Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1959, Seite 491

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 13. Jahrgang 1959, Seite 491 (NJ DDR 1959, S. 491); ner Schrift. Lekschas hält hier eine Rechtspflicht und deren Verletzung nicht für gegeben, während u. E. an deren Bestehen kein Zweifel geäußert werden kann. Äußerst bedenklich wird der Vorschlag Lekschas’ durch das Verlangen einer bewußten (also vorsätzlichen) Verletzung dieser Rechtspflichten. Untersuchungen zeigen, daß dadurch gesellschaftsgefährliche Handlungen außerhalb der strafrechtlichen Verantwortlichkeit blieben. Damit würde das bedeutsame Instrument des Strafrechts zum Schutze unseres sozialistischen Aufbaus zum Teil seiner Wirkung beraubt und insbesondere seiner erzieherischen Funktion nicht gerecht werden. Das bereits oben angedeutete Beispiel, das Lekschas selbst gibt, ist allein geeignet, diese Bedenken deutlich zu machen. Zum Sachverhalt: Die Angeklagte, die mit der Betreuung ihres Enkelkindes betraut ist, schüttete entgegen ihrer sonstigen Gewohnheit - in die Badeschüssel neben dem Tisch, auf dem das bereits ausgezogene Kind so lag, daß es sich frei bewegen konnte, das kochende Wasser und ging dann, das noch ruhig liegende Kind halb im Auge behaltend, zur Leitung, um kaltes Wasser zu holen. In diesem Moment drehte sich das Kind, kam ins Rollen und fiel vom Tisch, wobei es die Schüssel mit kochendheißem Wasser über sich ergoß. Obwohl die Angeklagte rasch hinzusprang, gelang es ihr nicht, das Kind aufzufangen. Das Gericht hatte die Angeklagte wegen fahrlässiger Tötung zu vier Monaten Gefängnis verurteilt. Lekschas sagt dazu: „So lobenswert das Bestreben ist, das Leben unserer Bürger zu schützen, so wenig kann anerkannt werden, daß bedauerliche Unglücksfälle als Verbrechen behandelt werden“, und begründet das mit der Feststellung, die Einstellung der Angeklagten dürfte kaum verbrecherisch sein (S. 43). Aber verbrecherisch in diesem Sinne ist im Grunde jedes fahrlässige Handeln nicht, denn der Fahrlässigkeitstäter billigt in keinem Falle den gesellschaftsgefährlichen Erfolg seines Handelns, meist verabscheut er ihn sogar. Lekschas fragt weiter: „Wie oft mag die gleiche Handlungsweise, die der Großmutter als verbrecherische Leichtfertigkeit vorgeworfen wurde, ansonsten noch Vorkommen?“ Und: „Handeln alle diese Bürger aus einer verbrecherischen Einstellung zu ihren Pflichten?“ (S. 44). Die gleiche Frage müßte doch Lekschas für seine eigene Konzeption ebenfalls stellen, zumal er gerade die von ihm erwähnten Unterschiede beseitigen will. Wie oft wird gegen eine konkrete Rechtspflicht bewußt verstoßen werden können, ohne daß ein gesellschaftsgefährlicher und tatbestandsmäßiger Erfolg eintritt? Dabei ist nur an die vielfältigen Arbeitsschutzbestimmungen oder an die Straßenverkehrsordnung zu denken. Übrigens kommen unterschiedliche Ergebnisse bei gleichem Handeln nicht nur beim fahrlässigen, sondern auch beim vorsätzlichen Verbrechen vor. Unseres Erachtens geraten bei Lekschas’ Auffassung vom Wesen der Fahrlässigkeit die Interessen unseres Arbeiter-und-Bauern-Staates, die Interessen der sozialistischen Gesellschaft ein wenig aus dem Blickfeld. Sein Augenmerk ist hauptsächlich auf den Täter gerichtet, dieser wird gewissermaßen aus dem gesellschaftlichen Zusammenhang der verbrecherischen Handlung herausgelöst. Dadurch werden die Interessen aller Werktätigen im Grunde negiert. Der Tod des Kindes z. B. wäre nicht eingetreten, hätte die mit der Betreuung beauftragte Großmutter die erforderliche und mögliche Sorgfalt aufgewandt. Die Entschuldigung mit einem Unfall, die Bescheinigung der Schuldlosigkeit ist als Ergebnis unannehmbar; u. a. wird dabei die erzieherische Wirkung der Entscheidung völlig außer acht gelassen. Das ist trotz der guten Absichten von Lekschas unverkennbar und muß ausgesprochen werden. Ganz deutlich wird das an der Stellungnahme Dörschels5. Dieser begrüßt das Ergebnis Lekschas’ und bringt seinerseits zwei Beispiele fahrlässiger Tötung, bei denen er die Verurteilungen als fehlerhaft ansieht und die er deshalb nach Lekschas als bedauerliche Unglücksfälle bezeichnet. 