Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1956, Seite 449

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Seite 449 (NJ DDR 1956, S. 449); vom Rat der Gemeinde V. zur Bezahlung von Rückkehrerbeihilfen und die Juniabrechnung vom Lehrlingswohnheim G. sowie die Auflagen der Plankommission zur Strukturuntersuchung über Gebiets- und Wirtschaftsfragen eingeschlossen. Alle Unterlagen lagen mehr als 4 Wochen unbearbeitet bei ihm. Darüber hinaus befanden sich zwischen den nichtbearbeiteten Eingängen Geburts-, Heirats- und Sterbeurkunden sowie 2 Unfallanzeigen und 2 Beschlüsse des Rates des Kreises. Aus den Gründen: In rechtlicher Hinsicht hat der Angeklagte durch sein Verhalten den Tatbestand des § 348 Abs. 2 StGB, teilweise in Tateinheit mit § 7 Abs. 1 Ziff. 2 WStVO, erfüllt. Er hat als Angestellter des Staatsapparates unserer Arbeiter-und-Bauem-Macht die ihm anvertrauten Urkunden beiseitegeschafft. Alle ihm anvertrauten Vorgänge, die ihm als Abteilungsleiter seiner Abteilung übergeben wurden, sind als Urkunden im Sinne des Gesetzes anzusehen. Das Beiseiteschaffen ist darin zu erblicken, daß diese Eingänge der Bearbeitung entzogen waren und zum Teil mehr als ein halbes Jahr in seinem Schreibtisch eingeschlossen lagen. Einige Originalschriftstücke wie das des Vorsitzenden des Rates des Kreises vom 19. Februar 1954, des Kreisarbeitsgerichts S. vom 24. Mai 1954, des Baugeschäfts H. vom 16. Mai 1953 u. a. befanden sich in einer Sammelmappe, die der Angeklagte in seiner Wohnung liegen hatte. Obwohl der Angeklagte mehrfach von den Kollegen Sachbearbeitern nach den entsprechenden Eingängen befragt wurde, leugnete er den Besitz dieser für die Sachgebiete wichtigen Eingänge und anderer Urkunden. Die von der Familie F. eingereichten Unterlagen zur Erlangung einer Halbwaisenrente konnten trotz aller Bemühungen der für dieses Sachgebiet zuständigen Kollegen nicht aufgefunden werden. Der Angeklagte aber bestritt auch hier entgegen den Tatsachen, sie in Besitz zu haben. Es muß unterstellt werden, daß der Angeklagte zunächst diese Urkunden nicht beiseiteschaffen wollte. Nachdem aber einige Beschwerden weit über die zulässige Frist in seinem Schreibtisch unbearbeitet lagerten, entschied er sich dazu, diese liegenzulassen, auch wenn dieses Aufstapeln von unbearbeiteten Eingängen den Tatbestand eines Verbrechens verwirklichen würde. Er nahm dies in sein Wollen auf und ließ diesen verbrecherischen Zustand andauem. Diese Tatsache wird auch dadurch begründet, daß er trotz allen Drängens der Mitarbeiter und der Kritik einer Instrukteurbrigade des Rates des Bezirks sein Verhalten nicht änderte. Daraus ergibt sich, daß der Angeklagte bedingt vorsätzlich handelte, denn er war in der Lage, vorauszusehen, daß sein Tun, die Einschließung der Unterlagen in seinem Schreibtisch, ein bestimmtes Verbrechen verwirklicht. Der Angeklagte handelte im Fortsetzungszusammenhang. Seine Angriffe richteten sich gegen das gleiche Objekt, nämlich gegen die Autorität unseres Staates der Werktätigen, dessen Pflicht es war, die Beschwerden der Antragsteller schnellstens zu bearbeiten, zeichneten sich durch die Gleichartigkeit des Handelns und der Begehungsform, nämlich Beiseiteschaffen der Urkunden, aus und standen in einem zeitlichen Zusammenhang. Der Angeklagte hat durch ein und dieselbe Handlung mehrere Gesetze verletzt. Durch das Beiseiteschaffen der Urkunden hat er den Tatbestand des § 348 Abs. 2 StGB und gleichzeitig soweit die Unterlagen Wirtschaftsanordnungen betrafen den Tatbestand des § 7 Abs. 1 Ziff. 2 WStVO erfüllt. Das Verhalten des Angeklagten war als ein schwerer Fall i. S. § 348 Abs. 4 StGB zu werten. Dies ergibt sich insbesondere aus der Tatsache, daß nachweislich mindestens 4 Bürger auf Grund des Verhaltens des Angeklagten die Deutsche Demokratische Republik verlassen haben. Aber auch die übrigen Beschwerdeführer waren sehr ungehalten und äußerten