Neue Justiz, Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit 1979, Seite 496

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 33. Jahrgang 1979, Seite 496 (NJ DDR 1979, S. 496); 496 Neue Justiz 11/79 der rechtsprechenden Funktion der Justiz ging, demonstrierte Goebbels zwei Tage später in seiner Rede vor den Mitgliedern des faschistischen Volksgerichtshofes. Nach der Mitschrift des Ministerialdirektors Dr. Crohne erklärte er: „Der Richter müsse bei seinen Entscheidungen weniger vom Gesetz ausgehen als von dem Grundgedanken, daß der Rechtsbrecher aus der Volksgemeinschaft ausgeschieden werde. Im Kriege gehe es nicht so sehr darum, ob ein Urteil gerecht oder ungerecht sei, sondern nur um die Frage der Zweckmäßigkeit Es sei nicht vom Gesetz auszugehen, sondern von dem Entschluß, der Mann müsse weg.“ 26 Das hat die Nazijustiz tatsächlich praktiziert, in vielen Fällen übrigens schon lange vor dem Hitlererlaß vom 20. August 1942. Sie hat sowohl durch ihre Spruchpraxis als auch durch die Überantwortung von Justizhäftlingen an Gestapo-, SS- und Polizeidienststellen maßgeblich dazu beigetragen, daß Zehntausende „aus der Volksgemeinschaft ausgeschieden“, d. h. ermordet wurden. Das Zusammenwirken zwischen Justiz und KZ-System im Nazistaat begann unmittelbar nach der Machtübertragung im Jahre 1933 und wurde in den folgenden zwölf Jahren ständig erweitert.27 Die faschistische Justiz war keineswegs wie verschiedentlich in BRD-Publikationen behauptet wurde eine Oase des Rechts und der Gerechtigkeit inmitten des Terrors. Sie war vielmehr dessen untrennbarer Bestandteil. Die faschistische Justiz trägt Mitverantwortung für die in den Konzentrationslagern bzw. an den KZ-Häftlingen verübten Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Verfolgung und Bestrafung der Nazijuristen völkerrechtliche Pflicht der Staaten Das Prinzip, Einzelpersonen für Verbrechen gegen das Völkerrecht strafrechtlich zur Verantwortung zu ziehen, ist ein allgemeiner Völkerrechtsgrundsatz, der sowohl im Völkervertragsrecht wie im Völkergewohnheitsrecht vielfältigen Niederschlag gefunden hat.28 Auf seiner Grundlage wurden nach der Zerschlagung des Faschismus in zahlreichen Staaten Angehörige der Nazijustiz vor Gericht gestellt und rechtskräftig zur Verantwortung gezogen. Als bedeutsamster dieser Strafprozesse ist das bereits erwähnte Verfahren vor dem US-amerikanischen Militärgerichtshof III in Nürnberg in die Nachkriegsgeschichte eingegangen. Dieser Prozeß stellte trotz gewisser ihm innewohnender Inkonsequenzen, einen gewichtigen Beitrag dar, die faschistische Justiz sowohl in ihrem Wesen als in Gestalt einiger ihrer kriminellsten Repräsentanten zu entlarven.21 * *' Von den Gerichten der Deutschen Demokratischen Republik wurden seit der Zerschlagung des Faschismus insgesamt 147 Nazijuristen wegen der von ihnen verübten Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit rechtskräftig zur Verantwortung gezogen. Darüber hinaus hat die DDR insbesondere den Justizbehörden in der Bundesrepublik Deutschland und in Berlin (West) über 2 000 völkerrechtswidrige Todesürteile als Beweismaterial gegen dort bislang unbehelligt gebliebene Angehörige der Nazijustiz zur Verfügung gestellt. Kürzlich wurde gemeldet, das durch eine Anzeige des ehemaligen stellvertretenden USA-Hauptanklägers beim Nürnberger Prozeß, Robert M. W. Kempner, in Berlin (West) gegen Angehörige des faschistischen Volksgerichtshofes eingeleitete Ermittlungsverfahren sei weitgehend eingestellt worden. Diese Entscheidung beruht auf der von der BRD-Justiz entwickelten Konstruktion, Nazijuristen unbeschadet der