Neue Justiz, Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit 1983, Seite 497

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 37. Jahrgang 1983, Seite 497 (NJ DDR 1983, S. 497); Neue Justiz 12/83 497 tismen zeigen sich in der Regel in Gestalt von Fertigkeiten und positiven Gewohnheiten. Nur ein sehr kleiner Teil von ihnen ist angeboren, wie z. B. die motorischen Abwehrreaktionen in bestimmten Gefahrensituationen. Die Fähigkeiten der Kraftfahrer entwickeln sich von einer Bedientechnik (z. B. beim Schalten, Kuppeln), für die Überlegungen etwa über die Lage der einzelnen Gänge und die zu ihrer Wahl notwendigen Handgriffe notwendig sind, bis hin zum weitgehend bewußtseinsunabhängigen, „automatischen“ Vollzug komplexer Abläufe im Fahrzeug (Einheit von Kuppeln und Schalten). Der moderne Straßenverkehr fordert, daß bereits der Absolvent einer Fahrschule über solche Automatismen-verfügt, die es ihm ermöglichen, „ohne Zwischenschalten von Reaktionszeiten und Entscheidungsprozessen und damit auch mit kürzeren Reaktionszeiten Handlungen oder eine Folge von Handlungen ablaufen zu lassen“.3 Die Automatismen sind also unerläßliche Voraussetzung, um Bewußtseinskdpazität für die im Straßenverkehr wesensmäßig vorherrschenden Entscheidungen zur Verfügung zu haben, wie z. B. die hier zu diskutierenden Urteilsmechanismen über die angemessene Geschwindigkeit. Auch unter diesem Aspekt ist eine höhere Qualität der Fahrschulausbildung zu fordern. Im Gegensatz zu den meisten anderen Wirtschaftsbereichen, in denen z. B. der Jungfacharbeiter in der Regel nicht sofort mit den kompliziertesten Aufgaben konfrontiert werden muß, erlauben die Anforderungen an den Kraftfahrer kaum eine didaktische Stufung. Der Absolvent der Fahrschule kann bereits in der ersten Stunde des selbständigen Fahrens äußerst komplizierten Bedingungen gegenüberstehen. Außerdem gibt es in der Verkehrspraxis für das eigene Handeln keine zuverlässige Korrekturfunkti'on (wie etwa die Gütekontrolle über ein Werkstück), denn wer als Kraftfahrer etwa gleichrangige Kreuzungen unangemessen schnell befährt, muß keineswegs unabdingbar mit negativen Konsequenzen rechnen. Zugleich gilt andererseits, daß von seiten der Verkehrsplaner bzw. -Organisatoren möglichst komplizierte, d. h. vielfältige Überlegungen verlangende Situationen vermieden werden sollten, um den Fahrzeugführer nicht zu überfordern. Als Beispiel sei hier an das Aufstellen von Verkehrszeichen gedacht. Nicht selten sind besonders in Großstädten mehrere Verkehrszeichen angebracht, die gleichzeitig wahrzunehmen sind. Je mehr Verkehrszeichen an einer Stelle aufgestellt werden, desto weniger Fahrzeugführer erkennen diese richtig. Besonders die optische Wahrnehmung hat für die Wahl der angemessenen Geschwindigkeit eine große Bedeutung.4 Hier kommt es vor allem darauf an, die wahrgenommenen Informationen richtig zu verarbeiten. Dafür ist neben der Kenntnis aller einschlägigen Vorschriften, hinreichend auffälliger und sicher begreifbarer Gestaltung der Informationsträger und dem durch Tauglichkeitsvorschriften bestimmten Maß an Seh- bzw. komplexem Wahrnehmungsvermögen noch vorauszusetzen: Ein möglichst vielfältiges handhabbares Instrumentarium an weitgehend automatisierten Bedien- und Anpassungstechniken, anwendbares Wissen über psychophysische Gesetzmäßigkeiten der Geschwindigkeitswahrnehmung einschließlich möglicher Täuschungen und nicht zuletzt die als Charaktermerkmal zu verstehende Grundeinstellung, die die Nutzungsbereitschaft vorhandener Fähigkeiten und Fertigkeiten regelt. Diese Grundeinstellung scheint nicht selten zu fehlen, denn viele Unfälle wegen unangemessener Geschwindigkeit ereignen sich auf den dem Fahrzeugführer bekannten Strecken. Rechtliche Orientierungshilfen zur Wahl der angemessenen Geschwindigkeit Von grundlegender Bedeutung für die Sicherheit und Flüssigkeit des Straßenverkehrs ist m. E. die richtige Einstellung der Kraftfahrer zu den gesetzlichen Geschwindigkeitsbestimmungen und ihrem Verhältnis zueinander. So ist die Vorschrift über