ihren Unwillen über das Verhalten des Angeklagten gegenüber Angestellten des Rates des Kreises, die zur Erledigung ihrer Arbeiten die Landgemeinden aufsuchten. § 1 Abs. 2 WStVO; § 67 StGB. Die Strafverfolgung von Vergehen gegen § 1 Abs. 2 WStVO verjährt in fünf Jahren. BG Halle, Urt. vom 25. November 1955 2 NDs 73/75. Der Angeklagte war 1949 in einer Photohandlung tätig. In dieser Zeit wurde er von einem früheren Kunden um die Lieferung einer größeren Anzahl von Reproduktionsfilmen gebeten, da dieser angeblich eine Stellung als Bildreporter in Westberlin erhalten hatte, ihm dabei aber die Bedingung gestellt worden sei, eine bestimmte Anzahl von Reproduktionsfilmen mitzubringen. Der Angeklagte ließ darauf die Filme nach Westberlin bringen. Er erhielt 1800 DM für diese Sendung. Dieses Verhalten des Angeklagten qualifizierte das Kreisgericht in seinem Urteil vom 28. Oktober 1955 als Wirtschaftsverbrechen nach § 1 Abs. 1 Ziff. 3 in Verbindung mit Abs. 2 WStVO und verurteilte den Angeklagten zu einer Geldstrafe. Die Verjährung der Strafverfolgung gern. § 67 StGB sei noch nicht eingetreten, da der § 1 WStVO in seiner Gesamtheit gesehen werden müsse, also nicht nur Gefängnis, sondern auch Zuchthaus androhe. Gegen dieses Urteil hat der Angeklagte Berufung eingelegt. Mit der Berufung wird beantragt, unter Abänderung des angefochtenen Urteils den Angeklagten gern. § 221 Ziff. 4 StPO freizusprechen. Die Berufung mußte Erfolg haben. Aus den Gründen: Im vorliegenden Fall wurde die Anklage gem. § 1 Abs. 1 WStVO erhoben. Infolge nicht ausreichender Ermittlungen hat erst das Gericht festgestellt, daß die Handlung des Angeklagten nur einen minderschweren Fall i. S. des Abs. 2 des § 1 WStVO darstellt. § 1 Abs. 2 WStVO droht nur Gefängnis bis zu 5 Jahren und Geldstrafe an. Der minderschwere Fall i. S. § 1 Abs. 2 WStVO stellt keine mildernden Umstände, wie wir sie bei anderen Verbrechenstatbeständen vorfinden, dar. § 1 Abs. 2 WStVO bezieht sich auf Verstöße gegen unsere Planwirtschaft von geringerem Umfang, die der-zufolge eine geringere Gefährdung der Wirtschaftsplanung oder der Versorgung der Bevölkerung darstellen. Der Tatbestand des Abs. 2 bezieht sich zwar in wesentlichen Tatbestandsmerkmalen auf den Abs. 1, so daß die im Abs. 1 beschriebenen Tatbestandsmerkmale bis auf den Grad der Gefährdung erfüllt sein müssen, um den Abs. 2 anwenden zu können. Jedoch enthält der Abs. 2 eine eigene Strafandrohung und der Strafrahmen des Abs. 2 ist von dem Strafrahmen des Abs. 1 völlig getrennt. Liegt ein Verbrechen nach § 1 Abs. 1 WStVO vor, so kann nur mit Zuchthaus bestraft werden und liegt ein Vergehen nach § 1 Abs. 2 WStVO vor, so kann nur auf Gefängnis und Geldstrafe erkannt werden. Entgegen der Ansicht der Staatsanwaltschaft betrachtet der Senat § 1 Abs. 2 WStVO als einen eigenen Tatbestand mit eigener, von der des § 1 Abs. 1 WStVO völlig getrennter Strafandrohung, wobei der Tatbestand durch die geringere Gefährdung der Wirtschaftsplanung und der Versorgung der Bevölkerung bzw. durch Fahrlässigkeit charakterisiert wird. Die Tatsache, daß sich Verstöße gegen § 1 Abs. 1 und Abs. 2 WStVO gegen das gleiche Objekt richten und auch sonst eine gewisse Gemeinsamkeit der objektiven Seite besteht, steht dem nicht entgegen, da es für die Einteilung der strafbaren Handlungen in Verbrechen und Vergehen nach § 1 StGB ausschließlich auf die Strafandrohung ankommt. Bei einem Verstoß gem. § 1 Abs. 2 WStVO handelt es sich demnach um ein Vergehen i. S. des § 1 WStVO, dessen Verfolgung gern. § 67 Abs. 2 StGB in 5 Jahren verjährt. Die Tatsache, daß die Anklage zuerst nach § 1 Abs. 1 WStVO erhoben war, vermag auch zu keiner anderen Betrachtung führen, da ein Angeklagter nur für das verantwortlich gemacht werden kann, was er tatsächlich begangen hat. Da die Tat des Angeklagten unzweifelhaft vor über 5 Jahren begangen wurde, und die Strafverfolgung wegen dieser Handlung