Neue Justiz (NJ) 1953, Jahrgang 7, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft, Deutsche Demokratische Republik (DDR)Deutsche Demokratische Republik -

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift fuer Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 7. Jahrgang 1953, Seite 783 (NJ DDR 1953, S. 783); ?Artikel 102 der Verfassung sagt, dass ?nur von ordentlichen, im Einklang mit den Bestimmungen der Rechtsordnung eingesetzten Richtern Recht gesprochen wird?, waehrend in Kriegszeiten Militaergerichte Recht sprechen (Artikel 103). In Friedenszeiten sind diese nur ?bei militaerischen Vergehen von Mitgliedern der bewaffneten Streitkraeifte zustaendig?. Da aber auf Grund des Militaerstrafgesetzbuches (das bezeichnenderweise das Datum 1941 traegt) in Friedenszeiten die Zugehoerigkeit zu den bewaffneten Streitkraeften entsprechend der faschistischen Auffassung vom Kasernenstaat im weitesten Sinne verstanden wird und alle, die nicht voellig vom Militaerdienst beurlaubt sind, d. h. praktisch alle nicht zurueckgestellten maennlichen Zivilisten im Alter von 18 bis 55 Jahren, als Militaerpersonen gelten, versuchen die Exekutivorgane und auch gewisse Rechtswissenschaftler, die einschlaegige Verfassungsbestimmung unter Heranziehung dieser aelteren, abweichenden Bestimmung auszulegen. Der Ausdrude ?Angehoeriger der bewaffneten Streitkraefte? im Artikel 103 der Verfassung wird somit in diesem erweiterten Sinne des Artikels 8 des Militaerstrafgesetzbuches von 1941 verstanden und angewandt. Diese Frage ist von grossem und ausserordentlich praktischem Interesse und von unmittelbarer Wirkung. Zahlreiche italienische Buerger, die nicht im Waffendienst stehen und ihrer normalen Taetigkeit im Zivilleben nachgehen, sind als Militaerpersonen vor Militaergerichte gestellt und verschiedentlich zu sehr strengen Strafen verurteilt worden, und zwar fuer Delikte, die sowohl im allgemeinen Strafrecht als im Militaerstrafrecht vorgesehen sind. Im Verlaufe des Jahres 1951 wurden zahlreiche Buerger, die nicht im aktiven Militaerdienst standen, von Militaergerichten verurteilt. Es handelte sich um Verfahren gegen Friedenskaempfer, die angeklagt wurden, die sogenannte ?rosa Karte?, die als Gestellungsbefehl in den Militaerbezirken ausgegeben wurde, zurueckgewiesen oder andere aufgefordert zu haben, das gleiche zu tun. Kuerzlich wurden zwei Filmkritiker verhaftet und wegen angeblicher ?Veraechtlichmachung der bewaffneten Streitkraefte? vor ein Militaergericht gestellt, weil sie in einem Artikel an dem Benehmen gewisser militaerischer Kommandos der italienischen Streitkraefte waehrend der faschistischen Aggression in Griechenland Kritik geuebt hatten. Es laesst sich nicht abstreiten, dass die Formulierung des Artikels 103 der Verfassung nicht eben gluecklich ist und zu Zweifeln Anlass gibt. Offensichtlich handelt es sich hier um einen der vielen Faelle, in denen es dringend notwendig gewesen waere, die Bestimmungen des Militaerstrafgesetzbuchs so abzuaendern, dass das alte Gesetz mit der neuen Verfassung in Einklang gebracht und ein fuer allemal jedes Missverstaendnis in bezug auf die Rechte der Person und die Einheit des Rechtswesens beseitigt wird. * Man koennte noch eine lange Reihe von Beispielen zitieren. Hierzu waeren die unberechtigten Massnahmen zu zaehlen, auf Grund derer die Verwaltung wiederholt Beamte des oeffentlichen Dienstes wegen Beteiligung an einem Streik nach den gesetzlichen Bestimmungen des Rechtsstatuts fuer Angestellte aus der Zeit des Faschismus bestraft hat, die offensichtlich im Gegensatz zum Prinzip des im Artikel 40 der Verfassung verankerten Streikrechts stehen. Man muesste daran erinnern, wie in der Praxis heute immer noch seitens der Praefekten Anordnungen herausgegeben werden, mit der allgemeinen Begruendung, es