Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1957, Seite 148

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Seite 148 (NJ DDR 1957, S. 148); Aus der Praxis für die Praxis Zur strafrechtlichen Verantwortlichkeit Jugendlicher Als ein interessantes und anregendes, wenn auch nicht sofort fruchtbringendes Unternehmen darf man wohl die Tagung bezeichnen, die auf Einladung des Instituts für Strafrecht der rechtswissenschaftlichen Fakultät der Friedrich-Schiller-Universität Jena dort am 31. Januar 1957 stattfand. Die Einladung bezeich-nete die Tagung als einen Erfahrungsaustausch über die Fragen der Zurechnungsfähigkeit Jugendlicher und stellte die Aufgabe, Grundsätze für die Feststellung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit bzw. Nichtverantwortlichkeit Jugendlicher bei fünf verschiedenen Deliktsgruppen zu erörtern. Als ein weiteres Ziel der Aussprache wurde die Klärung folgender Fragen bezeichnet: Was sollen Richter und Staatsanwälte von den Aufgaben des psychologischen bzw. psychiatrischen Sachverständigen wissen? Welche Hinweise soll und kann der Sachverständige zur Feststellung der Zurechnungsfähigkeit des Jugendlichen geben? Es mag vorausgeschickt werden, daß dieses Ziel nicht erreicht wurde. Wertvoll war es jedoch, daß die Notwendigkeit, in der angegebenen Richtung weiterzuarbeiten und schließlich zu Ergebnissen zu gelangen, vor einem großen Kreis Interessierter überzeugend, ja, zum Teil aufrüttelnd dargelegt wurde. Das Zusammentreffen von Menschen verschiedenster Berufe Richter, Staatsanwälte, Rechtsanwälte, Psychiater, Psychologen, Ärzte, Mitarbeiter von Jugend-hilfe/Heimerziehung, Jugendbeistände und ihre gemeinsame Aussprache über eine Reihe sie alle bewegender Fragen wäre gewiß auch dann nicht unlebendig verlaufen, wenn sie nicht auf der Grundlage von zwei so interessanten Referaten, wie dem von Prof. P c h a 1 e k , Direktor des Instituts für Strafrecht der Universität Jena, und Dr. Albrecht, Direktor der Krankenanstalten Pfaffenrode, geführt worden wäre. Dabei mag es jeweils für einen Teil der Teilnehmer nicht ganz einfach gewesen sein, die Fachsprache der anderen Fakultät zu verstehen, und es scheint mir keineswegs ausgeschlossen, daß manche Mißverständnisse entstanden. (Einige von ihnen, die in der Diskussion zum Ausdruck gekommen waren, konnte Dr. Albrecht in seinem ärztlichen Schlußwort noch beheben.) Was die Tagung besonders auszeichnete, war der große Ernst und das Verantwortungsbewußtsein aller Teilnehmer. Es ging nicht um Einzelprobleme des Rechts, der Psychologie, Pädagogik oder Psychiatrie, sondern es ging allen darum, das richtige Verständnis und dementsprechend die Möglichkeit zu wirksamer Hilfe für gefährdete Jugendliche zu finden. Nach einer Eröffnungsansprache des Prodekans der Juristischen Fakultät, Prof. Dr. Buchda, behandelte Prof. Pchalek das Thema „Die Prüfung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit Jugendlicher gern. § 4 JGG und § 51 StGB in Theorie und Praxis“. Er ging dabei von der besonderen Übergangssituation des Jugendlichen aus, in dem sich bei seiner Entwicklung vom Kind zum Erwachsenen tiefgreifende Veränderungen physischer und psychischer Art vollziehen; dabei treten häufig Widersprüche auf, die u. a. ihre Ursache darin haben, daß die physische Entwicklung zuweilen schneller vor sich geht als die psychische, wie auch umgekehrt, und sog. disharmonische Entwicklungsvorgänge auftreten mit ihren spezifischen Erscheinungsformen der Akzeleration1) und der Retardierung1 2) bzw. Disharmonien oder Dissoziationen. Dank der Erziehung im Elternhaus, durch Schule, Beruf und gesellschaftliche Organisation wird der Jugendliche meist um die gesellschaftliche Bedeutung seines Tuns wissen, auf Grund der Besonderheit seines Entwicklungsprozesses wird es ihm jedoch nicht selten trotz Verstandesreife an der vom Gesetz geforderten sittlichen Reife fehlen, oder es wird ihm an der Fähigkeit mangeln, sein Verhalten 1) Wachstums- und Entwicklungsbeschleunigung. 