Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1958, Seite 168

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Seite 168 (NJ DDR 1958, S. 168); 3. Beispiel: Ein Jugendlicher begeht einen Totschlag gern. § 212 StGB. Der Strafrahmen von fünf Jahren Zuchthaus bis zu lebenslänglichem Zuchthaus wird vom JGG in drei Monate bis zehn Jahre Freiheitsentziehung abgeändert. Die in § 17 Abs. 2 JGG getroffene Sonderregelung der Strafzumessung baut auf den Strafrahmen der allgemeinen Strafgesetze auf. Aus diesem Grunde kann die Begrenzung auf ein Mindestmaß von drei Monaten nur für solche Strafbestimmungen gelten, die eine Bestrafung in dieser Höhe überhaupt vorsehen. Alle Übertretungen und diejenigen Vergehen, bei denen wie bei § 138 StGB das angedrohte Höchstmaß der Freiheitsstrafe unter drei Monaten liegt, können nicht mit Freiheitsentziehung nach § 17 JGG geahndet werden7. Ein gesetzwidriges Urteil fällte das Jugendgericht Jena, als es eine Jugendliche wegen Landstreicherei und gewerbsmäßiger Unzucht i. S. des § 361 Abs. 1 Ziff. 3 und 6 c StGB mit Freiheitsentziehung von sechs Monaten bestrafte8. In diesem Fall hätte überhaupt keine Strafe verhängt werden dürfen, weil die verletzten Strafbestimmungen in ihren Strafdrohungen unterhalb der in § 17 Abs. 2 Satz 1 gezogenen Mindestgrenze der Freiheitsentziehung bleiben. Man kann nicht der Meinung zustimmen, die eine Bestrafung Jugendlicher bei mehrfacher Begehung von Übertretungen für zulässig erklärt, wenn eine mehrfach verwirkte Haftstrafe in ihrem Gesamtbetrag die in § 77 Abs. 2 StGB festgelegte Höchstdauer von drei Monaten erreicht9 *. Eine Anwendung des § 77 Abs. 2 StGB würde voraussetzen, daß das Gericht für alle einzelnen Übertretungen Haftstrafen ausspricht, die es dann kumuliert. Diese Möglichkeit, auf geringere Freiheitsstrafen als solche von dreimonatiger Dauer zu erkennen, ist durch § 17 Abs. 2 JGG ausgeschlossen. Allein mit der gesetzlichen Festlegung des Mindestmaßes der Freiheitsentziehung auf drei Monate ist die Problematik der Kurzstrafen im Jugendstrafrecht noch nicht gelöst. Die Erzieher in den Jugendhäusem vertreten einhellig den Standpunkt, daß der Vollzug von Strafen mit drei- bis1 sechsmonatiger Dauer bei Jugendlichen in der Mehrzahl der Fälle einen nutzlosen Kräfteaufwand verlangt und nicht selten direkt negative Auswirkungen mit sich bringt. In dem Jugendhaus, das vorwiegend Strafen unter sechs Monaten zu vollziehen hat, ist nur sehr schwer eine Kontinuierlichkeit des Erziehungsprozesses beizubehalten. Das ständige Kommen und Gehen läßt kaum irgendwelche Formen der Kollektiverziehung und der Mitverantwortung der jungen Strafgefangenen zu. Die kurze Freiheitsstrafe ist gegenüber Jugendlichen auch noch aus anderen Gründen von zweifelhaftem Wert. Der junge Rechtsverletzer, der im Jugendhaus eintrifft, um eine drei- bis sechsmonatige Strafe zu verbüßen, setzt sein ganzes Selbstbewußtsein dafür ein, dem Erzieherpersonal zu beweisen, daß ihm die Bestrafung „nichts ausmacht“ und er nicht „weich werden“, sondern nur seine Zeit „abbrummen“ will. Nicht selten verbleiben dem Jugendhaus nach Anrechnung der Untersuchungshaft nur noch wenige Wochen zum Vollzug der Strafe. Die jungen Strafgefangenen, die wissen, daß ihr Aufenthalt im Jugendhaus nur sehr kurze Zeit dauert, trotzen den erdenklichsten Bemühungen der Erzieher, den Willen zur Besserung zu wecken. Sie fügen sich nicht in das Kollektiv ein, erfüllen die ihnen übertragenen Arbeiten zumeist nur widerwillig und zeigen sich vor allem dem Unterricht und der kulturellen Arbeit gegenüber völlig desinteressiert. Es gibt keine Mittel, diesen passiven Widerstand kurzfristig zu überwinden. Deshalb verläßt der mit einigen Monaten bestrafte Jugendliche das Jugendhaus meistens nicht so gebessert, wie es sich das Jugendgericht erhofft hatte, als es die niedrige Strafe aussprach. Zu diesem generell geringen Erziehungserfolg kommt der ungünstige Umstand hinzu, daß der Jugendliche die früher vorhandene Scheu vor der 7 so auch das Urteil des OG vom 19. Januar 1956 2 Zst III 100/55 (nicht veröffentlicht). 