Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1969, Seite 713

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 23. Jahrgang 1969, Seite 713 (NJ DDR 1969, S. 713); 7. Zum Inhalt der Urteilsformcl. OG, Urt. vom 16. April 1969 - 5 Ust 12/69. Das Bezirksgericht hat den Angeklagten wegen versuchten Totschlags (Verbrechen gemäß § 113 Abs. 1 Zilf. 3, Abs. 2 StGB) und wegen versuchter Vergewaltigung im schweren Fall (Verbrechen gemäß § 121 Abs. 1 und 2 Ziff. 1, Abs. 4 StGB) zu einer Freiheitsstrafe verurteilt und die Einweisung des Angeklagten in ein psychiatrisches Krankenhaus angeordnet. Zugleich hat es festgelegt, daß der Strafvollzug in einer milderen Vollzugsart durchzuführen ist (§ 39 Abs. 5 StGB). Gegen die Entscheidung des Bezirksgerichts hat der Angeklagte Berufung eingelegt, mit der er eine mildere Bestrafung und Wegfall der Einweisung in ein psychiatrisches Krankenhaus erstrebt. Die Berufung hatte keinen Erfolg. Sie führte jedoch zur Abänderung des Urteils im Schuldausspruch. Aus den Gründen: Da mit der Berufung eine niedrigere Bestrafung erstrebt wird, besteht die entscheidende Frage darin, wie der Grad der Schuld des Angeklagten und die objektive Gefährlichkeit seiner Handlungen auf der Grundlage der anzuwendenden Strafbestimmungen zu beurteilen sind. Nur durch eine gerechte Anwendung des Strafrechts kann der Zweck der strafrechtlichen. Verantwortlichkeit erreicht werden, nämlich die Staatsund Gesellschaftsordnung und die Bürger vor kriminellen Handlungen zu schützen, Straftaten vorzubeugen und den Gesetzesverletzer zum verantwortungsbewußten Verhalten zu erziehen (Art. 2 StGB). Das Bezirksgericht hat das Verhalten des Angeklagten am Tattage zunächst richtig als versuchte Vergewaltigung im schweren Fall (§ 121 Abs. 1 und 2 Ziff. 1, Abs. 4 StGB) beurteilt, weil der Angeklagte versuchte, das neunjährige Mädchen mit Gewalt zum Geschlechtsverkehr zu zwingen. Das Bezirksgericht hätte jedoch erkennen müssen, daß der schwere Fall der Vergewaltigung auch deshalb durch die Handlungsweise des Angeklagten verwirklicht worden ist, weil er durch die versuchte Vergewaltigung des Mädchens eine schwere Körperverletzung schuldhaft verursacht hat (§ 121 Abs. 2 Ziff. 2 StGB). Der Angeklagte hat dem Kind eine schwere Körperverletzung i. S. des §116 Abs. 1* StGB vorsätzlich beigebracht (wird ausgeführt). § 121 Abs. 2 Ziff. 2 StGB umfaßt dem Wortlaut nach als schweren Fall der Vergewaltigung die fahrlässig herbeigeführte Körperverletzung. Aus dem rechtspolitischen Sinn und den praktischen Konsequenzen bei der Bestrafung wird jedoch ersichtlich, daß ein schwerer Fall erst recht vorliegt, wenn die schwere Körperverletzung vorsätzlich verursacht wurde. Es liegt daher keine Tateinheit mit schwerer Körperverletzung nach § 116 Abs. 1 und 2 StGB vor. Ferner hat das Bezirksgericht übersehen, daß dieses Verhalten des Angeklagten tateinheitlich den Tatbestand des sexuellen Mißbrauchs von Kindern gemäß § 143 Abs. 1 und 2 StGB erfüllte, der zur vollständigen Charakterisierung der Tat gehört. Eine versuchte Vergewaltigung stellt in jedem Fall zugleich einen Mißbrauch des Kindes zu sexuellen Handlungen dar, wenn die Geschädigte noch nicht vierzehn Jahre alt ist und dies dem Täter wie in diesem Fall bekannt war. Im Handeln des Angeklagten lag eine große Gefahr für die psychische, sittliche und körperliche Entwicklung des Kindes. Dieses Handeln erreichte -eine hohes Maß an Verantwortungslosigkeit, auch wenn worauf die Verteidigung besonders hinweist glücklicherweise keine anhaltenden Folgen zu befürchten sind. Eine erhebliche Schädigung des Kindes wie sie § 148 Abs. 2 StGB verlangt lag vor, weil der Angeklagte dem Mädchen die bereits bezeichneten schweren Verletzungen beibrachte und ihr einen schweren psychischen Schock versetzte. Eine psychische Störung dieser Art stellt ebenfalls eine erhebliche Schädigung des Kindes dar. Es wurde bereits dargelegt, daß der Angeklagte die schweren körperlichen Verletzungen dem Kind vorsätzlich