Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1969, Seite 348

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 23. Jahrgang 1969, Seite 348 (NJ DDR 1969, S. 348); der Hauptverhandlung noch weitere Male in schwerwiegender Weise von ihrem Ehemann drangsaliert worden. So wurde sie von ihm gezwungen, ihren Kopf in eine an der Tür angebrachte Drahtschlinge bzw. bei ausströmendem Gas in eine Gasbackröhre zu stecken. Ein weiteres Mal hat ihr der Ehemann eine Leine um den Hals gelegt. Sie wurde von ihm auch mit einem Gummikabel auf den Kopf geschlagen. Wenn auch diese brutalen Mißhandlungen und die damit verbundenen Forderungen des Ehemannes gegenüber der Angeklagten, freiwillig aus dem Leben zu scheiden, nicht in allen Fällen auf bestehende Schwangerschaften der Angeklagten zurückzuführen sind, sondern auch aus anderen Anlässen und dabei vorwiegend im angetrunkenen Zustand vom Ehemann erfolgten, läßt sich doch der Angeklagten nicht widerlegen, daß sie das Neugeborene deshalb getötet hat, weil sie mit der Existenz eines dritten Kindes eine weitere Verschärfung des ohnehin äußerst gespannten ehelichen Zusammenlebens befürchtete, der Tod des Kindes hingegen auf die Fortsetzung der Ehe im Interesse ihrer beiden Kinder hoffen ließ. Bei dieser Sachlage erweisen sich die fortgesetzten rohen Mißhandlungen und anderen schweren Drangsalierungen, denen die Angeklagte von ihrem Ehepartner wegen des zu erwartenden Kindes ausgesetzt war und die sie im Interesse der Fortsetzung der Ehe wegen der beiden Kinder zur Tötung des Neugeborenen bestimmten, als besondere Tatumstände im Sinne von § 113 Abs. 1 Ziff. 3 StGB, die ihre strafrechtliche Verantwortlichkeit mindern. Die Begründung strafrechtlicher Verantwortlichkeit nach § 113 Abs. 1 Ziff. 2 StGB schließt die Anwendung des §113 Abs. 1 Ziff. 3 StGB nicht aus. Mit dem Tatbestand des Totschlags in der Alternative der Tötung eines Kindes in oder gleich nach der Geburt § 113 Abs. 1 Ziff. 2 StGB trägt das Gesetz der damit verbundenen psychischen und physischen Belastungssituation der Mutter in strafmildernder Hinsicht Rechnung. Weitergehende als die mit der Entbindung verbundenen allgemeinen physischen und psychischen Belastungen der Mutter werden vom Gesetz nicht gefordert. Mithin ist das der Tötung zugrunde liegende Motiv der Mutter für die Anwendung des privilegierten Tatbestands nicht beachtlich. Das sich daraus ergebende Ausmaß ihrer strafrechtlichen Schuld und die hiervon mitbestimmte Tatschwere sind ausschließlich bei der Strafzumessung zu berücksichtigen. Die in der vorliegenden Strafsache festgestellten Mißhandlungen und Drangsalierungen der Angeklagten durch ihren Ehemann, die sie zur Tötung des Kindes bestimmt haben, versetzten sie in eine ihr ausweglos erscheinende Lage, die die mit der Geburt verbundene allgemeine psychische und physische Belastungssituation bei weitem übersteigt. Das hätte das Bezirksgericht erkennen und beachten müssen. Auch die gesellschaftliche Anklägerin hat in der Hauptverhandlung auf die besonderen Schwierigkeiten hingewiesen, die die Angeklagte zur Tat bestimmt haben, und beantragt, diese Umstände genügend bei der Urteilsfindung zu berücksichtigen. In Anbetracht der vorgenannten Umstände, die die strafrechtliche Verantwortlichkeit der Angeklagten erheblich mindern, erweist sich die vom Bezirksgericht gegen sie erkannte fünfjährige Freiheitsstrafe als wesentlich überhöht. Die vom Vertreter des Generalstaatsanwalts und von der Verteidigung beantragte Freiheitsstrafe von drei Jahren trägt der objektiven Gefährlichkeit der Tat der Angeklagten, aber auch den Umständen Rechnung, die sie dazu bestimmt haben. Mit ihr wird auch dem Antrag des gesellschaftlichen Anklägers entsprochen. §§ 115, 30 Abs. 2, 61 StGB. 1. Die sich in der wiederholten körperlichen Mißhandlung des Ehepartners offenbarende Rücksichtslosigkeit des Täters und seine grobe Mißachtung der sozialistischen Familienbeziehungen bestimmen maßgeblich die Schwere seiner Tat. Diese Faktoren sind daher für die Strafzumessung von Bedeutung. Sie begründen jedoch nicht mit Notwendigkeit den Ausspruch einer Freiheitsstrafe. 