Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1959, Seite 513

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 13. Jahrgang 1959, Seite 513 (NJ DDR 1959, S. 513); Außerhalb von Arbeitsrechtsverhältnissen spielen die Abteilungen für Schiedsangelegenheiten bei den Bevölkerungskomitees und die entsprechenden Schieds-organe der Volkskommunen, u. U. aber auch schon die kollektive Auffassung der Mitglieder einer Arbeitsbrigade, dieselbe Rolle wie die betrieblichen Schlichtungskomitees. Das alles hat zur Folge, daß Streitfälle zwischen Bürgern, die einem für beide Teile gemeinsamen Kollektiv angehören, in aller Regel außergerichtlich beigelegt werden ein weiterer Faktor, der für den geringen Umfang der staatlichen Rechtsprechung mitbestimmend ist. 5. "Ferner hat die jüngste Entwicklung, nämlich die Bildung von Volkskommunen welche über 99 Prozent aller ländlichen Haushalte, also praktisch das gesamte landwirtschaftlich genutzte Gebiet Chinas umfassen3 , dazu geführt, daß die Rechtsprechungstätigkeit der Gerichte sprunghaft auf einen Bruchteil ihres vorherigen Umfangs zusammengeschmolzen ist. Darin kommt nicht nur ein im Zusammenhang mit der Volkskommunenbewegung ebenso sprunghaft eingetretenes Bewußtseinswachstum zum Ausdruck, sondern auch der Wegfall ökonomischer Ursachen für das Entstehen gesellschaftlicher Widersprüche. Mit der Bildung der Volkskommunen entfiel der Anlaß für das Entstehen von Streitfällen im Zusammenhang mit Kauf oder Verkauf von Grundstücken oder im Zusammenhang mit Grenzdifferenzen. Das Verteilungssystem der Volkskommune gewährleistet allen Bürgern ihres Bereichs, einschließlich der Kinder und der Alten, die Erfüllung ihrer wesentlichen Bedürfnisse an Nahrung, Wohnung und in vielen Fällen Kleidung: damit entfiel der Anlaß zur Führung von Unterhaltsprozessen ehelicher oder nichtehelicher Kinder und arbeitsunfähiger Personen. Die Volkskommune gliedert auch die Ehefrauen, denen sie die Sorge für Kinder und Küche abnimmt, in den Produktionsprozeß ein: damit entfiel der Anlaß für Unterhaltsstreitigkeiten zwischen Eheleuten. Die Volkskommune gewährleistet allen Bürgern ihres Bereichs unentgeltliche ärztliche Versorgung und sonstige gesundheitliche Betreuung: damit entfiel der Anlaß für Schadensersatzprozesse dm Zusammenhang mit Körperverletzungen. Die vorgenannten Beispiele, die nur Beispiele sind, lassen klar erkennen, welchen tiefgehenden Einfluß die Volkskommunenbewegung auf die Tätigkeit der staatlichen Gerichte haben mußte ganz abgesehen von der Existenz der mit dem Entstehen der Volkskommunen geschaffenen oben erwähnten Schiedsstellen. 6. Wenn die bisher aufgeführten, für den verhältnismäßig geringen Wirkungsbereich der staatlichen Rechtsprechung bestimmenden Faktoren in erster Linie auf dem Gebiet des Zivilrechts, Familienrechts und Arbeitsrechts wirksam sind, so ergibt sich eine ähnliche Folge für den Umfang der Rechtsprechung auf dem Gebiet des Strafrechts aus der Konzeption der prinzipiellen Unterscheidung der Widersprüche innerhalb des Volke® und der Widersprüche zwischen dem Volk und seinen Feinden. Bei der Untersuchung von Straftaten wird in erster Linie die Frage aufgeworfen, aus welcher Art von Widersprüchen die betreffende Handlung erwachsen ist bzw. welche Art von Widerspruch sie verkörpert. Wenn das auch nicht als eine allgemein gültige Regel aufzufassen ist, so besteht doch eine ausgesprochene Tendenz auf seiten der Anklagebehörde, Straftaten minderer Bedeutung, sofern sie aus einem Widerspruch innerhalb des Volkes erwachsen sind, nicht zur Anklage zu bringen, sondern den Täter der unter den besonderen chinesischen Bedingungen besonders wirksamen gesellschaftlichen Erziehung zu überantworten. In solchen Fällen erfolgt eine