Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1969, Seite 186

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 23. Jahrgang 1969, Seite 186 (NJ DDR 1969, S. 186); gen beruht daher nicht auf Rechtspflichtverletzungen des Angeklagten, so daß das Urteil des Kreisgerichts das Gesetz durch fehlerhafte Anwendung des § 222 (alt) verletzt. Es war auf den Kassationsantrag des Präsidenten des Obersten Gerichts der DDR aufzuheben (§ 321 Abs. 1 StPO), und der Angeklagte war gemäß § 322 Abs. 1 Ziff. 3 StPO freizusprechen, weil sich die Anklage nicht als begründet erwiesen hat. §§ 17, 81 Abs. 3 StGB. 1. Eine Notwehrsituation setzt nicht voraus, daß der sich Verteidigende bereits geschlagen worden ist. Sie ist auch dann schon gegeben, wenn ein Angriff unmittelbar bevorstcht. 2. Notwehrüberschreitung liegt vor, wenn zur Abwehr eines unmittelbar bevorstehenden körperlichen Angriffs, der jedoch erkennbar nicht das Leben des Angegriffenen bedroht, eine Stichwaffe benutzt wird. 3. Die Regelung der Notwchrüberschreitung in § 53 Abs. 3 StGB (alt) ist gegenüber der in § 17 Abs. 2 StGB das mildere Gesetz, weil letztere die Begründetheit des zur Notwehrüberschreitung führenden hochgradigen Erregungszustandes erfordert. 4. Zwischen einer in Nolwehrüberschreitung begangenen Straftat (Körperverletzung) und früheren Straftaten des Täters besteht grundsätzlich kein innerer Zusammenhang. BG Erfurt, Urt. vom 15. August 1968 - 2 BSB 137/68. Der wegen eines Sexualdelikts an Kindern mit Freiheitsstrafe vorbestrafte Angeklagte befand sich am 30. April 1968 mit seinen Eltern, seiner Freundin und seinem Freund K. auf einem Spaziergang. Unterwegs, zogen sie die Aufmerksamkeit einer Gruppe von etwa 14 Jugendlichen auf sich, die erheblich unter Alkoholeinfluß standen. Der Zeuge B. ging zu den beiden Frauen, die vor dem Angeklagten und seinem Vater liefen, und zog sie an den Ärmeln ihrer Mäntel hin und her. Daraufhin stieß die Mutter des Angeklagten einen Schrei aus und begann, mit der Handtasche auf B. einzuschlagen. Als der Angeklagte; sein Vater und der Zeuge K. herangekommen waren, näherten sich weitere Jugendliche. Der Angeklagte geriet mit dem Zeugen B. in eilte tätliche Auseinandersetzung. Sie ergriffen sich gegenseitig am Jackett und stießen sich hin und her. Die anderen Jugendlichen standen um beide herum. In dieser Situation zog der Angeklagte sein Taschenmesser aus der .Hosentasche und stach mit diesem ziellos in den Unterbauch des Zeugen B. Der Stich verletzte das Bauchfell, und es traten Blutungen in die freie Bauchhöhle, so daß der Zeuge drei Wochen stationär behandelt werden mußte. Auf Grund dieses Sachverhalts hat das Kreisgericht den Angeklagten wegen eines Vergehens der vorsätzlichen Körperverletzung (§115 Abs. 1 StGB) zu 1 Jahr und 6 Monaten Freiheitsstrafe verurteilt. Gegen diese Entscheidung hat der Angeklagte Berufung eingelegt und ausgeführt, das Kreisgericht habe nicht beachtet, daß er in Notwehr gehandelt habe. Die Berufung hatte Erfolg. Aus den Gründen: (Es wird zunächst ausgeführt, daß das Kreisgericht den Angaben des Angeklagten, er sei von den Jugendlichen bereits geschlagen worden, hätte folgen müssen.) Für das Vorliegen einer Notwehrsituation ist die Feststellung, daß der Angeklagte von den Jugendlichen bereits geschlagen wurde, allerdings nicht entscheidend. Eine Notwehrlage ist vielmehr auch schon dann gegeben, wenn ein Angriff unmittelbar bevorsteht, d. h., wenn der Angreifer so weit vorbereitet ist, daß mit der Ausführung des Angriffs jeden Augenblick gerechnet werden muß. Andernfalls käme der Verteidiger von vornherein in eine ungünstigere Position, und eine wirksame Verteidigung wäre in vielen Fällen aussichtslos, wenn der Verteidiger sich erst dann zur Wehr setzen dürfte, wenn