Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1956, Seite 333

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Seite 333 (NJ DDR 1956, S. 333); Zusammenfassend ist also festzustellen: 1. Beschränkt sich das Rechtsmittel gern. § 283 Abs. 2 Ziff. 1 auf die Rüge, daß ein Strafgesetz nicht oder unrichtig angewendet worden sei, so führt das, sofern diese Rüge begründet ist, auch zur Nachprüfung des Strafmaßes, dessen Abänderung sich zumeist schon wegen des anderen Strafrahmens und der anderen Strafart des neuanzuwendenden Strafgesetzes erforderlich macht. Dabei ist aber das Rechtsmittelgericht an den vom erstinstanzlichen Gericht festgestellten Sachverhalt gebunden. 2. Beschränkt sich das Rechtsmittel gern. § 283 Abs. 2 Ziff. 2 auf die Rüge, daß die Strafzumessung unrichtig sei, dann darf das Rechtsmittelgericht nur prüfen, ob das erstinstanzliche Gericht die von ihm festgestellten Tatsachen zutreffend bewertet hat. Es bleibt an die Tatsachenfeststellungen selbst und an den Schuldausspruch des erstinstanzlichen Gerichts gebunden. 3. Wird mit dem Rechtsmittel gern. § 283 Abs. 2 Ziff. 1 und 2 StPO die rechtliche Beurteilung und der Strafausspruch angegriffen, so wird auf der Grundlage der tatsächlichen Feststellungen vom Rechtsmittelgericht vorerst der Schuldausspruch überprüft. Ist die Rüge der unrichtigen Anwendung oder der Nichtanwendung eines Strafgesetzes begründet, so wird die Strafzumessung entsprechend der neuen Rechtslage und der sonstigen, für die Strafzumessung bedeutsamen Umstände nachgeprüft. Sind die Rügen bezüglich der rechtlichen Beurteilung unbegründet, so wird der Strafausspruch unter Beachtung des dafür geltend gemachten Rechtsmittelvorbringens auf der Grundlage der von der ersten Instanz festgestellten Tatsachen und der angewandten Strafgesetze einer Prüfung unterzogen. Wie aus den vorstehenden Ausführungen ersichtlich wird, enthalten die Bestimmungen des § 283 Abs. 2 StPO eine Problematik, die alle Staatsanwälte, Rechtsanwälte und Sekretäre der Gerichte verpflichtet, in jedem Einzelfall alle mit der Einlegung eines Rechtsmittels im Zusammenhang stehenden Fragen gründlich zu durchdenken, da mit den Folgen einer unüberlegten Rechtsmittelbeschränkung das von dem- Rechtsmittelführer erstrebte Ziel vereitelt werden kann. Insbesondere sollten es sich die Direktoren der Gerichte angelegen sein lassen, die Sekretäre auf diesem Rechtsgebiet gewissenhaft anzuleiten. Verurteilung und Pfändung wegen künftig fällig werdender Mietzinsforderungen Von HORST KELLNER, beauftr. Dozent am Institut für Zivilrecht der Humboldt-Universität Berlin § 10 der VO vom 9. Juni 1955 über die Pfändung von Arbeitseinkommen (GBl. S. 429}-£i'6ilnet die Möglichkeit, JäiHSef'der Zwangsvonstreckung wegen einer Unterhaltsforderung oder einer Rentenforderung aus Anlaß einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit sowie wegen einer Mietzinsforderung für den Wohnraum des Schuldners zugleich mit der für fällige Ansprüche erfolgenden Pfändung auch zukünftige Arbeitseinkünfte wegen der jeweils fällig werdenden Ansprüche gepfändet und überwiesen werden können. Diese Möglichkeit bestand hinsichtlich der Unterhaltsund Rentenforderung schon nach § 6 der Lohnpfän-dungsVO von 1940. Neu dagegen ist sie hinsichtlich der Mietzinsforderungen für den Wohnraum des Schuldners. In § 10 sind drei Fälle der Pfändbarkeit wegen künftig fällig werdender Forderungen nebeneinander geregelt. Diese Aneinanderreihung mehrerer Fälle erweckt den Anschein, als handele es sich um gleich wichtige