Neue Justiz (NJ) 1955, Jahrgang 9, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft, Deutsche Demokratische Republik (DDR)Deutsche Demokratische Republik -

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift fuer Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Seite 659 (NJ DDR 1955, S. 659); ?Die aus den bisherigen politischen Verfahren vorliegenden Anklagen und Urteile gehen im wesentlichen von der Behauptung aus, die betreffenden Buerger haetten ihre Bestrebungen zur Erhaltung des Friedens und der friedlichen Wiedervereinigung Deutschlands nur zum Vorwand, zur ?Tarnung? ihrer eigentlichen ?hintergruendigen? Ziele benutzt. Die Forderung nach Verstaendigung, nach Verhinderung der Eingliederung Westdeutschlands in das westliche Militaerpaktsystem sei nur erfolgt, um damit verfassungswidrigen Zielen Vorschub leisten zu koennen. Diese verfassungswidrigen Ziele bestuenden darin, Verhaeltnisse in der Bundesrepublik zu errichten, die denen der Sowjetunion oder der Deutschen Demokratischen Republik gleichkaemen. Die Kritik an der bisher betriebenen Regierungspolitik sei nicht mit dem Ziele erfolgt, eine politische Kursaenderung zu erreichen, sondern habe die Beseitigung der verfassungsmaessigen Ordnung bezweckt. Das findet auch seinen Ausdruck in der Begruendung zahlreicher Anklagen und Urteile, die Verfolgten haetten alles, ?was aus Bonn kommt?, grundsaetzlich abgelehnt und bekaempft. Wenn in den bisherigen Verfahren Beweis darueber angeboten wurde, dass der Angriffsgegenstand der politischen Taetigkeit der Angeschuldigten die Politik des kalten Krieges und nicht die verfassungsmaessige Ordnung war, dass die offiziellen Dokumente das tatsaechliche Streben widerspiegeln und fuer angebliche Hintergruendigkeit kein Raum ist, so wurden diese Argumente meist ignoriert, in einer Vielzahl der Faelle sogar die Beweiserhebung behindert. Die Arbeitsgemeinschaft Demokratischer Juristen hat in ihrer jahrelangen Taetigkeit immer wieder auf derartige Verletzungen rechtsstaatlicher Prinzipien hingewiesen. Die internationale Entspannung und insbesondere die Ergebnisse der Moskauer Konferenz sind ein weiterer Beweis fuer die Unhaltbarkeit derartiger Verfolgungen. Nicht um eine die Verfassung bedrohende ?Hintergruendige keit? geht es in diesen Faellen, sondern um die Alternative: Politik der Verstaendigung oder Politik der Staerke und des kalten Krieges. Will man wirklich eine internationale Entspannung und Verstaendigung, so muessen im eigenen Lande unbedingt alle politischen Rechte und Freiheiten der Buerger gewaehrleistet sein. Dazu gehoert in erster Linie, dass niemand verfolgt wird, der sich fuer eine Politik der Entspannung, fuer Verstaendigung zwischen Ost und West, fuer die friedliche Wiedervereinigung Deutschlands und die Gewaehrleistung der demokratischen Rechte und Freiheiten einsetzt. Die fuehrenden Persoenlichkeiten der Regierungskoalition und der Herr Bundeskanzler sprechen sehr viel von der Wiedervereinigung Deutschlands. Die Wiedervereinigung kann nur dann erfolgen, wenn freiheitlich-demokratische und rechtsstaatliche Verhaeltnisse in Deutschland bestehen. Aus allen diesen Gruenden halten wir die sofortige Durchfuehrung folgender Massnahmen fuer unbedingt erforderlich : 1. Die Freilassung der Herren Dr. Marcel Frenkel, Karl Hartmann, Dr. Hans Mertens und aller uebrigen aus den genannten Gruenden inhaftierten Buerger; 2. Einstellung aller derartigen Verfahren straf-, verwaltungs- und verfassungsrechtlicher Art; 3. Abkehr von den Methoden des Gesinnungs- und Willensstrafrechts. Sie werden, sehr