der Angreifer mit dem Angriff bereits begonnen hat. Im vorliegenden Fall war entgegen der Auffassung des Kreisgerichts und des Vertreters des Staatanwalts des Bezirks ein gegenwärtiger rechtswidriger Angriff gegeben. Der Zeuge B. hatte die Mutter des Angeklagten nicht nur mit Worten, sondern auch tätlich angegriffen. Der Angeklagte eilte seiner Mutter zur Hilfe. Daß sie sich selbst gegen den betrunkenen Zeugen B. zur Wehr setzte, beseitigte die Notwehrsituation nicht, zumal sich B. kurz danach dem Angeklagten selbst zuwandte. Die Jugendlichen, die nach den Feststellungen des Kreisgerichts in erheblichem Maße unter Alkoholeinfluß standen, hatten den Angeklagten umringt. Sie standen im Halbkreis um ihn herum, und es war keineswegs so, daß den Jugendlichen etwa außer dem Angeklagten auch dessen Vater und der Zeuge K. sowie die beiden Frauen gegenüberstanden. Unter diesen Umständen ist die Behauptung des Angeklagten, er habe damit rechnen müssen, daß die Jugendlichen gemeinschaftlich auf ihn einschlagen würden, aus der Situation heraus verständlich. Von einer solchen Vorstellung ausgehend, hat der Angeklagte den Stich mit dem Messer geführt. Das Vorliegen einer Notwehrsituation bedeutet jedoch im Gegensatz zu den Ausführungen der Verteidigung noch nicht, daß sich der Angeklagte rechtmäßig verhalten hat und deshalb freizusprechen ist. Wie das Kreisgericht richtig feststellt, setzt die Anerkennung einer Handlung als Notwehr voraus, daß sie zur Abwehr erforderlich (§ 53 StGB alt ) bzw. der Gefährlichkeit des Angriffs angemessen (§ 17 Abs. 1 StGB) sein muß. Da keine der beiden genannten Bestimmungen härter oder milder ist, war gemäß § 81 Abs. 1 StGB § 53 Abs. 2 StGB (alt) anzuwenden. Dem Kreisgericht ist darin zuzustimmen, daß die Anwendung des Messers zur Abwehr des Angriffs nicht erforderlich war. Der Angeklagte hatte keineswegs die Vorstellung, daß sein Leben bedroht gewesen sei. Zur Abwendung der Gefahr hätten die eigenen Körperkräfte des Angeklagten, notfalls die Unterstützung seiner Eltern und seiner Freundin ausgereicht. Der Angeklagte hat den Zeugen ungezielt mit dem Messer gestochen. Unter diesen Umständen mußte er damit rechnen, daß der Zeuge eine lebensgefährliche Verletzung davontragen konnte. Da nach seiner eigenen Einschätzung sein Leben nicht bedroht war, hätte der Angeklagte daher das Messer nicht anzuwenden brauchen. Der Gebrauch des Messers war im Verhältnis zur Schwere des Angriffs unangemessen. Der Angeklagte hat damit eine Überschreitung der Notwehr begangen. Der Angeklagte hat die Tat während der Geltungsdauer des alten StGB begangen. Da die Vorschriften über die Überschreitung der Notwehr in beiden Strafgesetzen nicht gleich geregelt sind, war auch insoweit zu prüfen, ob § 17 Abs. 2 StGB oder § 53 Abs. 3 StGB (alt) das mildere Gesetz darstellt. § 17 Abs. 2 StGB geht insofern über das alte Gesetz hinaus, als er nicht nur die besonderen psychischen Zustände Bestürzung, Furcht oder Schrecken, sondern schlechthin hochgradige Erregung als Voraussetzung für die Straflosigkeit statuiert. Andererseits stellt diese Bestimmung im Gegensatz zu § 53 Abs. 3 StGB (alt) insofern strengere Anforderungen, als nur be grün -i dete hochgradige Erregung anerkannt wird. 1S6;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 23. Jahrgang 1969, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1969. Die Zeitschrift Neue Justiz im 23. Jahrgang 1969 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1969 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1969 auf Seite 784. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 23. Jahrgang 1969 (NJ DDR 1969, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1969, S. 1-784).

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