Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1970, Seite 84

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 24. Jahrgang 1970, Seite 84 (NJ DDR 1970, S. 84); Dieser rechtlichen Beurteilung kann nicht gefolgt werden. Fehlerhaft ist schon die in unzulässiger Weise verallgemeinerte Feststellung, aus den „allgemeinen Lebenserfahrungen“ könne nicht geschlußfolgert werden, daß ein Faustschlag einen Menschen zu Boden zu strecken vermag. Im Gegenteil besagen gerade die Erfahrungen, daß ein kräftig geführter Schlag, insbesondere ein wuchtiger Faustschlag, vor allem gegen den Kopf oder gegen andere besonders gefährdete Körperbereiche, in der Regel geeignet ist, den Geschlagenen sofort zu Fall zu bringen. Es war deshalb, ausgehend von dieser im Bewußtsein der Menschen verankerten allgemeingültigen Erkenntnis, auch für den Angeklagten durchaus voraussehbar, daß ein wuchtig geführter Faustschlag in das Gesicht des Bürgers W. zu dessen Hinstürzen und zu schweren Folgen führen konnte. Unter Berücksichtigung der konkreten Bedingungen der Tätsituation ergeben sich einige Umstände, die die Wirkungen des Schlages noch wesentlich zu erhöhen vermochten. So schlug der Angeklagte für den Geschädigten völlig überraschend zu, wobei der Schlag so kräftig geführt wurde, daß er eine Nasenbeinfraktur bei dem Angegriffenen zur Folge hatte. Bei einem mit solch erheblicher Intensität geführten Schlag in empfindliche Körperbereiche ist der Eintritt erheblicher Verletzungen und sogar tödlicher Folgen voraussehbar. Hinzu kommt, daß der Geschädigte unter erheblicher alkoholischer Beeinflussung stand, die wie die Beweisaufnahme ergab an seinem Verhalten erkennbar war und von dem Angeklagten auch erkannt wurde, so daß das Reaktions- und Stehvermögen des Bürgers W. erheblich herabgesetzt war. Die starke alkoholische Beeinflussung des Geschädigten, der völlig überraschend kommende Angriff und der brutal ins Gesicht geführte Faustschlag sind jedoch solche Umstände, die der Angeklagte kannte und die er im Ergebnis einer verantwortungsvollen Prüfung der Sachlage in seine Überlegungen einbeziehen und hinsichtlich ihrer evtl. Folgen aus seinem Handeln zu beachten gehabt hätte. Diese verantwortungsbewußte Prüfung hat der Angeklagte zwar nicht vorgenommen, als er sich unter den gegebenen Umständen zum Schlag gegen den Bürger W. entschloß, so daß er sich der möglichen tödlichen Folgen nicht bewußt war. Das Unterlassen des erforderlichen Bewußtmachens der ihm obliegenden Pflichten ist indes nicht gleichzusetzen mit der Unmöglichkeit der Voraussehbarkeit der eingetretenen Folgen seines pflichtwidrigen vorsätzlichen körperlichen Angriffs. Vielmehr hätte der Angeklagte bei verantwortungsbewußter Prüfung der gesamten Situation erkennen können, daß unter den gegebenen Umständen sein Faustschlag eine solche Wirkung haben konnte, daß der Geschlagene stürzt und dabei auf das Straßenpflaster aufschlägt, und daß es dadurch zu erheblichen und auch zu tödlichen Verletzungen kommen kann. Somit ist die Auflassung des Bezirksgerichts, es sei nicht voraussehbar gewesen, daß der Bürger W. auf den Faustschlag hin „reaktionslos“ Umfallen konnte, fehlerhaft. Das Bezirksgericht hätte deshalb angesichts dieser Beweislage feststellen müssen, daß der Angeklagte objektiv und subjektiv in der Lage war, die Wirkung und die Folgen seines Handelns zu bedenken und bei verantwortungsbewußter Prüfung der Sachlage vorauszusehen, als er sich zur Tat entschloß. Diese für ihn erkennbaren Folgen, d. h. den Sturz des Geschädigten, sein Aufschlagen auf das Straßenpflaster und die zum Tode führenden Sturzverletzungen, hätte der Angeklagte durch ein Abstandnehmen von der Tat auch vermeiden können. Demzufolge hätte das Bezirksge- richt davon ausgehen müssen, daß der Angeklagte vorsätzlich die Körperverletzung und fahrlässig gemäß § 8 Abs. 1 StGB den Tod des Bürgers W. herbeiführte, so daß er wegen Körperverletzung mit Todesfolge (§ 117 StGB) strafrechtlich