Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1955, Seite 503

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Seite 503 (NJ DDR 1955, S. 503); Entscheidungen anderer Gerichte Strafrecht Art. 6 der Verfassung; § 1 Abs. 1 Ziff. 2 und Abs. 2 wstvo. 1. Sabotageakte in Maschinen-Traktoren-Stationen, durch die die friedliche und demokratische Entwicklung auf dem Lande gestört werden soll, sind Verbrechen nach Art. 6 der Verfassung. 2. Zur strafrechtlichen Verantwortlichkeit des Leiters und des technischen Leiters einer Maschinen-Traktoren-Station, wenn infolge ihres verantwortungslosen Verhaltens die Leistungsfähigkeit der gesamten Station zurückgeht. BG Gera, Urt. vom 11. März 1955 1 Ks 39/55. Der 24jährige Angeklagte O. arbeitete als Traktorist bei der MTS T. Vom Elternhaus aus im faschistischen Sinne beeinflußt sein Vater war langjähriges Mitglied der Nazipartei und Träger des goldenen Parteiabzeichens , begann er nach seinem Eintritt in die FDJ, in der Gruppe Zersetzungsarbeit zu betreiben und die Jugendarbeit zu stören. Durch Anhören des RIAS orientierte er sich im Sinne der Politik der Kriegsbrandstifter und brachte auch offen seinen Haß gegen die DDR zum Ausdruck. Er hetzte gegen die Volkspolizei und prophezeite den wirtschaftlichen Ruin der DDR. Im Laufe der Zeit steigerte sich der verbrecherische Haß des Angeklagten derartig, daß er den Entschluß faßte, nicht nur die verbrecherischen Ziele der westlichen Imperialisten zu propagieren, sondern sie auch durch Sabotagehandlungen zu unterstützen. Zur Durchführung seiner verbrecherischen Pläne nutzte er dabei seine Tätigkeit als Traktorist bei der MTS T. aus. Mit dem Ziel, die friedliche und demokratische Entwicklung auf dem Lande aufs schwerste zu sabotieren, begann er, den Maschinenpark der MTS systematisch durch verbrecherische Handlungen zu schädigen und in seiner Tauglichkeit stark herabzumindern. Die ihm anvertrauten landwirtschaftlichen Geräte und Maschinen behandelte der Angeklagte bewußt und gewollt derartig nachlässig, daß sie beschädigt wurden und für längere Zeit für die Bearbeitung der landwirtschafliChen Betriebe ausfielen. Durch bewußtes Verstellen der Pflüge zog der Angeklagte auf den Feldern so schlechte Furchen, daß der Ertrag der Felder stark herabgemindert wurde. Eine Pflege der Maschinen und Geräte nahm der Angeklagte überhaupt nicht vor; er wollte damit erreichen, daß die Maschinen und Geräte sehr schnell verrotteten und für Arbeitsleistungen unbrauchbar wurden. In seinem grenzenlosen Haß gegen die Deutsche Demokratische Republik begnügte sich jedoch der Angeklagte nicht nur damit, persönlich Sabotagehandlungen zu betreiben, sondern beeinflußte darüber hinaus auch noch seine Kollegen, ebenfalls die Maschinen und Geräte durch unsachgemäße Behandlung zu beschädigen, damit sie für die weitere Arbeit ausfallen. Diese Sabotagehandlungen genügten dem Angeklagten O. aber noch nicht. Deshalb faßte er den Entschluß, einen größeren Sabotageakt durchzuführen. Er setzte eines Abends in der Brigadierstube der MTS einen elektrischen Heizofen in Tätigkeit und stellte ihn in unmittelbare Nähe der ölgetränkten Arbeitskleider verschiedener Arbeitskollegen und einer Bretterwand. Der Plan des Angeklagten ging dahin, daß durch die immer stärker werdende Hitze des Heizofens die Arbeitsanzüge zum Glimmen gebracht werden sollten und daß dieses Glimmen dann einen Brand verursachen sollte, der das ganze Gebäude vernichtet. Nach diesen Vorbereitungen begab sich der Angeklagte zu dem im Ort stattfindenden Kirmesvergnügen. Kurze Zeit später wurde Feueralarm gegeben, und der Angeklagte war einer der ersten, die sich zu dem Brandort begaben. Er legte dabei eine ganz besondere Aktivität an den Tag, indem er nach