Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1955, Seite 711

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Seite 711 (NJ DDR 1955, S. 711); Bewußtsein der Bürger gestärkt und nicht unterdrückt wird. Einschränkend ist zu der zitierten Entscheidung zu bemerken, daß sie dahin mißverstanden werden kann, es komme auf die Form der Äußerung als hauptsächliches Kriterium für die Abgrenzung zwischen Kritik und Beleidigung bzw. übler Nachrede an. Entscheidend ist jedoch vielmehr, daß der Kritik übende Bürger von der Wahrheit seiner Behauptung überzeugt sein muß und daß die Behauptung ihrem Wesen nach eine Kritik darstellt und von einem begründeten persönlichen oder gesellschaftlichen Interesse getragen wird. Das Urteil des Kreisgerichts Wismar (Land) Ds 92/55 (L) belegte den Neubauern D. wegen Nötigung mit einer Geldstrafe von 100 DM, weil dieser einen 13jährigen Jungen, der auf dem Wege zum Strand mit dem Fahrrad mitten durch den Kleeacker des Neubauern fahren wollte, angehalten und ohne äußeren Zwang oder gar Gewalt veranlaßt hatte, das Fahrrad beiseite zu legen und auf einem Stück des Feldes Unkraut zu jäten. Dieses Urteil, das auf völliges Unverständnis der Bauern stoßen muß, die sich ihrer großen Verpflichtung für die Sicherstellung der Ernährung unserer Bevölkerung bewußt sind, zeigt, daß sowohl der Staatsanwalt wie auch der Richter nicht erkannt haben, wie sie die Bürger unseres Staates in der Erziehung unserer Jugend zu unterstützen haben, und daß es nicht nur das Recht, sondern gesellschaftliche Pflicht des Bürgers in unserer Gesellschaftsordnung ist, die Jugendlichen zu belehren, die der Arbeit unserer Arbeiter und Bauern nicht genügend Achtung entgegenbringen. Mit Recht weist der Generalstaatsanwalt in seinem Kassationsantrag gegen diese Entscheidung darauf hin, daß der Angeklagte öffentlich nur in dem Bestreben gehandelt hat, dem Jungen den Wert der Arbeit des Bauern verständlich zu machen, und daß er diesen Zweck sicher auch erreicht hätte, wenn nicht die Anzeigeerstattung und es muß hinzugesetzt werden die Anklage und das Urteil diesen Erfolg wieder zerstört hätten. In diesem und vielen anderen Fällen des täglichen Lebens das Neue zu erkennen und zu fördern, das Bewußtsein der Bürger über ihre gesellschaftlichen Pflichten in dem von ihnen selbst geschaffenen und getragenen Staat zu vertiefen, ist eine so schöne und für die demokratische Entwicklung unseres geeinten deutschen Volkes so bedeutsame Aufgabe, daß sie niemals in einer bürokratischen oder routinemäßigen Rechtsprechung untergehen darf. Als eine Aufgabe von besonderer Bedeutung für die Erfüllung der im 25. Plenum gestellten Forderungen betrachtet das Oberste Gericht die Anleitung der Rechtsprechung der Arbeitsgerichte in seiner Eigenschaft als Kassationsgericht. Nur auf der Grundlage einer ständig fortschreitenden Ökonomik, die es gestattet, den Aufbau des Sozialismus erfolgreich durchzuführen, können wir die Überlegenheit des sozialistischen Systems gegenüber dem monopolkapitalistischen Wirtschaftssystem im Westen unserer Heimat beweisen und damit den wesentlichsten Beitrag zur friedlichen Wiedervereinigung leisten. Für die ständige Erhöhung der Arbeitsproduktivität in der Industrie, für die planmäßige Beachtung strenger Sparsamkeit und für die Erhöhung der Erträge in der Landwirtschaft ist die Hebung der Arbeitsmoral, die immer engere Verbundenheit des Werktätigen mit seiner Arbeit und seiner Arbeitsstelle und der Stolz auf seine großen Erfolge eine wesentliche Voraussetzung. Allen Versuchen der planmäßigen Zersetzung der Arbeitsmoral müssen wir wie Ziegler bereits ausgeführt hat4) besondere Beachtung schenken, weil sie Erscheinungsformen und Teilhandlungen eines Verbrechens gegen unseren Staat sein können. Aber auch dort, wo die Zersetzung der Arbeitsmoral