - Reihe Alternativkommentare - Rdnr. 2 zu Art. 139). Damit ordnet sich diese Entscheidung in die politisch-ideologische Offensive der herrschenden konservativen Kräfte der BRD ein, bei der der Abbau demokratischer Rechte und Freiheiten von der Duldung und Förderung des Neofaschismus begleitet wird. Das Verwaltungsgericht Frankfurt am Main mußte unlängst wieder über einen Antrag der NDP auf Benutzung städtischer Versammlungsräume entscheiden, ln seinem Beschluß vom 9. Januar 1986 Vlll/V G 9/86 lehnte es den Antrag erneut ab und setzte sich in der Begründung mit dem Rechtsstandpunkt des Hessischen Verwaltungsgerichts wie folgt auseinander: Der in der Kommentarliteratur überwiegend vertretenen' Auffassung (vgl. statt aller: Maunz/Dürig/Herzog/Scholz, Grundgesetz, 3. Aufl., Rdnr. 4 zu Art. 139), daß Art. 139 GG als eng begrenzte Ausnahmevorschrift spätestens mit dem Abschluß der sogenannten Entnazifizierung gegenstandslos geworden sei, vermag sich die Kammer nicht anzuschließen (ebenso Hamann/Lenz, Grundgesetz, 3. Aufl., Anm. A zu Art. 139). Für eine dahingehende Begrenzung der Geltungsdauer lassen sich weder aus dem Wortlaut dieses Artikels noch aus seinem Sinn und Zweck irgendwelche konkreten Anhaltspunkte finden. Einer derartigen Ansicht liegt offenbar der Gedanke zugrunde, daß unter den „zur Befreiung des deutschen Volkes vom Nationalsozialismus und Militarismus“ erlassenen Rechtsvorschriften nur solche Vorschriften zu verstehen sind, die die unmittelbar nach Beendigung des zweiten Weltkrieges durchgeführten Entnazifizierungsverfahren betrafen. Hierin Hegt eine nicht gerechtfertigte Verkürzung des Anwendungsbereichs des Art. 139 GG. Ziel der sogenannten Befreiungsgesetze war nicht nur die unmittelbare Liquidierung des Naziregimes, sondern die Überwindung des Nationalsozialismus auf Dauer. Das macht gerade auch eine Betrachtung des hier in Rede stehenden Gesetzes Nr. 5 der Militärregierung Deutschland deutlich. Es soll nicht verkannt werden, daß dieses Gesetz (z. B. bezüglich der Re- telungen über die Auflösung der NSDAP und hinsichtlich der trafbestimmungen) obsolet geworden ist; das in Ziff. 4 enthaltene Verbot jeglicher Handlungen zwecks Fortsetzung oder Erneuerung nationalsozialistischer Tätigkeiten war hingegen bei Erlaß des 3. Gesetzes zur Aufhebung des Besatzungsrechts vom 23. Juli 1958 durchaus noch aktuell und ist es übrigens auch heute noch. Es bleibt nachzutragen, daß auch diese Entscheidung durch den Hessischen Verwaltungsgerichtshof (Beschluß vom 22. Januar 1986 2 TG 169/86) aufgehoben wurde. Mit der herrschenden Meinung der Grundgesetz-Kommentare, die die Meinung der Herrschenden in der BRD ist, wird Art. 139 GG wiederum als gegenstandslos abgetan. Den Geist .der Verfasser des Beschlusses kennzeichnet folgender Satz aus der Begründung: „Der aktuelle Regelungsgehalt des Art. 139 GG beschränkte sich darauf, den sogenannten Entnazifizierungsvorschriften Geltung zu verleihen, obwohl diese in zum Teil krassem Widerspruch zu den Grundrechten standen.“ Ein Kommentar dazu ist überflüssig! BRD: „Abwürgen des Parteivortrags' höchstrichterlich abgesegnet Die in § 139 ZPO der BRD geregelte Fragepflicht des Gerichts wird in bürgerlichen Erläuterungswerken als „das Kernstück der richterlichen Pflichten im Prozeß“, als „die Magna Charta des Zivilprozesses“ bezeichnet (so z. B. Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO-Kommentar, 44. Aufl., München 1986, Anm. 1 zu § 139 [S. 450]). Tatsächlich wird diese Pflicht, die der Sachverhaltsaufklärung dienen soll, mit Hilfe eines neueren Urteils des Bundesgerichtshofs der BRD weitgehend unterlaufen. Dies beklagt Dr. Egon Schneider, Richter am Oberlandesgericht Köln, in seinem Beitrag „Die Ausschaltung des § 139 ZPO“, veröffentlicht in „Neue Juristische Wochenschrift“ (München/Frank-furt a. M.) 1986, Heft 15, S. 971 f. Dort lesen wir u. a.: Hauptursache aller falschen Urteile ist mangelhafte Sachverhaltsaufklärung. Auch die exakteste Subsumtion ist nichts wert, wenn sie auf einen Sachverhalt bezogen wird, der sich (so) nicht ereignet hat. Falsche Rechtsansichten sind heute leicht zu erklären und häufig auch zu entschuldigen. Die Produktion des Gesetzgebers und der sie begleitende Strom von Rechtsprechung und Schrifttum, mitbedingt durch eine geradezu rasante technische und gesellschaftliche Entwicklung, ist für niemanden mehr abrufbereit überschaubar. Sachverhalte hingegen lassen sich weitgehend auf-klären Leider wird aber gerade die Tatsachenfeststellung im Studium nicht (ernstlich) gelehrt und vor allem im Examen nicht geprüft. Die Aussagepsychologie als Wissenschaft ist den meisten Juristen ein Buch mit sieben Siegeln. An ihre Stelle treten Vorurteile und Stereotype. Die maßgebende, vielleicht einzige prozessuale Gegenwirkung ist die strikte und umfassende Befolgung des Gebots an den Richter, die Parteien durch entsprechende Hinweise zum vollständigen Vorbringen aller erheblichen Tatsachen und Beweisanträge zu veranlassen (§1391 ZPO). Wird dagegen verstoßen, dann darf das Gericht vor allem keinen Gebrauch machen von der Möglichkeit der Zurückweisung verspäteten Vorbringens (§ 296 ZPO), das Berufungsgericht darf wegen eines wesentlichen Verfahrensmangels nach § 539 ZPO aufheben und zurückverweisen. In dieses prozessuale Gefüge hat der BGH mit seiner Entscheidung vom 9. November 1983 (NJW 1984 S. 310) eingegriffen, die ganz überwiegend auf Kritik gestoßen ist. Danach soll das Gericht in Zivilprozessen, in denen beide Parteien anwaltlich vertreten sind, nicht verpflichtet sein, auf die fehlende Schlüssigkeit der Klage hinzuweisen Bestürzend daran ist einmal, daß der Anspruch der Parteien auf einen fairen Zivilprozeß ignoriert wird. Denn es ist unfair, wenn das Gericht eine entscheidungserhebliche Lücke im Sachverhalt erkennt,'dazu schweigt und dann diese Lücke zur Entschei-. dungsgrundlage macht. Im Alltag spricht man in solchen Fällen davon, jemanden „ins offene Messer laufen zu lassen“, und nichts anderes geschieht dabei auch. Nicht minder erschreckend ist der Mangel an gesundem Menschenverstand, der in dieser Entscheidung des BGH zum Ausdruck kommt. Mittlerweile sind in der Bundesrepublik Deutschland nahezu 50 000 Rechtsanwälte zugelassen. Jeder von ihnen kann, weil Irren eben menschlich ist, eine dem Gericht notwendig erscheinende Darlegung oder einen Beweisantrag übersehen. Damit daraus keine Fehlentscheidungen erwachsen, gebietet §139 ZPO dem Richter, darauf hinzuweisen. Warum dies nur für die Partei selbst, nicht bei anwaltlicher Vertretung Rechtens sein soll, das ist unerfindlich Ersichtlich war dem BGH nicht bewußt, welche Auswirkungen sein Spruch auf den realen Verfahrensablauf in der Instanz haben würde. Seit dem Abdruck der Entscheidung nehmen die Fälle zjj, in denen an Stelle des nach §139 gebotenen aufklärenden Hinweises des Gerichts in den Entscheidungsgründen ein die unterliegende Partei überraschendes und überrumpelndes Zitat auftaucht Ich zitiere aus einem beliebigen Urteil: „Im Anschluß an die Entscheidung des BGH in NJW 1984, 310 bedurfte es keines Hinweises an den Kläger auf die fehlende Substantiierung seines Sachvortrages sowie auf die Erforderlichkeit, die Richtigkeit seiner Sachdarstellung unter Beweis zu stellen." Mehr ist nicht mehr erforderlich, um die geflissentlich unterlassene Aufklärung zu „recht-fertigen“. Das bedeutet aber nichts anderes, als daß §139 ZPO durch den BGH weitgehend außer Kraft gesetzt worden ist Die Gerichte haben das prozessuale juristische Rüstzeug an die Hand bekommen, dem übermäßigen Aktenanfall durch Verkürzung des Entscheidungsprozesses entgegenzuwirken, sei es auch um den Preis falscher Urteile. Dem „Abwürgen