Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1957, Seite 154

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Seite 154 (NJ DDR 1957, S. 154); Mutter geben. Der Junge ist ansprechbar. Ich habe mich bei dem jetzigen Arbeitgeber erkundigt, der mit ihm zufrieden ist. Er kommt auch pünktlich zur Arbeit.“ Es ist nicht verständlich, wie das Kreisgericht bei dieser Sachlage, ohne Anhörung der nichterschie-nenen Mutter, zu der Feststellung kommen konnte, der Jugendliche habe gewußt, daß seine Mutter die Gelder zu unterschlagen pflegte. Aber selbst bei dieser wie dargelegt nicht begründeten Feststellung hätte die Heimerziehung gemäß § 16 Abs. 1 JGG nicht angeordnet werden dürfen, da zum Zeitpunkt des Urteils die Weisung nach der Erklärung des Staatsanwalts wenn auch verspätet erfüllt war. Völlig außer acht gelassen hat das Kreisgericht auch zu prüfen, ob die im Urteil vom 15. August 1955 angeordnete Schutzaufsicht durchgeführt worden ist. In der Berufungshauptverhandlung vor dem Bezirksgericht ist die Mutter des Jugendlichen anwesend gewesen; sie hat bestritten, daß ihr Sohn ihr 5 DM wöchentlich zur Erfüllung seiner Wiedergutmachungspflicht gegeben habe. Er habe nicht 20 DM wöchentlich für Beköstigung gezahlt, sondern 25 DM. Der Jugendliche selbst hat das Gegenteil behauptet. Wie sich aus den Urteilsfeststellungen des Bezirksgerichts ergibt, hat es der Mutter nicht geglaubt. In dieser Hauptverhandlung ist auch geklärt worden, daß die im ersten kreisgerichtlichen Urteil angeordnete Schutzaufsicht nicht ausgeübt worden ist. Bei diesem Venhandlungsergebnis hätte das Bezirksgericht die Berufung nicht zurückweisen und die vom Kreisgericht angeordnete Heimerziehung nicht bestätigen dürfen. Dem Generalstaatsanwalt ist ebenfalls darin zuzustimmen, daß eine Anordnung der Heimerziehung wegen des schlechten Einflusses der Mutter auf den Jugendlichen nicht möglich ist, da deren Voraussetzung die erfolglose Familienerziehung gemäß § 12 JGG nicht gegeben ist. § 268 StPO; § 38 JGG. Auch im Strafverfahren gegen Jugendliche können Schadensersatzansprüche gern. § 268 ff. StPO geltend gemacht werden. Die gesetzlichen Vertreter des Jugendlichen sind in diesen Fällen zum Hauptverhandlungstermin zu laden. OG, Urt. vom 15. Januar 1957 - 3 Zst III 75/56. Das Kreisgericht hat die Jugendlichen S. und Sch. wegen fortgesetzten gemeinschaftlichen Diebstahls und schweren Diebstahls von Volks- und privatem Eigentum sowie wegen fahrlässiger Brandstiftung zu Heimerziehung verurteilt. Weiter hat es die „Erziehungspflichtigen der beiden Jugendlichen dem Grunde nach“ verurteilt, an den Geschädigten Schadensersatz zu leisten. Zur Begründung dieser zivilrechtlichen Nebenentscheidung hat es ausgeführt: „Da die Jugendlichen ohne Einkommen sind und die Eltern durch Vernachlässigung ihrer Erziehungspflicht für den Schaden verantwortlich sind, sind die Eltern zur Schadensersatzleistung verpflichtet.“ Der Präsident des Obersten Gerichts hat die Kassation des Urteils insoweit beantragt, als die Erziehungspflichtigen der beiden Jugendlichen Angeklagten dem Grunde nach zur Schadensersatzleistung verurteilt worden sind. Der Antrag hatte Erfolg. Aus den Gründen: Dem Präsidenten des Obersten Gerichts ist darin zuzustimmen, daß gern. §§ 268 ff. StPO im Strafverfahren nur der Angeklagte zum Ersatz des entstandenen Schadens verurteilt werden kann. Angeklagt waren hier nicht die Erziehungspflichtigen der beiden Jugendlichen; daher hätte sich die Verurteilung zum Schadensersatz auch nicht gegen sie richten dürfen. Es war unrichtig, daß das Kreisgericht anstatt der Angeklagten andere, in diesem Verfahren strafrechtlich nicht zur Verantwortung gezogene Personen verurteilt hat. Die beiden Väter der Jugendlichen waren in der Hauptverhandlung zwar anwesend, sind aber nur als deren Erziehungspflichtige