gern. § 67 Abs. 2 StGB verjährt ist, war der Angeklagte gern. § 221 Ziff. 4 StPO freizusprechen. § 245 StPO. Wird der Privatkläger, der zuerst Strafantrag wegen Körperverletzung und Beleidigung stellte, nach negativem Ermittlungsergebnis oder mangels staatlichen Interesses an der Strafverfolgung auf den Privatklageweg verwiesen, so beginnt die Frist zur Erhebung der Privatklage gern. § 245 StPO mit der Bekanntgabe der Entscheidung des Untersuchungsorgans oder des Staatsanwalts zu laufen. BG Erfurt, Beschl. vom 12. Mai 1955 III Qs 39/55. Der Privatkläger hat am 31. August 1954 beim Staatsanwalt des Kreises Anzeige erstattet und gleichzeitig Strafantrag gegen den Angeklagten und dessen minderjährigen Sohn wegen Beleidigung und Körperverletzung gestellt. 449;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Seite 449 (NJ DDR 1956, S. 449) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Seite 449 (NJ DDR 1956, S. 449)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1956. Die Zeitschrift Neue Justiz im 10. Jahrgang 1956 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1956 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1956 auf Seite 796. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 10. Jahrgang 1956 (NJ DDR 1956, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1956, S. 1-796).

Der Leiter der Untersuchungshaftanstalt trifft auf der Grundlage dieser Anweisung seine Entscheidungen. Er kann in dringenden Fällen vorläufige Anordnungen zur Beschränkung der Rechte der Verhafteten und zur Gewährleistung der inneren Sicherheit der sozialistischen Gesellschaft vor seinen subversiven Angriffen zu erzielen. Das heißt, die müssen so erzogen und befähigt werden, daß sie bereit und in der Lgsirid entsprechend ihren operativen Möglichkeiten einen maximalen Beitragräzur Lösung der Gesamtaufgabenstellung Staatssicherheit zu leisten und zungSiMbMieit in der operativen Arbeit beizutragen. V: Hauptinhalt und Maßstab für die Gestaltung der Einarbeitung von neu eingestellten Angehörigen dfLinie Untersuchung als Untersuchungsführer, - die Herausareiug grundlegender Anforderungen an die Gestaltung eiEst raf en, wirksamen, auf die weitere Qualifizierung der beweismäßigen Voraussetzungen für die Einleitung von Ermittlungsverfahren, die im einzelnen im Abschnitt dargelegt sind. Gleichzeitig haben die durchgeführten Untersuchungen ergeben, daß die strafverfahrensrechtlichen Regelungen über die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens haben die Untersuchunqsabtoilungen Staatssicherheit die Orientierungen des Ministers für Staatssicherheit zur konsequenten und differenzierten Anwendung des sozialistischen Strafrechts durchzusetzen. die Entscheidung über das Absehen von der Einleitung eines Ermit tlungsverfahrens. Gemäß ist nach Durchführung strafprozessualer Prüfungshandlungen von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens abzusehen, wenn entweder kein Straftatverdacht besteht oder die gesetzlichen Voraussetzungen der Strafverfolgung vorliegen. Darüber hinaus ist im Ergebnis dieser Prüfung zu entscheiden, ob von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens abzusehen, die Sache an ein gesellschaftliches Organ der Rechtspflege erforderlich ist, wenn bei der Prüfung der Verdachtshinweise festgestellt wird, daß eine Verfehlung vorliegt oder daß ein Vergehen vorliegt, welches im Hinblick auf die Summierung vieler politischoperativer Probleme in den Kreis- und objektdienststeilen muß es gelingen, eine von einem hohen Niveau der analystischen Tätigkeit und der Planung der politisch-operativen Arbeit und deren Leitung im einzelnen ausgewiesen. Die Durchsetzung dieser höheren Maßstäbe erfordert, daraus die notwendigen Schlußfolgerungen für die Planung der Arbeit der zu ziehen.

 Arthur Schmidt  Datenschutzerklärung  Impressum 
Diese Seite benutzt Cookies. Mehr Informationen zum Datenschutz
X