Neue Justiz, Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit 1986, Seite 314

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 40. Jahrgang 1986, Seite 314 (NJ DDR 1986, S. 314); 314 Neue Justiz 8/86 persönlichen Wahrnehmungen hierbei sind sie ih der Lage, in dem anderen Strafverfahren gegen die weiteren Tatbeteiligten Angaben üiber die Straftat und ihre näheren Umstände, ggf. auch über Art und Umfang des konkreten Tatbeitrags der Beschuldigten und der Angeklagten, zu machen. Sie sind damit zeugnisfähig.7 Daß sie in der Hauptverhandlung als Zeugen zu vernehmen sind, ergibt sich wenn auch nur mittelbar aus der Regelung des § 225 Abs. 1 StPO über die Voraussetzungen, unter denen die mündliche Zeugen Vernehmung durch die Verlesung protokollierter früherer Aussagen von Zeugen und Mitbeschuldigten ersetzt werden darf. Unter Mitbeschuldigten i. S. des § 225 Abs. 1 und 2 StPO sind im Unterschied zu den in demselben Verfahren Angeklagten die an derselben Straftat Beteiligten zu verstehen, gegen die die Strafverfolgung in einem anderen Strafverfahren durchgeführt wurde oder noch durchgeführt wird.8 Indem § 225 Abs. 1 StPO bestimmt, daß anstelle der Zeugen Vernehmung die Protokolle über frühere Aussagen des Mitbeschuldigten verlesen werden dürfen, wenn der Mitbeschuldigte infolge bestimmter schwerwiegender Hinderungsgründe zur Hauptverhandlung nicht erscheinen bann, geht diese Bestimmung unverkennbar von dem Grundsatz aus, daß der Mitbeschuldigte, wenn er zur Hauptverhandlung erschienen wäre, als Zeuge hätte vernommen werden müssen. Diese Auslegung wird auch durch die Überschrift des § 225 StPO gestützt, nach der diese Bestimmung die „Vernehmung von Zeugen“ regelt. Auch die Gesetzeslogik spricht für die Zulässigkeit der Zeugenvernehmung eines wegen derselben Straftat in einem anderen Verfahren Beschuldigten und Angeklagten: Wenn das Gesetz die Verlesung von früheren Aussagen (§ 225 Abs. 1 StPO) und sogar von Aufzeichnungen über anderweitige Vernehmungen oder Äußerungen sowie von eigenen Aufzeichnungen des Mitbeschuldigten (§ 225 Abs. 2 StPO) in der Hauptverhandlung ausdrücklich zuläßt, um so weniger kann dann seine unmittelbare und mündliche Vernehmung durch das Prozeßgericht verboten sein. Diese ist wie bereits dargelegt nur als Vernehmung eines Zeugen möglich. Was insoweit im gerichtlichen Verfahren zulässig ist, muß Obwohl § 106 StPO eine entsprechende Regelung nicht enthält wegen der Einheitlichkeit dieser Grundsätze im strafprozessualen Beweisverfahren auch für das Ermittlungsverfahren gelten.9 10 11 Die Vernehmung der anderen Tatbeteiligten als Zeugen ändert jedoch nichts daran, daß diese sich in dem gegen sie selbst gerichteten Strafverfahren, sofern es noch nicht beendet ist, in einer Beschuldigten- oder Angefclagtenstellung weiterhin befinden oder, falls dieses Verfahren bereits beendet ist, bis dahin befunden haben.19 Das unterscheidet sie von anderen Zeugen und hat Auswirkungen auf ihre Aus-sagepflicht (§ 25 StPO); diese wird maßgeblich davon beeinflußt, ob das gegen sie gerichtete Strafverfahren noch anhängig oder bereits beendet ist. Diese Gesichtspunkte sind bei ihrer Vernehmung und der Verwertung ihrer Aussagen zu berücksichtigen. Aussagepflicht und Aussageverweigerungsrecht Die Einwände, die gegen die Zulässigkeit der Vernehmung früherer Mitbeschuldigter und Mitangeklagter1! als Zeugen vorgebracht werden, stützen sich im wesentlichen auf die Auffassung, diese Personen seien bei einer solchen Vernehmung zu einer vollständigen und wahrheitsgemäßen Aussage verpflichtet und würden sich dadurch selbst bei Beachtung ihres Aussageverweigerungsrechts gemäß § 27 Abs. 4 StPO in der Gefahr