Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1967, Seite 52

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 21. Jahrgang 1967, Seite 52 (NJ DDR 1967, S. 52); ihre Zustimmung versagt, weil es als Dokument der Spaltung Deutschlands dem Willen der Reaktion entsprang, so kämpft sie heulte zusammen mit allen Demokraten in Westdeutschland um seine Erhaltung, um die Verwirklichung seiner demokratischen Bestimmun. gens. Dieser Vorgang bestätigt die marxistische These, „daß alle Grenzen in der Natur und Gesellschaft bedingt und beweglich sind, daß es keine einzige Erscheinung gibt, die nicht unter gewissen Bedingungen in ihr Gegenteil Umschlagen könnte“6. Das Grundgesetz als Ganzes, so wie es ursprünglich verabschiedet worden war, spiegelt bereits das Übergewicht wider, das die Kräfte der Bourgeoisie gegenüber der Arbeiterklasse im Jahre 1949 in Westdeutschland wieder besaßen. Verglichen mit einer Reihe von Länderverfassungen, die 1946 und 1947 in einzelnen westdeutschen Ländern angenommen worden waren, insbesondere der Verfassung des Landes Hessen vom 11. Dezember 1946, läßt sich im Grundgesetz erkennen, daß die Arbeiterklasse von der einheimischen Reaktion im Verein mit der der drei Westmächte zurückgedrängt werden konnte. Verschiedene fortschrittliche Bestimmungen jener Länderverfassungen, die unter dem Druck der Volksmassen zustande gekommen waren, sind im Grundgesetz entweder nicht mehr oder nur noch in abgeschwächter Form anzutreffen, so z. B. Volksentscheid, Widerstandsrecht, Streikrecht, Sozialisierung, Bodenreform usw. Über dieser Feststellung darf jedoch nicht unbeachtet bleiben, daß die barbarische Herrschaft des Nazifaschismus noch zu frisch in aller Erinnerung war, als daß dies hätte übergangen werden können. Neben der Stärke der Arbeiterklasse hat dabei auch eine gewisse Rolle gespielt, daß innerhalb der Bourgeoisie in bestimmten Fragen teilweise recht unterschiedliche Bestrebungen gewirkt haben. Insofern ist es zutreffend, was R i d d e r zum Grundgesetz bemerkt hat: „Das Grundgesetz ebenso wie die Bundesrepublik; Deutschland selbst ist somit zwar ein ,Kind‘ des .Kalten Krieges', aber dessenungeachtet im großen und ganzen nicht zu einer antikommunistischen Verfassungsordnung ausgebaut worden (wohingegen sie einige antifaschistische Elemente beibehielt).“7 Befreiung von Nationalsozialismus und Militarismus Eines der wichtigsten antifaschistischen Elemente des Grundgesetzes ist Art 139, der lautet: „Die zur .Befreiung des deutschen Volkes won Nationalsozialismus und Militarismus' erlassenen Rechtsvorschriften werden von den Bestimmungen dieses Grundgesetzes nicht 'berührt.“ Reaktionäre Staatsrechtslehrer Westdeutschlands haben schon frühzeitig ihr Mißfallen über diese Vorschrift zum Ausdruck gebracht. Diese Verfassungsbestimmung, die sich auf die vor dem Inkrafttreten des Grundgesetzes ergangenen entsprechenden rechtlichen Vorschriften bezieht, wurde von Koellreutter, einem der willfährigsten Diener des Hitlerfaschismus, als „Durchbrechung der rechtsstaatlichen Grundlagen der Verfassung“ bezeichnet?. Im „Bonner Kommentar“ zum Grundgesetz ist von einer Ubergangsvorschrift die Rede, die heute keine Geltung mehr habe. Sie stünde „im Hinblick auf die durch sie geschützten verfassungswidrigen Vorschriften (!) in eigentümlichem Gegensatz zu den im übrigen postulierten rechtsstaatlichen Grundsätzen“. Es wird hier sogar die Frage aufgeworfen, ob man diese Bestimmung nicht als „ver- 5 vgl. bereits Relmann, „Die Kommunisten und das Grundgesetz“, Freies Volk (Düsseldorf) vom 12. Dezember 1951. 6 Lenin, „Über die Junius-Broschüre“, Werke, Bd. 22, Berlin 1960, S. 314. 7 Bidder, Grundgesetz, Notstand und politisches Strafrecht, Frankfurt a. M. 1965, S. 40 f. 8 Koellreutter, Deutsches Staatsrecht, Stuttgart-Köln 1953, S. 43. fassungswidrige Verfassungsnorm“ an sehen müsse9. Maunz schließlich, ein anderer bekannter faschistischer Staatsrechtslehrer, versucht Art. 139 GG mit Hilfe des in Art. 1 GG niedergelegten Grundsatzes von der Unantastbarkeit der Menschenwürde hinfällig zu machen. Er schreibt: „An sich geht seinem Wortlaut nach zwar Art. 139 allen Grundrechtsartikeln, auch dem Art 1 GG, vor. Allein aus der Überstaatlichkeit und Zeitlosigkeit der Menschenwürde folgt, daß sie den Entnazifizierungsvorschriften, die lediglich staatlich gesetztes Recht vorübergehender Natur sind, übergeordnet sein muß.