5 Dörschel, Fahrlässiges Verbrechen oder Unglücksfall?, „Der Schöffe“ 1958, Heft 12, S. 384/85. In beiden Fällen sind die Täter Motorradfahrer, Opfer wurden die auf dem Soziussitz mitfahrenden Ehefrauen. Beide Male liegt - ganz offenbar aber im letzten Falle (soweit aus dem kurzen Sachverhalt ersichtlich) - ein Verstoß gegen die Straßenverkehrsordnung vor. Dennoch ist Dörschel der Ansicht, für eine Bestrafung sei kein Raum. Offenbar läßt er sich dabei vorwiegend davon leiten, daß die Täter durch den Tod der Ehefrauen selbst hart betroffen wurden. Auch bei ihm ist - wie bei Lekschas das Augenmerk hauptsächlich auf den Täter gerichtet. Bei der strafrechtlichen Beurteilung ist.diese Tatsache jedoch in aller Regel nur für die Strafzumessung von Bedeutung. Wenngleich der Täter selbst beeinträchtigt wird, so hat er doch der sozialistischen Gesellschaftsordnung durch unverantwortlich leichtfertiges Handeln Schaden zugefügt er hat gesellschaftsgefährlich und damit schuldhaft gehandelt. Nach der von Lekschas vorgetragenen Auffassung der Fahrlässigkeit würden wirklich kriminalstrafwürdige Handlungen zu einem erheblichen Teil unbestraft bleiben. Dafür können genügend Beispiele gefunden werden. Durch Urteil eines Kreisgerichts war der Angeklagte wegen fahrlässiger Körperverletzung in Tateinheit mit einer Verkehrsübertretung nach den §§ 1, 5, 13 und 48 StVO zu einer Geldstrafe von 300 DM verurteilt worden. Er hatte, als er mit seinem PKW aus der Lotter-straße kommend den Martin-Luther-Ring überqueren wollte, einen von rechts kommenden Kradfahrer bemerkt und ihm die Vorfahrt gegeben. Danach fuhr er an, ohne zwei weitere, hinter dem Kradfahrer herankommende Motorradfahrer bemerkt zu haben. Dem ersten davon fuhr er in die linke Seite, da dieser in der Annahme, der Angeklagte werde ihm die Vorfahrt einräumen, weitergefahren war. Der Motorradfahrer erlitt eine Hüftgelenkverrenkung, Platzwunden und einen Knöchelbruch; die Soziusfahrerin erlitt eine Gehim-prellung und rechtsseitige Augenverletzungen. Im vorliegenden Fall hat der Angeklagte nach unserer Meinung zwar fahrlässig Bestimmungen der StVO verletzt, er hat aber nicht bewußt, also vorsätzlich, gegen seine Rechtspflichten verstoßen. Demnach müßte er nach der Konzeption von Lekschas ohne Strafe bleiben, weil seine Verhaltensweise lediglich auf Leichtfertigkeit beruht und ihn ein bloßer „Verstandesmangel“ nicht die Gefahren erkennen ließ. Mit dieser Ansicht können wir uns nicht einverstanden erklären, denn sie führt in der Praxis zu unhaltbaren Ergebnissen und kann nicht fördernd auf die Hebung der Verkehrsdisziplin einwirken6. Wie von jedem Kraftfahrer zu verlangen ist, so hätte auch der Angeklagte voraussehen müssen, daß sein plötzliches Anfahren die Gefahr einer möglichen Kollision mit einem anderen Verkehrsteilnehmer in sich birgt, wenn er sich vorher nicht ausreichend über die Verkehrslage vergewissert. Daß er das nicht getan hat, kann nur als verbrecherische Leichtfertigkeit bezeichnet werden, die als kriminalstrafwürdig angesehen werden muß. Von der Berufungsinstanz ist der Handlung ein so erheblicher Grad an Gesellschaftsgefährlichkeit beigemessen worden, daß auf den Protest des Staatsanwalts das angefochtene Urteil im Strafausspruch aufgehoben und die Sache an das Kreisgericht zurückverwiesen worden ist. Zu welchen Konsequenzen die Fahrlässigkeitsauffassung von Lekschas führen kann, ergibt sich besonders deutlich aus folgendem Fall: Der Angeklagte H. war durch das Kreisgericht wegen fahrlässiger Tötung in Tateinheit mit einer Übertretung nach den §§ 1, 5, Abs. 2 bis 4 und 48 StVO zu fünf Monaten Gefängnis verurteilt worden. Den Sachverhaltsfeststellungen nach war der Angeklagte am 10. Dezember 1958 nach 17 Uhr mit dem von ihm gesteuerten PKW von Sch. nach L. gefahren. Dabei befuhr er die G.-Straße mit einer Geschwindigkeit von etwa 30 bis 40 km/h und hatte das Abblendelicht eingeschaltet. Als er sich der Straßen- 6 Es 1st eine bedauerliche Tatsache, daß die Zahl der Verkehrsunfälle angestiegen ist. Allein im Stadtgebiet von Leipzig ereigneten sich 1958 bis zum 8. Dezember 4222 Verkehrsunfälle, davon verliefen 77 tödlich (Leipziger Volkszeitung vom 9. Dezember 1958). Zentrales statistisches Material stand uns nicht zur Verfügung. 491;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 13. Jahrgang 1959, Seite 491 (NJ DDR 1959, S. 491) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 13. Jahrgang 1959, Seite 491 (NJ DDR 1959, S. 491)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1958. Die Zeitschrift Neue Justiz im 12. Jahrgang 1958 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1958 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1958 auf Seite 868. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 12. Jahrgang 1958 (NJ DDR 1958, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1958, S. 1-868).

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