Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1967, Seite 701

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 21. Jahrgang 1967, Seite 701 (NJ DDR 1967, S. 701); Das Kassationsverfahren ist somit in zweierlei Hinsicht von Bedeutung: Erstens wird die fehlerhafte Entscheidung korrigiert und damit die sozialistische Gesetzlichkeit und Gerechtigkeit im Einzelfall durchgesetzt; zweitens wird den Gerichten ausgehend vom Einzelfall eine verallgemeinernde, auf die einheitliche, richtige Rechtsanwendung orientierende Anleitung gegeben, ohne daß die Gerichte dadurch über den Einzelfall hinaus gebunden werden. Aus dem Prinzip des demokratischen Zentralismus ergibt sich jedoch, daß „die Entscheidungen des Obersten Gerichts grundsätzlich so lange richtungweisend für die Rechtsprechung sind, bis das Oberste Gericht selbst seinen Standpunkt in der betreffenden Rechtsfrage ändert Das schließt nicht aus, daß die Instanzgerichte in bestimmten Ausnahmefällen von einer Entscheidung des Obersten Gerichts abweichen können, so insbesondere, wenn sich die gesellschaftlichen Verhältnisse weiterentwickelt haben und eine Beachtung dieser Entscheidung im Widerspruch zu den objektiven Gesetzmäßigkeiten stünde“.1 Die Verbindlichkeit der Kassationsrechtsprechung über den entschiedenen konkreten Fall hinaus ist vor allem bei der Auslegung von Rechtsnormen zu beachten. Anders ist es, wenn das Kassationsgericht Kriterien für die Strafzumessung nach Strafart und -höhe bei bestimmten Deliktsgruppen oder Delikten herausgearbeitet hat. Hier kann das Kassationsurteil nur einen Rahmen setzen, innerhalb dessen das Instanzgericht seine Entscheidung unter Berücksichtigung aller objektiven und subjektiven Umstände des konkreten Falles treffen muß. Das Kassationsurteil muß in der Regel die Grundlage dafür schaffen, daß die gesellschaftlichen Zusammenhänge, die der Straftat zugrunde liegen, aufgedeckt und entsprechend den jeweiligen konkreten Bedingungen in der neuen gerichtlichen Entscheidung berücksichtigt werden. Dies hat im Rahmen des geltenden Rechts und der vom Obersten Gericht aufgestellten Grundsätze für die Rechtsanwendung und Strafpolitik zu geschehen. Besondere Bedeutung kommt der Kassationspraxis nach dem Erlaß neuer Gesetze, anderer für die Strafrechtsprechend wesentlicher Normativakte sowie nach dem Erlaß von Richtlinien und Beschlüssen des Obersten Gerichts zu. Das wird vor allem mit der Einführung des neuen Strafgesetzbuchs und der neuen Strafprozeßordnung der Fall sein. Im Vordergrund der Kassationsrechtsprechung steht dabei die detaillierte Erläuterung des Gesetzeswortlauts oder der Richtlinie, insbesondere dann, wenn dort nur Prinzipien der Rechtsanwendung enthalten sind, die der konkreten Ausgestaltung durch die Rechtsprechung bedürfen. Rechtskraft und Kassation Zu den grundlegenden prozessualen Garantien der allgemeinen Rechtssicherheit gehört das Prinzip der Rechtskraft. Die Rechtskraft drückt die Autorität aus, die einer gerichtlichen Entscheidung verliehen wird, und gewährleistet zusammen mit der Durchsetzung der sozialistischen Gesetzlichkeit und Gerechtigkeit die Rechtssicherheit. Da die Rechtsprechung wesentliche Lebensinteressen der Bevölkerung in der DDR berührt, sind auch an die Rechtskraft bestimmte rechtliche Wirkungen geknüpft. Sie sichert die Stabilität des Urteils und festigt damit das Vertrauen der Bürger zum sozialistischen Staat und seinen Organen. Niemand darf in derselben Sache wegen einer Handlung, über die ein Gericht der DDR rechtskräftig entschieden hat, erneut strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden (§ 6 Abs. 1 StPO). Das im Strafprozeß der DDR geltende Prinzip der all- 1 Toeplitz, „Zur Bindung des Gerichts an den im Eheverfahren gestellten Unterhaltsanspruch eines Ehegatten“, NJ 1961 S. 850. seitigen Erforschung der Wahrheit (§ 200 StPO) sichert die gerechte Anwendung des Strafgesetzes und die gerechte Bestrafung der Schuldigen (§ 1 Abs. 2 StPO) bzw. ihre Freisprechung (§ 221 StPO) oder Nichtbestreifung (§ 9 StEG). Dagegen verletzt eine nicht auf der objektiven Wahrheit beruhende gerichtliche Entscheidung die Prinzipien der Gerechtigkeit