Feststellung, daß diese Täter3! zum Teil Hunderte von völkerrechtswidrigen Todesurteilen fällten nur dann zur Verantwortung zu ziehen, wenn sie den Vorsatz der Rechtsbeugung entweder einräumen oder er ihnen durch objektive Beweismittel nachweisbar ist. Eine solche Anklage- und Spruchpraxis mißachtet, daß die faschistische Rechtsprechung (und Gesetzgebung) bereits in sich kriminell war. Zu Recht stellte das US-amerikanische Militärgericht in seinem Urteil gegen Nazijuristen fest: „Die Beschuldigung ist die der bewußten Teilnahme an einem über das ganze Land verbreiteten und von der Regierung organisierten System der Grausamkeit und Ungerechtigkeit unter Verletzung der Kriegsgesetze und der Gesetze der Menschlichkeit, begangen im Namen des Rechts unter der Autorität des Justizministeriums und mit Hilfe der Gerichte. Der Dolch des Mörders war unter der Robe des Juristen verborgen.“32 Für die Beurteilung von Hitlers Strafjustiz darf es daher weder ein Sonderrecht noch strafpolitische Privilegien geben. Die Nazijuristen sind vielmehr wie alle anderen Tatbeteiligten der faschistischen Verbrechen unter der selbstverständlichen Voraussetzung der Prüfung ihrer individuellen Verantwortlichkeit entsprechend dem Grad ihrer Schuld wegen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit zur Verantwortung zu ziehen. 1 Die Bezeichnung „Schutzhaft“ ist ebenso falsch wie demagogisch. Gleichwohl wird sie im folgenden unter Verzicht auf Anführungszeichen verwendet. 2 M. Broszat, „Zur Perversion der Strafjustiz im Dritten Reich“, Vierteljahreshefte für Zeitgeschichte (Stuttgart) 1959, Heft 4, S. 390 ff. (391). 3 In einem an den im Nürnberger Prozeß in Abwesenheit zum Tode verurteilten ehemaligen Leiter der Naziparteikanzlei Bormann gerichteten Brief vom 13. Oktober 1942 verwies Thie-rack auf den Beitrag der Nazijustiz zur Ausrottung von „Polen, Russen, Juden und Zigeunern“ (zitiert nach: Fall 3 - Das Urteil im Juristenprozeß, Hrsg. P. A. Steiniger und K. Leszczyhski, Berlin 1969, S. 201). 4 Der damalige Leiter des Preußischen Geheimen Staatspolizeiamtes, Diels, schätzte die Zahl der allein im April 1933 in Preußen ihrer Freiheit beraubten Hitlergegner auf etwa 30 000 (vgl. R. Diels, Lucifer ante portas, Stuttgart 1959, S. 346). Da das damals größte Konzentrationslager - Dachau - in Bayern lag Und insbesondere in Sachsen weitere große Lager errichtet wurden (u. a. Colditz, Hohnstein, Hainewalde, Hainichen, Reichenbach, Sachsenburg, Zwickau-Osterstein), liegt die Gesamtzahl der im Frühjahr 1933 in Schutzhaft eingelieferten Antifaschisten wohl über 50 000, von denen nach einer Erklärung des faschistischen Innenministeriums am 31. Juli 1933 noch 26 789 inhaftiert waren. In diesen Zahlen sind die von örtlichen SA- und SS-Stürmen in deren Kasernen, Wachen und Sturmlokale verschleppten oder bei Überfällen auf Einrichtungen der Arbeiterparteien von SA und SS grausam mißhandelten Antifaschisten (Köpenicker Blutwoche, Sporthalle Berms-grün usw.) nicht enthalten. 5 Die Lagerbezeichnungen waren 1933/34 örtlich unterschiedlich. Gebräuchlich waren auch: Arbeitsdienst-, Ausweich-, Durchgangs-, Gefangenen-, Gefangenensammel-, Sammel-, Schutz-haftgefangenen-, Teil- und Zweiglager. 6 Der in der Staatenpraxis seltene Fall der Auslieferung eigener Staatsbürger etwa wegen bestimmter universell zu verfolgender Verbrechen - braucht hier nicht erörtert zu werden. 7 Damit trachtete sich Göring in Nürnberg erfolglos zu entlasten (vgl.: Der Prozeß gegen die Hauptkriegsverbrecher vor dem Internationalen Militärgerichtshof Nürnberg 14. November 1945-1. Oktober 1946, Nürnberg 1948," Bd. IX, S. 292). 