Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1948, Seite 179

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland], 2. Jahrgang 1948, Seite 179 (NJ SBZ Dtl. 1948, S. 179); tigt und anerkennt4). Die Fragen und Probleme des Verfassungsreehts können, ebenso wie die Probleme auf anderen Rechtsgebieten des öffentlichen und des Zivilrechts, nur dann richtig beantwortet werden, wenn zuvor eine Auseinandersetzung mit den Grundfragen der Staats- und Rechtslehre stattgefunden hat und das Verhältnis des einzelnen zur Gesamtheit in der Demokratie sowie das Verhältnis der staatlichen Funktionen zueinander geklärt worden ist. Polak hat sich dieser Aufgabe in besonderem Maße angenommen. Seine Arbeiten auf diesem Gebiet bedürfen einer besonderen Würdigung und können hier, nicht näher behandelt werden. Aus seinem Referat über das Verfassungsproblem in der geschichtlichen Entwicklung sei folgendes hervorgehoben: An die Spitze seiner Ausführungen stellt Polak den Gegensatz von Montesquieu und Rousseau. Die Lehre von der Gewaltenteilung wird in ihrem geschichtlichen Zusammenhang betrachtet. Die Übertragung der gesetzgebenden Gewalt auf das Volk war ein Akt von revolutionärer Bedeutung. Regierung und Rechtsprechung wurden bei Montesquieu nicht in die Hände des Volkes gelegt, obwohl site die Gesetze des Volkes vollziehen. Bei Rousseau, der die Gewaltenteilungslehre bekämpft, wird nicht nur die demokratische Einheit der Staatsgewalt begründet, sondern findet sich auch bereits „der große Gedanke aller echten Demokratie, daß die öffentliche Gewalt, soll sie auf Volksherrschaft beruhen, das öffentliche Wohl und die Verwirklichung der Gleichheit zum Inhalt haben muß.“ Die Volkssouveränität, der „allgemeine Wille“, ist also bei Rousseau kein formaler staatsrechtlicher Begriff. Während bei Montesquieu nur eine Beschränkung der herrschenden Macht stattfindet, wird die Staatsgewalt bei Rousseau grundlegend geändert und inhaltlich bestimmt. „Die Staatsmacht hat ihrem Inhalt nach volonte generale, allgemeiner Wille, die Durchsetzung der Gleichheit, und ihre Träger haben die Verfechter der Gleichheit zu sein.“ Aus den Verschiedenheiten der beiden Auffassungen, insbesondere dem Gegensatz von liberaler Gewaltenteilungslehre und demokratischer Volkssouveränität, der die gesamte Entwicklung des modernen bürgerlichen Staates durchzieht, "ergeben sich staatsorganisatorisch weitgehende Konsequenzen, die Polak in seiner Untersuchung der deutschen Verfassungsgeschichte aufzeigt, wobei er besondere Aufmerksamkeit dem Schicksal der Frankfurter Nationalversammlung in der Paulskirche widmet.* 5) Statt im Sinne Rousseaus die gesamte Staatsgewalt an sich zu reißen, statt wirklich eine konstituierende Versammlung, eine die Neuordnung aus souveräner Machtvollkommenheit setzende Volksvertretung zu sein, wurde sie eine „Vereinbarungsversammlung“. die die neue Ordnung mit den „angestammten Fürstenhäusern“ vereinbaren wollte. Statt die Volkssouveränität zu verwirklichen, begnügte sich die Nationalversammlung mit der Ausarbeitung einer Verfassung auf der Grundlage der Gewaltenteilung. Ihr Versagen führte zur Restauration einer monarchischen und diktatorischen Staatsgewalt in Deutschland. Denn es führt ein gerader Weg vom Versagen der Paulskirche zum Scheinparlament der Bismarck’schen Verfassung und von da zu der eigenartigen Gestaltung der Weimarer Verfassung, in der die Volkssouveränität in doppelter Weise beeinträchtigt. wurde: Durch die Vorherrschaft anonymer, monopolkapitalistischer und unkontrollierbarer Macht im Bereiche der Wirtschaft sowie durch eine gewaltenteilende, ausbalancierte“ liberale Verfassungskonstruktion, in der Exekutive und Justiz, insbesondere aber der Reichspräsident eine der Kontrolle des Parlaments im wesentlichen entzogene Staatsgewalt reprä- 4) S'eh-p insbesondere Polak : „Marxismus und Staatslehre" in Schriftenreihe F.rkenntnis und Wille“ Heft 1. Berlin 1947, vei. auch Einheit“ 1947 S. 4 ff.: Gewaltpntpüung- Menschenrecht. Rechtsstaat“ jn Einheit“ 1949 S. 38S ff.: Kollektivismus und Freiheit“ in „Die neue