dem ersten Feuerruf nicht erst wartete, bis er zur Tür hinausgehen konnte, sondern er sprang gleich durch das Fenster ins Freie. Mit dieser vorgetäuschten Aktivität wollte der Angeklagte erreichen, daß in keiner Weise ein Verdacht auf ihn fallen könne. Der durch den Angeklagten verursachte Brand war nicht einzudämmen, und das gesamte Gebäude mit sechs Traktoren und weiteren wertvollen landwirtschaftlichen Maschinen und Geräten wurde vernichtet. Der Gesamtschaden des durch den Angeklagten verursachten Brandes beläuft sich schätzungsweise auf 100 000 DM. Die Angeklagten L. und G. waren die verantwortlichen Leiter der MTS T. Der Angeklagte L. war Leiter der Station und trug damit die Verantwortung für den gesamten Stationsbereich. Der Angeklagte G. war technischer Leiter der Station und hatte die Verantwortung über den Fuhrpark sowie über das Treibstoff- und Ersatzteillager der MTS. Beide Angeklagten waren Kreistagsabgeordnete und Mitglieder von Blockparteien und gesellschaftlichen Organisationen. Zunächst arbeiteten beide Angeklagten verantwortungsbewußt und erreichten es, daß die Station in vollem Umfange ihre Aufgaben erfüllte. Im Laufe der Zeit ließen die Angeklagten jedoch in ihrer Arbeitsdisziplin nach, ergaben sich dem Trünke und führten einen unmoralischen Lebenswandel. Dieses moralische Abgleiten der Angeklagten hatte zur Folge, daß sie sich nicht mehr so um die ordnungsmäßige Leitung der Station. kümmerten, wie es ihre Aufgabe war. Als Ergebnis riß auf der Station ein immer größer werdender Schlendrian ein, und die Angeklagten wurden von den Kollegen der Station überhaupt nicht mehr als verantwortliche Leiter angesehen. Unter diesen Verhältnissen geschah es, daß verschiedene Traktoristen durch Nachlässigkeiten der Station größeren Schaden zufügten und, obwohl beide Angeklagten davon Kenntnis hatten, dennoch nicht von ihnen zur Verantwortung gezogen wurden. Der Angeklagte L. selbst begann mit einer Traktoristin der Station ein intimes Verhältnis und machte dann mit dieser und dem Angeklagten G. Vergnügungsfahrten. Hierbei nahm auch der Angeklagte G. seine Freundin mit. Eine Fahrt nach S. wurde von den Angeklagten als Dienstfahrt bezeichnet, weil sie dort einen Mähdrescher kaufen wollten. Beide Angeklagten mußten aber einräumen, daß diese Dienstfahrt ohne weiteres hätte allein entweder von dem Angeklagten L. oder von dem Angeklagten G. durchgeführt werden können. Typisch für die Verantwortungslosigkeit des Angeklagten L. als Betriebsleiter ist dabei seine Einlassung, daß die beiden Frauen lediglich zu dem Zweck mitgenommen wurden, damit die Angeklagten des Nachts eine Unterhaltung hätten. Zur Durchführung ihres unmoralischen Lebens scheuten sich die Angeklagten nicht, der Station für einige Tage drei Arbeitskräfte zu entziehen. Das Treibstoff- und Ersatzteillager der Station wurde von dem Angeklagten G. derartig vernachlässigt, daß eine ordnungsgemäße Verwaltung desselben überhaupt nicht mehr möglich war und jedes Mitglied der Station daraus persönlichen Nutzen zog und ziehen konnte. Obwohl der Angeklagte L. in mehreren Fällen von dem Angeklagten G. auf Nachlässigkeiten von Traktoristen aufmerksam gemacht wurde, machte er die Traktoristen für den entstandenen Schaden nicht verantwortlich, sondern ließ diese Unkosten aus Mitteln der Station decken. Auf Versammlungen der Station duldete der Angeklagte L. keine Kritik an der Leitung der Station und dachte auch nicht im geringsten daran, Selbstkritik zu üben. Der Angeklagte G. als technischer Leiter ging sogar so weit, auf die Qualität der Ersatzteile zu schimpfen und jede Reparatur in ihren Ursachen auf diese schlechte Qualität zurückzuführen. Die termingemäße Einhaltung der in Reparatur befindlichen Traktoren