und Gesetzlichkeit. In einem solchen Falle liegt es sowohl im Interesse des sozialistischen Staates als auch des individuell betroffenen Bürgers, die fehlerhafte rechtskräftige Entscheidung aufzuheben. Das ist aber nur möglich, wenn die Rechtskraft im Einzelfall durchbrochen wird. Deshalb ist es notwendig, den Rahmen für die Aufhebung rechtskräftiger Entscheidungen zu begrenzen, was in §§ 301 bis 303 StPO geschehen ist. Das oberste Prinzip des Strafverfahrens ist die Verwirklichung sozialistischer Gesetzlichkeit und Gerechtigkeit. Ihr ist das Prinzip der Rechtskraft untergeordnet. Dieses Prinzip muß dann zurücktreten, wenn die sozialistische Gesetzlichkeit durchgesetzt werden muß. Die Verwirklichung von Gesetzlichkeit und Gerechtigkeit ist in der sozialistischen Ordnung ein gesamtgesellschaftliches Anliegen; sie ist Ausdruck der Durchsetzung objektiver Gesetzmäßigkeiten der gesellschaftlichen Entwicklung. Deshalb gibt es auch keinen objektiven Interessenwiderspruch, wenn eine rechtskräftige Entscheidung zuungunsten eines Bürgers kassiert wird. Zwar werden in einem solchen Fall die subjektiven Interessen dieses Bürgers der objektiven Notwendigkeit nach Durchsetzung der Gesetzlichkeit mindestens zeitweilig entgegenstehen. Jedpch dient auch die Kassation zuungunsten des Betroffenen nicht nur dazu, die Übereinstimmung zwischen der gerichtlichen Entscheidung als Ausdruck der Forderung an ein bestimmtes Verhalten und den gesellschaftlichen Notwendigkeiten herzustellen, sondern auch dazu, den Betroffenen zu befähigen, sich künftig entsprechend diesen Notwendigkeiten zu verhalten und sein Leben entsprechend der gewonnenen Einsicht zu gestalten. Nur wahrhaft gerechte, auf der allseitigen Erforschung der objektiven Wahrheit beruhende, der sozialistischen Gesetzlichkeit und den ihr zugrunde liegenden gesellschaftlichen Entwicklungsgesetzmäßigkeiten entsprechende gerichtliche Entscheidungen sind geeignet, das Denken und Handeln der Bürger im Sinne der sozialistischen Lösung von Widersprüchen und Konflikten zu fördern und die sozialistische Staatsmacht zu festigen. Deshalb ist die Durchbrechung der Rechtskraft im Kassationsverfahren eine notwendige Maßnahme, die der Verwirklichung der Prinzipien der sozialistischen Gesetzlichkeit und Gerechtigkeit und damit der Stärkung der Rechtssicherheit dient. Maßnahmen zur Einleitung eines Kassationsverfahrens Ein Kassationsverfahren einzuleiten obliegt allein der verantwortlichen Entscheidung der gesetzlich dazu Berechtigten'2 3. Sie unterliegen insoweit keinen Beschlüssen der Kollegialorgane, wie etwa der Präsidien des Obersten Gerichts oder der Bezirksgerichte1. Es steht allein im Ermessen des Anträgsberechtigten, ob er von seinem Antragsrecht Gebrauch macht. Das Kassationsgericht ist jedoch nicht an die von ihm vertretene Auffassung zur rechtlichen Würdigung und zur Strafzumessung gebunden. Es muß sich lediglich an den Rahmen halten, der 2 Die folgenden Ausführungen beschränken sich auf die Stellung des Präsidenten des Obersten Gerichts bzw. der Direktoren der Bezirksgerichte. 3 Es ist also unzulässig, daß das Präsidium des Bezirksgerichts Grundsätze für die Kassationstätigkeit beschließt und damit den Direktor als Antragsberechtigten verpflichtet, bei Vorliegen der in den Grundsätzen genannten Umstände Kassationsantrag zu stellen. Richtig legt die Arbeitsordnung des Obersten Gerichts fest (Ziff. 34), daß der Präsident die Grundsätze der Kassationstätigkeit bestimmt. 7 01;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 21. Jahrgang 1967, Seite 701 (NJ DDR 1967, S. 701) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 21. Jahrgang 1967, Seite 701 (NJ DDR 1967, S. 701)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 21. Jahrgang 1967, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1967. Die Zeitschrift Neue Justiz im 21. Jahrgang 1967 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1967 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1967 auf Seite 776. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 21. Jahrgang 1967 (NJ DDR 1967, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1967, S. 1-776).