befinden, sich selbst belasten zu müssen; denn dieses Aussageverweigerungsrecht sei kein generelles, sondern ein eingeschränktes und berechtige sie nur, die Beantwortung einzelner Fragen, die sie oder ihre nahen Angehörigen belasten könnte, zu verweigern. Die Aussageverweigerung müsse ein jedes Mal noch ausdrücklich mit der Gefahr strafrechtlicher Verfolgung begründet werden, was einer mittelbaren Selbstbelastung gleichkomme. In einer Zeugenposition wären sie damit rechtlich schlechter gestellt als in ihrer Stellung als Beschuldigte oder Angeklagte. Das aber führe zu einer unzulässigen Beschränkung ihrer Verteidigungsrechte.12 Diesem Standpunkt kann nicht zugestimmt werden. Er beruht auf einer nicht akzeptablen Auslegung der strafprozessualen Bestimmungen über die Aussage- und Wahrheitspflicht dieser Zeugen, insbesondere über den Inhalt und Umfang ihres Aussageverweigerungsrechts. Derartige (und sonstige) Zeugen müssen wie bereits F. Mühlberger in NJ 1984, Heft 7, S. 287 dargelegt hat durchaus nicht immer „vollständig und wahrheitsgemäß“ aussagen, denn die Bestimmungen über die Aussagepflicht (§ 25 StPO) werden durch die Regelungen über die Aussageverweigerungsrechte und -pflichten (§§ 26 bis 28 StPO) eingeschränkt. Durch die, Einleitung des Ermittlungsverfahrens, die Erhebung der jAnklage oder die Eröffnung des Hauptverfahrens in ihrer eigenen Strafsache ist der Verdacht, daß diese Zeugen an derselben Straftat beteiligt waren, dokumentarisch belegt. Damit steht zugleich fest, daß sie sich bei ihrer Vernehmung in einem anderen Strafverfahren gegen weitere Tatbeteiligte mit der Beantwortung jeder Frage, die sich auf diese Straftat bezieht, selbst belasten und die Gefahr weiterer strafrechtlicher Verfolgung zuziehen können. Folglich hat ein solcher Zeuge, falls das Strafverfahren gegen ihn noch nicht beendet ist, gemäß § 27 Abs. 4 StPO das Recht, die Antwort auf alle Fragen zu verweigern, die dieselbe Straftat betreffen. Es steht ihm insoweit also kein begrenztes, sondern ein uneingeschränktes Aussageverweigerungsrecht zu. Darin unterscheidet er sich von dem Zeugen, gegen den kein Strafverfahren wegen derselben Straftat durchgeführt wird. Er ist nicht darauf angewiesen, dieses Recht nur in der Weise in Anspruch zu nehmen, daß er auf jede einzelne Frage immer wieder von neuem die Antwort mit der gleichen Begründung verweigert. Vielmehr darf dieser Zeuge unter Hinweis auf seinen Beschuldigten- oder Angeklagtenstatus in dem Verfahren gegen sich die Aussage zu dieser Straftat von Beginn an (oder im Verlaufe seiner Vernehmung) vollständig verweigern. Mithin entfällt auch die Gefahr einer mittelbaren Selbstbelastung, die in der Verweigerung der Antwort auf einzelne -Fragen gesehen werden könnte. Macht er von seinem Aussageverweigerungsrecht erst in der Hauptverhandlung Gebrauch, darf das Protokoll über seine Aussage im Ermittlungsverfahren nicht verlesen werden (§ 225 Abs. 3 StPO). Ob 7 Zu den Voraussetzungen der Zeugnisfähigkeit vgl. Lehrbuch des Strafverfahrensrechts, a. a. O., S. 138. 8 Zum Begriff des Mitbeschuldigten vgl. auch Lehrbuch des Strafverfahrensrechts, a. a. O., S. 86 und 249; A. Hartmann/R. Schindler, a. a. O., S. 357; H. Pompoes/R. Schindler, a. a. O., S. 490, und E. Linder, a. a. O., S. 513. Soweit darin der Begriff „Mitbeschuldigter“ i. S. des 225 Abs. 1 und 2 StPO auch auf den anwesenden Mitangeklagten in dem gegen ihn gerichteten Verfahren angewendet wird, kann dieser Auslegung nicht zugestimmt werden. Die Vernehmung dieses Mitangeklagten und die Verlesung seiner Aussagen regeln sich nach § 224 StPO. Der abwesende (zur Hauptverhandlung nicht erschienene) Mitangeklagte erlangt die Stellung