Neue Justiz 1954, Seite 431

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Seite 431 (NJ DDR 1954, S. 431); die auf willkürlich auf gestellten Behauptungen basieren, für die durch nichts Beweis angetreten wird und für die infolge ihrer völligen Unbegründetheit auch niemals Beweis angetreten werden kann, die im Gegenteil in direktem Widerspruch zu -offenkundigen Tatsachen stehen. Die erste dieser Unterstellungen besteht in der Behauptung, die Deutsche Demokratische Republik verfolge den Plan, die westdeutsche Bundesrepublik mit militärischen Mitteln zu annektieren, um die politischen und sozialen Verhältnisse der Deutschen Demokratischen Republik auf Westdeutschland gewaltsam zu übertragen. Diese verleumderische und eine politische Brunnenvergiftung übelster Art darstellende Behauptung wird von der Bundesanwaltschaft aufgestellt, obwohl jedermann bekannt ist, daß alle von den für die Politik der Deutschen Demokratischen Republik maßgeblichen Stellen abgegebenen Erklärungen sowie die gesamte tatsächliche Politik der Deutschen Demokratischen Republik genau das Gegenteil beweisen. Es kann heute keinem Deutschen mehr verborgen sein, daß das Hauptziel der Deutschen Demokratischen Republik die friedliche Wiedervereinigung Deutschlands auf dem Wege von Verhandlungen zwischen den jetzt gespaltenen beiden Teilen Deutschlands ist und daß die Deutsche Demokratische Republik zahlreiche Schritte unternommen hat, um diese Verhandlungen in Gang zu bringen, die allerdings von der Adenauer-Regierung sämtlich abgelehnt wurden. Die zweite Unterstellung, die die Bundesanwaltschaft nötig hat, um entsprechend ihrem Auftrag eine Hochverrats-Anklage zu konstruieren, besteht in der Behauptung, daß in Westdeutschland die Kommunisten als der verlängerte Arm der Deutschen Demokratischen Republik bzw. der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands in deren Auftrag die Volksbefragung organisiert und gelenkt hätten, um die in der ersten Unterstellung erfundenen Pläne der Deutschen Demokratischen Republik gegen die Bundesrepublik dadurch zu unterstützen, daß sie die Volksbefragungsaktion benutzten, um das Vertrauen der Bevölkerung zur Bundesregierung zu erschüttern und deren Position zu schwächen. Aus diesen ihren eigenen Konstruktionen „schlußfolgert“ nun die Anklage, daß das Ziel der Volksbefragung und damit der Zweck der Tätigkeit des Hauptausschusses für Volksbefragung nicht in dem bestanden hätte, was erklärt oder getan wurde, sondern daß der Hauptausschuß von der Kommunistischen Partei Deutschlands im Aufträge der Deutschen Demokratischen Republik bzw. der SED zur Verfolgung * sogenannter „hintergründiger“ Ziele geschaffen und benutzt worden wäre. Die Anklage verfälscht bei dieser zweiten Unterstellung zunächst ganz offenbar die jedermann zugänglichen historischen Tatsachen. Sie verschweigt, daß die erste Initiative für die Durchführung einer Volksbefragung über Remilitarisierung oder Friedensvertrag in Westdeutschland nicht von der Kommunistischen Partei Deutschlands ausgegangen ist, sondern von Kreisen um den früheren Bundes-Innenminister Dr. Dr. Heinemann und den Kirchenpräsidenten Dr. Niemöller, und daß diese den Gedanken einer Volksbefragung schon aufwarfen, ehe er auch in der Deutschen Demokratischen Republik aufgegriffen wurde, daß der Vorschlag einer Volksbefragung aus einer breiten Widerstandsbewegung in ganz Deutschland gegen die Remilitarisierungspolitik Adenauers herauswuchs. Sie mußte das alles verschweigen, um nicht die Adenauer-Regierung, die ihr den Auftrag zu der Anklage gegen Neumann, Dickel und Bechtle gegeben hat, einer Politik zu überführen, die eindeutig im Gegensatz zum Willen des deutschen Volkes und zu den rechtlichen Pflichten der Bundesregierung steht. Infolgedessen kann die Anklage zum Beweis für die angeblich „hintergründigen“ Ziele der Volksbefragung nichts anderes angeben, als einmal die Tatsache, daß sich die politischen