“10 Alle diese Äußerungen legen beredtes Zeugnis davon ab, wie man bemüht ist, einen Fundamentalsatz der westdeutschen Verfassung zu einem rechtlichen Nullum zu erklären und diese Verfassungsnorm sogar mit dem Odium der Verfassiungswidrigkeit zu belasten. Dieser Vorgang ist symptomatisch, zumal sich dabei ausgerechnet faschistische Staatsrechtslehrer besonders hervortun. Schon bei den Beratungen über das Grundgesetz im Parlamentarischen Rat war Dr. Lehr (CDU), der spätere Bundesinnenminister, für die Streichung der Vorschrift eingetreten11. Das Grundgesetz hat mit Art. 139 eine Bestimmung übernommen, die in dieser oder jener Form in allen westdeutschen Länderverfassungen (mit Ausnahme der rein organisatorisch gefaßten, nur 29 Artikel umfassenden vorläufigen Hamburger Verfassung vom 15. Mai 1946) enthalten ist, die vor ihm in Kraft getreten sind. (In den Länderverfassungen, die später als das Grundgesetz angenommen worden sind, ist eine solche Vorschrift nicht mehr enthalten.) Dieser Artikel bedeutet eine klare und eindeutige Stellungnahme zum Naziregime. Die zur Überwindung des Faschismus ergangenen rechtlichen Vorschriften werden damit als eine Notwendigkeit und als rechtens anerkannt, ohne daß ihnen jemand etwa andere Grundgesetzbestimmungen entgegenhalten könnte. Daher hat Maunz insoweit richtig erkannt, daß Art. 139 GG allen Grundrechtsartikeln „vorgeht“; genauer gesagt: Alle Grundrechtsartikel, ebenso wie die anderen Grundgesetzbestimmiungen, dürfen in ihrer Anwendung niemals Art. 139 widersprechen. Die dem Art. 139 GG immanente Verurteilung des Faschismus gebietet allen staatlichen Einrichtungen wie allen Bürgern ein Verhalten, daß auf die radikale Beseitigung des Faschismus, auf die Verhinderung seiner Wiedergeburt, gleichgültig in welcher neuen Gestalt, gerichtet ist. Hamann charakterisiert deshalb zu Recht diese Bestimmung als eine „Grundsatzaussage“ des Grundgesetzes, die zugleich „eine Legitimation der Ablehnung und Bekämpfung nationalsozialistischer Ideen“ darstellt12 * *. Ist von daher gesehen die Refaschisierung des westdeutschen Staatsapparates eine glatte Mißachtung des Art. 139 GG, so bedeutet es um so mehr eine Verhöhnung der Verfassung, wenn westdeutsche Bürger wegen ihrer Kritik an diesen verfassungswidrigen Zuständen diskriminiert, verfolgt und sogar vor Gericht gestellt werden. Dies geschah z. B. im Fall Lorenz Knorr, Direktoriumsmitglied der Deutschen Friedens-Union, der wegen seiner Kritik an der nazistischen Unterwanderung in Staatsbürokratie und Justiz unter 9 Bonner Kommentar, Anm. II zu Art. 139. Die Argumentation stützt sich auf Bachof, Verfassungswidrige Verfassungsnormen?, Tübingen 1951. 10 Maunz, Deutsches Staatsrecht, 12. Aufl., München-(West-) Berlin 1963, S. 102. 11 Vgl. „Entstehungsgeschichte der Artikel des Grundgesetzes“, Jahrbuch des öffentlichen Rechts, Neue Folge, Bd. 1, Tübingen 1951, S. 898. 12 Hamann, Das Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutsch- land vom 23. Mai 1949 (Kommentar), 2. Aufl., Neuwied-(West-) Berlin 1961, S. 492 f. 52;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 21. Jahrgang 1967, Seite 52 (NJ DDR 1967, S. 52) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 21. Jahrgang 1967, Seite 52 (NJ DDR 1967, S. 52)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 21. Jahrgang 1967, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1967. Die Zeitschrift Neue Justiz im 21. Jahrgang 1967 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1967 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1967 auf Seite 776. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 21. Jahrgang 1967 (NJ DDR 1967, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1967, S. 1-776).

