Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1970, Seite 517

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 24. Jahrgang 1970, Seite 517 (NJ DDR 1970, S. 517); Verhaltens, die personalen Eigenheiten von Beteiligten und vor allem auch voraussehbare Folgen bestimmter Einwirkungen. Sofern der Beteiligte (Mittäter, Anstifter oder Gehilfe) in Kenntnis dieser Dinge handelt und dadurch entsprechend der Intensität sowie der Art und Weise seiner konkreten Mitwirkung an der Verursachung bestimmter Schäden beteiligt ist, muß das im Rahmen der Feststellung seiner individuellen Verantwortlichkeit berücksichtigt werden. Das folgt aus dem strafrechtlichen Grundprinzip, daß jeder an einer Straftat Beteiligte entsprechend dem Maß seiner objektiven und subjektiven Negation elementarer sozialer Grundforderungen vor der Gesellschaft einzustehen und sich zu verantworten hat. Dem steht in keiner Weise etwa das im sozialistischen Strafrecht geltende Tatprinzip entgegen; es wird vielmehr in einer sachgerechten Weise verwirklicht. Es wäre u. E. formal und lebensfremd, das Fehlen eines eigenen Grundtatbestands bei den konkreten Gefährdungsdelikten zum entscheidenden Kriterium für die Strafbarkeit oder Straflosigkeit einer Anstiftungs- oder Beihilfehandlung zu machen. Nach unserer Ansicht ist ausschlaggebend, daß sich sowohl Täter als auch Mittäter, Anstifter und Gehilfe vorsätzlich über elementare in der Norm gekennzeichnete Grundregeln der sozialistischen Gesellschaft hinwegsetzen und dadurch bewirken oder dazu beitragen, daß fahrlässig eine bestimmte, im Gesetz genau gekennzeichnete negative Folge (Schaden oder Gefährdungszustand) eintritt. Zur Beihilfe bei Verkehrsgefährdung durch Trunkenheit Gemäß § 200 StGB muß zum vorsätzlichen Fahren unter Alkoholeinfluß das fahrlässige Verursachen einer allgemeinen Gefahr für das Leben oder die Gesundheit anderer Menschen hinzutreten. Mit Recht wird im StGB-Lehrkommentar darauf hingewiesen, daß das in §200 StGB geforderte Merkmal der allgemeinen Gefahr „zwischen einer entfernt liegenden möglichen Gefahr (abstrakt) und einer unmittelbaren Gefahr (konkret)“ steht und „durch das Fahren unter Alkohol oder anderer berauschender Mittel eine unmittelbare konkrete Gefahr nicht hervorgerufen werden“ muß3 *. Damit wird nicht nur der Rahmen des Strafwürdigen eines solchen Verhaltens relativ weit gefaßt, sondern es sind in diesen Fällen auch Rückschlüsse auf das Verschuldensbild erforderlich. Das vorsätzliche Führen eines Kraftfahrzeugs unter erheblicher Beeinträchtigung der Fahrtüchtigkeit impliziert zwar nicht automatisch, daß Leben und Gesundheit anderer Menschen gefährdet werden. Andererseits werden aber nur solche Fälle außerhalb der strafrechtlichen Betrachtung bleiben, bei denen auf Grund der örtlichen und zeitlichen Gegebenheiten mit dem auch unvermuteten Erscheinen und Gefährden eines Menschen absolut nicht gerechnet werden muß. Daraus ist ersichtlich, daß das Verschuldenselement im Hinblick auf die Herbeiführung einer Gefahr keine komplizierten und umfänglichen Anforderungen stellt, wenngleich es natürlich geprüft und begründet werden muß. Das gilt nicht nur für den Täter, sondern in gleicher Weise auch für Beteiligte. Das Wesen der Strafrechtsvcilctzüng nach § 200 StGB besteht in der Verknüpfung zwischen vorsätzlichem Führen eines Kraftfahrzeugs unter erheblicher Beeinträchtigung der Fahrtüchtigkeit und fahrlässigem Verursachen einer allgemeinen Gefahr für Leben und Gesundheit von Menschen. Davon geht das Gesetz aus, weil in der Realität des Lebens diese Verbindung fast ausschließlich auftritt. Es ist lebens- und wirklichkeits- 3 StGB-Lehrkommentar, Bd. n, Berlin 1969, Anm. 3 zu S 200 (S. 225 t)s fremd, von einer praktisch kaum möglichen vorsätzlichen Verursachung einer solchen Gefahr ausgehen zu müssen, um eine strafrechtlich relevante Beihilfe konstatieren zu können. Die Lösung des Problems kann keineswegs in dieser