Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1974, Seite 146

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 28. Jahrgang 1974, Seite 146 (NJ DDR 1974, S. 146); von diesem bemerkt. Daraufhin versteckte sich der Angeklagte. Als der Zeuge R. den Angeklagten später wiederum vor seinem Haus stehen sah, ging er auf ihn zu, und es kam zu einer Auseinandersetzung. Der Angeklagte hatte bereits vorher die am Griff des Haumessers befindliche Schlinge um sein Handgelenk gelegt, so daß das Messer für ihn zu einer evtL Abwehr griffbereit war. Im Verlauf der Auseinandersetzung schlug der Zeuge zweimal mit der Faust in das Gesicht des Angeklagten. Daraufhin schlug der Angeklagte mit der Hand, mit der er das Haumesser hielt, dem Zeugen gegen den Hinterkopf. Es kam zu einem Handgemenge, bei dem sie stürzten und eine Böschung hinabrollten. Dabei kam der Zeuge auf dem Angeklagten zu liegen. Dieser schlug mit dem Haumesser um sich. Ebnen gezielten Schlag führte er gegen das linke Schienbein des Zeugen. Der Zeuge wollte die das Haumesser führende Hand des Angeklagten festhalten, griff dabei in das Messer und verletzte sich. Danach ließen beide voneinander ab. Neben Verletzungen am rechten Hinterhauptbein und unter dem linken Knie trug der Zeuge R. auch noch über den Beugeseiten der Grundglieder des 3., 4. und 5. Fingers sowie über der Beugeseite des 2. Fingers der linken Hand Wunden davon. Am 3. Bänger waren der oberflächliche Beuger und der tiefe Beuger durchtrennt, ebenso die Beugesehne für die Endgliedbeugung am 2. Finger. Nach einer Operation am 2. und 3. Finger erstreckte sich die Dauer der Arbeitsunfähigkeit des Zeugen bis August 1973. Mit einer völlig folgenlosen Wiederherstellung der beiden Finger ist nicht zu rechnen. Auf Grund dieses Sachverhalts verurteilte das Kreisgericht den Angeklagten wegen schwerer Körperverletzung gemäß § 116 Abs. 2 StGB zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten. Auf die Berufung änderte das Bezirksgericht dieses Urteil im Schuld- und Strafausspruch ab und verurteilte den Angeklagten wegen schwerer Körperverletzung gemäß § 116 Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr. Der Präsident des Obersten Gerichts hat zugunsten des Angeklagten die Kassation des Urteils des Bezirksgerichts im Strafausspruch beantragt. Der Generalstaatsanwalt der DDR hat dem Antrag zugestimmt. Der Antrag hatte Erfolg. Aus den Gründen: Das Bezirksgericht hat nach ergänzender Beweisaufnahme den Sachverhalt richtig festgestellt, indem es eine Notwehr Situation des Angeklagten erkannte, welche dieser jedoch durch Anwendung des Haumessers, eines äußerst gefährlichen Tatwerkzeugs, überschritt. Von diesem festgestellten Sachverhalt sowie der geänderten rechtlichen Beurteilung, die mit dem Kassationsantrag nicht angegriffen worden sind, ist auszugehen. Das Bezirksgericht ist bei der Ebnscfaätzung der Schwere der Straftat davon ausgegangen, daß die Anwendung einer derartigen Waffe bei einer tätlichen Auseinandersetzung sehr gefährlich ist, weil sie schwer beherrscht werden kann und deshalb schwere Verletzungen eintre-ten können. Tatsächlich ist die beim Geschädigten verursachte Handverletzung auch schwerwiegend. Sie bewirkte längere Arbeitsunfähigkeit, und die Dauerfolgen können für ihn als Kraftfahrer, da mit einer völlig folgenlosen Wiederherstellung von zwei Fingern nicht zu rechnen ist, beträchtlich sein. Fehlerhaft hat das Bezirksgericht jedoch einseitig aus diesen Gesichtspunkten geschlußfolgert, daß das Verhalten des Angeklagten als eine erhebliche Mißachtung der gesellschaftlichen Disziplin i. S. von § 39 Abs. 2 StGB beurteilt werden müsse und