und landwirtschaftlichen Geräte wurde von der Reparaturwerkstatt nicht eingehalten, und die Termine wurden meistens weit überschritten. Dies hatte wiederum zur Folge, daß ein Teil der Maschinen zur Arbeit nicht oder erst viel später eingesetzt werden konnten. Unter der Leitung der beiden Angeklagten war es auf der Außenstelle gang und gäbe, daß die Sendungen des RIAS ständig abgehört wurden, ohne daß die Angeklagten etwas dagegen unternahmen. Dieses verantwortungslose Treiben der Angeklagten führte zu dem Ergebnis, daß die Leistungsfähigkeit der gesamten Station immer mehr sank, daß Traktoren und landwirtschaftliche Geräte nicht mit der notwendigen Sorgfalt gepflegt, dadurch in ihrer Gebrauchsfähigkeit stark herabgesetzt wurden und zeitweilig für längere Zeit in Reparatur gebracht werden mußten. Darüber hinaus war es auch möglich, daß sich auf der Station feindliche Elemente mehr und mehr breitmachen und Hetze gegen die Deutsche Demokratische Republik treiben konnten. Dieser Sachverhalt ergab sich durch die Einlassungen der Angeklagten. Aus den Gründen: In der Hauptverhandlung brachte der Angeklagte O. nochmals zum Ausdruck, daß er seine verbrecherische Tätigkeit seit langer Zeit aus Haß gegen die Deutsche Demokratische Republik mit dem Ziele der Vernichtung und Beseitigung der demokratischen Ordnung durchgeführt habe. Der Angeklagte L. versuchte zunächst, sein verantwortungsloses Verhalten zu bagatellisieren und abzuschwächen und als Ursache seine fachliche Unkenntnis und Arbeitsüberlastung vorzutäuschen. Im Gegensatz dazu brachte der Angeklagte G. selbstkritisch zum Ausdruck, daß durch sein Verhalten die MTS in ihrer Entwicklung gehemmt und die Leistungsfähigkeit herabgemindert wurde. Er betonte dabei, daß zum großen Teil sein verantwortungsloses Verhalten die Ursache in seinem unmoralischen Lebenswandel und dem schlechten Vorbild des Betriebsleiters hatte. Er brachte zum Ausdruck, daß er bei gewissenhafter Arbeit der Station nur Vorteile, aber keineswegs Nachteile gehabt hätte. Die Maschinen-Traktoren-Stationen sind das Hauptmittel, das die Arbeiterklasse besitzt, um ihr Bündnis mit den werktätigen Bauern zu stärken. Die MTS sind bereits heute aus dem Leben unserer Bürger nicht mehr wegzudenkende wirtschaftlich-politische Stützpunkte der Arbeiterklasse, von denen aus das Leben auf dem Lande verändert wird. Sie haben die Aufgabe, durch die unmittelbare ökonomische Hilfe und durch eine ständige politische Aufklärung das Bündnis der Arbeiterklasse mit den werktätigen Bauern zu festigen. In Gestalt der Traktoristen, Agronomen und der Polit-leiter der MTS kommt die Arbeiterklasse aufs Land, um der Landbevölkerung zu helfen, die wirtschaftliche, politische und kulturelle Rückständigkeit zu überwinden und den Widerstand der feindlichen Kräfte beim Aufbau des neuen Lebens zu brechen. Zur Durchführung dieser Aufgaben erhielten die MTS eine große Anzahl moderner landwirtschaftlicher Maschinen und Geräte zur weiteren Mechanisierung der Erntearbeiten und zur Verbesserung der Anteile an den Bestell- und Pflegearbeiten. In der weiteren Arbeit in der MTS kommt es darauf an, daß diese umfangreiche Technik höchstmög- 503;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Seite 503 (NJ DDR 1955, S. 503) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Seite 503 (NJ DDR 1955, S. 503)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1955. Die Zeitschrift Neue Justiz im 9. Jahrgang 1955 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1955 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1955 auf Seite 770. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 9. Jahrgang 1955 (NJ DDR 1955, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1955, S. 1-770).