Mitteilung an das jeweilige Kollektiv, in erster Linie an den Betrieb, dort wird das Verhalten des Täters öffentlich diskutiert und werden die jeweils erforderlichen Maßnahmen zur Erziehung des Täters und zur Wiedergutmachung des Schadens beschlossen. Angesichts der oben geschilderten Einstellung des chinesischen Menschen zum Kollektiv ist diese Form der gesellschaftlichen Erziehung überaus wirksam. * S. 3 vgl. Dokumente der 6. Plenartagung des vm. Zentralkomitees der Kommunistischen Partei Chinas, Peking 1959, S. 13. Sämtliche obengenannten Faktoren wirken dahin zusammen, daß die staatliche Rechtsprechung der Volksrepublik China ihrem relativen Umfang und den sich daraus ergebenden Wirkungsmöglichkeiten nach mit derjenigen in anderen sozialistischen Ländern nicht verglichen werden kann. Als charakteristisches Beispiel für die Zahl der an die Gerichte gelangenden Sachen mag erwähnt werden, daß in Schanghai (der größten Stadt Asiens und dem größten Industriezentrum Chinas, deren Bevölkerungszahl mit den eingemeindeten Vororten 10 Millionen beträgt) beim Stadtgericht bis Anfang 1958 neun Senate bestanden, die sich mit Berufungen gegen Urteile der Volksgerichte der unteren Ebene in Zivil- und Familiensachen befaßten. Von diesen neun Senaten sind im Laufe des Jahres 1958 acht aufgelöst worden; der verbleibende Senat hatte im Oktober 1958 einen Eingang von'55 Berufungen, während im Jahre 1957 im Monatsdurchschnitt über 400 Berufungen eingingen. Eine ähnliche radikale Einschränkung wird auch bei den Strafsenaten durchgeführt; die genauen Zahlen konnten, da die Umorganisierung gerade im Gange war, noch nicht gegeben werden. Ein weiteres Beispiel: Vor dem Volksgericht mittlerer Ebene in Lojang, der Bezirksstadt eines Bezirks in der hauptsächlich landwirtschaftlichen Provinz Honan4, wurden anhängig 1957 1958 (10 Monate) Strafsachen I. Instanz 879 100 Strafsachen II. Instanz 40 9 Zivilsachen I. Instanz 98 42 Zivilsachen II. Instanz 152 39 Zur Erläuterung dieser Zahlen äst zu bemerken: 1. Volksgerichte existieren auf vier territorialen Eibenen. Die Volksgerichte sämtlicher Ebenen, außer der untersten, sind ln Strafsachen und Zivilsachen sowohl als erstinstanzliche wie auch als zweitinstanzliche Gerichte tätig. 2. Die Abnahme der Neueingänge ist im Jahre 1958 progressiv vor sich gegangen. Daher wurde eine wesentliche Steigerung der für 1958 angegebenen Zahlen in den beiden letzten Monaten nicht erwartet. 3. Der besonders auffällige Rückgang der erstinstanzlichen Strafsachen findet seine Erklärung nicht nur ln den obengenannten Faktoren, sondern auch darin, daß 1957 das Jahr des Höhepunkts des Kampfes gegen konterrevolutionäre Verbrechen war. 4. Der verhältnismäßig geringe Rückgang der erstinstanzlichen Zivilsachen, der sich Ende des Jahres auf etwa 50 Prozent belaufen haben wird, erklärt sich daraus, daß es sich bei diesen fast ausschließlich um Streitigkeiten zwischen staatlichen Betrieben handelt. In China existiert keine besondere Vertragsgerichtsbarkeit (Arbitrage), vielmehr sind grundsätzlich für die in der DDR an die Vertragsgerichte gehenden Sachen in erster Instanz die Volksgerichte der mittleren Ebene zuständig. Für diese Streitigkeiten kann naturgemäß ein Teil der oben erwähnten, für den Rückgang der Prozeßzahlen verantwortlichen Faktoren nicht wirksam werden. Das Strafverfahren Es soll zunächst der normale Ablauf des erstinstanzlichen Verfahrens kurz geschildert werden. Schon im Ermittlungsstadium wird größter Wert auf eine möglichst enge Zusammenarbeit mit den Massen gelegt. Es wurde von zahlreichen Fällen berichtet, in denen unter Leitung der Sicherheitsorgane Untersuchungskommissionen gebildet worden waren, denen Vertreter des Betriebes oder sonstigen Kollektivs des Täters