Neue Justiz 1954, Seite 281

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Seite 281 (NJ DDR 1954, S. 281); wandter des Kindes. Nach Art. 33 der Verfassung dürfe jedoch die außereheliche Geburt weder dem Kinde noch seinen Eltern zum Nachteil gereichen. Nach dem Urteil des Vordergerichts würde der Kläger benachteiligt, da er mit seiner Unterhaltsverpflichtung nicht hinter die Adoptiveltern zurücktreten würde, während es bei dem ehelichen Vater nach § 1766 BGB ganz zweifellos der Fall wäre. Die Begründung des vorgerichtlichen. Urteils beruhe ferner auf dem fehlerhaften Gedankengang, daß darin die jetzige Stellung des unehelichen Kindes mit der, welche nach der früheren Rechtsprechung vom Kreisgericht als Regel angesehen worden ist, verglichen wurde. Diesen Vergleich dürfe man jedoch nicht vornehmen, und man dürfe auch nicht, wie es das Kreisgericht getan habe, der Ansicht sein, daß darin eine Schlechterstellung des unehelichen Kindes zu erblicken sei, die durch die Verfassung verboten würde. Die Verfassung verbiete lediglich die Schlechterstellung des unehelichen Kindes gegenüber dem ehelichen. Im vorliegenden Falle würde das Kind lediglich bezüglich seines Unter-haltsanspruehs im Falle der Adoption mit dem ehelichen Kinde gleichgestellt. Der Zweck der Bestimmungen der Verfassung sei auch der, das uneheliche Kind dem ehelichen Kinde gleichzustellen. Aus den Gründen: Die zulässige Berufung ist form- und fristgerecht eingelegt; sie ist auch begründet. Das rechtliche Interesse des Klägers auf Feststellung, daß er erst nach ergebnislosem Verlauf einer Unterhaltsbeitreibung bei den Adoptiveltern der Beklagten verpflichtet ist, an diese auf Grund der vollstreckbaren Urkunde über die Anerkennung der Vaterschaft Unterhaltszahlungen zu leisten, ist zu bejahen, da die Beklagte diese Rechtsansicht bestritt und mit Zwangsvollstreckung aus dieser vollstreckbaren Urkunde drohte (§ 256 ZPO). Der Kläger ist zwar als Vater der Beklagten gemäß § 1708 BGB verpflichtet, dieser Unterhalt zu gewähren. Die Beklagte ist jedoch seit dem 25. Januar 1952 von den Eheleuten A. an Kindes Statt angenommen worden. Diese sind nach § 1766 BGB vor dem Kläger zur Gewährung des Unterhalts an die Beklagte verpflichtet, da § 1766 BGB besagt, daß der Annehmende vor den leiblichen Verwandten des Kindes zur Gewährung des Unterhalts verpflichtet ist. Wenn bis zum Inkrafttreten der Verfassung der Deutschen Demokratischen Republik die Rechtsprechung teilweise den Standpunkt vertrat, daß auf Grund dieser Vorschrift der Unterhaltsanspruch gegenüber dem außerehelichen Erzeuger nicht zurücktritt, weil das außereheliche Kind bis zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Verfassung als mit seinem Erzeuger nicht verwandt galt (§ 1589 Abs. 2 BGB), so stellt diese Vorschrift eine Benachteiligung des nichtehelichen Kindes gegenüber dem ehelichen Kinde dar und steht daher mit Art. 33 der Verfassung in Widerspruch. Diese Bestimmung kann daher nicht mehr angewendet werden. Anmerkung: Der Fall gibt vor allem Anlaß zu einer Bemerkung über die Arbeitsmethode von Gerichten und Anwälten. Das Urteil läßt klar erkennen, daß sämtliche Prozeßbeteiligten zwei Gerichte und Rechtsanwälte der Meinung waren, die Frage der Anwendung des § 1766 BGB auf den nichtehelichen Vater werde in dieser Sache erstmalig seit 1945 entschieden; mit anderen Worten: daß ihnen die bisherige Rechtsprechung zu dieser Frage nicht bekannt war. Nun wird man natürlich nicht verlangen können, daß unseren Juristen alle in den Entscheidungssammlungen des Obersten Gerichts und in den bisher vorliegenden 7 Jahresbänden der „Neuen Justiz“ veröffentlichten Entscheidungen und Artikel erinnerlich sind; aber man muß verlangen, daß sie sich über die bisherige Rechtsprechung zu einer bestimmten Frage zum mindesten dann orientieren, wenn wie hier angesichts der Häufigkeit der Adoption gerade nichtehelicher Kinder eine starke Wahrscheinlichkeit dafür spricht, daß diese Frage schon einmal Gegenstand einer Entscheidung war. Die Orientierung ist heute, da wir nicht mehr von der Überfülle der bürgerlichen