Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1953, Seite 197

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 7. Jahrgang 1953, Seite 197 (NJ DDR 1953, S. 197); u. a. stützte man sich sogar auf das Prinzip der persönlichen Freiheit des Menschen. Die Einwendungen der Gegner der Vorlage waren zu einem großen Teil dadurch gekennzeichnet, daß sie ebenfalls Vorgaben, das Interesse der Arbeiter wahrnehmen zu müssen. So spielte die angeblich von der beabsichtigten Regelung bedrohte Kreditfähigkeit, die doch gerade für den Fall der Krankheit so notwendig sei, immer wieder eine große Rolle. Das Gesetz fördere die Unmoral, denn es verleite zu sorglosem Schuldenmachen. Und schließlich bedeute es eine unzulässige Bevormundung des Arbeiters, der unter ein „jus singulare“, unter Sonderrecht, gestellt werde. Gegner der Vorlage waren offenbar kleine Industrielle, die selbst durch Gewährung von Vorschüssen die Ausbeutung ihrer Arbeiter verstärkten. Schließlich wurde auf eine enorme Gefährdung des Steuereinkommens hingewiesen: die durch das Gesetz Betroffenen stellten 65% bis 70% der klassensteuerpflichtigen Bevölkerung Preußens, die jährlich 2 500 000 Thaler Steuern zahlten, während bei einer Pfändung nach dem Gesetz nur noch 200 Thaler zu erwarten seien. Aber auch dieser Trumpf stach nicht, das Gesetz wurde mit großer Mehrheit angenommen. Es brachte einen Pfändungsschutz für den Arbeitslohn bis zur Höhe von jährlich 400 Tha-lern. Damit war die Reproduktion der Arbeitskraft auch im Falle der Lohnpfändung allerdings unter sehr drückenden Bedingungen sichergestellt. Die ersten Änderungen brachte die ZPO von 1877: Der pfändungsfreie Betrag wurde von 1200 auf 1500 Mark erhöht und die Pfändung von Unterhaltsansprüchen der Ehegatten und der ehelichen Kinder unbeschränkt für zulässig erklärt. Die bürgerlichen Kommentare messen dieser Änderung nur juristische Bedeutung bei, da doch der Unterhalt kraft Gesetzes durch die Höhe des Einkommens bestimmt werde und der Schuldner bei Verschlechterung seiner Lage berechtigt sei, gemäß §§ 323, 767 ZPO Abänderung zu begehren. Tatsächlich handelte es sich aber um die Interessen des Gesamtkapitalisten Staat. Die außerordentlich weitgehende Pfändbarkeit des Arbeitseinkommens für Unterhaltsansprüche im bürgerlichen Staat entspringt nicht etwa der Sorge um die Unterhaltsgläubiger, sondern sie hat ihre Ursache in den Interessen des Gesamtkapitalisten Staat, der sich vor der Verpflichtung, die nicht versorgten Unterhaltsgläubiger aus öffentlichen Mitteln zu unterstützen, schützen will. (Das kommt auch im Tatbestand des § 170 b StGB zum Ausdruck, der die Verletzung der Unterhaltspflicht mit Gefängnis bedroht, wenn der Unterhaltsberechtigte öffentliche Hilfe in Anspruch nehmen muß.) Schon bei der 3. Lesung des Gesetzes von 1869 hatte Lasker allerdings ohne Erfolg eine entsprechende Änderung der Vorlage beantragt und dazu ausgeführt: „Übrigens will dieser Antrag eigentlich nur den Gemeinde- und Armenverbänden eine Last abnehmen, für welche sie sonst aufkommen müssen. Soweit es sich um die Erhaltung gewisser Menschen handelt, welche sonst kein Einkommen haben, müssen die Gemeinde- und Armenverbände ein-treten; auf diejenigen aber, zu deren Gunsten es auf eine Belohnung einer verwerflichen Tat abgesehen ist, brauchen wir in diesem Gesetz keine Rücksicht zu nehmen.“5) Das weitere Anwachsen des Proletariats seit 1869 hatte eine entsprechende Erweiterung der Fürsorgeleistungen des Staates zur Folge. Hinzu kam die zeitweilig größere Arbeitslosigkeit infolge des Gründerkrachs. Der Staat suchte sich folglich durch entsprechende Änderungen der Bestimmungen über die Lohnpfändung zu entlasten. Auf gleiche Ursachen dürfte auch die Änderung 1897 (Gesetz vom 29. März 1897) zurückzuführen sein, durch die der Katalog der Unterhaltsberechtigten, zu deren Gunsten eine erweiterte Pfändung zulässig ist, auf den früheren Ehegatten und die unehelichen Kinder ausgedehnt wurde. Die Änderungen der Jahre 1877 und 1897 zeigen deutlich, daß die Erweiterung der Pfändungsmöglichkeiten zugunsten von Unterhaltsberechtigten in unmittelbarem Zusammenhang steht mit der beabsichtigten Einschränkung der Fürsorgeleistungen. Dabei wird die Entwick- 5) Stenographische Berichte des Reichstages des Norddeutschen Bundes 1869. lung der Gesetzgebung in diesem Punkte offensichtlich bereits bestimmt durch die besonderen ökonomischen Bedingungen des Imperialismus, unter denen die herrschende Klasse in immer stärkerem Maße das Problem zu lösen hat, die ständig wachsende Reservearmee der Arbeitslosen zu unterhalten. Unter diesen Umständen ändern sich auch die