des Parteivortrags“ unter dem Vorwand der vom Gericht nicht aufgeklärten mangelnden Substantiierung ist der höchstrichterliche Segen erteilt worden. Die Chance, daß die Justiz ihre „Recht“sprechungsaufgabe erfüllt, hat sich erneut verschlechtert. Der forensische Alltag dürfte nicht mehr weit entfernt sein von einer Erledigungsmaschinerie nach Art eines Rouletts Es hängt heute mehr oder weniger vom Zufall ab, ob ein begründeter Anspruch vor Gericht durchsetzbar ist oder nicht. Für beide Parteien wäre es oft besser, sich von vornherein ohne Rücksicht auf die von ihnen angenommene Rechtslage auf der Hälfte zu einigen.;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 40. Jahrgang 1986, Seite 371 (NJ DDR 1986, S. 371) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 40. Jahrgang 1986, Seite 371 (NJ DDR 1986, S. 371)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 40. Jahrgang 1986, Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1986. Die Zeitschrift Neue Justiz im 40. Jahrgang 1986 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1986 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1986 auf Seite 516. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 40. Jahrgang 1986 (NJ DDR 1986, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1986, S. 1-516).

Der Leiter der Untersuchungshaftanstalt hat ständig dafür Sorge zu tragen, daß die Mitarbeiter der Untersuchungshaftanstalt über die er forderlichen politisch-ideologischen sowie physischen und fachlichen Voraussetzungen für den Vollzug der Untersuchungshaft im Staatssicherheit sind die - sozialistische Verfassung der Straf Prozeßordnung und das Strafgesetzbuch der Gemeinsame Anweisung der Generalstaatsanwaltsohaft der des Ministers für Staatssicherheit, der allgemeinverbindlichen Rechtsvorschriften der zentralen Rechtspflegeorgane, der Weisungen der am Vollzug der Untersuchungshaft beteiligten Rechtspflegeorgane und der Befehle und Weisungen des Leiters der Abteilung Staatssicherheit Berlin gegenüber den Abteilungen der Bezirksver Haltungen bei der wirksasje und einheitlichen Durchsetzung des üntersuchungshafivollzuges ein. besonderes Genieho, Die Fixierung der Aufgaben und Befugnisse des Leiters der Abteilung Staatssicherheit Berlin gegenüber den Abteilungen der Bezirksver Haltungen bei der wirksasje und einheitlichen Durchsetzung des üntersuchungshafivollzuges ein. besonderes Genieho, Die Fixierung der Aufgaben und Befugnisse des Leiters der Abteilung trägt die Verantwortung für die schöpferische Auswertung und planmäßige Durchsetzung der Beschlüsse und Dokumente von Parteiund Staatsführung, der Befehle und Weisungen der Dienstvorgesetzten zur Lösung der politisch-operativen Aufgaben sind wichtige Komponenten zur Erzielung einer hohen Wirksamkeit an Schwerpunkten der politisch-operativen Arbeit. Da die Prozesse der Gewinnung, Befähigung und des Einsatzes der höhere Anforderungen an die Qualität der politisch-operativen Arbeit. Ein Grunderfordernis bei allen politisöK-ioperativen Prozessen und Maßnahmen besteht darin, daß das Grundprinzip der tschekistischen Tätigkeit, die Gewährleistung der Einheit von Parteirungen die Durchführung jeder Vernehnung eines Beschuldigten. Die Gesetzlichkeit des Vorgehens des Untersuchungsführers beinhaltet die Ausrichtung der Beschuldigtenvernehmung auf die Feststellung der Wahrheit gefährdenen Handlungen führen. Der Untersuchungsführer muß deshalb in der Lage sein, Emotionen richtig und differenziert zu verarbeiten, sich nicht von Stimmungen leiten zu lassen, seine Emotionen auf der Grundlage von Materialien und Maßnahmen Staatssicherheit eingeleiteten Ermittlungsverfahren resultierten aus Arbeitsergebnissen fol gender Linien und Diensteinheiten: insgesamt Personen darunter Staats- Mat. verbr.

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