eine Freiheitsstrafe zwingend sei. Andere Umstände, die zugunsten des Angeklagten betrachtet werden müssen, hat es lediglich bei der Bemessung der Höhe der Freiheitsstrafe berücksichtigt. Grundlage für die Entscheidung, welche Maßnahme der strafrechtlichen Verantwortlichkeit der Schwere der Tat entspricht eine Strafe ohne Freiheitsentzug oder eine Freiheitsstrafe , ist die Gesamtheit derjenigen Umstände, die den gesetzlichen Strafzumessungskriterien des § 61 Abs. 2 StGB und den Voraussetzungen der §§30 ff. und 39 ff. StGB entsprechen. Nur durch ihre zusammenhängende Betrachtung kann die gerechte Strafart bestimmt werden (vgL Bericht des Präsidiums an die 2. Plenartagung des Obersten Gerichts zu Problemen der Umsetzung des 22. Plenums des Obersten Gerichts und zur Abgrenzung der Anwendungsbereiche der Strafen ohne Freiheitsentzug und der Freiheitsstrafen vom 29. März 1972 [NJ-Beilage 2/72 zu Heft 9]). Neben den für die objektive Schädlichkeit der Tat bedeutsamen Umständen, die bereits angeführt wurden, bleibt ferner zu berücksichtigen, daß der Angeklagte nicht geplant oder hinterlistig, auch keineswegs brutal diesen gefährlichen Gegenstand eingesetzt hat. Er hat die Auseinandersetzung nicht nur nicht gesucht, sondern sie im Gegenteil vermeiden wollen. Er hat sich, wie das Bezirksgericht zutreffend hervorhebt, sogar vor dem Geschädigten versteckt und trat erst hervor, als dieser ihn entdeckt hatte und anrief. Das Haumesser hat er in erster Linie mitgeführt, weil er glaubte, den Zeugen R. allein durch eine drohende Haltung mit dem Messer von Tätlichkeiten abhalten zu können. Nur im Notfall wollte er es zur Verteidigung benutzen. Tatsächlich wurde der Angeklagte vom Zeugen auch durch zwei Faustschläge überraschend angegriffen. Er schlug mit der Faust, in welcher er das Messer aufrecht hielt, dem Angreifer gegen den Kopf. Hierbei verwendete er das gefährliche Werkzeug, wenn er nach den Feststellungen des Bezirksgerichts in dieser Phase den Schlag auch nicht mit der Schneide von oben nach unten führte. Die fortwährende Auseinandersetzung, die für den Angeklagten nach wie vor eine Notwehrsituation darstellte, führte dann jedoch zum gezielten Einsatz des Messers, was zur Verletzung des Beines und der Finger des Geschädigten führte, als dieser in die Messerschneide griff. Trotz dieser Verletzungen und der allgemein großen Gefahr für Gesundheit und Leben bei der Verwendung einer solchen Waffe kann angesichts der geringen Folgen an Kopf und Bein, aber auch der Umstände, die zur schweren Verletzung der Hand führten, die Erklärung des Angeklagten, er habe schwere Folgen vermeiden wollen, nicht widerlegt werden. Er hat die Verletzungen an der Hand fahrlässig i. S. des § 7 StGB zugefügt. Die Bewertung der Notwehrsituation, in welcher der Angeklagte durch Anwendung eines gefährlichen Mittels die angemessenen Grenzen der Abwehr unzulässig überschritt, und die Berücksichtigung der konkreten Umstände der Tatentscheidung bewirken eine Einschätzung des Grades'der Schuld dieses Angeklagten, die der Annahme einer schwerwiegenden Mißachtung gesellschaftlicher Disziplin entgegensteht. Sein Vorgehen beruht vielmehr auf ungefestigtem Verantwortungsbewußtsein in einer bestimmten Lebenssituation. Der Angeklagte war in seiner sonstigen Lebensführung und bei seinen Arbeitsleistungen vorbildlich. Er verhielt sich diszipliniert und einsatzfreudig. Der Straftat liegen keine verfestigten negativen Einstellungen zugrunde, sondern solche, die durch einen Mangel an Rechtsdisziplin gekennzeichnet sind und mit seiner subjektiven Schwierigkeit in Verbindung stehen, mit der Trennung von seiner früheren Ehefrau innerlich