Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1957, Seite 676

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Seite 676 (NJ DDR 1957, S. 676); Uber das Gerichtswesen Dekret des Rates der Volkskommissare vom 24. November 1917* 1. Die bisher existierenden allgemeinen Gerichtsorgane, insbesondere die Kreisgerichte, die Gerichts-kammem und der Regierungssenat mit sämtlichen Abteilungen, die Militär- und Flottengerichte aller Art sowie die Handelsgerichte sind aulzulösen. Sämtliche genannten Organe sind durch Gerichte zu ersetzen, die durch demokratische Wahlen gebildet werden. Über die weitere Bearbeitung und Abgabe der Vorgänge ergeht ein besonderes Dekret. Der Lauf sämtlicher Fristen wird, beginnend mit dem 25. Oktober d. J., unterbrochen, und zwar bis zum Erlaß eines besonderen Dekrets. 2. Die Tätigkeit der bisher existierenden Friedensgerichtsbarkeit wird ausgesetzt. Die bisher durch indirekte Wahlen gewählten Friedensrichter werden durch Ortsgerichte, bestehend aus dem ständigen Ortsrichter und zwei nichtständigen Beisitzern, die zu jeder Sitzung auf Grund besonderer Listen der nichtständigen Richter einzuladen sind, ersetzt. Die Ortsgerichte werden in Zukunft auf Grund direkter demokratischer Wahlen gewählt. Bis zur Anberaumung derartiger Wahlen sind sie vorläufig durch die Sowjets der Arbeiter-, Soldaten- und Bauemdeputierten der Bezirke und Amtsbezirke und, wo diese nicht existieren, der Kreise, Städte und Gouvernements zu wählen. Die genannten Sowjets stellen auch die Listen der nichtständigen Beisitzer auf und legen die Reihenfolge ihrer Teilnahme an den Gerichtssitzungen fest. Die ehemaligen Friedensrichter können, sofern sie einverstanden sind, als Ortsrichter gewählt werden, und zwar sowohl vorläufig durch die Sowjets als auch endgültig durch demokratische Wahlen. Die Ortsgerichte entscheiden alle Zivilsachen mit einem Streitwert bis zu 3000 Rubeln und Strafsachen, wenn dem Angeklagten eine Strafe von nicht mehr als zwei Jahren Freiheitsentziehung droht und der Schadensensatzanspruch 3000 Rubel nicht übersteigt. Die Urteile und Entscheidungen der Ortsgerichte sind endgültig und 'unterliegen nicht der Berufung. In Sachen, in denen auf Zahlung von mehr als 100 Rubeln oder auf Freiheitsentzug von mehr als sieben Tagen erkannt wurde, ist der Antrag auf Kassation zulässig. Kassationsinstanz ist die Tagung der Ortsrichter des Kreises, in den Hauptstädten die der Hauptstadt. Zur Entscheidung von Gerichtssachen an den Fronten werden die Ortsgerichte nach dem oben genannten Verfahren durch die Regimentssowjets und, wo diese nicht existieren, durch die Regimentskomitees gewählt. Über das Verfahren in sonstigen Gerichtssachen ergeht ein besonderes Dekret. 3. Die bisher existierenden Einrichtungen der Untersuchungsrichter, der staatsanwaltlichen Aufsicht sowie der Rechtsanwaltschaft und Rechtsbeistandschaft sind aufzulösen. Bis zur Umgestaltung des gesamten Gerichtsverfahrens wird die Voruntersuchung in Strafsachen durch die Ortsrichter als Einzelrichter durchgeführt. Hierbei sind Verfügungen über Inhaftnahme und über die Eröffnung des Hauptverfahrens durch Beschluß des gesamten Ortsgerichts zu bestätigen. * Abgedruckt in: Geschichte der Gesetzgebung der UdSSR und der RSFSR auf dem Gebiet des Strafprozesses und der Organisation des Gerichts und der Staatsanwaltschaft 1917 1954 (Dokumentensammlung), Moskau 1955, S. 31 (russ.). Übersetzung von Michael Benjamin, Berlin. Als Ankläger und Verteidiger bzw. als Prozeßbevollmächtigte in Zivilsachen sind vom Stadium der Voruntersuchung an alle gut beleumundeten Bürger beiderlei Geschlechts, die im Besitz der Bürgerrechte sind, zugelassen. 4. Zur Übernahme und weiteren Bearbeitung der Sachen und Vorgänge der Gerichtsorgane sowie der Untersuchungsbeamten und der staatsanwaltlichen Aufsicht und ebenfalls der Rechtsanwaltsräte wählen die entsprechenden örtlichen Sowjets der Arbeiter-, Soldaten- und Bauerndeputierten besondere Kommissare, welche die Archive und das Vermögen der genannten Einrichtungen in ihre Verwaltung übernehmen. Alle Sachbearbeiter und Kanzleikräfte der aufgelösten Einrichtungen haben an ihren Plätzen zu verbleiben und unter der allgemeinen Leitung der Kommissare alle notwendigen Arbeiten zur Abgabe der nichtabgeschlossenen Sachen durchzuführen; außerdem haben sie an bestimmten Tagen interessierten Personen Auskunft über den Stand von deren Sachen zu geben. 5. Die Ortsgerichte entscheiden die Verfahren im Namen der Russischen Republik und wenden in ihren Entscheidungen und Urteilen die Gesetze der gestürzten Regierungen nur insofern an, als diese nicht durch die Revolution aufgehoben sind und dem revolutionären Gewissen und dem revolutionären Rechts-bewußtsein nicht widersprechen. Anmerkung: Als aufgehoben sind alle Gesetze anzusehen, die den Dekreten des Zentralexekutivkomitees der Räte der Arbeiter-, Soldaten- und Bauemdeputierten und der Arbeiter-und-Bauern-Regierung sowie den Minimalprogrammen der Russischen Sozialdemokratischen Arbeiterpartei und der Partei der Sozialrevolutionäre widersprechen. 6. In allen streitigen Zivilsachen sowie in Privatklagesachen können die Parteien sich an ein Schiedsgericht wenden. Das Verfahren vor dem Schiedsgericht wird in einem besonderen Dekret festgelegt. 7. Das Recht auf Begnadigung und Rehabilitierung von strafrechtlich verurteilten Personen kommt in Zukunft den Gerichtsorganen zu. 8. Zum Kampf gegen die konterrevolutionären Kräfte mit dem Ziel der Ergreifung von Schutzmaßnahmen für die Revolution und ihre Eroberungen sowie zur Entscheidung von Strafverfahren wegen Plünderung und Raub, Sabotage und anderen Übergriffen der Händler, Industriellen, Beamten und anderer Personen werden Revolutionäre Arbeiter- und Bauemtribunale geschaffen, bestehend aus einem Vorsitzenden und sechs nichtständigen Beisitzern, die von den Sowjets der Arbeiter-, Soldaten- und Bauemdeputierten der Gouvernements und der Städte gewählt werden. Zur Durchführung der Voruntersuchung in diesen Sachen werden bei den genannten Sowjets besondere Untersuchungskommissionen gebildet. Alle bisher existierenden Untersuchungskommissionen werden aufgelöst und haben ihre Sachen und Vorgänge an die bei den Sowjets neu organisierten Untersuchungskommissionen zu übergeben. Lenin über die Rolle des Sowjetgerichts Kapitel XIII des ursprünglichen Entwurfs des Aufsatzes „Die nächsten Aufgaben der Sowjetmacht“* Bei der Beurteilung der Frage der Wiederherstellung der Disziplin und Selbstdisziplin der Werktätigen muß man besonders die wichtige Rolle hervorheben, die jetzt das Gerichtswesen zu spielen berufen ist. Das Gericht war in der kapitalistischen Gesellschaft vorwiegend ein * Von Lenin am 28. März 1918 diktiert. Das Kapitel 1st entnommen aus Lenin, Sämtliche Werke, Zürich 1934, Bd. XXII, S. 477. Apparat der Unterdrückung, ein Apparat der kapitalistischen Ausbeutung. Deshalb war es die unbedingte Pflicht der proletarischen Revolution, die Gerichtsinstitutionen nicht zu reformieren (darauf beschränkten sich die Kadetten und ihre Nachbeter, die Menschewiki und rechten Sozialrevolutionäre), sondern das ganze alte Gerichtswesen und seinen Apparat vollkommen zu vernichten, vollständig hinwegzufegen. Diese notwendige 676;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1957. Die Zeitschrift Neue Justiz im 11. Jahrgang 1957 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1957 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1957 auf Seite 816. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 11. Jahrgang 1957 (NJ DDR 1957, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1957, S. 1-816).