beibrachte. Hinsichtlich der psychischen Beeinträchtigung des Kindes im Vorgefundenen Ausmaß, der mehrere Stunden andauernden Unansprechbarkeit des * Kindes, hat der Angeklagte fahrlässig gehandelt (§ 8 Abs. 1 StGB). Er wußte, daß ein Kind sexuell unantastbar ist und schwere Störungen erleiden kann, die sich auf seine kindliche Lebensweise äußerst nachteilig auswirken können. Bei seiner Entscheidung, sich an dem Kind zu vergehen, machte er sich diese Folgen zwar nicht bewußt, jedoch hätte er auch bei Beeinträchtigung seiner Steuerungsfähigkeit die Folgen seines Tuns voraussehen und durch Beherrschung seiner sexuellen Begierde vermeiden können. Ebenso wie bei § 121 Abs. 2 Ziff. 2 StGB umfaßt die schuldhafte Verursachung einer erheblichen Schädigung des Kindes nach § 148 Abs. 1 und 2 StGB sowohl die Fahrlässigkeit als auch den Vorsatz. Dem Bezirksgericht kann darin nicht zugestimmt werden, daß die versuchte Tötung des geschädigten Mädchens nach der versuchten Vergewaltigung einen versuchten Totschlag nach § 113 Abs. 1 Ziff. 3, Abs. 2 StGB darstellt. Hier verkennt das Bezirksgericht die Anforderungen dieses Tatbestandes, der einen erheblich vom Mord abweichenden Strafrahmen aufweist und bereits eine generelle gesellschaftliche Bewertung dieser Delikte zum Ausdruck bringt. Das Oberste Gericht hat bereits dargelegt (OG. Urteil vom 28. August 1968 - 5 Ust 46/68 - NJ 1969 S. 122), daß sich die in § 113 Abs. 1 Ziff. 3 StGB genannten besonderen Tatumstände aus der objektiven und subjektiven Seite der Tötungshandlung ergeben können. Sie müssen aber eine solche Wertigkeit erreichen, daß gerade diese Umstände die den Tötungsverbrechen im allgemeinen innewohnende große Gefährlichkeit im besonderen verringern. Das Bezirksgericht hat in seinem Urteil zwar richtig berücksichtigt, daß diejenigen Umstände, die die ver-* minderte Zurechnungsfähigkeit des Angeklagten begründen, nicht zugleich als besondere Tatumstände herangezogen werden dürfen, die die strafrechtliche Verantwortlichkeit des Angeklagten nach § 113 Abs. 1 Ziff. 3 StGB mindern. Es hat aber dennoch fehlerhaft subjektive Umstände für die Begründung eines versuchten Totschlags herangezogen, die die abnorme Fehlentwicklung des Angeklagten mit charakterisieren und damit in die Feststellung verminderter Zurechnungsfähigkeit des Angeklagten eingehen bzw. lediglich die Beweggründe für den Tatentschluß aufzeigen. So hält das Bezirksgericht die im psychiatrischen Gutachten gegebene Charakterisierung des Angeklagten für einen tatbezogenen Umstand, der seine Schuld selbständig mindere. Im Gutachten ist wie im Urteil richtig wiedergegeben wurde dargelegt worden, der Angeklagte sei ein ängstlich gehemmter Psychopath, der unfähig ist, von sich' aus Gemeinschaftsbeziehungen aufzubauen, und der sexualpsychologisch zurückgeblieben ist. Diese Beurteilung ist vom Gutachter unter dem Gesichtspunkt der besonderen Entwicklungsfolgen beim Angeklagten vorgenommen worden. Sie drückt einen Faktor der abnormen Persönlichkeit des Angeklagten aus. Der Gutachter hat ausdrücklich hervorgehoben, daß der Angeklagte „heute ein schwer normabweichendes Bild'1 bietet, zu dem vorstehender Faktor gehört. Deshalb kann dieser für die Verwirklichung des Tatbestandes des Totschlags nicht herangezogen werden. 713;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 23. Jahrgang 1969, Seite 713 (NJ DDR 1969, S. 713) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 23. Jahrgang 1969, Seite 713 (NJ DDR 1969, S. 713)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 23. Jahrgang 1969, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1969. Die Zeitschrift Neue Justiz im 23. Jahrgang 1969 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1969 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1969 auf Seite 784. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 23. Jahrgang 1969 (NJ DDR 1969, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1969, S. 1-784).

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