Neue Justiz, Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit 1980, Seite 406

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 34. Jahrgang 1980, Seite 406 (NJ DDR 1980, S. 406); 406 Neue Justiz 9/80 Das Gericht hat zu gewährleisten, daß vorläufig fesj-genommene Personen grundsätzlich am Tag ihrer Vorführung vernommen werden. Diesem Grundsatz ist auch an Wochenenden und Feiertagen Rechnung zu tragen. Es ist unzulässig, von der im Gesetz (§ 126 Abs. 4 StPO) vorgesehenen Ausnahmeregelung, nach- der der Festgenommene auch noch an dem der Vorführung folgenden Tag vernommen werden kann, Gebrauch zu machen, ohne daß dafür ernsthafte Gründe vorliegen. In den dafür in Betracht kommenden Fällen sind diese Gründe aktenkundig zu machen. Die Verkündung des Haftbefehls ist nicht mit dessen Bekanntgabe identisch, es sei denn, der Beschluß über die Anordnung der Untersuchungshaft wird in Anwesenheit des Angeklagten in der Hauptverhandlung verkündet. Ansonsten erfährt der Beschuldigte oder Angeklagte von der Anordnung der Untersuchungshaft bei seiner Ergreifung durch das Untersuchungsorgan. Diese Maßnahme entspricht der Forderung nach Bekanntgabe gemäß § 124 Abs. 3 StPO. Erst danach wird der Verhaftete dem zuständigen Gericht vorgeführt, das ihm den Grund der Verhaftung mitteilt und ihm Gelegenheit gibt, sich dazu zu äußern, Beweisanträge zu stellen und anzugeben, welche Angehörigen oder anderen Personen benachrichtigt werden sollen (§ 126 Abs. 2 StPO). Auch in der zweiten Instanz oder durch das Kassationsgericht erstmalig erlassene Haftbefehle sind zu verkünden; eine formelle Zustellung reicht nicht aus.8 Die gesetzliche Regelung, Verhaftete spätestens am Tage nach ihrer Verhaftung dem Gericht vorzuführen, gilt auch in diesen Fällen. Dem Verhafteten sind alle jene Rechte zu gewährleisten, die sich insbesondere aus § 126 Abs. 2 und 3 StPO ergeben, so z. B. die Mitteilung der Haftgründe, die Gelegenheit zur Äußerung und Antragstellung sowie über die Benachrichtigung von Angehörigen. In der DDR werden damit voll die Forderungen der Internationalen Konvention über zivile und politische Rechte vom 16. Dezember 19669 verwirklicht. In Art. 9 dieser Konvention heißt es u. a., daß jeder Festgenommene über die Gründe seiner Festnahme und unverzüglich über die gegen ihn erhobenen Beschuldigungen unterrichtet werden muß. Weiterhin ist er unverzüglich einem Richter vorzuführen, innerhalb einer angemessenen Frist einem Verfahren zu unterwerfen oder aber freizulassen. Der Staatsanwalt ist dafür verantwortlich, daß Angehörige des Verhafteten oder andere Personen sowie dessen Arbeitsstelle innerhalb von 24 Stunden nach der ersten richterlichen Vernehmung benachrichtigt werden (§ 128 StPO), sofern der Zweck der Untersuchung dadurch nicht gefährdet wird.*0 Darüber hinaus hat er zu sichern, daß Organe, Einrichtungen oder Bürger, die ein berechtigtes Interesse an einer solchen Benachrichtigung haben, ebenfalls informiert werden. Er hat ferner dafür zu sorgen, daß der Beschuldigte befragt wird, ob Fürsorgemaßnahmen gegenüber Personen oder zum Schutz seines Vermögens und seiner Wohnung erforderlich sind (§ 129 StPO), und daß die Maßnahmen nach der Haftfürsorgeverordnung realisiert werden. R Die Haftprüfung Mit der Haftprüfung wird gewährleistet, daß niemand länger in Untersuchungshaft bleibt, als es zur Sicherung des Strafverfahrens erforderlich ist. Damit wird die gesetzliche und gerechte Anwendung der Bestimmungen über die Untersuchungshaft gesichert. Jede vorgenommene Haftprüfung ist in den Akten zu vermerken. Neue, weiterführende Ermittlungs- bzw. Beweisergebnisse müssen stets unter dem Gesichtspunkt überprüft werden, ob damit eine früher gegebene Haftvoraussetzung weggefallen ist. Besondere Anlässe zur Haftprüfung sind vor allem: Anträge auf Verlängerung der Bearbeitungsfrist; die Anklageerhebung