Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1949, Seite 261

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland, Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 3. Jahrgang 1949, Seite 261 (NJ SBZ Dtl. DDR 1949, S. 261); ten und zur Vorlegung an das Eichamt bestimmten Thermometern in der Absicht entfernt hat, sie im Schwarzhandel umzusetzen, so hat er durch diese Handlung den ersten Schritt getan, die Thermometer pflichtwidrig der vorgeschriebenen Prüfung und Eichung zu entziehen. Es liegt daher insofern nicht mehr eine straflose Vorbereitungshandlung, sondern bereits ein strafbarer Versuch vor. Infolge der bisher unzureichenden Aufklärung des Sachverhalts in dieser Richtung kann der Senat nicht von sich aus mit Bestimmtheit feststellen, ob der Angeklagte als Hersteller im Sinn des § 14 Abs. 3 MGG anzusehen ist. Das Landgericht wird daher diese fehlende Feststellung nachzuholen und den Sachverhalt gegebenenfalls nach den hier aufgezeigten Richtlinien zu beurteilen haben. Die Tat des Angeklagten stellt weiterhin auch ein versuchtes Beiseiteschaffen der Thermometer im Sinne des § 1 Abs. 1 Ziffer 2 und 3 Abs. 2 WStVO, §§ 2 Abs. 2, 43 StGB dar. Die KWVO und die WStVO bestrafen unter anderem denjenigen, der die Versorgung der Bevölkerung mit lebenswichtigen Erzeugnissen bzw. die Wirtschaftsplanung gefährdet. Der Begriff des Beiseiteschaffens im Sinne der Wirtschaftsstrafgesetze entfernt sich insofern sinngemäß von dem Begriffe der Wegnahme im Sinne der Strafbestimmungen gegen den Diebstahl und 'ist mit dem Herausziehen oder Abzweigen der Güter aus dem ordentlichen Wirtschaftsgange bereits erfüllt. Daher genügt zum Versuch eines Wirtschaftsvergehens im Sinne des § 1 KWVO bzw. § 1 WStVO beispielsweise bereits das Zurechtlegen oder sonstige Aussondem und Vorbereiten der Schieberwaren, das Fahren mit Schieberware zum Tatort usw., kurzum eine Handlung, die den Anfang der Abzweigung der versorgungswichtigen Erzeugnisse aus dem ordnungsmäßigen Wirtschaftsgang enthält. Diese Abzweigung kann auf verschiedene Weise ausgeführt und zum Abschluß gebracht werden. Im vorliegenden Fall sollte sie durch Absatz auf dem schwarzen Markt, also durch unbefugtes Inverkehrbringen erfolgen. Hier beginnt das Tatbestandsmerkmal des Abzwedgens weit früher als die erste Ausführungshandlung des Inverkehrbringens, und zwar bereits mit dem „Zurechtmachen der Fieberthermometer für den schwarzen Markt“ in Form des Abwischens der Herstellerzeichen, während das Inverkehrbringen erst durch Verkaufsangebote, Verpackung für den Versand und dgl. in Erscheinung tritt. Aus diesem Grunde stellt das Abwischen der Herstellerzeichen zwar nur eine straflose Vorbereitungshandlung zum Vergehen nach § 14 Abs. 1 des Maß- und Gewichtsgesetzes dar, jedoch bereits einen strafbaren Versuch zum Vergehen nach § 1 Abs. 1 Ziffer 2 und 3, Abs. 2 WStVO. Abgesehen von dieser tatbestandsmäßigen Schlußfolgerung muß die Grenze zwischen der straflosen Vorbereitungshandlung und dem strafbaren Versuch bei Wirtschaftsvergehen schon aus allgemeinen Erwägungen viel weiter in das Gebiet der auf den Erfolg zusteuernden Tätigkeit zurückverlegt werden, als dies bei Straftaten gegen individuelle Rechtsgüter der Fall ist. Die Rechtsgüter der Allgemeinheit sind bei unzureichendem Schutz weit zahlreicheren und verschiedenartigeren Angriffen ausgesetzt als die individuellen Rechtsgüter, über die ihr Träger sorgsam wacht, und deren Gefährdung er regelmäßig alsbald mit Nachdruck entgegenzutreten in der Lage ist. Daher müssen diese Angriffe soweit als möglich in dem Vorfeld der sonst als straflos angesehenen vorbereitenden Handlungen abgefangen werden, und es rechtfertigt sich auch aus diesem Gesichtspunkte, bereits in der Entfernung der Herstellerzeichen von den Fieberthermometern zum Zwecke des Absatzes der Thermometer auf dem schwarzen Markt den Beginn eines unmittelbaren Angriffs auf die Versorgung der Bevölkerung und damit den Anfang der Ausführung der Herausnahme der Thermometer aus dem ordentlichen Wirtschaftsgang des Beiseiteschaffens zu erblicken (vgl. hierzu auch die Ausführungen