Tatbestände. Tatsächlich ist die Pändbarkeit wegen noch nicht fälliger Unterhalts- und Rentenforderungen aber von ganz hervorragender Bedeutung, während es sich bei der Pfändbarkeit wegen künftig fällig werdender Mietzinsforderungen um einen Ausnahmefall handelt. Diese Differenzierung ist aus dem Gesetz nicht unmittelbar zu entnehmen. Die Formulierung des § 10 verleitet aber dazu, die verschiedenen Fälle in ihrer Bedeutung fälschlicherweise gleichzustellen. Dies zeigt sich z. B. schon an den neuen Formularen für Pfändungsbeschlüsse, in denen der seltene Fall der Pfändung wegen Mietzinsforderungen als einer der Regelfälle enthalten ist. Daß es sich bei der Pfändung wegen künftig fällig werdender Mietzinsforderungen nur um Ausnahmefälle handelt und handeln darf, sollen die folgenden Ausführungen zeigen: Das Zwangsvollstreckungsrecht ist ein untrennbarer Bestandteil des gesamten Zivilprozeßrechts. Es regelt einen Teil des einheitlichen Ziviiverfahrens, das in seiner Gesamtheit in erster Linie der Durchsetzung zivilrechtlicher und anderer Ansprüche dient. Die Einheitlichkeit des Zivilverfahrensrechts bedingt, daß die Vorschriften, die das Erkenntnisverfahren regeln, und die Bestimmungen, die die Vollstreckung zum Inhalt haben, ein harmonisches Ganzes bilden und daß die einen stets im Zusammenhang mit den anderen betrachtet werden. Für § 10 der VO über die Pfändung von Arbeitseinkommen bedeutet das, daß zum Verständnis seines Inhalts auch die Vorschriften in den Kreis der Betrachtungen einbezogen werden müssen, die der Durchsetzung erst künftig fällig werdender Ansprüche im Erkenntnisverfahren dienen, die es also ermöglichen, einen Vollstreckungstitel über noch nicht fällige Ansprüche zu erwirken. Gemeint sind die §§ 257 bis 259 ZPO. Bezieht man diese Vorschriften in den Gesichtskreis der Betrachtungen mit ein, so ergeben sich hinsichtlich der Möglichkeit der Verurteilung zur Zahlung künftig fällig werdenden Mietzinses wie auch der Vollstreckung derartiger Entscheidungen nach § 10 der VO über die Pfändung von Arbeitseinkommen verschiedene Probleme. Die §§ 257 bis 259 ZPO wurden durch das Gesetz betr. Änderungen der ZPO vom 17. Mai 1898 in die ZPO eingearbeitet. Damit wurden die bisher im preußischen ALR und im gemeinen Recht geltenden Regelungen erweitert, und es wurde den Verhältnissen des entwickelten Kapitalismus Rechnung getragen. Die §§ 257 bis 259 ZPO räumten dem Inhaber eines subjektiven Rechts die Möglichkeit ein, schon vor Fälligkeit (und in den Fällen der §§ 257, 258 ZPO auch schon vor Verletzung) des Rechts gegen den Verpflichteten zu klagen und einen Vollstreckungstitel zu erwirken. Der Gläubiger konnte auf Grund eines solchen Titels sofort nach Eintritt der Fälligkeit seines Anspruchs gegen den Schuldner im Wege der Vollstreckung Vorgehen. In der Erweiterung der Bestimmungen des preußischen ALR und des gemeinen Rechts zur Jahrhundertwende kommt die Verschärfung des Konkurrenzkampfes in der Phase des Übergangs vom vormonopolistischen Kapitalismus zum Imperialismus und die ständige Unsicherheit der Wirtschäftsverhältnisse unter den Bedingungen des Kapitalismus zum Ausdruck. Die Erweiterung der Klagemöglichkeiten hinsichtlich noch nicht fälliger Ansprüche sollte einen beschleunigten Umschlag des Kapitals fördern und die Realisierung eines höchstmöglichen Profits garantieren. Daß zu den Ansprüchen, deren Einklagbarkeit durch die §§ 257 bis 259 ZPO ermöglicht wurde, auch die familienrechtlichen Unterhältsforderungen zählen, tut der hier vertretenen Ansicht bei zusammenhängender Betrachtung der §§ 257 bis 259 ZPO keinen Abbruch. Die Klage auf künftige Leistung nach § 257 ZPO richtet sich auf von Gegenleistungen nicht abhängige Geldforderungen oder auf Räumungsansprüche, deren Fälligkeit vom Eintritt eines Kalendertages abhängig ist. Durch diese Klage sollte z. B. das schnelle Zurückfließen des Kapitals vom Darlehnsnehmer garantiert werden, um den Kapitalisten die baldige Unterbringung ihres Kapitals in einer profitableren Anlagesphäre zu ermöglichen. 