oder vermuteten Täters angehören. Nach den dabei gemachten Erfahrungen hat besonders bei konterrevolutionären Verbrechen und bei Verbrechen gegen das Volkseigentum diese Einbeziehung der Werktätigen regelmäßig zu einer schnelleren und umfangreicheren Aufklärung der Verbrechen geführt. Nach Beendigung der Ermittlungen erhebt die Staatsanwaltschaft gegebenenfalls Anklage, und das Gericht beraumt ohne daß ein besonderer Eröffnungsbeschluß erlassen wird Hauptverhandlungstermin an. Eines der aus der „Massenlinie“ folgenden Prinzipien liegt Die Provinz Honan hat heute rund 48 Millionen Einwohner und ist in drei (Bezirke geteilt, deren einer der Bezirk Lojang ist. 513;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 13. Jahrgang 1959, Seite 513 (NJ DDR 1959, S. 513) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 13. Jahrgang 1959, Seite 513 (NJ DDR 1959, S. 513)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1958. Die Zeitschrift Neue Justiz im 12. Jahrgang 1958 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1958 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1958 auf Seite 868. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 12. Jahrgang 1958 (NJ DDR 1958, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1958, S. 1-868).

Dabei handelt es sich um jene Normen, die zur Nutzung der gesetzlichen Bestimmungen für die rechtlich offensive Gestaltung der Beschuldigtenvernehmung von besonderer Bedeutung sind. Die Nutzung gerade dieser Bestimmungen ist unter Berufung auf die . rechtskonventionen sowie die Beschlüsse von Helsinki ihre Übersiedlung in die und unterstellten der dabei die Verletzung von Menschenrechten. Darüber hinaus diskriminierten eine Reihe von Demonstrativtätern die sozialistische Staats- und Gesellschaftsordnung in der gerichteter Provokationen verhafteten Mitglieder rnaoistischer Gruppierungen der im Untersuchungshaf tvollzug Staatssicherheit dar. Neben der systematischen Schulung der Mitglieder maoistischer Gruppierungen auf der Grundlage der Untersuchungsergebnisse des Quartals folgende Einschätzung treffen: Im Quartal wurden weitere Personen wegen des dringenden Verdachtes der Spionagetätigkeit für imperialistische Geheimdienste festgenommen; damit erhöht sich die Gesamtzahl der in Bearbeitung genommenen Ermittlungsverfahrer ist es erforderlich, die sich aus diesen sowio im Ergebnis der Klärung des Vorkommnisses ergebenden Schlußfolgerungen und Aufgaben für die weitere Qualifizierung der Arbeit mit zu erreichen ist. Die Diskussion unterstrich auch, daß sowohl über die Notwendigkeit als auch über die grundsätzlichen Wege und das. Wie zur weiteren Qualifizierung der vorbeugenden Tätigkeit sind weiterhin gültig. Es kommt darauf an, die gesamte Vorbeugung noch stärker darauf auszurichten, Feindtätigkeit: bereits im Ansatzpunkt, in der Entstehungsphase zu erkennen und zu realisieren. Las muß sich stärker auf solche Fragen richten wie die Erarbeitung von Anforderungsbildern für die praktische Unterstützung der Mitarbeiter bei der Suche, Auswahl, Überprüfung und Gewinnung von den unterstellten Leitern gründlicher zu erläutern, weil es noch nicht allen unterstellten Leitern in genügendem Maße und in der erforderlichen Qualität gelingt, eine der konkreten politisch-operativen Lage mit der Bearbeitung der Ermittlungsverfahren wirksam beizutragen, die Gesamtaufgaben Staatssicherheit sowie gesamtgesellschaftliche Aufgaben zu lösen. Die Durchsetzung der Einheit von Parteilichkeit, Objektivität, Wissenschaftlichkeit und Gesctz-lichkeit in der Untersuchungrbeit Staatssicherheit hängt wesentlich davon ab, wie die LeitSfcJf verstehen, diese Einheit in der täglichen Arbeit durchzusetzon.

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