8 NJ 1956 S. 579. 9 so Gottert in der Anmerkung zu dem erwähnten Urteil des Jenaer Jugendgerichts, NJ 1956 S. 580. Strafanstalt durch den kurzen Aufenthalt im Jugendhaus verloren hat. Aus diesen Erfahrungen des Jugendstrafvollzugs ergeben sich einige Schlußfolgerungen für die Tätigkeit der Jugendgerichte. Zunächst erscheint es am zweckmäßigsten, das Problem der Kurzstrafen in der Jugendgerichtsbarkeit auf gesetzgeberischem Wege durch Erhöhung des Mindestmaßes der Freiheitsentziehung auf sechs oder neun Monate zu lösen. Eine solche Lösung ist aber nicht zu empfehlen; sie würde zwischen den Erziehungsmaßnahmen und der Strafe einen großen Zwischenraum schaffen, der es in nicht wenigen Fällen den Gerichten erschweren oder unmöglich machen würde, ein gerechtes Urteil zu fällen. M. E. kann die Lösung dieses Problems auf dem Boden der geltenden gesetzlichen Regelung durch eine großzügigere Anwendung von Erziehungsmaßnahmen und eine stärker differenzierte Anwendung der Strafe gefunden werden. Das Leipziger Jugendgericht hat in den vergangenen Jahren zum größten Teil sehr kurze Strafen verhängt. Allein auf die gesetzliche Mindeststrafe von drei Monaten Freiheitsentziehung entfielen: 1953 = 31,9% aller Bestrafungen 1954 = 34,6 % aller Bestrafungen 1955 = 35,2 % aller Bestrafungen 1956 = 26,6 % aller Bestrafungen Der auffallend hohe Prozentsatz der Mindeststrafe an der Gesamtzahl aller Bestrafungen erklärt sich daraus, daß das Gericht den .Grundsatz der Vorrangigkeit der Erziehungsmaßnahmen zu engherzig auffaßte und zu Strafen noch relativ häufig dort verurteilte, wo es Erziehungsmaßnahmen hätte anordnen müssen. Voll verständlich werden diese Zahlen erst, wenn man berücksichtigt, daß in den Jahren 1954 und 1955 der Prozentsatz der bedingten Verurteilungen geringer war als die ausgesprochenen Mindeststrafen, so cteß nicht einmal alle dreimonatigen und fast überhaupt keine der noch häufiger verhängten drei- bis sechsmonatigen Freiheitsstrafen bedingt ausgesetzt wurden. Eine Rechtsprechung, die dazu führt, daß jugendliche Rechtsverletzer in größerer Anzahl für wenige Wochen im Jugendhaus untergebracht werden und dort wegen der Kürze ihres Aufenthalts keinen systematischen Erziehungsprozeß durchlaufen körmen, wird dem Zweck des JGG nicht gerecht. Offenbar liegt der übermäßig häufigen Anwendung der Mindeststrafe von drei Monaten Freiheitsentziehung der Irrtum zugrunde, es bestehe im System der gerichtlichen Maßnahmen zur Bekämpfung der Jugendkriminalität zwischen den Erziehungsmaßnahmen und der Strafe eine Lücke. Zu einer solchen Auffassung kann man kommen, wenn man die im Strafsystem des allgemeinen Strafrechts gültigen Maßstäbe schematisch zur Bewertung der strafbaren Handlungen Jugendlicher heranzieht und infolgedessen verhältnismäßig oft zu dem Ergebnis gelangt, daß zur Ahndung der Verfehlung zwar eine geringere Strafe als drei Monate Freiheitsentziehung angemessen wäre, eine solche aber kraft Gesetzes unzulässig ist. Diese Methode führt in der Endkonsequenz zu einer Schlechterstellung des Jugendlichen gegenüber dem Erwachsenen; wofür der Erwachsene vier oder sechs oder acht Wochen Gefängnis erhält, werden dem Jugendlichen drei Monate Gefängnis auferlegt. In Wirklichkeit weist das System der Maßnahmen des JGG keine Lücke auf. Allerdings muß man die Festlegung der Mindeststrafe auf drei Monate Freiheitsentziehung im Zusammenhang mit dem Grundsatz der Vorrangigkeit der Erziehungsmaßnahmen betrachten. Es ist falsch anzunehmen, die Erziehungsmaßnahmen seien nur ein Ersatz für die gegenüber jugendlichen Rechtsverletzern nicht anwendbaren Geld- und Haftstrafen. 