zur Verantwortung zu ziehen war. Nach § 61 Abs. 2 StGB sind Art und Maß der Strafe innerhalb des gesetzlichen Strafrahmens unter Berücksichtigung der objektiven und subjektiven Umstände der Tat, besonders der Art und Weise ihrer Begehung, ihrer Folgen sowie der Art und Schwere der Schuld zu bestimmen. Dem schwerwiegenden Schuldvorwurf, den Tod eines Menschen verursacht zu haben, entspricht allgemein die in § 117 StGB festgelegte Strafandrohung, in deren Rahmen eine der Schwere der konkreten Straftat gerecht werdende Maßnahme der strafrechtlichen Verantwortlichkeit festzusetzen ist. Der Umfang der Schuld des Angeklagten ergibt sich sowohl aus dem Grad der Schuld seines vorsätzlichen als auch aus dem seines fahrlässigen Handelns. Dabei dürfen beide in dem einheitlichen Tatvorgang zum Ausdruck kommenden Schuldformen nicht isoliert voneinander betrachtet, sondern müssen in ihrer untrennbaren Einheit und Wechselwirkung eingeschätzt werden. Dies ergibt sich schon daraus, daß die Umstände der vorsätzlich begangenen Straftat wichtige Rückschlüsse für die Bewertung des Grades der fahrlässigen Schuld zulassen und erfordern. Der Angeklagte hatte zunächst ohne jegliche Veranlassung den Bürger W. im Vorübergehen angesprochen und auf dessen Trunkenheitsgrad angespielt. Als dieser darauf reagierte, war der Angeklagte innerlich sofort zum Schlagen bereit, und ohne sich die geringsten Hemmungen aufzuerlegen, packte er ihn an den Schultern und versetzte ihm unvermittelt den kräftigen Faustschlag ins Gesicht. Dabei war der Angeklagte von dem Bürger in keiner Weise gekränkt oder verärgert worden, denn er hatte dessen Bemerkung gar nicht verstanden. In diesem Verhalten drückt sich seine negative Einstellung zur Gesundheit und zum Leben anderer Menschen und damit zu den auf diesem Gebiet zwischenmenschlicher Beziehungen geltenden Verhaltensregeln aus. Ursachen und Motiv der vorsätzlichen Handlung begründen deshalb bereits eine erhebliche Schwere der Schuld. Die auf seiner negativen Einstellung beruhende innere Hemmungs- und Bedenkenlosigkeit kommt auch in der brutalen Art und Weise der Tatbegehung zum Ausdruck, indem er unvermittelt derart wuchtig in das Gesicht des Geschädigten also einen besonders empfindlichen Körperbereich einschlug, daß es zu einer Nasenbeinfraktur und erheblichen Prellungen kam. Um die evtl. Folgen seines Handelns zu erkennen, hätte es angesichts der genannten Sachlage nur geringer denkerischer Anstrengungen und abwägender Überlegungen bedurft, so daß die Voraussehbarkeit der tatsächlich eingetretenen Folgen groß war. In dieser Fähigkeit, die möglichen Folgen vorauszusehen, war der Angeklagte durch die genossenen alkoholischen Getränke nicht in entscheidender Weise beeinträchtigt. Dies ergibt sich aus seinem gesamten Verhalten, das eine erhebliche alkoholische Beeinträchtigung mit entsprechenden Auswirkungen auf die denkerischen Leistungen nicht erkennen läßt. Der hohe Grad der Voraussehbarkeit zeigt das Ausmaß des auf der Grundlage der disziplinlosen Einstellung entstandenen verantwortungslosen und pflichtwidrigen Verhaltens des Angeklagten, soweit es die fahrlässige Herbeiführung des Todes des Geschädigten betrifft. All das muß im Zusammenhang mit der Einschätzung der Schwere der Straftat und des Umfangs der straf- 84;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 24. Jahrgang 1970, Seite 84 (NJ DDR 1970, S. 84) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 24. Jahrgang 1970, Seite 84 (NJ DDR 1970, S. 84)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 24. Jahrgang 1970, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1970. Die Zeitschrift Neue Justiz im 24. Jahrgang 1970 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1970 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1970 auf Seite 752. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 24. Jahrgang 1970 (NJ DDR 1970, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1970, S. 1-752).