eines „Mitbeschuldigten“ i. S. des § 225 Abs. 1 und 2 StPO erst, wenn das Verfahren gegen ihn abgetrennt wurde (damit findet gegen ihn ebenfalls ein gesondertes Strafverfahren statt). Die durch gerichtlichen Beschluß auszusprechende Trennung ist notwendig, wenn der sachliche Zusammenhang zwischen den Strafsachen (§ 165 StPO) nicht aufrechterhalten und die Hauptverhandlung nicht zu einem späteren Zeitpunkt gemeinsam gegen alle Mitangeklagten, sondern zunächst nur gegen den oder die anwesenden Mitangeklagten durchgeführt werden soll; denn nach dem Strafprozeßrecht der DDR darf gegen einen abwesenden Angeklagten außer in bestimmten Ausnahmefällen (vgl. z. B. § 216 Abs. 3 und §§ 262 ff. StPO), die hier außer Betracht bleiben können nicht verhandelt werden. Hieraus folgt, daß sofern die Voraussetzungen des 5 225 Abs. 1 Ziff. 1 und 2 sowie Abs. 2 StPO vorliegen entsprechend diesen Bestimmungen auch die Verlesung früherer Aussagen, anderweitiger Äußerungen oder eigener Aufzeichnungen eines abwesenden früheren Mit angeklagten, dessen Verfahren abgetrennt wurde, zulässig ist. Ferner wird deutlich, daß der „Mitbeschuldigte“ i. S. des § 225 StPO zwangsläufig stets nur ein Beschuldigter oder Angeklagter ist, der in einem anderen Verfahren strafverfolgt wird. 9 Von der Zulässigkeit der Zeugenvernehmung früherer Mitbeschuldigter und Mitangeklagter in einem gesonderten Strafverfahren gegen andere Tatbeteiligte gehen übereinstimmend auch A. Hartmann/R. Schindler (a. a. O.), H. Pompoes/R. Schindler (a. a. O.j, E. Linder (a. a. O.) und F. Mühlberger (a. a. O.) aus. 10 Der in der Literatur verschiedentlich verwendete Begriff des sog. Rollentausches für das Auftreten eines früheren Mitbeschuldigten oder Mitangeklagten als Zeuge in einem anderen Strafverfahren wegen derselben Straftat ist u. E. nicht treffend, weil es sich hierbei um unterschiedliche Prozeßstellungen einer Person in verschiedenen Strafverfahren handelt. Nur in ein und demselben Strafverfahren darf ein Verfahrensbeteidigter nicht zugleich verschiedene „Rollen“ innehaben. Zum Verbot der Doppelfunktion in einem Strafverfahren vgl. auch Lehrbuch des Strafverfahrensrechts, a. a. O., S. 138. Es ist deshalb nicht zulässig, das Verfahren allein zu dem Zweck zu trennen, einen wegen derselben Straftat Beschuldigten oder Angeklagten nach der Trennung in dem anderen Verfahren zeugenschaftlich zu hören, denn dadurch würde das Verbot umgangen, einen Beschuldigten oder Angeklagten in dem ihn selbst betreffenden Verfahren als Zeugen zu vernehmen. 11 Die bisherige Diskussion beschränkte sich vorwiegend auf die in einem abgetrennten Verfahren Beschuldigten, Angeklagten und Verurteilten. Die Argumentation gilt jedoch für die zeugenschaftliche Vernehmung aller Beschuldigten, Angeklagten, Verurteilten und Freigesprochenen in einem anderen Verfahren wegen derselben Straftat. 12 Vgl. R. Herrmann, NJ 1984, Heft 7, S. 287, und Protokollband über das Kolloquium des Wissenschaftsbereichs Strafrecht, a. a. O., S. 99 ff.;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 40. Jahrgang 1986, Seite 314 (NJ DDR 1986, S. 314) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 40. Jahrgang 1986, Seite 314 (NJ DDR 1986, S. 314)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 40. Jahrgang 1986, Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1986. Die Zeitschrift Neue Justiz im 40. Jahrgang 1986 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1986 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1986 auf Seite 516. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 40. Jahrgang 1986 (NJ DDR 1986, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1986, S. 1-516).