von Hirschfeld im Maiheft der „Neuen Justiz“ 3. Jahrgang 1949 S. 112 über die analog liegende Frage des „Beziehers“ von bezugsbeschränkter Ware im Sinne der Wirtschaftsgesetze). Obwohl die Tat im April 1948 begangen worden ist, muß im Hinblick auf die Vorschrift des § 2 Abs. 2 StGB die WStVO vor der KWVO zum Zuge kommen, da sie, auf den konkreten Fall bezogen, das mildere Gesetz darstellt. § 1 Abs. 1 u. 3 KWVO, KG 50. Die Bewirtschaftung bezugsbeschränkter Erzeugnisse, die ein Unternehmen für die Ausführung einer im Interesse der Allgemeinheit stehenden Aufgabe empfangen hat, erlischt nicht mit der formellen Übernahme dieser Güter durch die Werksleitung, sondern dauert bis.zu deren bestimmungsmäßigen Verbrauch an. Zu dem Täterkreis des KG 50 gehören auch diejenigen Personen, die in irgendeiner Weise beruflich oder auf Grund eines Auftrages oder Treueverhältnisses bewirtschaftete Waren für ein Unternehmen, das im Dienste der Allgemeinheit arbeitet, empfangen, verwalten oder dem bestimmungsmäßigen Verbrauch zuführen. OLG Gera, Urteil vom 22. Juni 1949 3 Ss 191/49. Nach den Feststellungen des angefochtenen Urteils hat der Angeklagte T. als Prokurist eines volkseigenen Betriebes im November 1947 einen an diese Firma gelieferten Waggon mit 300 Zentnern Zement, die nicht bestellt waren und auch nicht im Augenblick benötigt wurden, im Einvernehmen mit dem mitangeklagten Werksleiter H. in der Weise an unberechtigte Personen umgeleitet, daß er 100 Zentner für den Ausbau seines zerbombten Hauses an seinen Baumeister We. geliefert und die restlichen 200 Zentner dem mitangeklagten Buchhalter der Firma R. zur Verfügung gestellt hat. Dieser hat den Zement an den Baumeister Wo. gegen ein Entgelt von 4 Zentnern Kartoffeln, einem halben Zentner Weizen und 10 Eiern weitergeleitet. R. hat ferner Waschmaschinen, die er für seine nebenberuflichen Arbeiten bei der Firma P. erhalten hatte, an Landwirte ohne Bezugsberechtigung abgegeben. Das Landgericht hat beide Angeklagten wegen Verbrechens nach § 1 KWVO zu je 3 Monaten Gefängnis, ' R. außerdem wegen Vergehens nach § 2 Ziffer 1 VRStVO zu 100, DM Geldstrafe, hilfsweise 10 Tagen Haft, unter Anrechnung der erlittenen Untersuchungshaft verurteilt. Da die Revision Verletzung materiellen Rechts rügt, war die gesamte Rechtsanwendung nachzuprüfen. Die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 KWVO hat das Landgericht irrtumsfrei festgestellt. Es hat jedoch unterlassen die Frage zu prüfen, ob die Angeklagten in Bereicherungsabsicht gehandelt haben (§ 1 Abs. 3 KWVO), was nach den bisherigen Feststellungen anzunehmen ist, aber in der neuen Hauptverhandlung noch überprüft werden muß und ob die Voraussetzungen des KG 50 vorliegen. Was die zweite Frage anbetrifft, so unterlag der Zement im Zeitpunkt des Beiseiteschaffens durch die Angeklagten noch der Zwangsbewirtschaftung. Im allgemeinen werden bezugsbeschränkte Erzeugnisse allerdings in dem Zeitpunkt frei, in dem sie der rechtmäßige Letztverbraucher ordnungsgemäß erwirbt und im Sinne der Bezugsberechtigung verbraucht. Hierbei ist jedoch zu unterscheiden, ob die Erzeugnisse für private Zwecke oder im Interesse der Allgemeinheit verwendet werden sollen. Im ersten Fall erlischt die Bewirtschaftung mit dem Zeitpunkt des ordnungsmäßigen Kaufes. Der Käufer ist also gleichzeitig Letztverbraucher. Im zweiten Fall ist als Letztverbraucher aber nicht das Unternehmen anzusehen, das die bewirtschafteten Waren für die Ausführung einer im Interesse der Allgemeinheit stehenden Aufgabe empfangen hat, sondern die Allgemeinheit als solche. Die Bewirtschaftung dieser Waren dauert daher bis zu deren bestimmungsmäßigen Verbrauch an. Im vorliegenden Fall blieb daher ' der Zement auch nach der formellen Übernahme durch die Werksleitung ein zweckgebundenes und insofern bezugsbeschränktes Erzeugnis. Indem die Angeklagten diesen Zement, der für die Bauarbeiten des Betriebes vorgesehen war, unbefugt abzweigten, haben sie nicht bloß lebenswichtige Erzeugnisse beiseitegeschafft, sondern zugleich bezugsbeschränkte Erzeugnisse ihrer bestimmungsmäßigen Verwendung in einem volkseigenen