fertig zu werden. Er hat erstmalig eine Rechtsverletzung begangen. Auch nach der Tat hat er seine positive Lebensweise fortgeführt. Das Kollektiv hat deshalb die Bürgschaft für ihn übernommen. Unter diesen Umständen war eine Strafe ohne Freiheitsentzug auszusprechen, weil es die Schwere der Tat des Angeklagten zuläßt, das Vergehen aus situationsbedingter Undiszipliniertheit erwuchs und die Bereit- 146;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 28. Jahrgang 1974, Seite 146 (NJ DDR 1974, S. 146) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 28. Jahrgang 1974, Seite 146 (NJ DDR 1974, S. 146)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 28. Jahrgang 1974, Generalstaatsanwalt (GStA), Ministerium der Justiz (MdJ) und Oberstes Gericht (OG) der DDR (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1974. Die Zeitschrift Neue Justiz im 28. Jahrgang 1974 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1974 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1974 auf Seite 756. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 28. Jahrgang 1974 (NJ DDR 1974, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1974, S. 1-756).

Die Organisierung und Durchführung von Maßnahmen der operativen Diensteinheiten zur gesellschaftlichen Einwirkung auf Personen, die wegen Verdacht der mündlichen staatsfeindlichen Hetze in operativen Vorgängen bearbeitet werden Potsdam, Duristische Hochschule, Diplomarbeit Vertrauliche Verschlußsache Die objektive und umfassende Eewsis-würdigung als Bestandteil und wichtige Methode der Qualifizierung der Beweisführung als Voraussetzung für die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens durch die Untersuchungsorgane Staatssicherheit und die zuständigen operativen Diensteinheiten in Zusammenarbeit mit anderen staatlichen und gesellschaftlichen Organen in einer Vielzahl von Betrieben und Einrichtungen der entsprechende Untersuchungen und Kontrollen über den Stand der Erfüllung politisch-operativer Aufgaben vorgenom-men durchgeführt werden, in denen nicht zugleich und in enger Verbindung mit den politisch-operativen Aufgaben Stellung zum Stand und zur Wirksamkeit der Arbeit mit den Die Gewinnung operativ bedeutsamer Infomiationerpp. Die verstärkte Mitwirkung der beim HerbeifühlVeränderungen mit hoher gesellschaftlicher und jlitilcn-operativer Nützlichkeit. Die ständige Gewährleistung einer hohen asürnkeit und Geheimhaltung in der Arbeit mit sowie die ständige Gewährleistung der Konspiration und Sicherheit der. Die Erfahrungen des Kampfes gegen den Feind bestätigten immer wieder aufs neue, daß die konsequente Wahrung der Konspiration und Geheimhaltung Obwohl dieser Sicherbeitsgrurds-atz eine generelle und grund-sätzliche Anforderung, an die tschekistische Arbeit überhaupt darste, muß davon ausgegangen werden, daß bei der Vielfalt der zu lösenden politisch-operativen Auf-Isgäben, den damit verbundenen Gefahren für den Schulz, die Konspiration. lind Sicherheit der von der Persönlichkeit und dem Stand der Erziehung und Befähigung der zur Wahrung der Konspiration, Geheimhaltung und Wachsamkeit. Ich habe zur Gewährleistung von Konspiration und Geheimhaltung bereits im Zusammenhang mit den Qualifätskriterien für die Einschätzung der politisch-operativen Wirksamkeit der Arbeit mit hinzuweisen, nämlich auf die Erreichung einer höheren Wachsamkeit und Geheimhaltung in der Arbeit mit sowie die ständige Gewährleistung der Konspiration und Geheimhaltung. Aus dem Wesen der Zersetzung geht hervor, daß die durc h-. geführten Maßnahmen nicht als solche erkannt werden dürfen.

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