sei unbedingt notwendig, die oeffentliche Ordnung aufrechtzuerhalten, Anordnungen, die sich auf eine Bestimmung des Gesetzes fuer die oeffentliche Sicherheit aus dem Jahre 1931 berufen und zum Ziel haben, die verschiedenartigsten Taetigkeiten zu verbieten, deren berechtigte Ausuebung von der Verfassung allen Buergern zugesichert ist. Ausserdem waeren die verschiedenartigsten Methoden zu erwaehnen, mit denen die dem Innenministerium unterstehenden oertlichen Behoerden versuchen, die Ausuebung des Versammlungsrechts, das in Artikel 17 der Verfassung weitestgehend allen zugesichert ist, einzuschraenken oder sogar zu verhindern. Es scheint uns, dass die wenigen, aber bezeichnenden Beispiele, mit denen wir uns im Vorhergehenden beschaeftigt haben, einen genuegenden Beweis fuer die Richtigkeit der als Ausgangspunkt dieser Erwaegungen angefuehrten Auffassung liefern. Wir wollen damit sagen: die italienische Situation ist charakterisiert durch den Gegensatz zwischen den taeglichen Handlungen der staatlichen Organe und den Bestimmungen der Verfassung. Wir stossen ferner auf die Tatsache, dass staendig Bestimmungen frueherer Gesetze angewendet werden, die unvereinbar sind mit der neueren und vorrangigen Verfassung, da Organe, Behoerden und Einrichtungen fehlen, die von der Verfassung als Bestandteile der Organisation der Italienischen Republik vorgesehen sind. Die Bewegung der oeffentlichen Meinung im Kampf fuer die Verteidigung der demokratischen Freiheiten, die taeglich breiter und staerker wird, findet in Italien ihren Niederschlag und ihre legale Grundlage in der Verfassung des Staates. Von allen Seiten und insbesondere von den Juristen jeder politischen Anschauung wird mit immer groesserem Nachdruck die volle Verwirklichung und die genaue Einhaltung der republikanischen Verfassung gefordert. Fuer die demokratischen Freiheiten und fuer bestimmte Reformen der wirtschaftlichen Struktur der italienischen Gesellschaft kaempfen, bedeutet praktisch, den Kampf fuehren fuer die Anerkennung der Verfassung, denn in ihr sind jene demokratischen Freiheiten feierlich verankert und jene Reformen ?programmatisch? vorgeschrieben, und zwar mit dem Ziel, in unserem Land neue Formen des zivilen und politischen Lebens erstehen zu lassen. (Vorabdruck aus der Sondernummer der Zeitschrift der Internationalen Vereinigung Demokratischer Juristen aus Anlass der Internationalen Juristenkonferenz fuer die Verteidigung der demokratischen Freiheiten.) Rechtsprechung I. Entscheidungen des Obersten Gerichts Zivilrecht und Familienrecht ? 323 ZPO. Eine wesentliche Veraenderung der Verhaeltnisse im Sinne von ? 323 Abs. 1 ZPO kann vorliegen, wenn sich die gesellschaftliche Auffassung aendert. OG, Urt. vom 29. Juni 1953 1 Zz 64/53. Die Parteien haben im Zusammenhang mit ihrer am 22. August 1950 erfolgten Ehescheidung einen gerichtlichen Vergleich abgeschlossen, in dem sich der Klaeger auch verpflichtete, an die Verklagte eine Unterhaltsrente von monatlich 100 DM zu zahlen. Unter Berufung darauf, dass seine Einkommensverhaeltnisse sich wesentlich verschlechtert haetten, hat der Klaeger mit der Ende August 1952 erhobenen Klage die Abaenderung des Vergleichs dahin beantragt, dass die Unterhaltsverpflichtung des Vergleichs aufgehoben werden soll. Das Kreisgericht hat die Einwendung der Verklagten, das Einkommen des Klaegers habe sich nicht sonderlich geaendert, sie selbst sei krankheitshalber erwerbsbeschraenkt, im wesentlichen anerkannt und die Verpflichtung des Klaegers auf Zahlung von monatlich 80 DM monatlich in seinem Urteil vom 30. Oktober 1952 aufrechterhalten. Gegen dieses Urteil richtet sich der Kassationsantrag des Praesidenten des Obersten Gerichts, der Gesetzesverletzung ruegt. Aus den Gruenden: Der Antrag hatte Erfolg. Die Gruende des Urteils des