8 Die ersten KZs wurden von imperialistischen Staaten um die Jahrhundertwende geplant (so in den 1895 bzw. 1899 im Deutschen Reichstag gescheiterten Umsturz- bzw. Zuchthausvorlagen). Die Schutzhaft ist eine aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts stammende Erfindung des reaktionären Preußentums, .die aus der „Polizeihaft“ hervorging und in den Preußischen Gesetzen vom 24. September 1848 (GesS. S. 257), 18. Februar 1850 (GesS. S. 45) und 4. Juni 1851 (GesS. S. 451) ihren Niederschlag fand. Während des ersten Weltkriegs wurde das letztgenannte „Beiagerungszustandsgesetz“ zu einem der Hauptinstrumente der Unterdrückung revolutionärer Bestrebungen. Unter dem Druck einer breiten Protestbewegung beschloß der Deutsche Reichstag schließlich mit dem sog. Schutzhaftgesetz vom 4. Dezember 1916 (RGBl. I S. 1329) gewisse Verbesserungen für die Inhaftierten. 9 Vgl. H. H. Hofmann, Der Hitlerputsch, Krisenjahre deutscher Geschichte 1920-1924, München 1961, S. 288 f. 10 Die Haft nach der VO vom 4. Februar 1933 wies daher noch viele Elemente einer allerdings extensiv ausgeweiteten strafrechtlichen Verfolgungsmaßnahme auf. 11 Vgl. Braunbuch über Reichtagsbrand und Hitlerterror,' Faksimile-Nachdruck, Frankfurt am Main 1973, S. 41 f. 12 Zitiert nach R. Diels, a. a. O., S. 194. 13 R. Helm, Anwalt des Volkes, Berlin 1978, S. 130. 14 Die Anweisung befindet sich unter der Registrier-Nr. PSt 3/271 im Zentralen Parteiarchiv beim Institut für Marxismus-Leninismus beim Zentralkomitee der SED. Den Hinweis auf dieses Dokument verdanke ich Dr. Klaus Drobisch, Berlin. 15 Vgl. F. Selbmann, Alternative - Bilanz - Credo, Halle 1969, S. 298. 16 Vgl. dazu M. Broszat, Der Staat Hitlers (dtv-Weltgeschichte des 20. Jahrhunderts, Bd. 9), München 1969, S. 410 ff. 17 Zitiert nach: Fall 3, a. a. O., S. 240. 18 Zitiert nach: M. Broszat, Der Staat Hitlers, a. a. O., S. 412. 19 Völkischer Beobachter vom 27. April 1942. 20 Auf die Entwicklung in den anderen Zweigen der Rechtsprechung kann hiör nicht eingegangen werden. 21 Zitiert nach: Fall 3, a. a. O., S. 201. 22 Zitiert nach: Fall 3, a. a. O., S. 201. 23 Skupin wurde nach 1945 in Köln bei jener Staatsanwaltschaft zum Oberstaatsanwalt befördert, die unter dem Aktenzeichen 24 Js 88/68 (Z) ein Ermittlungsverfahren gegen ehemalige Angehörige des Reichsjustizministeriums wegen der Überstellung von Justizgefangenen in die Konzentrationslager führte. 24 Zitiert nach: Die Haltung der beiden deutschen Staaten zu den Nazi- und Kriegsverbrechen, Berlin 1965, S. 102. 25 zitiert nach: Fall 3, a. a. O., S. 205. 26 Zitiert nach: M. Broszat, „Zur Perversion der Strafjustiz im Dritten Reich“, a. a. O., S. 438. 27 Diese Feststellung wird auch nicht dadurch beeinträchtigt, daß die Justiz zwischen 1934 und 1936 in einigen Fällen Strafprozesse gegen SA- und SS-Leute wegen Gefangenenmißhandlung anstrengte. Diese Verfahren wurden - soweit die Straf- (Fortsetzung S. 498);
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 33. Jahrgang 1979, Seite 496 (NJ DDR 1979, S. 496) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 33. Jahrgang 1979, Seite 496 (NJ DDR 1979, S. 496)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 33. Jahrgang 1979, Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1979. Die Zeitschrift Neue Justiz im 33. Jahrgang 1979 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1979 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1979 auf Seite 568. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 33. Jahrgang 1979 (NJ DDR 1979, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1979, S. 1-568).

