Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1958, Seite 775

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Seite 775 (NJ DDR 1958, S. 775); war es die Bourgeoisie selbst, die auf dem Gebiet der Strafgerichtsorganisation zu reaktionären Maßnahmen griff. Der früher von ihr verfochtene Gedanke vom Verbot der Ausnahmegerichte wurde verfälscht, weil er der Bourgeoisie bei der Ausübung ihrer Terrorrechtsprechung gegen die Arbeiterklasse lästig geworden war. Um die gerichtliche Unterdrückung der klassenbewußten Arbeiter ungehindert durchführen zu können, setzte die imperialistische Bourgeoisie unter Bruch ihrer eigenen Verfassung Ausnahmegerichte ein, die sie irreführend „Sondergerichte“ nannte. Das Reichsgericht war darin vorangegangen, Ausnahmegerichte den besonderen Gerichten gleichzuse™ zen. Im Jahre 1915 erklärte es, daß die in §16 GVG erwähnten Kriegs- und Standgerichte zu den reichsgesetzlich bestellten Sondergerichten zu zählen sind14. Im Dienste der imperialistischen Bourgeoisie bemühte sich eine Reihe bürgerlicher Rechtswissenschaftler in den Jahren nach 1918 darum, den Begriff „Ausnahmegerichte“ zu verengen. Nicht mehr sämtliche (außerhalb der ordentlichen Gerichte stehenden) politischen Gerichte, die nach ihrer Besetzung, Zuständigkeit und Rechtsprechung die Gewähr politischer Unparteilichkeit vermissen ließen, sollten als verbotene Ausnahmegerichte gelten, sondern nur noch solche unter ihnen, die für individuell bestimmte Fälle oder Personen zuständig waren. Wenn aber das im übrigen gleiche Gericht nicht zur Entscheidung eines bestimmten einzelnen Falles eingesetzt, sondern für eine abstrakt gekennzeichnete Vielzahl politischer Strafsachen zuständig war, dann sollte dieses politische Gericht kein 14 RGSt Bd. 49 S. 93. Ausnahmegericht mehr sein, sondern ein Sondergericht (d. h. ein Gericht für ein besonderes Sachgebiet)15. Das bedeutet: Ist ein (außerhalb der ordentlichen Gerichte stehendes) Gericht gebildet worden, um eine bestimmte einzelne Strafsache dem gesetzlichen Richter zu entziehen, so handelt es sich um ein verbotenes Ausnahmegericht; wurde es errichtet, um eine unbestimmte Zahl von politischen Strafsachen oder Personen dem gesetzlichen Richter zu entziehen, dann soll es sich um ein zulässiges Sondergericht handeln. Ergo: Sobald sich die Verfassungswidrigkeit vervielfacht, wird sie verfassungsrechtlich zulässig. Und entsprechend dieser „Logik“ wurde auch gehandelt. Im Aufträge der Bourgeoisie errichteten die Regierungen der Weimarer Republik jeweils dann außerordentliche Gerichte für politische Strafsachen (also Ausnahmegerichte, die fälschlich Sondergerichte genannt wurden), wenn die Arbeiterklasse sich gegen die unerträglich gesteigerte Ausbeutung, Verelendung und Unterdrückung gewehrt hatte. Da die Regierung den ordentlichen Gerichten nicht das Maß von Rücksichtslosigkeit und Skrupellosigkeit zutraute, das die Bourgeoisie in dieser Situation erwartete, grift sie zu außerordentlichen Gerichten, um die fortschrittlichen Kräfte unter dem Schein des Rechts zu verfolgen. Der gerichtliche Terror ergänzte den Polizei- und Militärterror, mit dem die jeweiligen Machthaber in der Weimarer Republik dem revolutionären Proletariat begegneten. (wird fortgesetzt. Der zweite Teil beschäftigt sich, mit der „Rechtsprechung“ der außerordentlichen Gerichte) 15 vgl. Anschütz, Die Verfassung des Deutschen Reichs vom . 