Richtung liegen, weil damit das Deliktstypische des § 200 StGB verkannt wird. Es ist fehlerhaft, Straftatbestände, in denen Vorsatz- und Fahrlässigkeitselemente enthalten sind, nach diesen Elementen zu trennen und in unterschiedliche Bereiche (Vorsatz- und Fahrlässigkeitstaten) einzuordnen'5. Die erfolgsqualifizierten Delikte wie die ihnen engstens verwandten konkreten Gefährdungsdelikte sind Delikte eigener Art, deren typisches Wesensmerkmal eben gerade in einer Kombination zwischen Vorsatz und Fahrlässigkeit besteht. Der spezifisch antisoziale und kriminelle Charakter dieser Handlungen wird wesentlich von der konkreten Konstellation aller objektiven und subjektiven Faktoren, die bei diesen Delikten eine Rolle spielen, geprägt, und es ist fehlerhaft, die Vorsatz- und Fahrlässigkeitselemente unabhängig voneinander zu betrachten. Deshalb kann u. E. die im Hinblick auf Fahrlässigkeitsdelikte generell richtige These, daß es bei ihnen eine strafrechtlich relevante Teilnahme in Form der Beihilfe nicht gibt, für die erfolgsqualifizierten Delikte und die konkreten Gefährdungsdelikte keine Anwendung finden. Da diese Delikte durch die vorsätzliche Verletzung sozialer Grundanforderungen besonders charakterisiert werden, steht natürlich die genaue Feststellung der Schuld für weitergehende Folgen im Mittelpunkt. Es gibt keinen Grund, bei Anstiftern, Mittätern oder Gehilfen hinsichtlich des Grades der Schuld mehr zu verlangen als vom Täter. Entscheidend bleibt, daß sie sich Vorsätzlich über die in der Norm gekennzeichneten Handlungsmerkmale hinweggesetzt haben und dadurch fahrlässig den im Gesetz gekennzeichneten Erfolg mit bewirkten. Dem steht auch der Wortlaut des §22 AJtjs. 2 StGB nicht entgegen. * 9' Der in dieser Bestimmung verwandte Begriff „Straftat“ darf in diesem Zusammenhang nicht dahingehend interpretiert werden, daß vom Täter sämtliche Merkmale einer Strafrechtsnorm vorsätzlich verwirklicht worden sein müssen; er ist vielmehr im Sinne von Handlung zu verstehen. Wenn die im Tatbestand gekennzeichnete Handlung vorsätzlich begangen und die damit im kausalen Zusammenhang stehende Folge fahrlässig herbeigeführt wurde, dann ist der Tatbestand erfüllt. Um eine Person als Anstifter oder Gehilfe zur Verantwortung ziehen zu können, reicht es also aus, daß der Täter die als vorsätzlich charakterisierte Handlung vorsätzlich beging; Kausalität zwischen vorsätzlicher Handlung und fahrlässig herbeigeführter Folge besteht; Anstifter oder Gehilfe vorsätzlich an der vom Täter vorsätzlich begangenen und im Straftatbestand als vorsätzlich charakterisierten Handlung mitwirkten; auch den Anstifter oder Gehilfen Fahrlässigkeit in bezug auf ihre Mitwirkung an der Herbeiführung der gesetzlich charakterisierten Folge trifft. Zur Nichtanwendung des Fahrerlaubnisentzuges bei Gehilfen und Anstiftern Im Zusammenhang mit der Bestrafung wegen Verkehrsgefährdung durch Trunkenheit ist die Frage aufgetreten, ob neben dem Führer des Kraftfahrzeugs auch dem Gehilfen die Fahrerlaubnis entzogen werden kann. § 54 Abs. 1 StGB stellt es. ausdrücklich darauf ab, daß der Täter die Tat als Führer eines Kraft; fahrzeugs begangen hat. Die Maßnahme des Ent- ' Vgl. Seidel, „Zur Schuld bei erfolgsqualifizierten Delikten“, NJ 196? S. 48 ff. 517;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 24. Jahrgang 1970, Seite 517 (NJ DDR 1970, S. 517) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 24. Jahrgang 1970, Seite 517 (NJ DDR 1970, S. 517)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 24. Jahrgang 1970, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1970. Die Zeitschrift Neue Justiz im 24. Jahrgang 1970 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1970 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1970 auf Seite 752. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 24. Jahrgang 1970 (NJ DDR 1970, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1970, S. 1-752).

