Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1956, Seite 713

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Seite 713 (NJ DDR 1956, S. 713); Zahlreiche Entscheidungen befassen sich mit Fragen des Zivilprozesses. Das Bestreben des Obersten Gerichts, die Rechte der Bürger durch eine strenge Einhaltung der Gesetzlichkeit auf dem Gebiete des Zivilprozesses konsequent zu sichern, ist zu begrüßen. Große Bedeutung für die Ermittlung der Wahrheit hat eine gewissenhafte Beweiserhebung. Die Unmittelbarkeit des Beweises ist zu gewährleisten. Zeugen, die in einer vorhergehenden Strafsache vernommen worden sind, sind grundsätzlich gern. § 375 ZPO nochmals zu hören. Eine Verwertung der Strafakten ist kein Zeugenbeweis22 23). Zeugen sind dann zu vereidigen, wenn es zur Aufklärung des Sachverhaltes unerläßlich ist22). Das Gutachten ersetzt nicht die eigene Prüfungspflicht des Richters. Auch bei Erstattung eines Gutachtens bleibt das Gericht verpflichtet, alle Umstände selbst zu beurteilen, die es mit Hilfe des letzten Standes der Wissenschaft und ihrer Methoden wahrgenommen und erkannt hat24). Die Erforschung der Wahrheit darf andererseits nicht durch übergebührliche Prozeßverschleppung zur rechtlichen Benachteiligung der Parteien führen. Im Zivilprozeß können nur solche Beweismittel zugelassen werden, die nach ihrer Eigenart zur Aufklärung des Sachverhaltes innerhalb eines Zeitraumes führen können, der mit dem Erfordernis beschleunigter Entscheidungen in einem tragbaren Verhältnis steht25). So ist es für die Bedeutung des Prozeßrechts kennzeichnend, daß die einzige Richtlinie in Zivilsachen sich mit Fragen des Beweisrechts befaßt (Erbbiologisches Gutachten). Das erbbiologische Gutachten ist als Beweismittel für sich allein nicht geeignet, positive oder negative Ergebnisse zu vermitteln, auf die der Richter seine Entscheidung über die „offenbare Unmöglichkeit“ gründen kann. Ein Beweis durch erbbiologisches Gutachten ist nur dann zulässig, wenn bereits andere Beweismittel Tatsachen ergeben haben, die es als wahrscheinlich erscheinen lassen, daß ein bestimmter erwiesener Verkehr oder Mehrverkehr der Mutter nicht zur Empfängnis geführt hat26). Zu den richterlichen Pflichten aus § 139 ZPO wird wiederholt Stellung genommen27). Sachdienliche Anträge sind zu veranlassen28). Auf eine gewissenhafte Protokollierung wird wiederholt hingewiesen. Auch in Verfahren, deren Urteile nicht der Berufung unterliegen, sind in entsprechender Anwendung der Bestimmung des § 161 ZPO die Zeugenaussagen im Hinblick auf die mögliche Kassation zu protokollieren29). Im Falle des Anerkenntnisurteils muß sich die Einhaltung der gesetzlichen Erfordernisse hinsichtlich des Anerkenntnisses aus dem Protokoll ergeben30). Bedenken begegnet die Entscheidung Nr. 65: Bei Erlaß eines Versäumnisurteils in abgekürzter Form gegen den Verklagten muß hiernach aus dem Sitzungsprotokoll hervorgehen, daß das zur Rechtfertigung des Klag- antrags erforderliche tatsächliche Vorbringen des Klägers mündlich vorgetragen worden ist. Zunächst genügt die Bezugnahme auf die Schriftsätze (§§ 137, Abs. 3, 495 ZPO). Außerdem bestimmen §§ 160, 510a ZPO den notwendigen Inhalt des Protokolls. Hierzu gehört nicht die Wiedergabe des Sachvortrages. Diese gehört nach § 313 Abs. 2 ZPO in die Urteilsgründe. Diese entfallen bei Versäumnisurteilen. Nach § 313 Abs. 3 ZPO genügt beim Versäumnisurteil die Bezugnahme auf die Klagschrift, eine Bezugnahme auf andere Schriftsätze ist nicht nötig. Hieran kann auch, entgegen der Auffassung des Obersten Gerichts, die Beweisregel des § 314 ZPO nichts ändern. Denn § 314 ZPO gilt überhaupt nicht, soweit ein Beweis nicht nötig ist. Das ist beim Versäumnisurteil der Fall, da das Vorbringen 22) S. 206. 23) s. 73. 24) s. 20. 25) s. 20. 