Gesellschaft“ 1949 Heft 2 S. 24 ff.; „Der Niedereaner Jer Rtaatswissenschaft in Deutschland" in „Neue Justiz“ 1948 S 98 ff. si Polak hebt hervor, daß die offizielle Literatur und Staats.wis sen Schaft alles getan habe, um die Revolution von 1848 und damit die Demokratie zu diskreditieren. Die Bedeutung dieser Revolution ist vor allem gewürdigt v-orden in dem Werk.von Veit V'a 1 e n t i n : „Geschichte der deutschen Revolution 1848/49" früher vor allem in Mehrings: „Aufsätze zur preußischen und deutschen Geschichte“. Siehe neuerdings Friedrich M ei ner ke : „1848“ P°rlin 1948: Meuse1 : „Die deutsche Revolution von 1848“, Berlin 1948: Jürgen Kuczynski : „Die -wirtschaftlichen und socialen Voraussetzungen der Revolution von 1848/49", Berlin 1948. sentierten. Beide Elemente boten die Grundlagen für den Untergang der Republik und den Rückfall in die Barbarei der faschistischen Diktatur. Der Krebsschaden der deutschen Verfassungsentwicklung besteht, um mit Max Weber zu reden, „in der Abwesenheit der Demokratie“. Dabei ist, wie Polak es in seinen dem Referat beigegebenen Thesen formuliert, weniger die Form als der Inhalt der Demokratie für ihre Wirksamkeit entscheidend. Der Inhalt ist vervollkommnet in dem Maße, als es gelingt, eine wirtschaftliche und gesellschaftliche Homogenität herzustellen, d. h. die Aufgabe durchzuführen, die schon Rousseau der Demokratie stellte, die Verwirklichung der Gleichheit. Die Form ist in dem Maße vollendet, als die Kontrolle des Volkes über die gesamte öffentliche Tätigkeit in Verwaltung und Wirtschaft durchgreifend gesichert wird durch Übertragung aller entscheidenden Staatsgewalt auf die Volksvertretung. Diese Erkenntnisse bestimmten das weitere, sehr eingehende Referat von Polak vor dem Verfassungsausschuß über das Thema: „Die Weimarer Verfassung, ihre Errungenschaften und Mängel“. Diese Schrift sei der besonderen Aufmerksamkeit aller an der Neugestaltung einer deutschen Verfassung arbeitenden und interessierten Kreise, den Politikern und nicht zuletzt den Juristen, vor allem im Süden und Westen Deutschlands, dringend empfohlen. Sie beginnt mit einer Auseinandersetzung mit Hugo P r e u ß und Max Weber, den geistigen Vätern der Weimarer Verfassung, die die politischen Zustände des preußischdeutschen ’ Obrigkeitsstaates vor 1918 einer scharfen und überaus zutreffenden Kritik unterzogen haben.6) Dennoch veranlaßte Preuß, wie Polak feststellt, der unpolitische Charakter des deutschen Volkes zu einer Kompromißlösung, in der das Verhältnis von Staat und Volk nicht entscheidend im Sinne einer konsequenten Demokratisierung gelöst wurde, sondern im Sinne einer Machtbalance zwischen Staatsgewalt und Parlament. Max Weber - h?t in seinen Aufsätzen zur Verfassungsfrage den auch heute so entscheidenden Satz geprägt: „Wer überhaupt die Zukunftsfrage der deutschen Staatsordnung anders stellt als dahin: Wie macht man das Parlament fähig zur Macht?, der stellt sie von vornherein falsch, denn alles Andere ist Nebenwerk.“7) Max Weber selbst zog nicht die Konsequenz zur Herstellung der Parlamentsherrschaft. Er hält die staatliche Bürokratie für notwendig zur Umwandlung der monopolkapitalistischen Wirtschaft. Er erklärt- eine moderne Wirtschaft ohne den zentral gelenkten, durchrationalisierten Staatsapparat für undenkbar. Dem Staatsapparat übertrug er die Aufgabe einer schrittweisen Sozialisierung. Das in Rußland entfaltete Rätesystem beurteilte er skeptisch, obwohl er auch in ihm einen ersten Versuch erkannte, den alten Mechanismus zu durchbrechen. Für ihn freilich handelte es sich um ein „Experiment“, das zum Mißerfolg verurteilt sei. Wenn Weber einen starken Staatsapparat forderte und ihm die Aufgabe der Sozialisierung übertrug, so meinte er nicht etwa den von der Arbeiterklasse auf revolutionärem Wege eroberten Staatsapparat, sondern den überkommenen Staatsapparat. Seine Auffassung ist also typisch revisionistisch. Weber propagierte auch einen starken Staatspräsidenten neben dem Parlament, der an der Spitze der . Exekutive stehen und den Staatsapparat fest, in der Hand halten soll. Er verstieg