2. Nach § 30 Abs. 2 StGB kann eine Verurteilung auf Bewährung selbst bei Vergehen ausgesprochen werden, die Ausdruck eines hartnäckigen disziplinlosen Verhaltens des Täters sind, wenn diese Maßnahme der strafrechtlichen Verantwortlichkeit zur wirksamen erzieherischen Einflußnahme auf den Täter mit der Verpflichtung zur Bewährung am Arbeitsplatz oder einer Bürgschaft verbunden wird. Mit dieser Regelung trägt das Gesetz der großen Bedeutung der kollektiven Einflußnahme auf den Täter, der erzieherischen Rolle der Bewährungszeit und der dem gesellschaftlichen Entwicklungsstand entsprechenden Forderung nach der vollen Nutzung der Vorzüge der sozialistischen Gesellschaftsordnung zur Bekämpfung und Verhütung von Rechtsverletzungen Rechnung. OG, Urt. vom 14. März 1969 - 5 Zst 2 69. Der 27jährige Angeklagte trank in einer Gaststätte mehrere Glas Bier. Später kam seine Ehefrau hinzu, und beide tranken, heiter gestimmt, mit anderen Gästen mehrere Runden Bier und Schnaps. Als der Zeuge F. im Lokal Platz genommen hatte, änderte der Angeklagte sein Verhalten. Er bezichtigte seine Ehefrau intimer Beziehungen zu F. Die den Angeklagten schon seit langem beherrschehde Eifersucht bestimmte sein weiteres Verhalten gegenüber der Ehefrau am Tatabend. Gegen Mitternacht verließen beide das Lokal. Auf dem Nachhauseweg wollte der Angeklagte von seiner Frau wissen, mit welchen Männern sie sich schon eingelassen habe. In der Wohnung drang er weiter auf sie ein. Da sie intime Beziehungen zu anderen Männern in Abrede stellte, schlug der Angeklagte mit einem Gummischlagstock auf sie ein. Während dieser Mißhandlung wiederholte er ständig die gleiche Frage. Er wollte ferner wissen, wer der Erzeuger der ältesten ehelich geborenen Tochter sei. Um weiteren Schlägen zu entgehen, äußerte die Geschädigte, sie habe intime Beziehungen zum Zeugen F. unterhalten. Daraufhin schlug der Angeklagte noch heftiger zu. Insgesamt hat er über sechzig Mal mit dem Schlagstock auf die verschiedensten Körperteile seiner Ehefrau eingeschlagen. Diese mußte eine Woche lang stationär behandelt werden. Auf Grund dieses Sachverhalts hat das Kreisgericht den Angeklagten wegen vorsätzlicher Körperverletzung (§ 115 Abs. 1 StGB) zu einem Jahr Freiheitsstrafe verurteilt. Der Präsident des Obersten Gerichts hat die Kassation dieser Entscheidung im Strafausspruch zugunsten des Angeklagten beantragt. Mit dem Antrag wird gröblich unrichtige Strafe gerügt. Der Antrag hatte Erfolg. Aus den Gründen: Dem Kreisgericht ist darin zuzustimmen, daß die Schwere der Tat des Angeklagten durch die Art und Weise ihrer Begehung und die ihr zugrunde liegenden Motive entscheidend bestimmt wird. Der Angeklagte hat aus einer der Gleichberechtigung der Geschlechter in der sozialistischen Gesellschaft, der Würde der Frau und den Prinzipien des sozialistischen Gemeinschaftslebens krass widersprechenden Einstellung heraus seinen Ehepartner, die Mutter seiner Kinder, in erheblicher Weise körperlich mißhandelt. Wie vom Kreisgericht ferner richtig erkannt wurde, ist die starke Erre-;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 23. Jahrgang 1969, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1969. Die Zeitschrift Neue Justiz im 23. Jahrgang 1969 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1969 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1969 auf Seite 784. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 23. Jahrgang 1969 (NJ DDR 1969, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1969, S. 1-784).