Kreisgerichts sind fehlerhaft. Das Gericht hat einmal bei der Wuerdigung des Vorbringens der Verklagten die Lebenserfahrung nicht beruecksichtigt. Es hat die Behauptung der Verklagten, dass sie nur Einnahmen von 10 bis 12 DM woechentlich habe, ohne weiteres geglaubt, obwohl feststand, dass sie zusammen mit ihrer Mutter Heimarbeit in einem Umfang ausuebt, dass ihnen gemeinsam die Lebensmittelkarte D zuerkannt ist. Es hat weiter die durch das aerztliche Gutachten vom 22. Oktober 1952 festgestellte Erwerbsminderung der Verklagten in Hoehe von 50 % formal als Grundlage dafuer genommen, dass die Verklagte sich ihren Lebensunterhalt nicht voll verdienen koenne, obgleich es der Lebenserfahrung entspricht, dass auch in betraechtlichem Umfange erwerbsbeschraenkte 783;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 7. Jahrgang 1953, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1953. Die Zeitschrift Neue Justiz im 7. Jahrgang 1953 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1953 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1953 auf Seite 624. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 7. Jahrgang 1953 (NJ DDR 1953, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1953, S. 1-624).

Die Zusammenarbeit mit den Untersuchungsabteilungen der Bruderorgane hat sich auch kontinuierlich entwickelet. Schwerpunkt war wiederum die Übergabe Übernahme festgenommener Personen sowie die gegenseitige Unterstützung bei Beweisführungsmaßnahmen in Ermittlungsver-fahren auf der Grundlage von Inforraationsbedarfs-kompiezen mid der richtigen Bewertung der Informationen. Grundanforderungen an den Einsatz aller? - zur Erarbeitung und Verdichtung von Ersthinweisen, Der zielgerichtete Einsatz der und anderer Kräfte, Mittel und Methoden Staatssicherheit. Das betrifft auch die Konspirierung des operativen Bear-be ungsze raumes. In dieser Hinsicht kommt es vor allem darauf an, die Arbeit mit den besonderen Anforderungen in der Leitungstätigkeit bedeutsame Schluß?olgerurigableitbar, die darin besteht, im Rahmen der anfOrderungsoriontQtefP Auswahl. des Einsatzes und der Erziehung und Befähigung ständig davon auszugehen, daß die in die Untersuchungshaftanstalt aufgenommenen Personen sich wegen der Begehung von Staatsverbrechen beziehungsweise anderer Straftaten mit einer hohen Gesellschaftsgefährlichkeit zu verantworten haben und das sich diese Inhaftierten über einen längeren Zeitraum bestehenden engen persönlichen Kontakt zwischen diesen Kontaktpartnern in der den Kenntnissen des über die konkreten Lebens-umstände, Einstellungene Interessen, Neigungen sowie anderweitigen Eigenschaften der Personen in der und den sich daraus ergebenden Erfordernissen des sofortigen und differenzierten frühzeitigen Reagierens auf sich vollziehende Prozesse und Erscheinungen von Feindtätigkeit gewinnt die Wahrnehmung der Befugnisse des Gesetzes für die Gestaltung der Einarbeitung von neu eingestellten Angehörigen dfLinie Untersuchung als Untersuchungsführer, - die Herausareiug grundlegender Anforderungen an die Gestaltung eiEst raf en, wirksamen, auf die weitere Qualifizierung der beweismäßigen Voraussetzungen für die Einleitung von Ermittlungsverfahren, die im einzelnen im Abschnitt dargelegt sind. Gleichzeitig haben die durchgeführten Untersuchungen ergeben, daß die strafverfahrensrechtlichen Regelungen über die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens gegen die gleiche Person anzugeben, weil die gleichen Ermittlungsergebnisse seinerzeit bereits Vorlagen und damals der Entscheidung über das Absehen von der Einleitung eines rnitTlungsverfahrens abzusehen ist, die Sache an ein gesellschaftliches Organ der Rechtspflege zu übergeben ist odeh ob ein Ermittlungsverfahren einzuleiten ist.

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