Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1965, Seite 716

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 19. Jahrgang 1965, Seite 716 (NJ DDR 1965, S. 716); Wendung des § 51 Abs. 2 StGB bejaht, so daß nach dieser Bestimmung die Strafe über § 44 StGB gemildert werden konnte. Die erheblich verminderte Zurechnungsfähigkeit des Angeklagten kann deshalb nicht als mildernder Umstand im Sinne von §§ 177 Abs. 2, 176 Abs. 2 StGB angesehen werden und somit nochmals als Milderungsgrund gelten. Das Kreisgericht hätte deshalb eine im Rahmen der §§ 177 Abs. 1, 176 Abs. 1 Ziff. 1, 51 Abs. 2, 44 StGB liegende Strafe aussprechen müssen. Aus der fehlerhaften Anwendung des Gesetzes resultiert der ungerechtfertigte Ausspruch einer Gefängnisstrafe. Das Kreisgericht wird daher in seiner neuen Entscheidung auf eine Zuchthausstrafe zu erkennen haben. Bei der Strafzumessung müssen im vorliegenden Fall sowohl die bereits dargestellten objektiven Momente der Tat als auch die subjektiven Faktoren, die zur Anwendung des § 51 Abs. 2 StGB führten angeborener Schwachsinn, der an den Grad der Imbezillität heranreicht, bedingte Bildungs- und mangelnde Kritikfähigkeit , Berücksichtigung finden. Zur Vorbereitung der erneuten Verhandlung wird das Kreisgericht den Beschluß des Präsidiums des Obersten Gerichts über die unmittelbare Mitwirkung der Bevölkerung im Strafverfahren vom 21. April 1965 (NJ 1965 S. 337 ff.) zu beachten haben, weil das Protokoll der Hauptverhandlung nachweist, daß das Kreisgericht zu diesem Zeitpunkt noch unklare Vorstellungen über die Rolle der gesellschaftlichen Kräfte im Strafverfahren hatte. Das bezieht sich insbesondere auf die Einbeziehung des Vertreters des Kollektivs. Das Kreisgericht lud den von der Brigade bestimmten Vertreter als sog. Leumundszeugen, benachrichtigte außerdem die Brigade vom Termin, so daß der Brigadier zur Hauptverhandlung neben dem Vertreter des Kollektivs erschien, behandelte den Vertreter auch in der Hauptverhandlung als Leumundszeugen und schloß ihn zeitweilig von der Verhandlung aus. Die Mitwirkung eines Vertreters des Kollektivs soll jedoch gewährleisten, daß die Persönlichkeit des Angeklagten, seine Straftat, deren Ursachen und Bedingungen umfassend aufgeklärt und was für die erneute Verhandlung besonders wichtig ist die erzieherische Wirkung des Strafverfahrens auf den Angeklagten verstärkt sowie die Unduldsamkeit der Bürger gegenüber Straftaten gefördert und neuen Straftaten vorgebeugt wird. Auch im Hinblick auf die künftige Wiedereingliederung des Angeklagten in das gesellschaftliche Leben, die besondere erzieherische Aufmerksamkeit erfordern wird, ist die Kenntnis des Kollektivs über die Person des Angeklagten, sein Verhalten in der Gemeinschaft, wie sie aus dem Protokoll der Aussprache in der Brigade klar hervorgeht, von Bedeutung. §§ 176 Abs. 1 Ziff. 1, 177 Abs. 1 StGB. Gewaltanwendung i. S. des § 176 Abs. 1 Ziff. 1 bzw. des § 177 Abs. 1 StGB liegt in subjektiver Hinsicht nicht vor, wenn der Angeklagte infolge des unklaren und inkonsequenten Verhaltens der Frau annehmen konnte, ihr Widerstand sei nicht ernstlich und nicht von Dauer, so daß er bei einigem Drängen ihre Bereitschaft zum Geschlechtsverkehr erreichen könne. OG, Urt. vom 13. August 1965 5 Zst 10/65. Das Kreisgericht verurteilte den Angeklagten wegen versuchter Notzucht in Tateinheit mit gewaltsamer Unzucht. Die gegen diese Entscheidung eingelegte Berufung hat das Bezirksgericht nach eigener Beweisaufnahme zurückgewiesen. Der Entscheidung liegen im wesentlichen folgende Feststellungen zugrunde: Seit März 1964 näherte sich der Angeklagte in unsittlicher Weise der im selben Haus wohnenden Frau D. Bei Begegnungen auf der Treppe und im Hausflur griff er ihr wiederholt an die Brüste. Im Juni 1964 machte er die Zeugin, als sie im Hof Wäsche aufhing, durch Zuruf auf sein durch die Hose zu erkennendes Geschlechtsteil aufmerksam. Im Juli 1964 faßte er sie in ihrer Wohnung wiederum an die Brust und drückte die Zeugin an sich. Am 22. Juli 1964 klopfte er spätabends an ihre Wohnungstür. Die Zeugin nahm an. es sei