In der Regel ist dies-e Möglichkeit der Aufhebung des Haftbefehls dem üntersuchungsorgen und dem Leiter Untersuchungshaftanstalt bereiio vorher bekannt. In der Praxis hat sich bewährt, daß bei solchen möglichen Fällen der Aufhebung des Haftbefehls dem üntersuchungsorgen und dem Leiter Untersuchungshaftanstalt bereiio vorher bekannt. In der Praxis hat sich bewährt, daß bei solchen möglichen Fällen der Aufhebung des Haftbefehls durch das zuständige Gericht vorliegt. Das erfolgt zumeist telefonisch. bei Staatsverbrechen zusätzlich die Entlassungsanweisung mit dem erforderlichen Dienstsiegel und der Unterschrift des Ministers für Staatssicherheit Befehl des Ministers für Staatssicherheit zur Vorbeugung, Aufklärung und Verhinderung des ungesetzlichen Verlassens der und der Bekämpfung des staatsfeindlichen Menschenhandels Vertrauliche Verschlußsache Staatssicherheit Instruktion zum Befehl des Ministers für Staatssicherheit und die damit erlassenen Ordnungs- und Verhaltens-regeln für Inhaftierte in den Untersuchungshaftanstatt Staatssicherheit - Hausordnung - die Gemeinsame Anweisung über die Durchführung der Untersuchungshaft und den dazu erlassenen Anweisungen die Kräfte und Mittel des Wach- und Sicherungsdienstes der Abteilung Dem Wachschichtleiter sind die Angehörigen des Wach- und Sicherungsdienstes in den Abteilungen Grundsätze des Wach- und Sicherungs- dienstes - Aufgaben des Wachschichtleiters, Aufgaben des Stellvertreters des Wachschichtleiters, Aufgaben und Befugnisse des Wach-. und Sicherungsdienstes Einsatzformen des Wach- und Sicherungsdienstes sind: Die gesetzlichen Bestimmungen wie Strafgesetz, Strafprozeßordnung, Strafvollzugs- und Wiedereingliederungsgesetz; Befehle und Anweisungen des Ministers für Staatssicherheit, des Leiters der Bezirksverwaltungen Verwaltungen und des Leiters der Diensteinheit - der Kapitel, Abschnitt, Refltr., und - Gemeinsame Anweisung über die Durch- Refltr. führung der Untersuchungshaft - Gemeinsame Festlegung der und der Refltr. Staatssicherheit zur einheitlichen Durchsetzung einiger Bestimmurigen der Untersuchungshaftvollzugsordnung -UHV in den Untersuchungshaftanstalten Staatssicherheit vom Vertrauliche Verschlußsache Staatssicherheit , Ausfertigung V: Gemeinsame Festlegung der Leiser des Zentralen Medizinisehen Dienstes, der Hauptabteilung und der Abteilung zur Sicherstellung des Gesundheitsschutzes und der medizinischen Betreuung Verhafteter und Strafgefangener in den Untersuchungshaftanstalten Staatssicherheit . Vertrauliche Verschlußsache Staatssicherheit.

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