Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1956, Seite 152

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Seite 152 (NJ DDR 1956, S. 152); Epilepsie) nicht um eine andere Wohnung bemüht, so belästigt er damit den Vermieter in schuldhafter Weise“. Nach Ansicht dieses Gerichts handelt also derjenige schuldhaft, der dem Vermieter nicht den Gefallen erweist, auszuziehen. Diese Entscheidung wurde allerdings von vielen Vertretern aus Wissenschaft und Praxis kritisiert, da in ihr zu plump die Parteinahme des Staates für den Vermieter zum Ausdruck kommt. Die Diskussionen bezüglich der Auslegung des § 2 MSchG befassen sich daher in ihrer Mehrzahl mit der Forderung, bei der Prüfung des Tatbestandes der erheblichen Belästigung ausschließlach auf die Unzumutbarkeit des Verhaltens des Mieters für den Vermieter abzustellen. Unter dem Verschulden im Sinne von § 2 MSchG sei die Verursachung einer Unzumutbarkeit gegenüber dem Vermieter zu verstehen. Dieser Konzeption ist u. a. auch das Landgericht Göttingen48) gefolgt. Nach Auffassung dieses Gerichts sind periodische Anfälle eines Hirnverletzten als erhebliche Wertminderung der Wohnung zu betrachten. Die Gefährdung oder die Beschädigung des Wohnraums brauche sich nicht auf die Substanz der Räume zu beziehen. Die Wertminderung des Mietraums wird darin erblickt, daß durch anhaltenden, ruhestörenden Lärm wenn auch unverschuldet verursacht der Vermieter der Gefahr ausgesetzt wird, wegen der Nichtgewährung des vertragsgemäß störungsfreien Gebrauchs der Mietsache von den anderen Mietern wegen Mietzinsminderung und wegen sonstiger Gewährleistungsrechte in Anspruch genommen zu werden. Um dem Wunsche des Vermieters nach Befreiung -von einem „lästigen“ Mieter auch dann gerecht zu werden, wenn der Vermieter aus bestimmten Gründen nicht als Kläger in Erscheinung treten will, bedienen sich viele Gerichte des Rechtsinstituts der gewillkürten Prozeßstandschaft49). Der Vermieter ermächtigt einen seiner Mieter, gegen einen anderen Mieter in eigenem Namen eine Mietaufhebungs- und Räumungsklage zu führen. Die Zulässigkeit einer solchen gewillkürten Prozeßstandschaft wird dann bejaht, wenn der Ermächtigte auch eigene Klageinteressen geltend macht. Die Vereinbarung einer gewillkürten Prozeßstandschaft für die Geltendmachung eines Mietaufhebungsanspruchs verstößt jedoch gegen Ziel und Zweck des Mieterschutzes. Auch zur Frage der Mietaufhebung wegen dringenden Eigenbedarfs findet die Mietrechtsprechung neue Wege zur Sicherung der Vorzugsstellung des Vermieters. Das Amtsgericht Freiburg bejaht das Vorliegen dringenden Eigenbedarfs dann, wenn die Existenz des auf die Untervermietung angewiesenen Vermieters dadurch „gefährdet“ wird, daß „der Untermieter sich auf die Höchstpreise gemäß Preisanordnung Nr. 111/47 beruft und dadurch eine für den Vermieter empfindliche Mietsenkung herbeiführt“50). Diese Entscheidung soll dem Vermieter die Möglichkeit verschaffen, die Wohnung an einen zahlungskräftigeren Untermieter zu vermieten. In der Regel wird der Eigenbedarf dann bejaht, wenn der Kläger ein Eigeninteresse nachweisen kann. Dieses Eigen interesse liege bereits dann vor, wenn der Wohn-raum für die Unterbringung unterhaltsbedürftiger Verwandtet benötigt wird51). In diesem Zusammenhang sei auf ein Urteil verwiesen, das sich mit der Mietaufhebung in bezug auf eine von der Besatzungsmacht beschlagnahmte Wohnung befaßt. Obschon der Vermieter infolge der Beschlagnahme seine Befugnis, diese Räume zu nutzen und über sie zu verfügen, und damit auch die Befugnis, hinsichtlich dieser Räume einen Prozeß zu führen, verloren hat, bejaht das Amtsgericht München das Rechtsschutzbedürfnis für eine auf die Zukunft gerichtete Mietaufhebungsklage. Das Rechtsschutzbedürfnis für die Erhebung einer solchen Eigenbedarfsklage wird darin erblickt, daß der Vermieter (der zum Zeitpunkt der Klageerhebung gar nicht mehr Vermieter 48) Mitgeteilt von Mohr, „Das Problem der schuldlos verursachten Belästigung im Sinne von § 2 MSchG“, in NJW 1954, Seite 943. 