die Wahl der angemessenen Geschwindigkeit (§ 12 Abs. 1 StVO) die entscheidende Norm und nicht das formale Einhalten der in § 12 Abs. 2 StVO festgelegten zulässigen Höchstgeschwindigkeit. Die zulässige Höchstgeschwindigkeit bestimmt den Rahmen, in dem die angemessene Geschwindig- keit festzulegen ist. Mit dieser Einstellung sowie der Verantwortungsbewußten Wahrnehmung der Verkehrsbedingungen und der Fahrbahn-, Sicht- und Witterungsverhältnisse kann die angemessene Geschwindigkeit richtig ermittelt werden.5 Es gibt jedoch auch Situationen, in denen der Fahrzeugführer trotz Beachtens der eben genannten Faktoren die Notwendigkeit der Verminderung der Fahrgeschwindigkeit nicht ohne weiteres erkennen kann. Hier sollten Entscheidungshilfen in Form von Verkehrszeichen (z. B. Warnzeichen) gegeben werden, die allerdings nach Anzahl und Auswahl sehr differenziert und sorgfältig zu bestimmen sind. Sie sollten nur dort aufgestellt werden, wo der Fahrzeugführer unbedingt eine Orientierung erhalten muß. Wird eine Gefahrensituation durch ein Warnzeichen angezeigt, so weiß der Fahrzeugführer zunächst nicht, welche Geschwindigkeit er konkret zu wählen hat. Es wäre m. E. durchaus überlegenswert, für bestimmte Verkehrszeichen (z. B. Wild, Bild 120 der Anlage 2 zur StVO) Minderungsgeschwindigkeiten festzulegen, die dem Fahrzeugführer sagen, um wieviel er die Geschwindigkeit mindern sollte. Das sollte aber nicht dogmatisch, sondern nur im Einklang mit der verantwortungsbewußten Wahrnehmung des gesamten Verkehrsgeschehens erfolgen. Verschlechtern sich z. B. die Sichtverhältnisse, so ist selbstverständlich auch eine niedrigere Geschwindigkeit als die vorgegebene zu wählen. Innerhalb von Ortschaften ereigneten sich 68,1 Prozent der Verkehrsunfälle insgesamt. Die angemessene Geschwindigkeit hat auch hier eine besondere Bedeutung, was am Beispiel von Wohngebietsstraßen dargestellt wird. Wohngebietsstraßen, die in der Regel keine Hauptstraßen sind und z. B. eine geringe Fahrbahnbreite sowie eine Fahr- und Gehbahn in gleicher Höhe haben können, sind vom Charakter her anders einzuordnen als beispielsweise Hauptverkehrsstraßen. Hier kommt es namentlich zum Schutz der Fußgänger und Radfahrer darauf an, eine angemessene Geschwindigkeit zu wählen. Der hin und wieder erhobene Einwand, daß auch bei 20 km/h Verkehrsunfälle nicht hundertprozentig auszuschließen sind, ist zwar richtig. Bei der Wahl der angemessenen Geschwindigkeit sollte jedoch in erster Linie von den möglichen Unfallfolgen für Fußgänger und Radfahrer ausgegangen werden. Vorliegende Analysen sagen aus, daß Unfälle, die sich bei einer Geschwindigkeit bis zu 30 km/h ereignen, für den angefahrenen Fußgänger oder Radfahrer nicht mit dem Tod oder mit Invalidität enden. Wird aber bereits eine um 5 km/h höhere Geschwindigkeit gewählt, so steigt die Schwere der Unfallfolgen jeweils um 20 Prozent.6 Da auch der Anhalteweg bei 30 km/h etwa um die Hälfte kleiner als bei 50 km/h ist, wären als Geschwindigkeit in Wohngebietsstraßen 30 km/h vorzuschlagen, die den Anforderungen nach Sicherheit und Flüssigkeit des Straßenverkehrs sowie der Lärmminderung weitestgehend entsprechen. Um die hier dargestellte Möglichkeit der Geschwindigkeit von 30 km/h in Wohngebietsstraßen durchzusetzen, wäre entweder der Wortlaut des § 12 Abs. 1 StVO so zu ändern, daß sich aus dem Charakter der Straße die angemessene Geschwindigkeit ergibt, oder nach der geltenden Fassung des § 12 Abs. 1 StVO im Wege der Auslegung in der Verkehrserziehung auf die angemessene Geschwindigkeit in Wohngebietsstraßen hinzuweisen. Der Kommentar zur StVO und andere Anleitungsdokumente sollten auf die empfohlene Geschwindigkeit von 30 km/h für Wohngebietsstraßen orientieren. 1 2 3 4 5 6 1 Diese Untersuchungen und deren Einschätzung Insbesondere unter psychologischen Aspekten wurden unter Mitarbeit von Diplompsychologen Siegfried Graf vorgenommen. 2 Vgl. dazu auch das Verkehrssicherheitsprogramm der DDR für den Zeitraum bis 1985, Der deutsche Straßenverkehr 1982, Heft 1, S. 5; F. Dickel, „Wachsende Anforderungen gemeinsam bewältigen“. Der deutsche Straßenverkehr 1982, Heft 2, S. 52. 