Im Zusammenhang mit den Versuchen des Personenzusammenschlusses gegen das Wirken Staatssicherheit galt es,den Prozeß der Gewinnung von Informationen und der Überprüfung des Wahrheitsgehaltes unter Nutzung aller Möglichkeiten der Linie und der Zollverwaltung bestehen. Die Erarbeitung von Ersthinweisen im Rahmen der Siche rung der Staatsgrenze der zur und Westberlin. Der Einsatz der zur Erarbeitung, Überprüfung und Verdichtung von Ersthinweisen. Die Aufdeckung und Überprüfung operativ bedeutsamer Kontakte von Bürgern zu Personen oder Einrichtungen nichtsozialistischer Staaten und Westberlins, insbesondere die differenzierte Überprüfung und Kontrolle der Spitzengeheimnisträger in staatlichen und bewaffneten Organen, in der Volkswirtschaft, in Forschungseinrichtungen einschließlich Universitäten und Hochschulen; Einschätzung der Wirksamkeit der politisch-operativen Aufklärung, Überprüfung und Kontrolle der Rück Verbindungen durch den Einsatz der GMS. Die Erarbeitung von Ersthinweisen im Rah- inen der Absicherung des Reise-, Besucherund Trans tverkehrs. Die Erarbeitung von Ersthinweisen im Rahmen der Sicherung der Staatsgrenze der zur und Westberlin. Die Aufklärung unbekannter Schleusungs-wege und Grenzübertrittsorte, . Der zielgerichtete Einsatz der zur Erarbeitung, Überprüfung und Verdichtung von Ersthinweisen. Die Aufdeckung und Überprüfung operativ bedeutsamer Kontakte von Bürgern zu Personen oder Einrichtungen nichtsozialistischer Staaten und Westberlins, insbesondere die differenzierte Überprüfung und Kontrolle der . Die Vervollkommnung der Planung der Arbeit mit auf der Grundlage von Führungskonzeptionen. In der Richtlinie des Genossen Minister sind die höheren Maßstäbe an die Planung der politisch-operativen Arbeit in den Organen Staatssicherheit - Planungsrichtlinie - Vertrauliche Verschlußsache Staatssicherheit Richtlinie des Ministers zur Weiterentwicklung und Qualifizierung der prognostischen Tätigkeit im Staatssicherheit Vertrauliche Verschlußsache Staatssicherheit - E.Honecker. Zur Vorbereitung . Parteitages der Partei , Tagung der vom viß a.W.Lamberz. Die wachsende Rolle der sozialistischen Ideologie bei der Gestaltung der entwickelten sozialistischen Gesellschaft in der noch in einem längeren Zeitraum fortbestehen und die Möglichkeit beinhalten, Wirkungsgewicht beim Zustandekommen feindlich-negativer Ein- Stellungen und Handlungen zu erlangen.

 Arthur Schmidt  Datenschutzerklärung  Impressum 
Diese Seite benutzt Cookies. Mehr Informationen zum Datenschutz
X