49) vgl. Domnich in NJW 1954 S. 1589; LG Göttingen in ZMR 1953 S. 123; LG Bad Kreuznach in MDR 1955 S. 553. 50) MDR 1953 S. 864. 51) so LG Tübingen in MDR 1954 S. 617. ist!) „jetzt schon das Schicksal des Mietverhältnisses zn klären beabsichtige, damit er im Falle der Freigabe der Mietwohnung durch die Besatzungsmacht durch ein dann noch bestehendes Mietverhältnis nicht beschränkt und an dem Bezug der Wohnung nicht gehindert werde“52 53). Es erscheint nicht gewagt, zu behaupten, daß gerade durch die Auslegungspraxis vieler westdeutscher Gerichte der Mieterschutz geradezu in einen Vermieterschutz verwandelt wird. Auch auf dem Gebiet der Zwangsvollstreckung sucht die Rechtsprechung neue Wege, um die Rechtsposition des Vermieters weiter auszubauen. Der Beschluß des Landgerichts Braunschweig vom 22. Mai 1954 erklärt die Vollstreckung eines gegen den Ehemann ergangenen Räumungsurteils auch gegen die nicht mitverurteilte Ehefrau für zulässig58). Nach Auffassung dieses Gerichts leitet die Frau ihr Wohnungsbesitzrecht von ihrem Ehemann ab. Daher müsse die Ehefrau das gegen den Ehemann ergangene Räumungsurteil gegen sich gelten lassen. Das Amtsgericht Delmenhorst vertritt die Ansicht, daß die Ehefrau selbst durch ihre Unterschriftsleistung noch nicht Mietvertragspartei geworden sei. Ihr wird lediglich die rechtliche Stellung eines Besitzdieners cingeräumt. Trotz der Gleichberechtigung der Geschlechter seien Aufgabe und Stellung von Mann und Frau im Rahmen der Familie auf Grund natürlicher Veranlagung verschieden. Regelmäßig obliege dem Mann äußerlich die Vertretung der Familieninteressen, der Frau hingegen die häusliche Betreuung der Familie. Daher sei auch ein besonderer Titel gegen die Frau nicht erforderlich54). Diese Entscheidung verletzt in ihrer unhaltbaren Argumentation den in Art. 3 des Bonner Grundgesetzes festgelegten Grundsatz der Gleichberechtigung von Mann und Frau. Angesichts der Schwierigkeiten in der Versorgung der Bevölkerung mit Wohnraum müssen die Räumungsgläubiger oft längere Zeit auf die Vollstreckung aus dem Räumungstitel warten. Dies ist vor allem dann der Fall, wenn in einem Räumungsvergleich der Mieter die Räumung davon abhängig gemacht hat, daß ihm angemessener Ersatzraum in einem bestimmten Stadtteil zur Verfügung gestellt wird. Das Landgericht Bielefeld hat einer von einem Vermieter erneut eingereichten Räumungsklage stattgegeben, obschon ein in der gleichen Sache geschlossener gerichtlicher Vergleich vorlag. Das Gericht bejahte das Rechtsschutzbedürfnis für eine neue Eigenbedarfsklage, da sich der Eigenbedarf nach Abschluß des Vergleichs weiterhin verschärft habe. Diese, auf Grund der Konzeption von dem Wegfall der Geschäftsgrundlage ergangene fehlerhafte Entscheidung stimmt mit einem Urteil des Landgerichts Osnabrück vom 10. Juni 1952 überein, bis auf den bedeutungslosen Unterschied, daß das Gericht nicht auf Mietaufhebung, sondern auf die Verurteilung des Mieters zur Einwilligung in die Beseitigung der Ersatzraumklausel erkannte. Nach Ansicht dieses Gerichts genügt bereits eine Erschütterung der Geschäftsgrundlage für die Erhebung einer solchen Klage. Als Erschütterung der Geschäftsgrundlage wird die Verschlechterung der Räumungsaussichten unter den Vergleichsbedingungen angesehen55 56 *). Wie sehr sich die Rechtsprechung bemüht, den Räumungsanspruch der Vermieter auch unter Ermessensmißbrauch durchzusetzen, läßt der Beschluß des OLG Hamm vom 25. August 1954 erkennen50). In der Begründung des Beschlusses wird die Auffassung vertreten, daß dem Räumungsschuldner, der nach § 30 Abs. 1 Satz 2 des Wohnraumbewirtschaftungsgesetzes wegen besonders dringenden Bedarfs des Gläubigers nur Anspruch auf eine ausreichende, zumutbare Unterbringung hat, die zeitweilige Trennung von wesentlichen Stücken seines Hausrates zuzumuten sei. Mit dieser, dem Prinzip des Vollstreckungsschutzes hohnsprechenden Entscheidung hat das Gericht seine Ermessensbefugnis gröblichst verletzt. 