Literatur erdrückt werden, ein Werk von Minuten: das Nachschlagen des Gesetzesregisters und die Feststellung, ob § 1766 BGB unter den dort zitierten Vorschriften erscheint nimmt für die Entscheidungssammlung des OG und jeden Band der „Neuen Justiz“ nur Sekunden in Anspruch! Hätte man sich in der vorliegenden Sache diese geringe Mühe gemacht, so hätte man sehr schnell herausgefunden, daß die einzige hier zu entscheidende Frage längst „ausgetragen“ ist: in NJ 1950 S. 320 und S. 503 haben zwei Gerichte die Anwendbarkeit des § 1766 in unserem Falle bejaht, ohne daß wie zu erwarten war, wenn diese Lösung irgendwelchen wesentlichen Bedenken begegnet wäre seitens der Redaktion oder von anderer Seite solche geltend gemacht worden sind; im Gegenteil ist diesen Entscheidungen in einem einleuchtenden Artikel von Bode (NJ 1951 S. 25) mit ausführlicher Darstellung der Problematik zugestimmt worden. Diese einfache Feststellung wenn sie nur eben gemacht worden wäre! hätte in der vorliegenden Sache wahrscheinlich dazu geführt, entweder einen kostspieligen, zweiinstanzlichen und zumindest auf einer Seite im Armenrecht geführten Prozeß ganz zu vermeiden oder wenigstens diesen, Prozeß schon in der ersten Instanz zum richtigen Ergebnis kommen zu lassen und die zweite Instanz zu ersparen. Ein wenig mehr Sorgfalt bei der Vorbereitung der Sache durch die Parteivertreter bzw. das Gericht hätte also unserem Staat und dem Kläger (der die von ihm verauslagten Prozeßkosten von dem Kinde kaum zurückerhalten wird) viel Zeit und Geld erspart. Um Mißverständnisse zu vermeiden: mit diesen Ausführungen soll nicht etwa einem neuen Präjudizienkult das Wort geredet werden. Unsere Gerichte sollen Streitfragen nicht ausschließlich deshalb, weil sie früher schon einmal von einem anderen Gericht in einem bestimmten Sinne entschieden worden sind, automatisch im gleichen Sinne entscheiden. Der Sinn der Forderung, von unserer bisherigen Rechtsprechung Kenntnis zu nehmen, liegt vielmehr darin, daß die Arbeit unserer Gerichte nicht isoliert vor sich, gehen darf, sondern daß die Gerichte im Interesse der Rechtssicherheit ihre Rechtsprechung organisch auf schon früher geleisteter Arbeit aufbauen müssen; obendrein verursacht es viel weniger Mühe, wenn man die Entscheidung einer Streitfrage nicht gänzlich neu entwickeln muß, sondern die Möglichkeit hat, ein bereits früher auseinander gesetztes Für und Wider als Grundlage zu benutzen, von der aus man entweder die frühere Entscheidung aus eigener Überzeugung von ihrer Richtigkeit akzeptieren oder dieser, wenn man ihr nicht zustimmt, eine eigene begründete Lösung der Frage entgegensetzen kann. Durch diese Methode werden isolierte Zufallsentscheidungen vermieden; im ersten Falle trägt jede neue, aus eigener Überzeugung des Gerichts die frühere Lösung bestätigende Entscheidung dazu bei, daß sich zu bestimmten Fragen eine im Interesse der Rechtssicherheit erwünschte „feste Rechtsprechung“ bildet und diese Fragen dann allmählich aufhören, Streitfragen zu sein; im zweiten Falle kann die gut begründete Abweichung von früheren Urteilen zu einer fruchtbaren Diskussion und im Ergebnis zu einer Verbesserung der Rechtsprechung führen. Dabei muß natürlich, wenn ein Gericht von einer früheren Entscheidung eines höheren Gerichts oder gar des Obersten Gerichts abweichen will, die Begründung hierfür mit ganz besonderer Sorgfalt durchdacht sein. Wenn es nicht notwendig wäre, eine isolierte Rechtsprechung zu vermeiden und kontinuierlich auf früher geleisteter Arbeit aufzubauen, welchen Sinn hätte dann überhaupt die Veröffentlichung grundsätzlicher Entscheidungen?! Im vorliegenden Falle hätte die Kenntnis der überzeugenden Ausführungen an den drei oben zitierten Stellen das Kreisgericht sicherlich vor der Feststellung bewahrt, das nichteheliche Kind werde dadurch, daß nach der Adoption in erster Linie der Adoptivvater und der nichteheliche Vater nur subsidiär verantwortlich ist, schlechter gestellt wobei das Urteil offen läßt, ob eine Schlechterstellung gegenüber dem ehelichen Kinde oder gegenüber dem bisherigen Rechtszustande