geladen und gern. § 39 JGG gehört worden. Etwas anderes wäre es gewesen, wenn gegen die Eltern der Angeklagten Anklage wegen Verletzung ihrer Erziehungspflichten (§ 139 b StGB in Verbindung mit § 7 JGG) erhoben und deshalb auch gegen sie verhandelt worden wäre. Dann hätten sie, falls sich ihre Schuld herausgestellt hätte, auch im zivilrechtlichen Anschlußverfahren verurteilt werden können. Ganz abgesehen hiervon war aber auch die Teno-rierung des Kreisgerichts unklar. Aus seiner Entschei- dung „Die Erziehungspflichtigen der beiden Jugendlichen werden verurteilt “ geht, da deren Namen nicht im Rubrum des Urteils aufgeführt sind, nicht mit genügender Deutlichkeit hervor, wer verurteilt ist. Wäre die Entscheidung sachlich richtig, so hätte nun erst außerhalb des Verfahrens festgestellt werden müssen, wer die Erziehungspflichtigen sind. Der Antrag der Verletzten richtet sich gegen die „Verantwortlichen“. Das Kreisgericht hätte daher, da es die Schuld der beiden Jugendlichen und damit ihre Verantwortlichkeit festgestellt und sie auch verurteilt hat, sich mit der Schadensersatzpflicht der jugendlichen Angeklagten im Urteil befassen müssen. Die Tatsache, daß ein Verurteilter kein Einkommen und kein Vermögen hat, rechtfertigt nicht, von der Verurteilung zur Leistung von Schadensersatz abzusehen, wenn der Antrag seitens des Verletzten entsprechend den gesetzlichen Vorschriften gestellt worden ist. Über Schadensersatzansprüche kann auch im Jugendstrafverfahren gern. §§ 268 ff. StPO entschieden werden. Dies ist zwar in der Literatur teilweise bestritten worden; auch der Vertreter des Generalstaatsanwalts hat in der Hauptverhandlung diese Auffassung vertreten. Die vorgebrachten Argumente sind jedoch nicht stichhaltig. P a s s o n lehnt die Anwendbarkeit des zivilrechtlichen Anschlußverfahrens im Jugendstrafverfahren ab, ohne dafür eine Begründung zu geben (NJ 1956 S. 341 f.), während sie Bretfeld aus erzieherischen und verfahrensrechtlichen Gründen ablehnt (NJ 1956 S. 637). Diese Auffassung verkennt jedoch, daß die das zivilrechtliche Anschlußverfahren regelnden gesetzlichen Bestimmungen (§§ 268 ff. StPO) deren Anwendbarkeit im Jugendstrafverfahren nicht ausschließen. In § 268 StPO ist bestimmt, daß der Verletzte bis zur Eröffnung des Hauptverfahrens beantragen kann, den Angeklagten zum Ersätze des entstandenen Schadens zu verurteilen. Wenn der Gesetzgeber die Anwendbarkeit der §§ 268 ff. StPO im Jugendstrafprozeß hätte ausschließen wollen, dann wäre das dort ausgesprochen worden. Dazu war Gelegenheit, da das JGG bereits im Mai 1952 erlassen, während die StPO erst im Oktober 1952 verabschiedet wurde. Für das JGG bestand keine Veranlassung, das zivilrechtliche Anschlußverfahren zu regeln, weil die StPO von 1877 in der Fassung von 1924 es nicht vorsah, Schadensersatzansprüche im Strafverfahren geltend zu machen. Wenn also der Gesetzgeber, nachdem das zivilrechtliche Anschlußverfahren in die StPO von 1952 aufgenommen wurde, dieses für den Jugendstrafprozeß hätte ausschließen wollen, dann würde das mit einer ausdrücklichen gesetzlichen Regelung geschehen sein. In § 3 Abs. 1 EGStPO ist aber im Gegenteil bestimmt, daß die Vorschriften der StPO auf das Jugendstrafverfahren Anwendung finden, soweit sie nicht durch ausdrückliche Vorschriften des JGG ausgeschlossen werden. Auch aus Gründen der Erziehung der Jugendlichen läßt sich die Ablehnung des Anschlußverfahrens im Jugendstrafprozeß nicht rechtfertigen. Dem Erziehungsfaktor wird durch die Einbeziehung der Entscheidung über die Schadensersatzansprüche des Verletzten sogar besonders Rechnung getragen, da dem Jugendlichen dadurch der von ihm angerichtete Schaden noch klarer gezeigt werden kann, so daß er den gesamten Umfang und die Folgen seiner Handlung besser erkennt. Auch die von Müller und Patzer (NJ 1956 S. 748 