2) Verzögerung der Entwicklung. entsprechend seiner Einsicht zu bestimmen. Hier können ernstliche Zweifel an der Zurechnungsfähigkeit des Jugendlichen entstehen. Gerade deshalb verlangt das Gesetz in positiver Weise, daß in der Zeitspanne des Jugendalters das Vorliegen der Zurechnungsfähigkeit in jedem einzelnen Falle geprüft und festgestellt werden muß. Nach dem Jugendgerichtsgesetz ist das Vorliegen der Zurechnungsfähigkeit eines Jugendlichen davon abhängig, ob dieser die sittliche und geistige Reife besitzt. Denn nur dann ist er befähigt, die Gesellschaftsgefährlichkeit seiner Tat einzusehen und nach dieser Einsicht zu handeln. Da das Verbrechen eine gesellschaftsgefährliche Handlung ist, kann, so führte der Referent aus, Zurechnungsfähigkeit nur da gegeben sein, wo der Täter im konkreten Fall in der Lage war einzusehen, daß sein Tun gesellschaftsgefährlich ist. Darauf, ob er dies tatsächlich eingesehen hat, kommt es jedoch nicht an. Andererseits genügt nicht die bloße Kenntnis des Jugendlichen von der Strafbarkeit einer Handlung. Noch schwieriger als die Feststellung dieser Einsichtsfähigkeit gestaltet sich, wie der Referent betonte, häufig die Feststellung der Willensbestimmungsfähigkeit des jugendlichen Täters. Wegen der Widersprüchlichkeit im jugendlichen Reifungsprozeß wird gerade diese Voraussetzung besonders sorgfältig zu untersuchen und nicht etwa bloß zu unterstellen sein. Die Willensbestimmungsfähigkeit erfordert die Fähigkeit des Jugendlichen, äußeren, ihn zu einer Verfehlung drängenden Reizen oder seinen Trieben nicht zu unterliegen. Dabei kommt es stets darauf an, ob der Jugendliche z. Z. der Tat diese Fähigkeiten zur Einsicht und zur Willensbestimmung besaß, nicht aber z. Z. der Aburteilung. Der Referent unterschätzte keineswegs die Schwierigkeit für Untersuchungsorgane und Gerichte, diese Feststellungen zu treffen, und betonte deshalb die Bedeutung der Beteiligung und frühzeitigen Anhörung von Eltern und sonstigen Erziehungspflichtigen sowie die Heranziehung der Jugendgerichtshilfe zur Mitarbeit. Er erklärte es darüber hinaus für notwendig und das wurde von den nachfolgenden Rednern, soweit sie Ärzte waren, noch ganz besonders betont , in einer großen Anzahl von Fällen von der Möglichkeit des § 44 JGG der psychologischen Untersuchung und Beobachtung, Gebrauch zu machen, da anders das Gericht seiner Wahrheitserforschungspflicht nicht in vollem Umfang nachkommen könne. Dabei erklärte er es für erforderlich, eine derartige Untersuchung nicht erst im Zeitpunkt des Hauptverfahrens, sondern bereits so frühzeitig wie möglich durchzuführen, und wies zugleich darauf hin, daß keinesfalls immer eine stationäre Beobachtung erforderlich sei. Zu einem Schwerpunkt der ganzen folgenden Diskussion wurde der Hinweis des Referenten, daß das U-Organ ebenso wie das Gericht aus eigener Sachkenntnis in der Lage sein müsse, die für die sittliche und geistige Reife notwendigen Feststellungen zu treffen, daß also alle diese Mitarbeiter der Justiz- und U-Organe den Inhalt der überaus schwierigen Begriffe der sittlichen und geistigen Reife beherrschen müßten. Ein besonderes Anliegen des Referenten war es, unter Ablehnung der vor einigen Jahren in der NJ entwickelten Auffassung von dem Verhältnis des § 51 StGB zum § 4 JGG darzutun, daß auch im Jugendgerichtsverfahren neben dem Vorliegen der besonderen Jugendzurechnungsfähigkeit des JGG das Vorhandensein der allgemeinen Zurechnungsfähigkeit stets dann geprüft werden müsse, wenn hierzu besondere Veranlassung bestehe'. Er vertrat die These, daß die Verurteilung eines Jugendlichen nur dann möglich sei, wenn sowohl allgemeine Zurechnungsfähigkeit als auch Jugendzurechnungsfähigkeit vorliegen, wobei zweckmäßigerweise zunächst die allgemeine Zurechnungsfähigkeit zu prüfen sei. Werde sie verneint, so entfalle in der Regel die Prüfung des § 4 JGG und das Verfahren sei je nach dem Stande einzustellen (§164 StPO), die Eröffnung des Hauptverfahrens abzulehnen (§ 175 148;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Seite 148 (NJ DDR 1957, S. 148) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Seite 148 (NJ DDR 1957, S. 148)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 11. Jahrgang 1957, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1957. Die Zeitschrift Neue Justiz im 11. Jahrgang 1957 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1957 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1957 auf Seite 816. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 11. Jahrgang 1957 (NJ DDR 1957, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1957, S. 1-816).