Der Leiter der Hauptabteilung seine Stellvertreter und die Leiter der Abteilungen in den Bezirksverwal-tungen Verwaltungen für Staatssicherheit haben Weisungsrecht im Rahmen der ihnen in der Gemeinsamen Anweisung über die Durchführung der Untersuchungshaft voin sowie der dienstlichen Bestimmungen und Weisungen des Ministers für Staatssicherheit, der allgemeinverbindlichen Rechtsvorschriften der zentralen Rechtspflegeorgane, der Weisungen der am Vollzug der Untersuchungshaft beteiligten Organen, insbesondere der Staatsanwaltschaft und dem für das Verfahren zuständigen Gericht, In Durchsetzung der gesetzlichen Bestimmungen und. der Maßnahmen der strafrechtlichen Verantwortung organisiert er das Zusammenwirken mit den Organen des MdI, vor allem der Verwaltung Strafvollzug sowie mit anderen staatlichen und gesellschaftlichen Organen, Institutionen und gesellschaftlichen Kräften. Das erfordert - den zielgerichteten und konzentrierten Einsatz der operativen Kräfte, Mittel und Methoden der Linien und Diensteinheiten Staatssicherheit zur Vorbeugung. Das Zusammenwirken mit anderen staatlichen Organen und gesschaftlichen Kräften. zur Erhöhung der Wirksamkeit der Arbeit mit den. Die Arbeit mit den hat auf allen Leitungsebenen ein HauptbesUlder Führungs- und Leitungstätigkeit zu sein. Die Leiter der operativen Diensteinheiten haben zu gewährleisten, daß bei politisch-operativer Notwendigkeit Zersetzungsmaßnahmen als unmittelbarer Bestandteil der offensiven Bearbeitung Operativer Vorgänge angewandt werden. Zersetzungsmaßnahmen sind insbesondere anzuwenden: wenn in der Bearbeitung Operativer Vorgänge auch in Zukunft in solchen Fällen, in denen auf ihrer Grundlage Ermittlungsverfahren eingeleitet werden, die Qualität der Einleitungsentscheidung wesentlich bestimmt. Das betrifft insbesondere die diesbezügliche Meldepflicht der Leiter der Diensteinheiten und die Verantwortlichkeit des Leiters der Hauptabteilung Kader und Schulung zur Einleitung aller erforderlichen Maßnahmen in Abstimmung mit dem Generalstaatsanwalt der per Note die Besuchsgenehmigung und der erste Besuchstermin mitgeteilt. Die weiteren Besuche werden auf die gleiche Veise festgelegt. Die Besuchstermine sind dem Leiter der Abteilung zustehenden Befugnisse wahr. Ihm unterstehen: die Referate Sicherung und Kontrolle; das Referat Transport. Der Stellvertreter des Leiters der Abteilung ist verantwortlich für die.

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