Argumentationen des Hauptausschusses und seine Losungen im Kampf gegen die Remilitarisierungspolitik in erheblichem Umfang mit den Argumenten und den Losungen der Regierung der Deutschen Demokratischen Republik deckten. Die völlig fehlende Beweiskraft dieser Feststellung ist offensichtlich; denn da die Remilitarisierung Westdeutschlands und die Betreibung einer Kriegspolitik durch die Adenauer-Regierung das ganze deutsche Volk bedrohen, kann es gar nicht anders sein. als daß die Ein wände und Argumente des deutschen Volkes gegen diese Politik in Ost und West ihrem Inhalt nach die gleichen sind. Ebenso unsinnig ist die weitere sogenannte Beweisführung der Bundesanwaltschaft, die die „hintergründigen“ Ziele daraus ableiten will, daß der Hauptausschuß nach dem Verbot der Volksbefragung für seine Druckschriften und sonstigen Propagandamaterialien zum Teil getarnte Impressa und Absenderangaben benutzte. Es stellt schon eine Zumutung für denkende Menschen dar, einer rechtmäßige Ziele verfolgenden Organisation deshalb „hintergründige“ Absichten zu unterschieben, weil sie nach ihrem rechtswidrigen Verbot sich solcher Methoden des Schutzes bedienen muß. Das letzte Mittel, mit dem die Anklage ihre Lüge von den „hintergründigen“ Zielen beweisen will, ist die Benennung von gekauften oder präparierten Zeugen. Diese Methode hat während des Prozesses völligen Schiffbruch erlitten und zur Entlarvung der meisten von der Anklage benannten Zeugen als korrupter oder krimineller Elemente geführt. Die Krönung der Anklagekonstruktion der Bundesanwaltschaft bildet die dritte Unterstellung, die auf den ersten beiden aufbaut. Sie besteht darin, den Angeklagten Neumann, Dickel und Bechtle zu unterschieben, sie hätten bei ihrer Tätigkeit im Hauptausschuß gerade diese „hintergründigen“ Ziele im Auftrag der Deutschen Demokratischen Republik verfolgt. Die einzige Begründung für diese Behauptung besteht darin, daß Neumann, Dickel und Bechtle Mitglieder und Funktionäre der Kommunistischen Partei Deutschlands sind. Damit erklärt sich zugleich, warum die Bundesanwaltschaft in diesem Prozeß aus dem Kreis der führenden Persönlichkeiten des Hauptausschusses gerade drei Kommunisten anklagt, obwohl diese in ihrer übergroßen Mehrheit Sozialdemokraten, Katholiken, Protestanten, ehemalige Offiziere und andere Nicht-Kommunisten waren. Nur auf diesem Wege war es nämlich möglich, mit Hilfe der drei dargestellten Unterstellungen zu versuchen, den Kampf breitester Teile der westdeutschen Bevölkerung um nationale Einheit, Selbstbestimmung und Frieden durch einen Hochverratsprozeß zu diskriminieren und zu unterdrücken. Diese dritte Unterstellung der Anklage, die darauf hinausläuft, daß alle Handlungen der Angeklagten, gleich welcher Art, deshalb hochverräterisch seien, weil diese als Kommunisten, ohne daß es dafür eines besonderen konkreten Beweises bedürfe, stets hochverräterische Absichten verfolgten, entlarvt restlos die faschistische Methode der Bundesanwaltschaft. In den Verhandlungen der Juristischen Kommission zur Überwachung des Karlsruher Prozesses in Berlin ist in einem Gutachten von Prof. Dr. Geräts überzeugend dargetan worden, daß die Bundesanwaltschaft hier das faschistische Gesinnungsstrafrecht wieder aufnimmt. Es war auch die Methode des Freislerschen Volksgerichtshofes, ohne jede konkrete Untersuchung oder Beweisführung von der Unterstellung auszugehen, daß die Kommunistische Partei Deutschlands hochverräterische Ziele verfolge und man also bei jedem Mitglied der Kommunistischen Partei bei allen seinen politischen Handlungen ohne weiteres von der Mitgliedschaft in der Kommunistischen Partei Deutschlands auf seine hochverräterischen Absichten schließen könne, und dann diese unterstellte Gesinnung anstelle eines wirklichen Tuns als Hochverrat zu bestrafen. Dieses faschistische Gesinnungsstrafrecht hatte bereits im April 1952 der II. Strafsenat des Bundesgerichtshofs in seinem berüchtigten „Fünf-Broschüren-Urteil“ wieder in die westdeutsche Rechtsprechung eingeführt, indem er sich bewußt über den Wortlaut der Strafbestimmungen der §§ 80 ff. StGB und über den Art. 103 des Grundgesetzes hinwegsetzte, aus denen eindeutig hervorgeht, daß nicht Überzeugungen und Gesinnungen ■ erst recht nicht unterschobene , sondern lediglich konkrete Handlungen als hochverräterische Unternehmen bestraft werden können. Mit dem „Fünf-Broschüren-Urteil“ wies der II. Strafsenat den Weg, um jede Gegnerschaft gegenüber der Politik des Adenauer-Regimes mit Mitteln des Strafrechts unterdrücken zu können2). Die Konsequenzen zeigen sich jetzt mit aller Deutlichkeit im Prozeß gegen Neumann, Dickel und Bechtle. 2) Zum „Fünf-Broschüren-Urteil“ eingehend Geräts in „Staat und Recht“ 1954, Nr. 4. 431;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Seite 431 (NJ DDR 1954, S. 431) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Seite 431 (NJ DDR 1954, S. 431)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1954. Die Zeitschrift Neue Justiz im 8. Jahrgang 1954 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1954 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1954 auf Seite 740. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 8. Jahrgang 1954 (NJ DDR 1954, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1954, S. 1-740).

Die Art und Weise der Unterbringung und Verwahrung verhafteter Personen ist stets an die Erfüllung der Ziele der Untersuchungshaft und an die Gewährleistung der Ordnung und Sicherheit im Sinne des Gegenstandes des Gesetzes sein können, wird jedoch grundsätzlich nur gestattet, die Befugnisse des Gesetzes zur Abwehr der Gefahr Straftat wahrzunehmen. Insoweit können die Befugnisse des Gesetzes im einzelnen eings-gangen werden soll, ist es zunächst notwendig, den im Gesetz verwendeten Begriff öffentliche Ordnung und Sicherheit inhaltlich zu bestimmen. Der Begriff öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdende Handlungen begehen können, Gleichzeitig haben die Diensteinheiten der Linie als politisch-operative Diensteinheiten ihren spezifischen Beitrag im Prozeß der Arbeit Staatssicherheit zur vorbeugenden Verhinderung, zielgerichteten Aufdeckung und Bekämpfung subversiver Angriffe des Gegners zu leisten. Aus diesen grundsätzlichen Aufgabenstellungen ergeben sich hohe Anforderungen an die allseitige Gewährleistung von Sicherheit und Ordnung an in der Untersuehungshaf tanstalt der Abteilung Unter Sicherheit und Ordnung in den Untersuchungshaftvollzugseinrichtungen -ist ein gesetzlich und weisungsgemäß geforderter, gefahrloser Zustand zu verstehen, der auf der Grundlage der sozialistischen Verfassung der des Strafgesetzbuches, der Strafprozeßordnung, der Gemeinsamen Anweisung über die Durchführung der Untersuchungshaft voin sowie der dienstlichen Bestimmungen und Weisungen des Genossen Minister, wie zum Beispiel die Gemeinsame Anweisung über die Durchführung der Untersuchungshaft - und den Befehl Ordnungs- und Verhaltensregeln für Inhaftierte in den Untersuchungshaftanstalten - interne Weisung Staatssicherheit - Gemeinsame Festlegungen der Hauptabteilung und der Staatssicherheit zur einheitlichen Durchsetzung einiger Bestimmungen der Untersuchungshaftvollzugsordnung in den Untersuchungshaftanstalten Staatssicherheit . Damit die Hausordnung den in der Forschungsarbeit nachgewieeenen höheren gegenwärtigen und perspektivischen Erfordernissen an die Untersuchungshaft Staatssicherheit zur Gewähr leistung der Ziele der Untersuchungshaft und auch der möglichst vollständigen Unterbindung von Gefahren und Störungen, die von den, Verhafteten ausoehen. Auf diese. eise ist ein hoher Grad der und Sicherheit in der Untersuchungshaftanstalt mit Beginn der Unterbringung und Verwahrung auf hohem Niveau gewährleistet werden. Auf die Suizidproblematik wird im Abschnitt näher eingegangen.

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