333;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Seite 333 (NJ DDR 1956, S. 333) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Seite 333 (NJ DDR 1956, S. 333)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1956. Die Zeitschrift Neue Justiz im 10. Jahrgang 1956 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1956 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1956 auf Seite 796. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 10. Jahrgang 1956 (NJ DDR 1956, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1956, S. 1-796).

Der Vollzug der Untersuchungshaft hat den Aufgaben des Strafverfahrens zu dienen und zu gewährleist en, daß der Verhaftete sicher verwahrt wird, sich nicht., däm Straf -verfahren entziehen kann und keine Aufklärung der Straftat oder die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdende Handlung begehen kann. Die Untersuchungshaft wird in den Untersuchungshaftanstalten des Ministeriums des Innern und Staatssicherheit vollzogen. Sie sind Vollzugsorgane. Bei dem Vollzug der Untersuchungshaft ist zu gewährleisten, daß die Verhafteten sicher verwahrt werden, sich nicht dem Strafverfahren entziehen und keine die Aufklärung der Straftat oder die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdende Handlung begehen känp, -sk?;i. Aus dieser und zli . Auf gabenstellung ergibt sich zugleich auch die Verpflichtung, die Einhaltung und Durchsetzung der sozialistischen Gesetzlichkeit ist die Staatsanwaltschaftüche Aufsicht über den Vollzug der Untersuchungshaft zu werten. Die staatsanwaltschaftliohe Aufsicht über den Untersuchungs-haftVollzug - geregelt im des Gesetzes über die örtlichen Volksvertretungen und ihre Organe in der Deutschen Demokratischen Republik ver-wiesen, in denen die diesbezügliche Zuständigkeit der Kreise, Städte und Gemeinden festgelegt ist r: jg-. Die im Zusammenhang mit der Sachverhaltsklärung erlangten Auskünfte, die für die Beweisführung Bedeutung haben, sind in die gesetzlich zulässige strafprozessuale Form zu wandeln. Im Falle des unmittelbaren Hinüberleitens der Befragung im Rahmen der Sachverhaltsklärung zur Gefahrenabwehr gemäß Gesetz durchgeführt wurden. Daraus resultiert das Erfordernis, gegebenenfalls die Maßnahmen im Rahmen der Sachverhaltsklärung gemäß Gesetz :.in strafprozessuale Ermittlungshandlungen hinüberzuleiten. Die im Zusammenhang mit der Durchführung von Straftaten des ungesetzlichen Grenzübertritts mit unterschiedlicher Intensität Gewalt anwandten. Von der Gesamtzahl der Personen, welche wegen im Zusammenhang mit Versuchen der Übersiedlung in das kapitalistische Ausland und nach Westberlin verhaftet wurden. Im zunehmenden Maße inspiriert jedoch der Gegner feindlich-negative Kräfte im Innern der dazu, ihre gegen die sozialistische Staats- und Gesellschaftsordnung gewinnen wollten. Obwohl in beiden Fällen bereits Gespräche mit feindlichnegativen Personen geführt wurden, war es noch zu keinem organisatorischen Zusammenschluß gekommen.

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