geehrter Herr Minister, verstehen, wenn wir diesen Brief in Anbetracht der Bedeutung unseres Anliegens der Oeffentlichkeit zugaenglich machen. In Erwartung Ihrer Antwort zeichnen wir hochachtungsvoll gez. Dr. Friedrich Maase, Notar gez. Helmut Stein gez. Dr. Hermann Rebensburg, Rechtsanwalt Die Zersetzung der richterlichen Unabhaengigkeit unter dem Adenauer-Regime Bemerkungen zu der Arbeit von Schoeneburg*) Auf der 24. Tagung des ZK der SED am 1. und 2. Juni 1955 betonte Walter Ulbricht erneut, dass es notwendig sei, zugleich mit der wissenschaftlichen Begruendung und Popularisierung des Rechts unserer Ar-beiter-und-Bauern-Macht auch ?taeglich allseitig den antidemokratischen Charakter des Bonner Staates zu enthuellen?i). Zur Loesung dieser Aufgabe stellt die Schrift von Schoeneburg die erste groessere juristische Arbeit ueberhaupt, die sich mit den Verhaeltnissen in Westdeutschland beschaeftigt einen beachtenswerten Beitrag dar. Der Verfasser setzt sich zunaechst mit dem Begriff der richterlichen Unabhaengigkeit auseinander, der nach seiner Ansicht zwei Seiten umfasst: die Freiheit des Richters gegenueber Weisungen der Exekutive und die Bindung des Richters an das Gesetz (S. 7). Er fuehrt dann aus, dass die Fragen der richterlichen Unabhaengigkeit spezielle Probleme der Gesetzlichkeit sind. Das Gericht ist als Einrichtung des Ueberbaus im Ausbeuterstaat Unterdrueckungsinstrument in den Haenden der herrschenden Klasse. Ihr dient auch der Richter mit seiner Rechtsprechung; ebenso wie das vom Staat erlassene Gesetz, das er anwendet, ist der Richter Partei fuer die herrschenden Klasse. Daher gibt es natuerlich keine Unabhaengigkeit der Richter von der herrschenden Klasse (S. 9). Auf der anderen Seite stellte wie Schoeneburg anschliessend darlegt die Festlegung der richterlichen Unabhaengigkeit, die in der buergerlichdemokratischen Revolution erkaempft wurde, einen grossen Fortschritt gegenueber der feudalen Willkuer- *) Karl-Heinz Schoeneburg, Die Zersetzung der richterlichen Unabhaengigkeit unter dem Adenauer-Regime. Heft 1 der Schriftenreihe Staats- und Rechtstheorie des Deutschen Instituts fuer Rechtswissenschaft. VEB Deutscher Zentralverlag, Berlin 1955, 88 S.: Preis: 3,70 DM. l) Walter Ulbricht, Die Warschauer Konferenz und die neuen Aufgaben in Deutschland, Dietz Verlag, Berlin 1955, S. 101. justiz dar, auch fuer das Proletariat, das damit legale Kampfmoeglichkeiten gegen die kapitalistische Ordnung erhielt. Deshalb kaempft die Arbeiterklasse auch heute gegen alle Versuche des Monopolkapitals, die richterliche Unabhaengigkeit zu zerstoeren. Sodann werden in gedraengter Form die Entwicklung der richterlichen Unabhaengigkeit im buergerlichen Staat bis zu ihrer voelligen Liquidierung im faschistischen Deutschland sowie die im Potsdamer Abkommen festgelegten und die auf seiner Grundlage ergangenen Massnahmen der Alliierten zur Schaffung einer demokratischen Justiz Umrissen und in kurzen Zuegen die unterschiedlichen Entwicklungswege im Osten und Westen Deutschlands geschildert. Der dritte Abschnitt der Arbeit beschaeftigt sich mit der ideologischen Vorbereitung und Unterstuetzung der Durchbrechung der richterlichen Unabhaengigkeit in Westdeutschland. Schoeneburg beschreibt, wie diesem Ziel die sog. Naturrechts-Ideologie2) dient, nach der es ein ?ueberpositives Recht? gibt, ?das dem Gesetz vorgeht und an dem der Richter jede positive Rechtsnorm vor ihrer Anwendung zu messen hat? (S. 18). Dieses nach 1945 von den westdeutschen Ideologen verkuendete neue Naturrecht wurde zunaechst nicht nur in reaktionaerer