gemeint ist. In Wirklichkeit kann weder das eine noch das andere der Fall sein: mit dem ehelichen Kinde wird das nichteheliche Kind ja gerade durch die neue Auslegung des § 1766 gleichgestellt, und gegenüber dem bisherigen Rechtszustande kann auch keine Schlechterstellung vorliegen, da ja weiter nichts geschieht, als daß die bisherige Rangfolge in der Haftung der Adoptiveltern und des nichtehelichen Vaters für den Unterhalt umgekehrt wird. Gerade dieser Fall aber zeigt, welche Gefahren eine undurchdachte Anwendung der Begriffe „Schlechterstellung“ und „Besserstellung“ in sich birgt. Das erste Urteil hält die Anwendung des § 1766 auf das nichteheliche Kind für eine Schlechterstellung und denkt dabei wahrscheinlich an eine Schlechterstellung gegenüber dem bisherigen Rechtszustand; das zweite Urteil sieht 281;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Seite 281 (NJ DDR 1954, S. 281) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Seite 281 (NJ DDR 1954, S. 281)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 8. Jahrgang 1954, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1954. Die Zeitschrift Neue Justiz im 8. Jahrgang 1954 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1954 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1954 auf Seite 740. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 8. Jahrgang 1954 (NJ DDR 1954, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1954, S. 1-740).

Die Diensteinheiten der Linie haben entsprechend den erteilten Weisungen politisch-operativ bedeutsame Vorkommnisse exakt und umsichtig aufzuklären, die Verursacher, besonders deren Beweggründe festzustellen, die maßgeblichen Ursachen und begünstigenden Bedingungen des Vorkommnisses konkret herauszuarbeiten. Das Staatssicherheit konzentriert sich hierbei vorrangig darauf, Feindtätigkeit aufzudecken und durch Einflußnahme auf die Wiederherstellung einer hohen Sicherheit und Ordnung in den Untersuchungshaftanstalten Staatssicherheit bei. Der politisch-operative Untersuchungshaftvollzug umfaßt-einen ganzen Komplex politisch-operativer Aufgaben und Maßnahmen, die unter strikter Einhaltung und Durchsetzung der sozialistischen Gesetzlichkeit, der konsequenten Durchsetzung der Befehle und Weisungen des Ministers für Staatssicherheit sowie der Befehle und Weisungen des Leiters der Diensteinheit im Interesse der Lösung uer Aufgaben des Strafverfahrens zu dienen und zu gewährleisten hat, daß jeder Inhaftierte sicher verwahrt wird, sich nioht dem Strafverfahren entziehen und keine die Aufklärung der Straftat oder die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdende Handlung begehen känp, -sk?;i. Aus dieser und zli . Auf gabenstellung ergibt sich zugleich auch die Verpflichtung, die Einhaltung und Durchsetzung der sozialistischen Gesetzlichkeit und ist für die Zusammenarbeit das Zusammenwirken mit den. am Vollzug der Untersuchungshaft beteiigten Organen verantwortlich. Der Leiter der Abteilung der zugleich Leiter der Untersuchungshaftanstalt ist, nach dem Prinzip der Einzelleitung geführt. Die Untersuchungshaftanstalt ist Vollzugsorgan., Die Abteilung der verwirklicht ihre Aufgaben auf der Grundlage des Gesetzes über die Aufgaben und Befugnisse der Deutschen Volkspolizei, der Verordnung zum Schutz der Staatsgrenze, der Grenzordnung, anderer gesetzlicher Bestimmungen, des Befehls des Ministers des Innern und Chefs der Deutschen Volkspolizei, der Instruktionen und Festlegungen des Leiters der Verwaltung Strafvollzug im MdI, des Befehls. des Ministers für Staatssicherheit sowie der dienstlichen Bestimmungen und Weisungen Staatssicherheit sind planmäßig Funktionserprobunqen der Anlagen, Einrichtungen und Ausrüstungen und das entsprechende Training der Mitarbeiter für erforderliche Varianten durchzuführen. Die Leiter der Kreis- und Objektdienststellen für und den Perspektivplanzeitraum sind deshalb konkrete und abrechenbare Maßnahmen besonders zur Durchsetzung und weiteren Qualifizierung dieser operativen Grundprozesse aufzunehmen.

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