maßgebenden Faktoren bei der Bestimmung der Sicherung der Arbeitsproduktivität, denn die stärker werdende Konkurrenz unter den Arbeitern erleichtert es jetzt den Unternehmern, solche Arbeiter, die aus irgendwelchen persönlichen Gründen ausfallen, durch geeignete andere zu ersetzen. Es ist interessant, auf der anderen Seite festzustellen, daß gerade in der Periode der relativen Stabilisierung des Kapitalismus dieser Faktor der größeren Konkurrenz unter den Arbeitern weitgehend ausgeschaltet ist, was zur Folge hat, daß durch die Verordnung vom 27. Februar 1928 der monatliche pfändungsfreie Betrag auf die außergewöhnliche Höhe von 195, Mark festgesetzt wird. Doch schon am 14. Juni 1932, also in offensichtlicher Auswirkung der Weltwirtschaftskrise, wird dieser Betrag wieder auf 165, Mark herabgesetzt. Auch das Gesetz vom 24. Oktober 1934, das also schon unter dem faschistischen Regime erlassen wird, zeigt noch die Auswirkungen der Krise, die gesetzgeberisch erst sehr spät in Erscheinung treten. Aber die Regelungen dieses Gesetzes gehen auf Bestreben zurück, die schon 1931 in dem Entwurf einer ZPO vorgesehen waren und die sich damit als unmittelbare Reflexwirkungen der Weltwirtschaftskrise dokumentieren. Das Gesetz von 1934 bestimmt einmal die Ausdehnung des Lohnpfändungsschutzes auf eine Anzahl von Berufen, die der Krise weitgehend zum Opfer gefallen waren: Ärzte, Agenten, Künstler, Rechtsanwälte, Schriftsteller und ähnliche Berufe. (Hier zeigt es sich deutlich, daß in der Periode des Imperialismus viele Angehörige des Bürgertums in das Proletariat hinabgestoßen werden.) Im Interesse der Pfändungsgläubiger enthält das Gesetz Bestimmungen gegen Lohnschiebungen. Auch die hiervon betroffenen Pfändungsschuldner sind zweifellos Angehörige der bürgerlichen Klasse, die in das Proletariat hinabgestoßen worden sind. Der pfändungsfreie Betrag wird von 165 auf 150 Mark monatlich herabgesetzt. Zur Erklärung dieser abermaligen Herabsetzung kann auf die obigen Ausführungen verwiesen werden. Doch ist noch ein anderer Gesichtspunkt zu erwähnen: Schon seit Jahrzehnten waren es nicht mehr jene kleinen Krämer, die wegen ihrer Kredite und Kaufpreisforderungen in die Lohnansprüche vollstreckten. ‘ Inzwischen waren große Monopole entstanden, die Lebensmittel und Gebrauchsgegenstände an die Konsumenten lieferten. Und je stärker unter den Auswirkungen der allgemeinen Krise die Konkurrenz wurde, um so mehr mußte man sich um den Käufer bemühen. Abzahlungsgeschäfte unter Eigentumsvorbehalt wurden in umfangreichem Maße getätigt, und die Frage der Pfändbarkeit des Arbeitslohnes war eine Frage der „Bonität“ der hieraus resultierenden Forderungen geworden. Diese Gläubiger werden gemeint sein, wenn Jonas6) schreibt: „Es ist damit den teilweise allerdings erheblich weitergehenden Wünschen der Wirtschaft im gewissen Umfange Rechnung getragen worden.“ Wenn das Gesetz selbst auch keine weiteren Bestimmungen zugunsten der Unterhaltsgläubiger um abermals den Staat von seinen Fürsorgeleistungen zu entlasten bringt, so ist es doch nicht verwunderlich, daß sich die imperialistische Rechtslehre dafür ausspricht. Recke7 *) schreibt hierzu: „ es dürfte also dem Willen des Gesetzgebers entsprechen, die bisher von der Rechtsprechung für das .Notdürftige' bestimmten Sätze ebenfalls entsprechend, d. h. um 10% herabzusetzen.“ Die weitere Gesetzgebung ist bestimmt durch die politischen Ziele einer imperialistischen Regierung, wobei die Besonderheiten des deutschen Faschismus in Erscheinung treten. Die bevölkerungspolitischen Absichten führen zur Verordnung vom 7. April 1938. Der einzige Artikel dieser Verordnung bestimmt, daß das Vollstreckungsgericht den pfändbaren Teil der Bezüge 6) Jonas, „Das Gesetz zur Änderung der Vorschriften über die Zwangsvollstreckung vom 24. Oktober 1934“, in DJ 1934 S. 1340. 7) Recke, „Das neue Recht der Lohn- und Gehaltspfändung“, in JW 1935 S. 325. 197;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 7. Jahrgang 1953, Seite 197 (NJ DDR 1953, S. 197) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 7. Jahrgang 1953, Seite 197 (NJ DDR 1953, S. 197)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 7. Jahrgang 1953, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1953. Die Zeitschrift Neue Justiz im 7. Jahrgang 1953 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1953 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1953 auf Seite 624. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 7. Jahrgang 1953 (NJ DDR 1953, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1953, S. 1-624).

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