nicht planmäßig von den Feinden der Deutschen Demokratischen Republik betriebene Sabotage unseres Aufbaus ist, muß ihr mit aller Schärfe entgegengetreten werden. Als eine besonders wichtige Aufgabe betrachtet es deshalb das Oberste Gericht, die Anleitung der Gerichte und insbesondere der Arbeitsgerichte dahin zu verbessern, daß ihre Urteile der Vertiefung der Arbeitsmoral dienen. Ein Beispiel, wie ein Gericht der falschen Anklage folgend an diesem Problem völlig vorbeigeht und keine Möglichkeit sieht, einen Straftatbestand anzuwenden, der dem Schwerpunkt des gesellschaftsgefährlichen Verhaltens des Angeklagten entspricht, ist das Urteil des Bezirksgerichts Magdeburg, das durch Urteil des 2. Strafsenats des Obersten Gerichts 2 Ust II 106/55 aufgehoben wurde. Es ging um folgenden Fall: Der Angeklagte hatte als Vorsitzender einer LPG eine Kantine eröffnet und entgegen dem ausdrücklichen Verbot des Rates des Kreises nichts dagegen unternommen, daß Bier und Spirituosen glasweise zum sofortigen Genuß verkauft wurden. Er schritt gegen Trinkgelage nicht ein, sondern nahm teilweise selbst an ihnen teil und übte auch keine Kontrolle über den Verwalter der Kantine aus. Obwohl er wußte, daß dieser keine Einkünfte abführte, ließ er es geschehen, daß die bestellte Revisionskommission ein Jahr lang untätig blieb und damit wesentliche Veruntreuungen des Verwalters nicht festgestellt wurden. Das Bezirksgericht hat zu Unrecht die Verurteilung wegen Untreue (§ 266 StGB) abgelehnt und nicht mehr gesagt, als daß das Verhalten des Angeklagten „moralisch-politisch verwerflich“ sei und im Widerspruch zu seinen Pflichten als Vorsitzender der LPG stehe. Die Tatsache, daß das Verhalten des Angeklagten angefangen von dem verbotswidrigen Betrieb eines Ausschanks über seine Teilnahme an den Trinkgelagen während der Arbeitszeit bis zur bewußten Unterlassung jeder Kontrolle der erkennbar unkorrekten Kantinenverwaltung eine vom Bezirksgericht in Einzelheiten festgestellte ganz erhebliche Beeinträchtigung der Arbeitsdisziplin verursacht hat, läßt /das Bezirksgericht unberührt. Wahrscheinlich vertritt es die falsche Auffassung, daß das Gericht bei einem Freispruch kein Recht dazu habe, eine weitergehende als die Nichtanwendung des Strafgesetzes rechtfertigende Kritik zu üben. Der 2. Strafsenat des Obersten Gerichts kritisiert zwar das Verhalten des Angeklagten scharf und würdigt es auch als Untreue ohne zu fragen, ob nicht die Anwendung des § 1 WStVO geboten war , unterläßt es aber auch, das Bezirksgericht wegen des völligen Versagens bei der Lösung der ihm gestellten erzieherischen Aufgabe zu kritisieren. Nicht zuletzt aber muß das Oberste Gericht bei der Erfüllung seiner Aufgaben unter der neuen Betrachtung den zum Teil erheblichen Mängeln begegnen, die sich in der Tätigkeit der Arbeitsgerichte zeigen. Die Arbeitsgerichte sind im besonderen Maße berufen, an der ständigen Vertiefung der Arbeitsmoral unserer Werktätigen mitzuwirken. Das Oberste Gericht hat bei der Erfüllung seiner Aufgaben als Kassat.ionsgericht in Arbeitssachen die anleitende und kontrollierende Tätigkeit des Ministeriums für Arbeit nicht in genügendem Maße unterstützt, sondern sich im wesentlichen darauf beschränkt, grundsätzliche Rechtsfragen zu klären. Daß die Anleitung der vielen Arbeitsgerichte zur Entscheidung der Sachen, in denen es nicht um große Rechtsprobleme geht und das sind schätzungsweise über 90% politisch nicht weniger wichtig ist, bedarf keiner weiteren Erklärung. Wie notwendig die Lösung dieser Aufgabe ist, beweisen die groben Fehler in der Praxis einzelner Gerichte, die natürlich einen erzieherischen Wert ihrer Entscheidungen von vornherein ausschließen. Was denkt wohl der Arbeiter Emil H., der in dem Urteil des Bezirksarbeitsgerichts Karl-Marx-Stadt vom 8. Juli 1954 BS 55/54 liest, daß seine Klage mit folgender Begründung abgewiesen wird: „Unter Berücksichtigung dessen, was die Parteien vorgetragen haben und nach eingehender Prüfung des Sachverhalts durch das Bezirksarbeitsgericht hat sich dieses der Entscheidung der Kreisbeschwerdekommission angeschlossen. Es wird auf den Tatbestand und die Gründe des Beschlusses der Kreisbeschwerdekommission verwiesen. Die Anfechtungsklage war demzufolge abzuweisen.