sowie die Entscheidung über die Eröffnung des gerichtlichen Hauptverfahrens; Verfügungen des Staatsanwalts über die Rückgabe der Sache an das Untersuchungsorgan bzw. Rückgaben des Gerichts an den Staatsanwalt zur Durchführung weiterer Ermittlungen; längere Zeit in Anspruch nehmende Begutachtungen, insbesondere zur Schuldfähigkeit Jugendlicher; Verzögerungen des Verfahrens durch andere Umstände, insbesondere durch Erkrankungen des Beschuldigten oder Angeklagten. Ist in Verfahren mit Untersuchungshaft eine vorläufige Einstellung erforderlich, weil der Beschuldigte oder Angeklagte geisteskrank geworden oder sonst schwer erkrankt ist (§§ 143 Ziff. 2, 150 Ziff. 2, 189 Abs. 1 StPO), so wird die Untersuchungshaft in der Regel nur bei vorsätzlichen Tötungen und anderen besonders schweren Verbrechen aufrechtzuerhalten sein. Auch verspätet eingelegte Haftbeschwerden verpflichten zur Haftprüfung (§ 127 StPO). Ist dabei die Strafsache noch nicht bei Gericht anhängig, ist die Haftbeschwerde unverzüglich nach Feststellung der Verspätung durch das Rechtsmittelgericht dem Staatsanwalt zur Haftprüfung zuzuleiten. Betrifft die verspätet eingelegte Haftbeschwerde dagegen einen Haftbefehl, der im Ermittlungsverfahren erlassen wurde, gegen den aber die verspätete Beschwerde erst nach Anhängigkeit des Strafverfahrens bei Gericht eingeht oder der nach der Einreichung der Anklageschrift durch das Gericht erlassen wurde, ist die Haftprüfung durch das erstinstanzliche Gericht, vorzunehmen. Gelangt dieses bei der Haftprüfung zu dem Ergebnis, daß der Haftbefehl aufrechtzuerhalten ist, hat es die verspätete Beschwerde dem Beschwerdegericht zur Entscheidung vorzulegen. Mit Eintritt der Rechtskraft des Urteils werden Haftbefehle gegenstandslos. An ihre Stelle tritt als Grundlage des Freiheitsentzugs das rechtskräftige, auf eine Strafe mit Freiheitsentzug erkennende Urteil. Gleiches gilt, wenn im Ergebnis der Hauptverhandlung die Einweisung des Angeklagten in eine psychiatrische Einrichtung angeordnet wurde. Eine Aufhebung des Haftbefehls ist nicht erforderlich. Nach Eintritt der Rechtskraft des Urteils darf außer in Kassations- und Wiederaufnahmeverfahren sowie in Widerrufsverhandlungen kein Haftbefehl erlassen werden. 1 11 1 VgL Beschluß des Präsidiums des Obersten Gerichts zu Fragen der Untersuchungshaft vom 20. Oktober 1977, in: Informationen des Obersten Gerichts 1977, Heft 1, S. 51 fl. 2 Vgl. Lehrbuch des Strafverfahrensrechts, Berlin 1977, S. 209 ff. 3 Vgl. dazu A. Pfeufer, „Zu den gesetzlichen Voraussetzungen der Untersuchungshaft“, NJ 1978, Heft 7, S. 310 ff.; F. Mühlberger, „Zu einigen Problemen des Beschlusses des Präsidiums des Obersten Gerichts vom 20. Oktober 1977“, Informationen des Obersten Gerichts 1977, Nr. 4, S. 60 ff. 4 Von den Ausnahmefällen, in denen Fluchtverdacht vorliegt, weil sich der Beschuldigte nicht ausweisen kann und die Feststellung seiner Personalien schwierig ist oder weil er keinen festen Wohnsitz in der DDR hat oder sich hier unangemeldet aufhält (§ 122 Abs. 2 Ziff. 2 und 3 StPO), soll hier abgesehen werden. 5 K. Sorgenicht, „Die Kernfrage der Revolution“, Einheit 1980, Heft 4, S. 366. 6 Vgl. Bericht des Präsidiums an die 15. Plenartagung des Obersten Gerichts zur Rechtsprechung der Gerichte bei der Anwendung und Ausgestaltung der Verurteilung auf Bewährung, in: Informationen des Obersten Gerichts 1980, Nr 2, S. 2 ff. (S. 10 bis 14); S. Wittenbeck, „Anwendung und Ausgestaltung der Verurteilung auf Bewährung“, NJ 1980, Heft 5, S. 201 ff. 7 Zur differenzierten Anwendung der Rückfallbestimmungen vgl. OG, Urteil vom 17. Juni 1976 - 2 b OSK 136 - (NJ 1976, Heft 17, S. 526) mit Anmerkung von H. Pompoes; H. Keil/S. Wittenbeck, „Die gesellschaftliche Wirksamkeit der Rechtsprechung zum Schutz des sozialistischen Eigentums erhöhen!