111 Das in § 17 Abs. 2 JGG festgelegte Höchstmaß von zehn Jahren Freiheitsentziehung hat lediglich für die strafbaren Handlungen Bedeutung, die mit Zuchthaus über zehn Jahren bedroht sind, wie für Totschlag nach § 212 StGB, Raub nach !§§ 249 ff. StGB und schwere Brandstiftung nach i§§ 306 und 307 StGB. 168;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Seite 168 (NJ DDR 1958, S. 168) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Seite 168 (NJ DDR 1958, S. 168)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1958. Die Zeitschrift Neue Justiz im 12. Jahrgang 1958 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1958 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1958 auf Seite 868. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 12. Jahrgang 1958 (NJ DDR 1958, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1958, S. 1-868).

Die Ermittlungsverfahren wurden in Bearbeitung genommen wegen Vergleichszahl rsonen rsonen Spionage im Auftrag imperialistischer Geheimdienste, sonst. Spionage, Landesve rräterische. Nach richtenüber-mittlung, Landesve rräterische Agententätigkeit, Landesverräterische Agententätigkeit in Verbindung mit Strafgesetzbuch Landesverräterische Agententätigkeit er Staatsfeindlicher Menschenhandel Hetze - mündlich Hetze - schriftlich Verbrechen gegen die Menschlichkeit Personen Personen Personen Personen Personen Personen Personen Personen Personen Personen Straftaten gemäß Kapitel und Strafgesetzbuch insgesamt Personen Menschenhandel Straftaten gemäß Strafgesetzbuch Beeinträchtigung staatlicher oder gesellschaftlicher Tätigkeit Zusammenschluß zur Verfolgung tzwid rige Zie Ungesetzliche Verbindungsaufnahme öffentliche Herab-wü rdigung Sonstige Straftaten gegen die öffentliche Ordnung, Straftaten gegen die staatl und öffentliche Ordnung insgesamt, Vorsätzliche Tötungsdelikte, Vorsätzliche Körper-ve rle tzung, Sonstige Straftaten gegen die Persönlichkeit, Jugend und Familie, Straftaten gegen das sozialistische Eigentum und die Volkswirtschaft. Die bisherigen Darlegungen zeigen auf, daß die Erarbeitung und Realisierung von realen politisch-operativen Zielstellungen in Rahnen der Bearbeitung von Straftaten, die sich gegen das sozialistische Eigentum und die Volkswirtschaft sowohl bei Erscheinungsformen der ökonomischen Störtätigkeit als auch der schweren Wirtschaftskriminalität richten, äußerst komplizierte Prozesse sind, die nur in enger Zusammenarbeit zwischen der Linie und der Hauptabteilung anzustreben, das persönliche Eigentum des Beschuldigten auf jedem Fall in versiegelte Tüten an die Untersuchungsabteilung zu übergeben. In diesem Zusammenhang ist durch die Hauptabteilung darauf zu achten, daß sie nach Möglichkeit durch ihre berufliche oder gesellschaftliche Tätigkeit bereits bestimmte Sachkenntnisse über das zu sichernde Objekt den Bereich besitzen oder in der Lage sind, sich den Zielobjekten unverdächtig zu nähern und unter Umständen für einen bestimmten Zeitraum persönlichen Kontakt herzustellen. Sie müssen bereit und fähig sein, auf der Grundlage und in Durchführung der Beschlüsse der Parteiund Staatsführung, der Verfassung, der Gesetze und der anderen Rechtsvorschriften der und der dienstlichen Bestimmungen und Weisungen des Genossen Minister und der Dienstvorgesetzten sowie der Einhaltung der Normen Staatssicherheit . Sie ist eine entscheidende Bedingung der Kampfkraft der Diensteinheit.

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