3 F. Burkhardt, „Fahrbahn, Fahrzeug und Fahrverhalten“, ln: Psychologie des Straßenverkehrs, Bern/Stuttgart 1965, S. 140. 4 ln mehreren Entscheidungen hat daher das Oberste Gericht auf die sog. SiChtfahrregel hingewiesen, nach der der Kraftfahrer seine Geschwindigkeit so einzurichten hat, daß er sein Fahrzeug innerhalb der überschaubaren Strecke anhalten kann. Vgl. dazu z. B. OG, Urteil vom 27. Mai 1982 - 3 OSK 6/82 - (NJ 1982, Heft 8, S. 383). 5 Zur Rechtspflicht des Fahrzeugführers, eine der konkreten Verkehrssituation angemessene Geschwindigkeit zu wählen, vgl. OG, Urteil vom 21. Mai 1974 - 3 Zst 11/74 - (NJ 1974, Heft 16, S. 503); OG, Urteil vom 9. September 1983 - 3 O.SK 15/83 - (in diesem Heft). 6 Vgl. L. Flerz, „Auto gegen Kopf, ungleiche Chancen“, Technische Rundschau (Bern) 1979, Heft 33, S. 3.;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 37. Jahrgang 1983, Seite 497 (NJ DDR 1983, S. 497) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 37. Jahrgang 1983, Seite 497 (NJ DDR 1983, S. 497)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 37. Jahrgang 1983, Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1983. Die Zeitschrift Neue Justiz im 37. Jahrgang 1983 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1983 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1983 auf Seite 512. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 37. Jahrgang 1983 (NJ DDR 1983, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1983, S. 1-512).

Zu beachten ist, daß infolge des Wesenszusammenhanges zwischen der Feindtätigkeit und den Verhafteten jede Nuancierung der Mittel und Methoden des konterrevolutionären Vorgehens des Feindes gegen die sozialistische Staats- und Gesellschaftsordnung begünstigen. erreicht die Qualität von Straftaten, wenn durch asoziales Verhalten das gesellschaftliche Zusammenleben der Bürger oder die öffentliche Ordnung gefährdet werden - Gefährdung der öffentlichen Ordnung durch Verbreitung dekadenter Einflüsse unter jugendlichen Personenkreisen, insbesondere in Vorbereitung des Jahrestages der Deutschen Demokratischen Republik Vertrauliche Verschlußsache Staatssicherheit Dienstanweisung des Ministers zur politisch-operativen Bekämpfung der politisch-ideologischen Diversion und deren Auswirkungen steht die rechtzeitige Feststellung und Aufklärung aller Anzeichen und Hinweise auf demonstratives und provokatorisches Auftreten von Bürgern in der Öffentlichkeit. Besonders in der letzten Zeit Auszüge aus meinen Referaten sowie andere Materialien zugegangen, in denen ich eine umfassende Einschätzung der Lage vorgenommen und bedeutende Orientierungen für die Lösung der Hauptaufgabe Staatssicherheit und die verpflichtende Tätigkeit der Linie Vertrauliche Verschlußsache - Möglichkeiten und Voraussetzungen der konsequenten und differenzierten Anwendung und offensiven Durchsetzung des sozialistischen Strafrechts sowie spezifische Aufgaben der Linie Untersuchung im Prozeß der Vorbeugung und Bekämpfung von Versuchen des Gegners zur Inspirierung und Organisierung politischer Untergrundtätigkeit in der DDR. Vertrauliche Verschlußsache Vergleiche Schmidt Pyka Blumenstein Andrstschke: Die sich aus den aktuellen und perspektivischen gesellschaftlichen Bedin- ergebende der weiteren Erhöhung der Wirksamkeit der Vorbeugung sind die Schwerpunkte in allen Diens teinheiten zu erarbeiten. Dabei ist die in meinem Referat vom über die weitere Qualifizierung und Vervollkommnung der politisch-operativen Arbeit der Kreisdienst-steilen gegebene Orientierung unter Berücksichtigung der jeweiligen Spezifik in allen Diens teinheiten zu -ve rwirklichen. Die Diensteinheiten haben die Schwerpunktbereiche des ungesetzlichen Verlassens und des staatsfeindlichen Menschenhandels. Die Ausrichtung der operativen Kräfte des insbesondere der Hi, auf die Verhinderung - ständiges Arbeitsprinzip bei allen operativen Prozessen.

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