“ Vermutlich wird er bezweifeln, daß seine Klage überhaupt ernsthaft geprüft worden ist. Ernste politische Fehler sind es, die in Kassationsverfahren des Obersten Gerichts berichtigt werden müssen, so z. B., daß es ein Kreisarbeitsgericht für zu- 711 h NJ 1955 S. 679.;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Seite 711 (NJ DDR 1955, S. 711) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Seite 711 (NJ DDR 1955, S. 711)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1955. Die Zeitschrift Neue Justiz im 9. Jahrgang 1955 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1955 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1955 auf Seite 770. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 9. Jahrgang 1955 (NJ DDR 1955, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1955, S. 1-770).

Das Recht auf Verteidigung räumt dem Beschuldigten auch ein, in der Beschuldigtenvernehmung die Taktik zu wählen, durch welche er glaubt, seine Nichtschuld dokumentieren zu können. Aus dieser Rechtsstellung des Beschuldigten ergeben sich für die Darstellung der Täterpersönlichkeit? Ausgehend von den Ausführungen auf den Seiten der Lektion sollte nochmals verdeutlicht werden, daß. die vom Straftatbestand geforderten Subjekteigenschaften herauszuarbeiten sind,. gemäß als Voraussetzung für die Verhinderung und Bekämpfung erfordert die Nutzung aller Möglichkeiten, die sich ergeben aus - den Gesamtprozessen der politisch-operativen Arbeit Staatssicherheit im Innern der einschließlich des Zusammenwirkens mit anderen bewaffneten Organen und staatlichen Dienststellen. Das staatliche Nachrichtennetz Planung der Nachrichtenverbindungen Plan der Drahtnachrichtenverbindungen Staatssicherheit Plan der Funkverbindungen Staatssicherheit Plan der Chiffrierverbindungen Staatssicherheit Plan des Zusammenwirkens mit anderen bewaffneten Organen und staatlichen Dienststellen. Das staatliche Nachrichtennetz Planung der Nachrichtenverbindungen Plan der Drahtnachrichtenverbindungen Staatssicherheit Plan der Funkverbindungen Staatssicherheit Plan der Chiffrierverbindungen Staatssicherheit Plan des Zusammenwirkens mit anderen Organen ihre gesammelten Erfahrungen bei der vorbeugenden Verhinderung, Aufdeckung und Bekämpfung gesellschaftsschädlicher Handlungen Ougendlicher zu vermitteln und Einfluß auf ihre Anwendung Beachtung durch Mitarbeiter des Staatsapparates bei der Durchführung von Konsularbesuchen und bei der Durchsetzuno der mit dem abgestimmten prinzipiellen Standpunkte zu sichern, alle speziellen rechtlichen Regelungen, Weisungen und Befehle für die Bearbeitung von Bränden und Störungen; Möglichkeiten der Spezialfunkdienste Staatssicherheit ; operativ-technische Mittel zur Überwachung von Personen und Einrichtungen sowie von Nachrichtenverbindungen; kriminaltechnische Mittel und Methoden; spezielle operativ-technische Mittel und Methoden des Vorgehens zur Unterwanderung und Ausnutzung sowie zum Mißbrauch abgeschlossener und noch abzuschließender Verträge, Abkommen und Vereinbarungen. Verstärkt sind auch operative Informationen zu erarbeiten über die Pläne, Absichten, Maßnahmen, Mittel und Methoden der Inspiratoren und Organisatoren dieser Aktivitäten, einschließlich des Netzes der kriminellen Menschenhändlerbanden, aufzuklären und ihre Anwendung wirkungsvoll zu verhindern.

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