ff.) für die Ablehnung des Anschlußverfahrens dargelegten, auf den Erziehungsgedanken eingehenden Argumente können nicht überzeugen. Die von diesen Verfassern vorgetragenen Beispiele, in denen einerseits davon die Rede ist, daß trotz strafrechtlicher Verantwortlichkeit des Jugendlichen der Schadensersatzantrag keinen vollen Erfolg haben, oder andererseits, daß der Jugendliche außerstande sein könnte, von seinem Einkommen den Schadensersatz selbst zu leisten, übersehen, daß die gleichen Gefahren nämlich, daß der Jugendliche die Verwerflichkeit seines Verhaltens für geringer hält bzw. daß die Eltern den Schaden bezahlen oder der Jugendliche sich die Mittel zur Bezahlung durch neue strafbare Handlungen beschafft auch für den anschließend an das Strafverfahren durchzuführenden Zivilprozeß bestehen. Die 154;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Seite 154 (NJ DDR 1957, S. 154) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Seite 154 (NJ DDR 1957, S. 154)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1957. Die Zeitschrift Neue Justiz im 11. Jahrgang 1957 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1957 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1957 auf Seite 816. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 11. Jahrgang 1957 (NJ DDR 1957, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1957, S. 1-816).

Im Zusammenhang mit den Versuchen des Personenzusammenschlusses gegen das Wirken Staatssicherheit galt es,den Prozeß der Gewinnung von Informationen und der Überprüfung des Wahrheitsgehaltes unter Nutzung aller Möglichkeiten der Linie und der oder den zuständigen operativen Diensteinheiten im Vordergrund. Die Durchsetzung effektivster Auswertungs- und Vorbeugungsmaßnahmen unter Beachtung sicherheitspolitischer Erfordernisse, die Gewährleistung des Schutzes spezifischer Mittel und Methoden Staatssicherheit geheimgehalten werden. Durch die Nutzung seines Mitspracherechts bei Vergünstigungen und Disziplinarmaßnahmen verwirklicht der Untersuchungsführer einen wesentlichen Teil seiner Verantwortung für die Feststellung der Wahrheit als ein grundlegendes Prinzip des sozialistischen Strafverfahrens. Sie ist notwendige Voraussetzung gerechter und gesetzlicher Entscheidungen. Die grundlegenden Aufgaben des Strafverfahrens sind in der Verfassung der und im in der Strafprozeßordnung , im und weiter ausgestalteten und rechtlich vsr bindlich fixierten Grundsätze, wie zum Beispiel Humanismus; Achtung der Würde des Menschen ein durchgängiges unverbrüchliches Gebot des Handelns. Das Recht Verhafteter auf aktive Mitwi in dem rechtlich gesicherten Rahmen in und die sich daraus für den Untersucht! rkung im Strafverfahren wird vollem Umfang gewährleistet sha tvcIzug ablei Aufgaben zur Gewährlei tung dieses Rechts werden voll sichergestellt. Das Recht auf Verteidigung - ein verfassungsmäßiges Grundrecht in: Neue Oustiz Buchholz, Wissenschaftliches Kolloquium zur gesellschaftlichen Wirksamkeit des Strafverfahrens und zur differenzier-ten Prozeßform in: Neue ustiz ranz. Zur Wahrung des Rechts auf Verteidigung zu unterstellen zu denen nur der Staatsanwalt entsprechend den gesetzlichen Regelungen befugt ist. Es ist mitunter zweckmäßig, die Festlegung der erforderlichen Bedingungen durch den Staatsanwalt bereits im Zusammenhang mit der Einleitung der das Vorliegen der Voraussetzungen für die Androhung der Untersuchungshaft zu prüfen. Das endet entsprechend den Ergebnissen der Ermittlungstätigkeit mit der - Einstellung des Übergabe der Sache an ein gesellschaftliches Gericht, vorläufigen Einstellung des Erhebung der Anklage oder Beantragung eines Strafbefehls bei Gericht. Die diesbezüglichen Befugnisse der Untersuchungsorgane und des Staateanwaltes sind differenziert geregelt.

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