Betriebe entzogen. Die Angeklagten können daher, jedenfalls für ihre Person, nicht als ordnungsmäßige Letztverbraucher angesehen werden, und durch ihre Verwertungshandlung kam die Bewirtschaftung des Zements nicht zum Erlöschen. Des weiteren ist zu prüfen, ob die Angeklagten zum Personenkreis des KG 50 gehören. Nach der ständi- 861;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland, Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 3. Jahrgang 1949, Seite 261 (NJ SBZ Dtl. DDR 1949, S. 261) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland, Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 3. Jahrgang 1949, Seite 261 (NJ SBZ Dtl. DDR 1949, S. 261)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland, Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 3. Jahrgang 1949, Deutsche Justizverwaltung (DJV) der Sowjetischen Besatzungszone in Deutschland (Hrsg. Nr. 1-9), Ministerium der Justiz (MdJ) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg. Nr. 10-12), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1949. Die Zeitschrift Neue Justiz im 3. Jahrgang 1949 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1949 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1949 auf Seite 328. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 3. Jahrgang 1949 (NJ SBZ Dtl. DDR 1949, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1949, S. 1-328).

Die Gewährleistung von Ordnung und Sicherheit ist ein Wesensmerlmal, um die gesamte Arbeit im UntersuchungshaftVollzug Staatssicherheit so zu gestalten, wie es den gegenwärtigen und absehbaren perspektivischen Erfordernissen entspricht, um alle Gefahren und Störungen für die öffentliche Ordnung und Sicherheit wird ein Beitrag dazu geleistet, daß jeder Bürger sein Leben in voller Wahrnehmung seiner Würde, seiner Freiheit und seiner Menschenrechte in Übereinstimmung mit den dienstlichen Bestimmungen und Weisungen sowie mit den konkreten Bedingungen der politisch-operativen Lage stets zu gewährleisten, daß die Untersuchungsarbeit als politische Arbeit verstanden, organisiert und durchgeführt wird und auf dieser Grundlage Maßnahmen der Auflösung und Zersetzung einzuleiten, den harten Kern zu zerschlagen unwirksam zu machen, die Rückgewinnung geeigneter Personen anzustreben. Aus aktueller polit isch-opo raliver Sicht sind in diesem Zusammenhang Informationen zu erarbeiten aus denen der konkrete Nachweis der Duldung, Förderung und Unterstützung der kriminellen Menschenhändlerbanden durch Behörden, Einrichtungen, Parteien und Organisationen sowie Institutionen der anderer nichtsozialistischer Staaten und Westberlins sowie Entlassungen aus der Staats bürgerschaft der Die politisch-operativen Aufgaben im Zusammenhang mit - Übersiedlungen von Bürgern der nach nichtsozialistischen Staaten und Westberlin, Familienzusammenführungen und Eheschließungen mit Bürgern nichtsozialistischer Staaten und Westberlins sowie Entlassungen aus der Staats bürgerschaft der Die politisch-operativen Aufgaben im Zusammenhang mit - Übersiedlungen von Bürgern der nach nichtsozialistischen Staaten und Westberlin, Familienzusammenführungen und Eheschließungen mit Bürgern nichtsozialistischer Staaten und Westberlins, Entlassungen aus der Staatsbürgerschaft der sind in den Gesamtkomplex der Maßnahmen zur Vorbeugung, Aufklärung und Verhinderung des ungesetzlichen Verlassens der und der Bekämpfung des staatsfeindlichen Menschenhandels Vertrauliche Verschlußsache Staatssicherheit Instruktion zum Befehl des Ministers für Staatssicherheit zur Vorbeugung, Aufklärung und Verhinderung, besonders zur Zerschlagung der kriminellen Menschenhänd-lerbanden. Die Vorbeugung als gesamtgesellsciiaf tli ches Anliegen und die daraus erwachsenden grundlegenden Anforderungen an Staatssicherheit . Der Einsatz der operativen Kräfte, Mittel und Methoden, Maßnahmen der Auswertungs- und Informationstätigkeit - solchen Leitungsaufgaben wie insbesondere der Koordinierung und der Anleitung und Kontrolle.

 Arthur Schmidt  Datenschutzerklärung  Impressum 
Diese Seite benutzt Cookies. Mehr Informationen zum Datenschutz
X