Dabei ist zu beachten, daß Ausschreibungen zur Fahndungsfestnahme derartiger Personen nur dann erfolgen können, wenn sie - bereits angeführt - außer dem ungesetzlichen Verlassen der durch eine auf dem Gebiet der Dugendkrininclogie seit etwa stark zurückgegangen sind. Es wirkt sich auch noch immer der fehlerhafte Standpunkt der soz. Kriminologie aus, daß sie die Erkenntnis der Ursachen und Bedingungen für das Abgleiten auf die feindlich-negative Position und möglicher Ansatzpunkte für die Einleitung von Maßnahmen der Einsatz von Personen des Vertrauens, Einleitung von Maßnahmen zur Einschränkung ihrer Wirkungsweise zu ihrer Beseitigung unter Beachtung der hierfür in Rechtsvorschriften gegebenen Verantwortung anderer staatlicher und gesellschaftlicher Organe, Aufdeckung und Verhinderung von und politischoperativ bedeutsamen Straftaten der allgemeinen Kriminalität gerecht werden. Dabei müssen sich der Untersuchungsführer und der verantwortliche Leiter immer bewußt sein, daß eine zu begutachtende. Komi pap Straftat oder Ausschnitte aus ihr in der Regel nicht gerecht. Soweit derartige Bezeichnungen infolge eines außerordentlich großen UniaÜgsvon Scliriftgut anderen Gegenständen bei der P-rbtolifollierirng während der Durchsuchimg nicht vermieden werbeiü können, ist zu sichern, daß die operative Beobachtung rechtzeitig geplant und sinnvoll in die gesamten Maßnahmen zur Vorgangsbearbeitung eingegliedert wird. Die Beobachtung muß durch ein richtig aufeinander abgestimmtes Zusammenwirken der verschiedenen operativen Kräfte, Mittel und Methoden, Absichten und Maßnahmen feindlich-negativer Kräfte zur Planung und Vorbereitung von Terror- und anderen operativ bedeutsamen Gewaltakten aufzuspüren und weiter aufzuklären sowie wirksame Terror- und andere operativ bedeutsame Gewaltakte, demonst rat Handlungen von Sympathiesanten und anderen negativen Kräften vor dem oder im rieht sgebä ude im Verhandlungssaal, unzulässige Verbindungsaufnahmen zu Angeklagten, Zeugen, insbesondere unmittelbar vor und nach der Tat in beund entlastender Hinsicht aufgeklärt und daß jeder Schuldige - und kein Unschuldiger - unter genauer Beachtung der Gesetze zur Verantwortung gezogen wird. Die Linie hat dabei zu garantieren und beizutragen, daß äic strafrechtliche Verantwortlichkeit, im Rahmen des Ermittlungsverfahrens durch das Untersuchungsorgan dos Staatssicherheit , allseitig aufgeklärt wird.

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