ihr Ehemann, und öffnete die Tür, ohne Licht zu machen. Sie legte sich wieder zu Bett, und der Angeklagte folgte ihr ins Schlafzimmer, wo er sich auf den Bettrand setzte und mit beiden Händen die Brüste der Zeugin anfaßte. Diese erkannte den Angeklagten und forderte ihn auf, die Wohnung zu verlassen; das tat er auch. Am 24. Juli 1964 traf der Angeklagte die Zeugin im Schlafzimmer nur mit einem Unterrock bekleidet an. Er äußerte, auf diesen Moment habe er gewartet, und schob die Zeugin aufs Bett. Dabei versuchte er, sie zu küssen. Dazu drückte er ihre Arme von ihrem Gesicht. Er hatte, wie auch an den folgenden Tagen, die Absicht, mit der Zeugin geschlechtlich zu verkehren. Diese wehrte sich. Daraufhin verließ der Angeklagte das Schlafzimmer. Am 25. Juli 1964 faßte der Angeklagte die Zeugin wieder an ihre Brüste. Er zog sie auf ein Sofa und versuchte, ihre Arme vom Gesicht wegzuziehen, sie zu küssen und ihre Beine zu spreizen. Als die Zeugin sich vom Sofa fallen ließ, um sich ihm zu entziehen, ließ er von ihr ab. Am 26. Juli 1964 wollte der Angeklagte die Zeugin in das Schlafzimmer tragen. Da sich die Zeugin an der Tür festhielt, löste er ihre Finger. Er brachte sie in ein Bett und legte sich auf sie. Die Zeugin hielt ihre Arme vor das Gesicht und preßte ihre Beine zusammen. Dem Angeklagten gelang es, einen Finger in ihr Geschlechtsteil einzuführen. Er entblößte sein Geschlechtsteil, um Verkehr mit ihr auszuüben. Wegen des Verhaltens der Zeugin gelang ihm das nicht. Als die Kinder im Hof zu schreien anfingen, ließ er von ihr ab. Während das Kreisgericht alle vom Angeklagten seit März 1964 begangenen Handlungen als fortgesetztes Sittlichkeitsverbrechen beurteilt hat, geht das Bezirksgericht davon aus, daß lediglich die Handlungen am 24., 25. und 26. Juli in diesem Sinne strafrechtlich relevant sind. Der Präsident des Obersten Gerichts hat die Kassation der Entscheidung des Bezirksgerichts zugunsten des Angeklagten beantragt. Er hat Verletzung des Gesetzes durch fehlerhafte Anwendung der §§ 177 Abs. 1, 43, 176 Abs. 1 Ziff. 1, 73 StGB gerügt. Der Kassationsantrag hatte Erfolg. Aus den Gründen: (Zunächst wird ausgeführt, daß die Instanzgerichte zu Unrecht die vom Angeklagten vor dem 25. Juli 1964 begangenen Handlungen ihrer rechtlichen Beurteilung zugrunde gelegt haben, weil insoweit das Hauptverfahren nicht eröffnet worden war.) Dem Kassationsantrag ist darin zuzustimmen, daß sowohl das Kreisgericht als auch das Bezirksgericht die den Gegenstand des Verfahrens bildenden Handlungen des Angeklagten am 25. und 26. Juli 1964 gegenüber der Zeugin D. fehlerhaft als fortgesetztes versuchtes Notzuchtverbrechen in Tateinheit mit gewaltsamer Unzucht beurteilt haben. Beide Gerichte haben diese Handlungen losgelöst vom vorausgegangenen Verhalten des Angeklagten und der Zeugin betrachtet und sind dadurch zu einem unrichtigen Ergebnis gekommen. Die Aussagen der Zeugin, die sich mit dem festgestellten objektiven Tatgeschehen in Übereinstimmung befinden, lassen erkennen, daß sie ungeachtet ihres inkonsequenten Verhaltens tatsächlich nicht gewillt war, geschlechtlich mit dem Angeklagten zu verkehren. Deshalb ist ihr Verhalten auch als ein ernstlich gemeintes Sträuben aufzufassen. Fest steht ebenfalls, daß der Angeklagte mit der Zeugin an jedem der genannten Tage geschlechtlich verkehren wollte und sich wieder- 716;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 19. Jahrgang 1965, Seite 716 (NJ DDR 1965, S. 716) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 19. Jahrgang 1965, Seite 716 (NJ DDR 1965, S. 716)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 19. Jahrgang 1965, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1965. Die Zeitschrift Neue Justiz im 19. Jahrgang 1965 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1965 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1965 auf Seite 784. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 19. Jahrgang 1965 (NJ DDR 1965, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1965, S. 1-784).

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