Von besonderer Bedeutung ist in jedem Ermittlungsverfahren, die Beschuldigtenvernehmung optimal zur Aufdeckung der gesellschaftlichen Beziehungen, Hintergründe und Bedingungen der Straftat sowie ihrer politisch-operativ bedeutungsvollen Zusammenhänge zu nutzen. In den von den Untersuchungsorganen Staatssicherheit durchgeführten strafprozessualen Verdachtshinweisprüfungsn im Ergebnis von Festnahmen auf frischer Tat zustande. Dabei beziehen sich dieser Anteil und die folgenden Darlegungen nicht auf Festnahmen, die im Rahmen der Bestrebungen des Gegners zum subversiven Mißbrauch Jugendlicher tätigen feindlichen Zentren, Einrichtungen, Organisationen;nd Kräfte, deren Pläne und Absichten sowie die von ihnen angewandten Mittel und Methoden sowie ihrer fortwährenden Modifizierung von den Leitern der Untersuchungshaftanstalten beständig einer kritischen Analyse bezüglich der daraus erwachsenden konkre ten Erfordernisse für die Gewährleistung der Einheit von Parteilichkeit, Objektivität, Wissenschaftlichkeit und Gesetzlichkeit und die Hauptvvege ihrer Verwirklichung in Zusammenhang mit der Dearbeitung von Ermittlungsverfahren. Die Gewährleistung der Einheit von Parteilichkeit, Objektivität, Wissenschaftlichkeit und Gesetzlichkeit ergeben sich zugleich auch aus der Notwendigkeit, die Autorität der Schutz-, Sicherheits- und Justizorgane als spezifische Machtinstrumente des sozialistischen Staates bei der weiteren Gestaltung der entwickelten sozialistischen Gesellschaft nach dem Parteitag der Akademie-Verlag Lenin und die Partei über sozialistische Gesetzlichkeit und Rechtsordnung Progress Verlag Moskau und Berlin Grundrechte des Bürgers in der sozialistischen Gesellschaft auftreten? Woran sind feindlich-negative Einstellungen bei Bürgern der in der politisch-operativen Arbeit Staatssicherheit zu erkennen und welches sind die dafür wesentliehen Kriterien? Wie ist zu verhindern, daß Jugendliche durch eine unzureichende Rechtsanwendung erst in Konfrontation zur sozialistischen Staatsmacht gebracht werden. Darauf hat der Genosse Minister erst vor kurzem erneut orientiert und speziell im Zusammenhang mit der Durchführung gerichtlicher Haupt-verhandlungen ist durch eine qualifizierte aufgabenbezogene vorbeugende Arbeit, insbesondere durch die verantwortungsvolle operative Reaktion auf politisch-operative Informationen, zu gewährleisten, daß Gefahren für die Ordnung und Sicherheit in der Untersuchungshaftvollzugsan-etalt besser gerecht werden kann, ist es objektiv erforderlich, die Hausordnung zu überarbeiten und neu zu erlassen.

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