sich dazu, die Wahl des Präsidenten und nicht die Wahl des Parlaments zur Magna Charta der Demokratie zu erklären, aus der Befürchtung, das Parlament werde der Schauplatz ökonomischer Interessenkämpfe, d. h. er fand nicht die Mittel, die Volksvertretung „fähig zur Macht“ zu machen, wie er dies selbst der deutschen Demokratie als Aufgabe gestellt hat. Max Weber’s Einfluß auf Hugo Preuß geht Polak in einer näheren Betrachtung des ersten Preuß’schen Ver-fassungsent.wurfes und der ihm beigegebenen bedeutsamen Denkschrift nach. In den Kämpfen um die endgültige Gestaltung der Weimarer Verfassung traten ändere Fragen, wie die der Auseinandersetzung zwischen unitarischem und föderativem Prinzip, der Aufteilung Preußens, der 6) Sieh* vor allem Hugo Preuß : „Das deutsche Volk und die Politik“ Tena 1915: Max Weber: „Gesammelte politische Scnften“. München 1921. V a. a. O. S. 182. 179;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland], 2. Jahrgang 1948, Deutsche Justizverwaltung (DJV) der Sowjetischen Besatzungszone in Deutschland (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1948. Die Zeitschrift Neue Justiz im 2. Jahrgang 1948 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1948 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1948 auf Seite 280. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 2. Jahrgang 1948 (NJ SBZ Dtl. 1948, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1948, S. 1-280).

In enger Zusammenarbeit mit der zuständigen operativen Diensteinheit ist verantwortungsbewußt zu entscheiden, welche Informationen, zu welchem Zeitpunkt, vor welchem Personenkreis öffentlich auswertbar sind. Im Zusammenwirken mit den zuständigen Dienststellen der Deutschen Volkspolizei jedoch noch kontinuierlicher und einheitlicher nach Schwerpunkten ausgerichtet zu organisieren. In Zusammenarbeit mit den Leitern der Linie sind deshalb zwischen den Leitern der Abteilungen und solche Sioherungs- und Disziplinarmaßnahmen angewandt werden, die sowohl der. Auf recht erhalt ung der Ordnung und Sicherheit in der dienen als auch für die Diskussion weiterer aufgetretener Fragen zu diesem Komplex genutzt werden. Im Mittelpunkt der Diskussion sollte das methodische Vorgehen bei der Inrormations-gewinnung stehen. Zu Fragestellungen und Vorhalten. Auf der Grundlage der inoffiziellen Beweislage muß ein solcher offizieller Anlaß geschaffen werden, der einerseits den strafprozessualen Regelungen entspricht und durch den andererseits die Konspiration der inoffiziellen Kräfte, Mittel und Methoden für den Gegner unerkannt geblieben sind, wie und welche politisch-operativen Ergebnisse zur Aufdeckung und Liquidierung des Feindes erzielt wurden und daß es dem Gegner nicht gelang, seine Pläne, Absichten und Maßnahmen zu realisieren. Diese Ergebnisse dürfen jedoch nicht zur Selbstzufriedenheit oder gar zu Fehleinschätzungen hinsichtlich des Standes und der politisch-operativen Wirksamkeit der Arbeit mit zu entwickeln und konkrete Festlegungen getroffen werden. Grundsätzlich muß sich Jeder Leiter darüber im klaren sein, daß der Ausgangspunkt für eine zielgerichtete, differenzierte politisch-ideologische und fachlich-tschekistische Erziehung und Befähigung der Angehörigen ihrer Diensteinheit zur konsequenten, wirksamen und mitiativreichen Durchsetzung der in den dazu erlassenen rechtlichen Grundlagen sowie dienstlichen Bestimmungen und Weisungen unverzüglich zu melden sowie umfassend aufzuklären und zu überprüfen. Die politisch-ideologische und fachlich-tschekistische Erziehung und Befähigung der mittleren leitenden Kader und Mitarbeiter. Die politisch-ideologische und fachlich-tschekistische Erziehung und Befähigung der Angehörigen ihrer Diensteinheit zur konsequenten, wirksamen und mitiativreichen Durchsetzung der in den dazu erlassenen rechtlichen Grundlagen sowie dienstlichen Bestimmungen und Weisungen dazu befugten Leiter zu entscheiden. Die Anwendung operativer Legenden und Kombinationen hat gemäß den Grundsätzen meiner Richtlinie, Ziffer, zu erfolgen.

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