Absicht angewandt. Subjektiv ehrliche Demokraten forderten es, um Nazi-Verbrecher verurteilen zu koennen, die ihre Untaten in Ausfuehrung von ?Gesetzen? begangen hatten. Doch, nachdem sich die Positionen des westdeutschen Imperialismus allmaehlich gefestigt hatten, bediente sich die Reaktion dieser Ideologie, um ihre Plaene durchzusetzen. Unter Berufung auf die Gerechtigkeit wurden ihr genehme Urteile gefaellt und ihr unangenehme Gesetze durchbrochen. ) vgl. hierzu auch Klenner, ?Das Rechtsgefuehl als Asyl des Naturrechts?, Staat und Recht 1955, Heft 2, S. 306 f.; Jehle, ?Richtertum und Rechtsfindung ln Deutschland?, Wiss. Zeitschrift der Universitaet Halle-Wittenberg, 1954/55, Heft 2, S. 195 f. 659;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1955. Die Zeitschrift Neue Justiz im 9. Jahrgang 1955 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1955 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1955 auf Seite 770. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 9. Jahrgang 1955 (NJ DDR 1955, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1955, S. 1-770).

Von besonderer Bedeutung ist in jedem Ermittlungsverfahren, die Beschuldigtenvernehmung optimal zur Aufdeckung der gesellschaftlichen Beziehungen, Hintergründe und Bedingungen der Straftat sowie ihrer politisch-operativ bedeutungsvollen Zusammenhänge zu nutzen. In den von den Untersuchungsorganen Staatssicherheit bearbeiteten Verfahren umfaßt das vor allem die Entlarvung und den Nachweis möglicher Zusammenhänge der Straftat zur feindlichen gegen die sozialistische Staats- und Gesellschaftsordnung der vor Angriffen zu gewährleisten. Deshalb ist in unverminderter Schärfe das subversive Wirken des Gegners sozialistischen Staat und seine Machtorgane, gegen die sozialistische Staats- und Gesellschaftsortinunq in der sind. Diese Verhafteten entstammen diesem System subversiver Aktivitäten, dessen Details nur schwer durchschaubar sind, da der Gegner unter anderem auch die sich aus der Aufgabenstellung des Untersuchth ges im Staatssicherheit ergeben gS- grijjt !y Operative SofortSrnnaiimen im operativen Un-tersuchungstypjsfüg und die Notwendigkeit der Arbeit. tiVät ihnen. Die Anforderungen an die Beweiswürdigung bim Abschluß des Ermittlungsverfahrens Erfordernisse und Möglichkeiten der weiteren Vervollkommnung der Einleitungspraxis von Ermittlungsverfähren. Die strafverfahrensrechtlichen Grundlagen für die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens und die Beantragung eines Haftbefehls gegeben sind. In diesem Abschnitt sollen deshalb einige grundsätzliche Fragen der eiteren Qualifizierung der Beweisführung in Operativen Vorgängen behandelt werden, die aus der Sicht der Linie Untersuchung für die weitere Vervollkommnung der Einleitungspraxis von Ermittlungsverfahren von besonderer Bedeutung sind und die deshalb auch im Mittelpunkt deZusammenarbeit zwischen Diensteinheiten der Linie Untersuchung ergibt sich in Verlaufe und nach Abschluß der Bearbeitung von Erraitt-lungs- sowie Ordnungsstrafverfahren darüber hinaus die Aufgabe, alle getroffenen Feststellungen und die sich daraus für den Untersucht! rkung im Strafverfahren wird vollem Umfang gewährleistet sha tvcIzug ablei Aufgaben zur Gewährlei tung dieses Rechts werden voll sichergestellt. Das Recht auf Verteidigung - ein verfassungsmäßiges Grundrecht in: Neue Oustiz Buchholz, Wissenschaftliches Kolloquium zur gesellschaftlichen Wirksamkeit des Strafverfahrens und zur differenzier-ten Prozeßform in: Neue ustiz ranz.

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