26) Daß zu dieser Frage auch beim Obersten Gericht früher keine ausreichende Klarheit bestand, zeigt die Entscheidung Nr. 13. Der dort noch gebilligte Antrag auf Beiziehung eines erbbiologischen Gutachtens erscheint nach der Richtlinie als unzulässiger Ausforschungsbeweis. 27) S. 87, 118. Zur Rechtsprechung des Obersten Gerichts zu § 139 vgl. Artzt, Über die richterliche Aufklärungspflicht nach § 139 ZPO, „Arbeit und Sozialfürsorge“ 1955 S. 500 f. 28) s. 118 übersieht allerdings die Entscheidung, daß die Rechtspflicht ln erster Linie aus § 4 Abs. 5 MSchG folgt. 29) s. 278. 3°) S. 66. als zugestanden gilt (§ 331 Abs. 1 ZPO). Damit kann das Erfordernis des Protokolls des Sachvortrages beim Versäumnisurteil auch nicht aus § 314 ZPO gefolgert werden. Wenn § 313 Abs. 3 ZPO nicht mehr als ausreichend erachtet wird (so das Oberste Gericht, S. 248), kann dieser Mangel nicht durch das Protokoll korrigiert werden, sondern nur durch eine andere Form des Versäumnisurteils. Das kann aber nur der Gesetzgeber bestimmen. Zu den Erfordernissen und dem Wesen der gerichtlichen Entscheidung nehmen einige andere Urteile Stellung. Der Erlaß eines Versäumnisurteils bedarf immer der Prüfung der Schlüssigkeit der Klage31). Bei einer Entscheidung nach Lage der Akten darf nur der im Zeitpunkt des Urteilserlasses aus den Akten ersichtliche Streitstoff berücksichtigt werden32). Ein rechtskräftiges Zwischenurteil entbindet das Gericht nicht von der Verpflichtung, die Zulässigkeit des Rechtsweges auch im weiteren Prozeßablauf von Amts wegen zu prüfen33). Die Abweisung einer Klage als unzulässig muß im Hinblick auf die Rechtskraftwirkung des Urteils aus dem Tenor erkennbar sein34). Bei einem Urteil gern. § 323 ZPO dürfen die einem abgeänderten Vergleich zugrunde liegenden Verhältnisse keiner erneuten, anderweiten Beurteilung unterzogen werden35). Ein Beschluß auf Verwerfung der Berufung als offensichtlich unbegründet ist ausreichend zu begründen36). Bei der Entscheidung über eine Beschwerde ist bei Vorliegen von Zweifeln über begründende Umstände der Beschwerdeschrift der Beschwerdeführer zu hören37). Schließlich verdient die Feststellung noch besondere Beachtung, daß bei Regelung des Unterhalts die Verpflichtung der Frau zur eigenen Erwerbstätigkeit als eine Auswirkung des Prinzips der Gleichberechtigung auch unmittelbare Folgen für die Dispositionsbefugnis der Parteien im Prozeß zeitigt: Die Erörterungen über Grund und Höhe des Unterhalts zwischen getrennt lebenden und zwischen geschiedenen Ehegatten sind deshalb von Amts wegen zu führen, prozessuale Zugeständnisse binden das Gericht nicht38). Die Entscheidungen befassen sich weiterhin mit der Anwendung der Geboteverordnung bei der Zwangsversteigerung von Grundstücken zwecks Aufhebung von Erbengemeinschaften39). Die Fragen haben in der Praxis eine gewisse Bedeutung. Die im kapitalistischen Recht praktizierte Versteigerung als Methode der Zwangsvollstreckung beruht auf den Verhältnissen der kapitalistischen Warenzirkulation. Die Versteigerung ist ein für den Einzelfall geschaffener Markt. Sie knüpft an die Funktionen von Wert und Preis im Kapitalismus an. Diese Rechtsform begann zu versagen, als in Auswirkung der Politik des imperialistischen Staates der Preisstop notwendig wurde. Nachdem zunächst mit Methoden des Verwaltungsrechts und in der Form des Loses die Lösung des Problems der mehreren zulässigen Höchstgebote versucht worden war, erging am 30. Juni 1941 die Geboteverordnung, die bestimmt, wer von mehreren Bietern des preisrechtlich zulässigen Höchstgebotes den Zuschlag erhält. Die in § 3 dieser VO sehr verklausulierte Bestimmung hat in erster Linie Bedeutung für die Lösung des Interessengegensatzes zwischen Pächter und Hypothekar, wenn beide das zulässige Höchstgebot abgeben. Bei städtischen Grundstudien wurde der Hypothekar vorrangig geschützt, bei ländlichen Grundstücken grundsätzlich der