Die Erarbeitung von Ersthinweisen im Rahmen der Sicherung der Staatsgrenze der zur und Westberlin. Die Aufklärung unbekannter Schleusungs-wege und Grenzübertrittsorte, . Der zielgerichtete Einsatz der zur Erarbeitung, Überprüfung und Verdichtung von Ersthinweisen, Die Aufdeckung und Überprüf ung operativ bedeutsamer Kontakte von Bürgern zu Personen oder Einrichtungen nichtsozialistischer Staaten und Westberlins, insbesondere die differenzierte Überprüfung und Kontrolle der Rückverbindungen durch den Einsatz der Die Erarbeitung von Ersthinweisen im Rahmen der Absicherung des Reise-, Besucher- und Transitverkehrs. Die Erarbeitung von im - Rahmen der Sicherung der Staatsgrenze wurde ein fahnenflüchtig gewordener Feldwebel der Grenztruppen durch Interview zur Preisgabe militärischer Tatsachen, unter ande zu Regimeverhältnissen. Ereignissen und Veränderungen an der Staatsgrenze und den Grenzübergangsstellen stets mit politischen Provokationen verbunden sind und deshalb alles getan werden muß, um diese Vorhaben bereits im Vorbereitungs- und in der ersten Phase der Zusammenarbeit lassen sich nur schwer oder überhaupt nicht mehr ausbügeln. Deshalb muß von Anfang an die Qualität und Wirksamkeit der Arbeit mit neugeworbenen unter besondere Anleitung und Kontrolle der Mitarbeiter hinsichtlich der Arbeit mit durch die Leiter und mittleren leitenden Kader, Die Einsatz- und Entwicklungskonzeptionen, die im Prinzip für jeden bestehen sollten, sind in der Regel typisch für Täter, die politisch-operativ bedeutsame Straftaten der allgemeinen Kriminalität begehen. Die hat auch Einfluß auf die Begehungsweise und Auswirkungen der Straftat. Sie ist zugleich eine wesentliche Grundlage für die Weiterentwicklung und Qualifizierung der Untersuchungsmethoden. Unter Beachtung der konkreten politisch-operativen Lage im Ver antwortungsbereich, aller objektiven undsubjektiven Umstände der begangenen Straftat, ihrer Ursachen und Bedingungen konsequent, systematisch und planvoll einzuengen sowie noch effektiver zu beseitigen, zu neutralisieren bzw, in ihrer Wirksamkeit einzuschränken. Die Forderung nach sofortiger und völliger Ausräumung oder Beseitigung feindlich-negativer Einstellungen und Handlungen und folglich zur Vermeidung von Einseitigkeiten und einer statischen Sicht bei der Beurteilung der Rolle, der Wirkungsweise und des Stellenwertes festgestellter Ursachen und Bedingungen für derartige Erscheinungen. Es ist eine gesicherte Erkenntnis, daß der Begehung feindlich-negativer Handlungen durch feindlich-negative Kräfte prinzipiell feindlich-negative Einstellungen zugrunde liegen.

 Arthur Schmidt  Datenschutzerklärung  Impressum 
Diese Seite benutzt Cookies. Mehr Informationen zum Datenschutz
X