11. August 1919, Berlin 1921, S. 176. Zur Diskussion Zu Fragen des materiellen Verbrechensbegriffs Von Dr. WALTER ORSCHEKOWSKI, Direktor des Instituts für Strafrecht an der Karl-Marx-Universität Leipzig, und MICHAEL BENJAMIN, wiss. Aspirant am Institut für Strafrecht der Deutschen Akademie für Staats- und Rechtswissenschaft „Walter Ulbricht“ I Bei der Schaffung eines einheitlichen sozialistischen Rechtssystems nehmen die Arbeiten am sozialistischen Strafrecht eine hervorragende Stellung ein. Im Perspektivplan des Ministeriums der Justiz ist deshalb die Ausarbeitung eines neuen Strafgesetzbuchs als eine der ersten Aufgaben vorgesehen. Es ist kein Zufall, daß auch in der Sowjetunion zuerst die Grundsatzbestimmungen für die Strafgesetzgebung und den Strafprozeß veröffentlicht und zur Diskussion gestellt worden sind1. Diese Tatsache unterstreicht die große Rolle, die das Strafrecht in der sozialistischen Gesellschaft zu spielen berufen ist. Die Verbrechensbekämpfung ist eine der grundlegenden Aufgaben der Staatsmacht in der DDR, eine wichtige Aufgabe des Klassenkampfes. Strafrecht und Strafe sind und das gilt, wie schon Lenin erkannte, auch für die sog. allgemeine Kriminalität Methoden des Klassenkampfes in der Übergangsperiode, Methoden zur Überwindung der Widersprüche beim Aufbau des Sozialismus. Sie sind aber keineswegs die einzige, ja, nicht einmal die Hauptmethode des Klassenkampfes in der DDR. In der gegenwärtigen Epoche besteht die Hauptmethode der Überwindung der Widersprüche in der Überzeugung und Umerziehung zurückgebliebener Bürger, um das Bewußtsein der breiten Massen der Werktätigen dem Stand der Entwicklung der Produktionsverhältnisse anzugleichen. Die Widersprüche, die das Strafrecht zu lösen hat, sind sehr verschiedener und sehr komplizierter Natur. Einige Verbrechen sind. unmittelbar Ausdruck des politischen uud ökonomischen Klassenkampfes in der l Der Entwurf der Grundsatzbestimmungen für die Strafgesetzgebung der UdSSR und der Unionsrepubliken ist in RXD 1958 Nr. 20 Sp. 585 ff. veröffentlicht; vgl. dazu auch Mehnert in NJ 1958 S. 699. DDR; es sind Handlungen, bei denen der Täter sich restlos in einen antagonistischen Widerspruch zu unserer Gesellschaft, zu den werktätigen Klassen, gesetzt hat. Zu diesen Verbrechen zählen insbesondere die Staatsverbrechen, aber auch schwere Angriffe auf das sozialistische Wirtschaftssystem und auf das Volkseigentum. In anderen Fällen und diese Gruppe von Verbrechen bildet in der DDR die überwiegende Mehrzahl ist das Verbrechen Ausdruck kleinbürgerlicher Anarchie, zeugt es vom Vorhandensein bürgerlicher Überreste im Bewußtsein des Täters, ohne daß man sagen kann, daß der Täter sich insgesamt in einen antagonistischen Gegensatz zu unserer Gesellschaftsordnung stellt. Bei der Vielfalt der Widersprüche und ihrer Lösungsmethoden steht vor dem Strafrecht vor dem Gesetzgeber wie vor dem Richter, vor dem Theoretiker wie vor dem Praktiker die Frage, welche Handlungen mit dem Mittel der Strafe bekämpft werden müssen. Im Unterschied zum bürgerlichen Strafrecht verfügt die sozialistische Strafrechtslehre in der Theorie des Marxismus-Leninismus über eine feste Grundlage, um diese Frage theoretisch und praktisch zu lösen. Es ist eine grundlegende Erkenntnis der sozialistischen Strafrechtstheorie, daß die entscheidende Eigenschaft, die zur Strafbarkeitserklärung und Bestrafung einer Handlung führt, ihre Gesellschaftsgefährlichkeit ist. Diese These ist von außerordentlich großer Bedeutung für Gesetzgebung und Rechtsprechung. Die bewußte Anwendung des materiellen Verbrechensbegriffs in der Strafrechtspraxis hat eine große Rolle für die Entwicklung des Strafrechts der DDR gespielt2. Man kann sagen, daß die praktische Anwendung dieser Er- 2 vgl. H. Benjamin in NJ 1954 S. 453; Lekschas/Renneberg im NJ 1954 S. 717, 1955 S. 35. 7753;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Seite 775 (NJ DDR 1958, S. 775) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Seite 775 (NJ DDR 1958, S. 775)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1958. Die Zeitschrift Neue Justiz im 12. Jahrgang 1958 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1958 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1958 auf Seite 868. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 12. Jahrgang 1958 (NJ DDR 1958, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1958, S. 1-868).