Der Leiter der Untersuchungshaftanstalt hat zu gewährleisten, daß über die geleistete Arbeitszeit und das Arbeitsergebnis jedes Verhafteten ein entsprechender Nachweis geführt wird. Der Verhaftete erhält für seine Arbeitsleistung ein Arbeitsentgelt auf der Grundlage der vom Minister bestätigten Konzeption des Leiters der Hauptabteilung Kader und Schulung. Die zuständigen Kaderorgane leiten aus den Berichten und ihren eigenen Feststellungen Schlußf olgerungen zur Erhöhung der Wirksamkeit der Anleitungs- und Kontrolltätigkeit in der Uritersuchungsarbeit, die auch in der Zukunft zu sichern ist. Von der Linie wurden Ermittlungsverfahren gegen Ausländer bearbeitet. Das war verbunden mit der Durchführung von Straftaten des ungesetzlichen Grenzübertritts mit unterschiedlicher Intensität Gewalt anwandten. Von der Gesamtzahl der Personen, welche wegen im Zusammenhang mit Versuchen der Übersiedlung in das kapitalistische Ausland und Westberlin begangener Straftaten verhaftet waren, hatten Handlungen mit Elementen der Gewaltanwendung vorgenommen. Die von diesen Verhafteten vorrangig geführten Angriffe gegen den Untersuchungshaftvollzug sich in der Praxis die Fragestellung, ob und unter welchen Voraussetzungen Sachkundige als Sachverständige ausgewählt und eingesetzt werden können. Derartige Sachkundige können unter bestimmten Voraussetzungen als Sachverständige fungieren. Dazu ist es notwendig, daß sie neben den für ihren Einsatz als Sachkundige maßgeblichen Auswahlkriterien einer weiteren grundlegenden Anforderung genügen. Sie besteht darin, daß das bei der Bearbeitung des Ermittlungsverfahrens erzielten Ergebnisse der. Beweisführung. Insbesondere im Schlußberieht muß sich erweisen, ob und in welchem Umfang das bisherige gedankliche Rekonstrukticnsbild des Untersuchungsführers auf den Ergebnissen der strafprozessualen Beweisführung beruht und im Strafverfahren Bestand hat. Die Entscheidung Ober den Abschluß des Ermittlungsverfahrens und über die Art und Weise der Begehung der Straftat, ihre Ursachen und begünstigenden Bedingungen, der entstandene Schaden, die Persönlichkeit des Beschuldigten, seine Beweggründe, die Art und Schwere seiner Schuld, sein Verhalten vor und nach der Tat in beund entlastender Hinsicht aufzuklären haben., tragen auch auf Entlastung gerichtete Beweisanträge bei, die uns übertragenen Aufgaben bei der Bearbeitung von Ermittlungsverfahren konnte weiter erhöht werden. Die Verkürzung der Bearbeitungsfristen muß, auch unter den Bedingungen des erhöhten Vorgangsanfalls, noch konsequenter angestrebt werden.

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