Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1948, Seite 165

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland], 2. Jahrgang 1948, Seite 165 (NJ SBZ Dtl. 1948, S. 165); § 203 ZPO. Voraussetzungen für die Bewilligung der öffentlichen Zustellung. OLG Dresden, Beschluß vom 18. 2.1948 - Iff 58/48 Durchaus zutreffend sagt die Begründung des angefochtenen Beschlusses, daß grundsätzlich der Sinn der öffentlichen Zustellung der ist, dem Betroffenen Kenntnis vom Inhalt der zuzustellenden Schrift zu verschaffen. Der von der Beschwerdeführerin vertretene gegenteilige Standpunkt, daß nämlich sofern es sich um die Zustellung der Klageschrift handelt dem Kläger die Möglichkeit gegeben werden solle, die Klage trotz des Unbekanntseins des Aufenthalts des zu Verklagenden durchzuführen, ist für den Regelfall entschieden abzulehnen. Allerdings sind Ausnahmefälle anzuerkennen, beispielsweise dann, wenn der Betroffene sich aus nicht gutzuheißenden Gründen verborgen hält oder seinen Aufenthalt geflissentlich gerade vor dem Kläger verheimlicht. Mit Recht auch betont das Landgericht, daß gerade in Ehesachen bei der Bewilligung der öffentlichen Zustellung große Zurückhaltung am Platze ist. Anmerkung: Die in der Rechtsprechung fast aller Oberlandesgerichte1) zum Ausdruck gelangende Tendenz, bei der Bewilligung der öffentlichen Zustellung unter den heutigen Verhältnissen größte Zurückhaltung zu üben, ist angesichts der ungeheuer gewachsenen Zähl der Fälle, in denen der Aufenthalt einer Person zwar zur Zeit unbekannt ist, jedoch möglicherweise wieder bekannt werden wird, berechtigt und nicht zu beanstanden. Es scheint aber an der Zeit, vor einer Übertreibung dieser Tendenz zu warnen, die zu einer fälschen Auflegung des Gesetzes verführt und sich dahin auswirken muß, das Institut der öffentlichen Zustellung für den Regelfall überhaupt illusorisch zu machen. Forscht man mit dem OLG Dresden nach dem Sinn dieses Instituts, so ist von dem Sinn und Zweck der Zustellung überhaupt auszugehen, da die öffentliche Zustellung ja nur eine von mehreren Arten der Zustellung ist. Zustellung ist „die in gesetzlich vorgeschriebener Form erfolgte und beurkundete Übergabe eines Schriftstücks2)“ Aus dieser Definition des Begriffs der Zustellung folgt für ihren Zweck ein Zweifaches: einmal besteht er, wie bei jeder „übergäbe eines Schriftstücks“ darin, den Empfänger vom Inhalt des Schriftstücks in Kenntnis zu setzen. Dieser Zweck allein erklärt aber nicht die Notwendigkeit der übergäbe „in gesetzlich vorgeschriebener Form“ und Beurkundung derselben, da er durch eine gänzlich formlose Übergabe ebenso gut erfüllt werden könnte. Die Formvorschriften dienen vielmehr dem anderen Zweck der Zustellung, der darin besteht, Beweis für die Tatsache und das Datum der Übergabe zu erbringen und den Zustellenden damit in die Lage zu versetzen, die an die Mitteilung jeweils geknüpften Rechtsfolgen zu ziehen. Alles das gilt für die öffentliche Zustellung ebenso wie für jede Zustellung. Die Meinung des Senats, der ausschließlich auf den ersteren Zweck abstellt, ist also ebenso einseitig und daher unzutreffend wie die Auffassung der Klägerin, die ausschließlich den letzteren Zweck anerkennt: nur die Erkenntnis, daß das Institut der Zustellung in zwei verschiedenen Motiven wurzelt, und den Interessen beider Parteien dient, ist der brauchbare Ausgangspunkt für die weitere Erörterung. Ist der Aufenthalt des Zustellungsempfängers unbekannt, so kann weder eine Übergabe an ihn stattfinden, noch kann mit einiger Wahrscheinlichkeit vorausgesagt werden, ob er vom Inhalt des auf andere Weise bekannt gemachten Schriftstücks Kenntnis erlangen wird. Läge also der Sinn der Zustellung ausschließlich darin, dem Zustellungsempfänger Kenntnis von der Mitteilung zu verschaffen, so hätte das Gesetz logischerweise eine andere als die durch persönliche Übergäbe bewirkte Zustellung überhaupt nicht zulassen dürfen. Statt dessen hat es und zwar nicht nur bei der öffentlichen Zustellung, sondern auch im Falle der Ersatzzustellung, insbesondere bei der Zustellung durch Niederlegung, § 182 ZPO eine Fiktion der übergäbe geschaffen; wie die Motive sagen: „einen Ersatz der 1) Vgl. außer dem obigen Besehl. des OLG Dresden u. a.: KG in DRZ 1946 S. 193; OLG Hamm in JB1. Westf. 1946 S. 107; OLG Kiel in SchlHA 1946 S. 405; OLG Celle in HannRPd. 1946 S. 152. 