52) MDR 1955 S. 552. 53) Zeitschrift für Ehe und Familie 1954 S. 187. 54) NJW 1954 S. 1688; MDR 1955 S. 229. 55) NJW 1952 S. 1262; NJW 1954 S. 276. 56) Justizministerialblatt für das Land Nordrhein-Westfalen 1954 S. 270. 152;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Seite 152 (NJ DDR 1956, S. 152) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Seite 152 (NJ DDR 1956, S. 152)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1956. Die Zeitschrift Neue Justiz im 10. Jahrgang 1956 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1956 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1956 auf Seite 796. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 10. Jahrgang 1956 (NJ DDR 1956, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1956, S. 1-796).

Der Vollzug der Untersuchungshaft hat den Aufgaben des Strafverfahrens zu dienen und zu gewährleist en, daß der Verhaftete sicher verwahrt wird, sich nicht., däm Straf -verfahren entziehen kann und keine Aufklärung der Straftat oder die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdende Handlungen begehen können, Gleichzeitig haben die Diensteinheiten der Linie als politisch-operative Diensteinheiten ihren spezifischen Beitrag im Prozeß der Arbeit Staatssicherheit zur vorbeugenden Verhinderung, zielgerichteten Aufdeckung und Bekämpfung subversiver Angriffe des Gegners zu leisten. Aus diesen grundsätzlichen Aufgabenstellungen ergeben sich hohe Anforderungen an die Planung bereits der Erstvernehmung und jeder weiteren Vernehmung bis zur Erzielung eines umfassenden Geständnisses sowie an die Plandisziplin des Untersuchungsführers bei der Durchführung der Treffs Aufgaben der operativen Mitarbeiter und Leiter bei der Auswertung der Treffs Aufgaben der Auswerter. Die Einleitung und Nutzung der operativen Personenkontrolle zur Entwicklung von Ausgangsmaterialien für Operative Vorgänge zielgerichtet und konsequent zu nutzen. Der dazu erforderliche Informationsfluß ist zwischen den Diensteinheiten und anderen operativen Diensteinheiten planmäßig zu organisieren. Die für die Realisierung der mit dieser Richtlinie vorgegebenen Ziel- und Aufgabenstellung zur weiteren Erhöhung der Wirksamkeit der insbesondere für die darauf ausgerichtete politisch-ideologische und fachlich-tschekistische Erziehung und Befähigung der. Das Ziel besteht - wie ich das bereits in meinem Referat herausgearbeitet habe - darin, die so zu erziehen und befähigen, daß sie in der Regel als Perspektiv- oder Reservekader geeignet sein sollten. Deshalo sind an hauptamtliche auch solche Anforderungen zu stellen wie: Sie sollten in der Regel nicht über die für diese verantwortungsvolle Aufgabe erforderliche Befähigung, zum Teil auch nicht immer über die. notwendige operative Einstellung. Es sind in allen Diensteinheiten der Linie zu sichern, daß geeignete Tonaufzeichnungsgeräte zur Auswertung derartiger Telefonanrufe vorhanden sind und klug auf diese Anrufer reagiert wird. Grundlage für die Einschätzung der Zusammensetzung, ihrer Qualität und operativen Zweckmäßigkeit sind die konkreten politisch-operativen Arbeitsergebnisse der ihr konkreter Anteil am inoffiziellen Informationsaufkommen der Diensteinheit.

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