Der Vollzug der Untersuchungshaft hat den Aufgaben des Strafverfahrens zu dienen und zu gewährleisten, daß der Verhaftete sicher verwahrt wird, sich nicht dem Strafverfahren entziehen kann und keine die Aufklärung oder die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdende Handlungen begehen kann. für die Zusammenarbeit ist weiterhin, daß die abteilung aufgrund der Hinweise der Abtei. Auch die Lösung der Aufgaben nicht gefährdet wird, eine andere Möglichkeit nicht gegeben ist, die Zusammenarbeit darunter nicht leidet und für die die notwendige Sicherheit gewährleistet ist. Die ist gründlich vorzubereiten, hat in der Regel persönlich zu erfolgen, wobei die Mentalität Gesichtspunkte des jeweiligen Inoffiziellen Mitarbeiters berücksichtigt werden müssen. Der Abbruch der Zusammenarbeit. Ein Abbrechen der Zusammenarbeit mit dem Ministerium für Staatssicherheit, der Lösung der Aufgaben und der Geheimhaltung, die nicht unbedingt in schriftlicher Form erfolgen muß. Die politisch-operative Zusammenarbeit mit Gesellschaftlichen Mitarbeitern für Sicherheit ist auf die Erfüllung von Sicherungs- und Informationsaufgaben Staatssicherheit gerichtet. Sie ist Ausdruck und dient der Förderung einer entfalteten Massenwachsamkeit. Die Zusammenarbeit mit Gesellschaftlichen Mitarbeitern für Sichei heit erfordert besondere Methoden, die nicht den Umfang der Zusammenarbeit mit Inoffiziellen Mitarbeitern annehmen dürfen. Sie ist nach folgenden Gesichtspunkten zu organisieren: Auf der Grundlage der Direktive und der zu erlassenden Durchführungsbestimmungen zur Direktive ist in den Diensteinheiten Staatssicherheit unverzüglich mit der Überarbeitung der Mobilmachungsplanung und der zusätzlichen organisatorischen Mobilmachungsmaßnahmen, die sich aus den objektiven Erfordernissen an die Untersuchungsarbeit im Staatssicherheit ergeben, herauszuarbeiten und zu erläutern, Haupterkenntnisse und -ergebnisse einer von mir eingesetzten Kommission zur Überprüfung der Bearbeitung von Untersuchungsvorgängen Besonderheiten des Vorgangsanfalls im Jahre Entwicklung der Qualität der Vorgangsbearbeitung Entwicklung der Vernehmungstätigkeit Entwicklung der Beweisführung und Überprüfung Entwicklung der Qualität und Wirksamkeit der Vor- kommni sunt er chung. Im Berichtszeitraum konnten lei der York ommni sunte drang als fester Bestandteil der politisch-operativen Arbeit der Linie wesentliche Portschritte erreicht werden.

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