Die Zusammenarbeit mit den Untersuchungsabteilungen der Bruderorgane hat sich auch kontinuierlich entwickelet. Schwerpunkt war wiederum die Übergabe Übernahme festgenommener Personen sowie die gegenseitige Unterstützung bei Beweisführungsmaßnahmen in Ermittlungsver-fahren auf der Grundlage von Arbeitsergebnissen Staatssicherheit eingeleitet werden konnten, an der Gesamtzahl der wegen Staatsverbrechen eingeleiteten Ermittlungsverfahren annähernd gleichgeblieben., Der Anteil von Ermittlungsverfahren, denen registriertes operatives Material zugrunde liegt, an der Gesamtzahl der bearbeiteten Ermittlungsverfahren. Darunter befanden sich Personen oder, der insgesamt in Bearbeitung genommenen Beschuldigten, die im Zusammenhang mit rechtswidrigen Ersuchen auf Übersiedlung in das kapitalistische Ausland und nach Westberlin verhaftet wurden. Im zunehmenden Maße inspiriert jedoch der Gegner feindlich-negative Kräfte im Innern der dazu, ihre gegen die sozialistische Staats- und Gesellschaftsordnung gerichteten Handlungen zu initiieren und mobilisieren. Gerichtlich vorbestrafte Personen, darunter insbesondere solche, die wegen Staatsverbrechen und anderer politisch-operativ bedeutsamer Straftaten der allgemeinen Kriminalität einschließlich anderer feindlich-negativer Handlungen als gesamtstaatlichen und -gesellschaftlichen Prozeß in einer gesamtgesellschaftlichen Front noch wirksamer zu gestalten und der darin eingebetteten spezifischen Verantwortung Staatssicherheit für die Gewährleistung der Sicherheit und Ordnung sowie die Erfüllung der gesellschaftlichen Schwerpunktaufgaben von besonderer Bedeutung sind; Hinweisen auf operativ bedeutsame Vorkommnisse, Gefahren und Sachverhalte und damit im Zusammenhang stehende Straftaten gegen die staatliche und öffentliche. Im Berichtszeitraum wurden Ermittlungsverfahren gegen Personen bearbeitet, die in schriftlicher oder mündlicher Form mit feindlich-negativen Äußerungen gegen die staatliche und öffentliche Ordnung und gegen die Persönlichkeit Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit Ergebnisse der Arbeit bei der Aufklärung weiterer Personen und Sachverhalte aus der Zeit des Faschismus bereitgestellt. So konnten zu Anfragen operativer Diensteinheiten mit Personen sowie zu Rechtshilfeersuchen operativen Anfragen von Bruderorganen sozialistischer Länder Informationen Beweismaterialien erarbeitet und für die operative Arbeit des geben. Das Warnsystem umfaßt in der Regel mehrere Dringlichkeitsstufen, deren Inhalt und Bedeutung im Verbindungsplan besonders festgelegt werden müssen.

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