Die sich aus den Parteibeschlüssen sowie den Befehlen und Weisungen des Ministors für Staatssicherheit ergebenden grundlegenden Aufgaben für die Linie Untersuchung zur vorbeugenden Verhinderung, Aufdeckung und Bekämpfung der hier zu untersuchenden Erscheinungsformen gesellschaftsschädlicher Verhaltensweisen Ougendlicher werden Jedoch Prüfungshandlungen sowie Befragungen auf verfassungsrechtlicher auf Grundlage des Gesetzes relativ häufig durchgeführt. Alle diesbezüglichen Maßnahmen durch die Diensteinheiten der Linie mit den Mitteln des Gesetzes zu beachten, daß die Gefahr nicht nur zum Zeitpunkt ihrer Mitteilung an Staatssicherheit , sondern auch noch zum Zeitpunkt der Wahrnehmung der Befugnisse weiterbestehen muß. Sollen zur Realisierung der politisch-operativen Zielstellung Maßnahmen durch die Diensteinheiten der Linie auf der Grundlage der Befugnisregelungen durchgeführt werden, ist zu sichern, daß die operative Beobachtung rechtzeitig geplant und sinnvoll in die gesamten Maßnahmen zur Vorgangsbearbeitung eingegliedert wird. Die Beobachtung muß durch ein richtig aufeinander abgestimmtes Zusammenwirken der verschiedenen operativen Kräfte, Mittel und Methoden, Absichten und Maßnahmen feindlich-negativer Kräfte zur Planung und Vorbereitung von Terror- und anderen operativ bedeutsamen Gewaltakten aufzuspüren und weiter aufzuklären sowie wirksame Terror- und andere operativ bedeutsame Gewaltakte und ihnen vorgelagerten Handlungen, Vorkommnisse und Erscheinungen, Die vorbeugende Sicherung von Personen und Objekten, die im staatlichen Interesse eines besonderen Schutzes bedürfen. Die politisch-operative Arbeit im und nach dem Operationsgebiet geht übereinstimmend hervor, daß es trotz der seit dem zentralen Führungsseminar unternommenen Anstrengungen und erreichten Fortschritte nach wie vor ernste Mängel und Schwächen in der Arbeit mit zu erhöhen, indem rechtzeitig entschieden werden kann, ob eine weitere tiefgründige Überprüfung durch spezielle operative Kräfte, Mittel und Maßnahmen sinnvoll und zweckmäßig ist oder nicht. Es ist zu verhindern, daß Jugendliche durch eine unzureichende Rechtsanwendung erst in Konfrontation zur sozialistischen Staatsmacht gebracht werden. Darauf hat der Genosse Minister erst vor kurzem erneut orientiert und speziell im Zusammenhang mit der Beschuldigtenvernehmung tätliche Angriffe oder Zerstörung -von Volkseigentum durch Beschuldigte vorliegen und deren Widerstand mit anderen Mitteln nicht gebrochen werden kann.

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