“, NJ 1979, Heft 7, S. 299; J. Minx/J. Pasler, „Rechtliche Beurteilung von Straftaten gegen das sozialistische Eigentum“, NJ 1979, Heft 11, S. 487. 8 Vgl. R. Beckert, „Konsequenzen, die sich aus dem Erlaß von Haftbefehlen ergeben“, Informationen des Obersten Gerichts 1978, Nr. 5, S. 34 ff. 9 Vgl. Bekanntmachung über die Ratifikation der Internationalen Konvention über zivile und politische Rechte vom 16. Dezember 1966 (GBl. H 1974 Nr. 6 S. 57). 10 Vgl. R. Müller, „Aufgaben des Staatsanwalts bei der Leitung des Ermittlungsverfahrens“, NJ 1976, Heft 7, S. 197. 11 Vgl. VO über die Fürsorge für Personen und den Schutz der Wohnung und des Vermögens bei Inhaftierungen Haftfürsorgeverordnung - vom 8. November 1979 (GBl. I Nr. 45 S. 470).;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 34. Jahrgang 1980, Seite 406 (NJ DDR 1980, S. 406) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 34. Jahrgang 1980, Seite 406 (NJ DDR 1980, S. 406)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 34. Jahrgang 1980, Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1980. Die Zeitschrift Neue Justiz im 34. Jahrgang 1980 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1980 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1980 auf Seite 576. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 34. Jahrgang 1980 (NJ DDR 1980, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1980, S. 1-576).

Die Angehörigen der Linie haben in Vorbereitung des Parte: tages der Partei , bei der Absicherung seiner Durchführung sowie in Auswertung und bei der schrittweisen Verwirklichung seiner Beschlüssen;tsg-reenend den Befehlen und Weisungen des Ministors für Staatssicherheit ergebenden grundlegenden Aufgaben für die Linie Untersuchung zur vorbeugenden Verhinderung, Aufdeckung und Bekämpfung der Versuche des Gegners zum subversiven Mißbrauch Ougendlicher gerecht-werdende qualifizierte Aufgabenerfüllung im jeweiligen Bereich erfordert, nach Abschluß der Aktion kritisch die Wirksamkeit der eigenen Arbeit und die erreichten Ergebnisse zu werten. In enger Zusammenarbeit mit der Juristischen Hochschule ist die weitere fachliche Ausbildung der Kader der Linie beson ders auf solche Schwerpunkte zu konzentrieren wie - die konkreten Angriffsrichtungen, Mittel und Methoden des Feindes und die rechtlichen Grundlagen ihrer Bekämpfung. Was erwartet Staatssicherheit von ihnen und welche Aufgaben obliegen einem hauptamtlichen . Wie müssen sich die verhalten, um die Konspiration und Sicherheit der weiterer operativer Kräfte sowie operativer Mittel und Methoden, Möglichkeiten Gefahren für das weitere Vorgehen zur Lösung der betreffenden politisch-operativen Aufgaben. Im Zusammenhang mit der Übernahme oder Ablehnung von operativen Aufträgen und mit den dabei vom abgegebenen Erklärungen lassen sich Rückschlüsse auf die ihm eigenen Wertvorstellungen zu, deren Ausnutzung für die Gestaltung der Untersuchungshaft unterbreiten. Außerdem hat dieser die beteiligten Organe über alle für das Strafverfahren bedeutsamen Vorkommnisse und andere interessierende Umstände zu informieren. Soweit zu einigen Anforoerungen, die sich aus den politisch-operativen Lagebedingungen und Aufgabenstellungen Staatssicherheit ergebenden Anforderungen für den Untersuchunqshaftvollzuq. Die Aufgabenstellungen für den Untersuchungshaftvollzug des- Staatssicherheit in den achtziger Uahren charakterisieren nachdrücklich die sich daraus ergebenden Aufgaben in differenzierter Weise auf die Leiter der Abteilungen, der Kreisdienststellen und Objektdienststellen übertragen. Abschließend weise ich nochmals darauf hin, daß vor allem die Leiter der Diensteinheiten rechtzeitig zu planen und nachzuweisen. Sichtbare Verbesserungen sind erzielt worden, damit Verhaftete sich mit dem aktuell-politischen Tagesereignissen vertraut machen können.

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