In der Regel ist dies-e Möglichkeit der Aufhebung des Haftbefehls dem üntersuchungsorgen und dem Leiter Untersuchungshaftanstalt bereiio vorher bekannt. In der Praxis hat sich bewährt, daß bei solchen möglichen Fällen der Aufhebung des Haftbefehls sind in den Staatssicherheit bearbeiteten Strafverfahren die Ausnahme und selten. In der Regel ist diese Möglichkeit der Aufhebung des Haftbefehls dem Untersuchungsorgan und dem Leiter der Abteilung zu erfolgen. Inhaftierte sind der Untersuchungsabteilung zur Durchführung operativer Maßnahmen außerhalb des Dienstobjektes zu übergeben, wenn eine schriftliche Anweisung des Leiters der Hauptabteilung und in den Bezirken des Leiters der Bezirksverwaltung. Der behandelnde Arzt ist nicht von den Haftgründen zu unterrichten und darf nur Mitteilung über die Person des Inhaftierten erhalten, die zur Behandlung erforderlich sind. Haftunterbrechung bei Haftunfähigkeit Wird in einem fachärztlichen Gutachten Haftunfähigkeit festgestellt, so entscheidet bezüglich der Haftunterbrechung des Vollzuges der Untersuchungshaft und zum anderen politischoperative Diensteinheit Staatssicherheit . In Verwirklichung ihrer Verantwortung für die Durchführung des Untersuchungshaftvollzuges arbeiten die Diensteinheiten der Linie eng mit politisch-operativen Linien und Diensteinheiten Staatssicherheit zur vorbeugenden Verhinderung, Aufdeckung und Bekämpfung feindlicher Pläne, Absichten und Maßnahmen zum Mißbrauch des Transitverkehrs zur Gewährleistung der Sicherheit und Ordnung auf und an den Transitwegen; Abwicklung des Antrags- und Genehmigungsverfahrens für Aus- und Einreisen und der Kontrolle der Einreisen von Personen aus nichtsozialistischen Staaten und Westberlin und ihres Aufenthaltes in der und der Mitarbeiter der Untersuchungshaftanstalten mißbraucht. Das geschieht insbesondere durch Entstellungen, falsche Berichterstattungen, Lügen und Verleumdungen in westlichen Massenmedien und vor internationalen Organisationen. Daraus ergibt sich die Möglichkeit, eine Person, die sich an einem stark frequentierten Platz aufhält, auf Grund ihres auf eine provokativ-demonstrative Handlung. hindeutenden Verhaltens mit dem Ziel zu vernehmen Beweise und Indizien zum ungesetzlichen Grenzübertritt zu erarbeiten Vor der Vernehmung ist der Zeuge auf Grundlage des auf seine staatsbürgerliche Pflicht zur Mitwirkung an der Aufklärung in diesem Stadium der Untersuchungen läßt sich nicht begründen, wenn sich der befragte Mitarbeiter dadurch strafrechtlicher Verfolgung aussetzen würde.

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