2) Jonas-Pohle, 16.Aufl„ Anm. III vor § 166. ordentlichen Übergäbe durch eine öffentliche Zustellung mit der Fiktion wirklich erfolgter Be-h än di g un g 3 *)“, Förster-Kann nennt sie „ihrem Wesen nach nur den Versuch einer Zustellung, da sie nur die Möglichkeit begründet, daß der Adressat von dem Inhalt des zuzustellenden Schriftstücks Kenntnis erhalte“1). Wollte man nun noch, wie das OLG Dresden es anscheinend verlangt, die Bewilligung der öffentlichen Zustellung von dem Nachweise abhängig machen, daß der Empfänger mit Wahrscheinlichkeit von dem Schriftstück auch tatsächlich Kenntnis erlangen werde, die Bewilligung also äblehnen, wenn es wahrscheinlich ist, daß er diese Kenntnis nicht erlangen wird, so wäre das eine Verkennung der Bedeutung dieser Fiktion. Kraft ihrer kommt es ja auf die tatsächliche Kenntnisnahme gerade nicht mehr an, weil sie .bereits unterstellt wird! Gerade diese Unterstellung, die den Sinn hat, die Frage der tatsächlichen Kenntniserlangung gänzlich auszuschalten, macht ja doch das Wesen der öffentlichen Zustellung aus. Der Senat mag diese ihre Wirkung für den Fäll, daß sie erst einmal bewilligt ist, nicht verkennen; aber indem er die Bewilligung von dem tatsächlichen Vorliegen der Voraussetzung abhängig macht, die gerade fingiert werden soll, höhlt er die gesetzliche Fiktion aus und macht damit das Institut der öffentlichen Zustellung für den vorausgesetzten Anwendungsbereich unbrauchbar. Das widerspricht dem Sinn des Gesetzes, das, da die Zustellung nach den obigen Bemerkungen den Interessen beider Parteien dienen soll, in den Fällen, in denen die Wahrung des Interesses des Zustellenden nicht anders möglich ist, die Fiktion schafft, daß das Interesse des Empfängers ebenfalls gewahrt sei. Auf dem vom OLG Dresden eingeschlagenen Wege ist das Wirksamwerden der eingangs als berechtigt bezeichnten Tendenz also nicht zu erreichen. Ebenso wenig aber erscheint das vom OLG Kiel5) gebrachte Argument brauchbar, wonach § 203 ZPO nur eine „Kann-Vorschrift“ sei, welche die Gewährung der öffentlichen Zustellung in das pflichtgemäße Ermessen des Gerichts stelle. Die Formulierung des Gesetzes: „ die Zustellung kann durch öffentliche Bekanntmachung erfolgen“, besagt lediglich, daß das Gesetz die rechtliche Möglichkeit gibt, eine Zustellung in dieser Form vorzunehmen; sie besagt nicht, daß das Gericht freie Hand habe, sie auch dann abzulehnen, wenn die nach pflichtgemäßem Ermessen vorzunehmende Prüfung der Voraussetzungen zu deren Bejahung geführt hat. Der Hebel ist vielmehr bei eben dieser Prüfung der Voraussetzungen anzusetzen, insbesondere bei den Anforderungen, die an den Nachweis für die Unbekanntheit des Aufenthalts zu stellen sind. Schon die frühere Rechtsprechung6 *) hat darauf hingewiesen, daß „die bloß subjektive Unbekanntschaft für die betreibende Partei nicht genügt“. Wenn man vielleicht auch nicht so weit zu gehen braucht, wie das OLG Hamm1), welches fordert, daß der Aufenthalt „überhaupt allgemein unbekannt“ sein muß ein kaum zu führender Nachweis! , so spricht doch gerade bei den heute aktuellen Tatbeständen meist die Vermutung dafür, daß jeweils eine theoretisch vorhandene größere Personengruppe Mitgefangene, Mitumsiedler den Aufenthalt des Zustellungsempfängers kennt, und es wird zu verlangen sein, daß der Antragsteller erschöpfende Nachforschungen in dieser Richtung angestellt hat, bevor die öffentliche Zustellung bewilligt wird. Abgesehen hiervon aber hat das OLG Celle8) den Weg gezeigt, auf dem gerade in den erwähnten Fällen die öffentliche Zustellung mit einer zutreffenden Begründung die auch das Institut nicht für andere Fälle unbrauchbar macht ab gelehnt werden kann. Die große Mehrzahl der Personen, deren Aufenthalt heute unbekannt ist, nämlich Kriegsverschollene, Kriegsgefangene, Umsiedler und sonstige Flüchtlinge und Evakuierte, sind entweder „Betroffene“ i. S. des Art. 1 Abs. 2 der SchutzVO in der Fassung vom 12. I9lf3 (RGBl. 8.666) oder solche, bei denen die 3) Hahn, Die Gesamtmaterialien zur ZPO, Bd. II, S. 232. 4) Förster-Kann, Die Zivilprozeßordnung, 2. Aufl., Anm. 1 zu § 203. 5) SchlHA 1946 S. 405. 6) Vgl. Jonas-Pohle, a. a. O., Anm. I, 1 zu § 203 und die zit. Entscheidungen. 4) Vgl. oben zu Anm.l: 8) HannRpfl. 1946 S. 105 und SJZ 1946 S. 230. 165;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland], 2. Jahrgang 1948, Deutsche Justizverwaltung (DJV) der Sowjetischen Besatzungszone in Deutschland (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1948. Die Zeitschrift Neue Justiz im 2. Jahrgang 1948 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1948 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1948 auf Seite 280. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 2. Jahrgang 1948 (NJ SBZ Dtl. 1948, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1948, S. 1-280).

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