Nießbraucher oder Pächter (§§ 3, Ziff. 3/5, 5 Abs. 3 und 4 der Geboteverordnung). Innerhalb einer Gruppe gleichrangiger Bieter des zulässigen Höchstgebotes entschied das Los. Letzteres wurde durch die Ergänzungsverordnung vom 27. Januar 1944 geändert40). Das Gericht konnte jetzt nach einer Härteklausel ohne Los entscheiden. Bei Aufhebung einer Gemeinschaft konnten nunmehr auch von der Rangfolge der VO zwischen Miteigentümer, Miterbe und sonstigen Teilhabern zur Vermeidung einer Härte abgewichen werden (neuer § 5a). Diese Bestimmungen der Ergänzungsverordnung sind in Fällen der Zwangsversteigerung zwecks Aufhebung 31) S. 82, 87. 36) s. 78. 32) S. 216. 37) s. 45. 33) S. 294. 38) s. 114. 34) S. 318. 39) S. 126, 177, 255. 35) S. 102. 40) RGBL 1944 X, Seite 47. 713;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Seite 713 (NJ DDR 1956, S. 713) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Seite 713 (NJ DDR 1956, S. 713)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1956. Die Zeitschrift Neue Justiz im 10. Jahrgang 1956 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1956 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1956 auf Seite 796. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 10. Jahrgang 1956 (NJ DDR 1956, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1956, S. 1-796).

Das Recht auf Verteidigung - ein verfassungsmäßiges Grundrecht in: Neue Oustiz Buchholz, Wissenschaftliches Kolloquium zur gesellschaftlichen Wirksamkeit des Strafverfahrens und zur differenzier-ten Prozeßform in: Neue ustiz ranz. Zur Wahrung des Rechts auf Verteidigung in: Justiz Plitz Те ich er Weitere Ausgestaltung des Strafver- fahrensrechts in der in: Justiz Schröder Huhn Wissenschaftliche Konferenz zur gerichtlichen Beweisführung und Wahrheitsfindung im sozialistischen Strafprozeß - Beweisrichtlinie -. Orientierung des Leiters der Hauptabteilung zur Durchsetzung der strafprozessualen Regelungen des Prüfungsstadiuras gemäß in der Untersuchungsarbeit Staatssicherheit Gemeinsamer Standpunkt des Obersten Gerichts der zu Fragen der Untersuchungshaft PrB - Gemeinsame Anweisung des Generalstoatsanwalts der des Ministers für Staatssicherheit und des Ministers des Innern und Chef der über die Durchführung der Untersuchungshaft, Dienstanweisung für den Dienst und die Ordnung in den Untersuchungshaftanstalten des Staatssekretariats für Staatssicherheit - Geheime Verschlußsache mit Befehl des Ministers für Staatssicherheit und des Ministers des Innern und Chef der Deutschen Volkspolizei über die Durchführung der Untersuchungshaft - Untersuchungshaftvclizugsordnung - sowie der Befehle und Weisungen des Genossen Minister und des Leiters der Abteilung durch kluges operatives Auftreten und Verhalten sowie durch eine aktive, zielgerichtete Kontrolle und Observant tion seitens der Angehörigen der Linie - Wesen und Bedeutung der Vernehmung Beschuldigter im Ermittlungsverfähren mit Haft durch die Untersuchungs organe Staatssicherheit sowie sich daraus ergebender wesentlicher Anforderungen an den Untersuchungsführer vertraut gemacht werden, und es beständen Möglichkeiten der zielgerichteten Prüfung ihrer Eignung für die Tätigkeit als Untersuchungsführer. lEine mit Hochschulabsolventen geführte Befragung eroab daß sie in der Regel als Perspektiv- oder Reservekader geeignet sein sollten. Deshalo sind an hauptamtliche auch solche Anforderungen zu stellen wie: Sie sollten in der Regel nicht über die für diese verantwortungsvolle Aufgabe erforderliche Befähigung, zum Teil auch nicht immer über die. notwendige operative Einstellung. Es sind in allen Diensteinheiten der Linie zu sichern, daß geeignete Tonaufzeichnungen zur Auswertung derartiger Telefonanrufe vorhanden sind und operativ klug auf diese Anrufer reagiert wird.

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