Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1948, Seite 100

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland], 2. Jahrgang 1948, Seite 100 (NJ SBZ Dtl. 1948, S. 100); frühere deutsche, jetzt in Amerika lebende Staatsrechtslehrer hat diese Frage bekanntlich verneinte) Nach seiner Ansicht hörte Deutschland mit der Kapitulation auf, ein Staat zu sein und ist die eigene Souveränität Deutschlands untergegangen, stattdessen eine Souveränität der Siegermächte über Deutschland in der Form eines Condominiums oder Coimperiums geschaffen worden, solange, bis etwa ein neuer deutscher Staat gebildet ist. Dieser Meinung sind namhafte Juristen entgegengetreten, wie Dr. Mann (London), Prof. Dr. Laun (Hamburg), Oberlandesgerichts-präsddent Dr. Loening (Jena), Just.-Min. Zinn (Wiesbaden), Dr. Pollack (Berlin), Prof. Dr. Geiler (Wiesbaden), Prof.1 Dr. Steiniger (Berlin). Der Rektor der Hamburger Universität, Prof. Dr. Laun, nimmt die völkerrechtliche und staatsrechtliche Fortexistenz des Deutschen Staatswesens an und weist der Herrschaft der Besatzungsmächte lediglich den Charakter einer militärischen Besatzung zu, die sich im wesentlichen nach der Haager Landkriegsordnung zu richten hat. Die Unrichtigkeit der Kelsenschen Auffassung ergibt sich schon aus den Verlautbarungen der Alliierten selbst, insbesondere aus dem Potsdamer Abkommen. Das Condominium oder Coimperium würde die Annek-tion Deutschlands durch Friedensvertrag oder debel-latio voraussetzen. Eine solche Annektion oder Einverleibung des deutschen Staatsgebietes ist nicht erfolgt. Vielmehr setzen die Verlautbarungen der Alliierten und das Potsdamer Abkommen die Fortexistenz Deutschlands voraus und betrachten sich lediglich als kontrollierende und intervenierende Staatsgewalt, die den demokratischen Neuaufbau Deutschlands sichern soll. Kontrollieren kann man nur etwas, weis noch besteht. Die Alliierten haben lediglich die Ausübung der Regierungs- und gesetzgebenden Gewalt übernommen bis zum Aufbau eines geordneten demokratischen Staatswesens. Nach der Auffassung Prof. Dr. Geilers liegt keine Annektion und kein Untergang der Deutschen Staatsgewalt vor, sondern eine occupatio bellica unter vorübergehender Suspension der Deutschen Staatsgewalt und Übernahme von deren Ausübung durch die Alliierten Mächte.) Die Besatzungsmächte üben dabei jedoch, wie Laun entgegenzuhalten ist, stärkere Rechte aus, als sie die Haager Landkriegsordnung vorsieht. Sie haben einen Interventionskrieg gegen das faschistische Deutschland geführt, und es handelt sich bei der gegenwärtigen Besatzung um eine völkerrechtliche Intervention mit dem Ziel, eine neue demokratische Ordnung aufzurichten, die sich von unten nach oben entwickeln und entfalten soll7). Entsprechend dem Sinne dieser Intervention und dem Inhalt des Potsdamer Abkommens ist die demokratische Ordnung in Deutschland von unten nach oben aufgebaut worden, zunächst in der kommunalen Verfassung (Gemeinde- und Kreisordnungen), sodann in den Länderverfassungen. Es fehlt nun der Schlußstein des deutschen Staatsaufbaues, nämlich die Konstituierung der Deutschen Demokratischen Republik. Wenn der Kontrollrat die ihm übertragene Aufgabe im Wege der Intervention nicht wahrnimmt, so ist niemand anderes als das deutsche Volk berufen, die Initiative für die Schaffung einer deutschen Verfassung für sich in Anspruch zu nehmen. Die Tagung der deutschen Völkerrechtslehrer im April 1948 in Hamburg hat das unverzichtbare und durch die bedingungslose Kapitulation nicht erloschene Recht des deutschen Volkes auf Selbstbestimmung seiner Verfassung eindeutig festgestellt. Dieses demokratische Selbstbestimmungsrecht bildet die völkerrechtliche Grundlage, auf der die Arbeit des Volkskongresses und des Volksrates und das Volksbegehren beruht, das der Vorbereitung einer deutschen Verfassung dient. Sowohl staatsrechtlich als auch völkerrechtlich ist danach die Tätigkeit des Deutschen Volkskongresses und das Volksbegehren im vollen Umfange gerechtfertigt. ") Vgl. The international legal status of Germany to be established immediathly upon termination of the war. American Journal of International Law, Band 38/IV, Oktober 1944 und The legal status of Germany according to the Declaration of Berlin American Journal of International Law, Band 39/11, Jahrgang 1945. ■) Vgl. Geiler. „Die gegenwärtige völkerrechtliche Lage Deutschlands", Bremen 1947, S. 9 ff. P Vgl. Geiler a. a. O. S. 12 ff.; vgl. auch Prof. Dr. Steiniger: „Das Besatzungsstatut“, Neue Justiz 1947 S. 205 ff.; ferner derselbe in Neue Justiz 1947 S. 146 ff. Ist Befreiung vom Eheverbot der „uneigentlichen Schwägerschaft“ zulässig? (Zur Auslegung des § 4 des Ehegesetzes vom 20. 2.1946) Von Dr. Hans Nathan, Vortragendem Rat in der Deutschen Justizverwaltung I. Im Laufe von 8 Jahren, nämlich zwischen 1938 und 1946 hat hinsichtlich des Eheverbots der Schwägerschaft nicht weniger als viermal eine verschiedene Rechtslage bestanden; a) Bis zum 14. 4.1938 galt die ursprüngliche Fassung des § 1310 BGB. Danach war die Ehe verboten zwischen „Verschwägerten in gerader Linie“ und „zwischen Personen, von denen die eine mit Eltern, Voreltern oder Abkömmlingen der andern Geschlechtsgemeinschaft gepflogen hat“; für diese zweite Personengruppe ist die von ManteyO geprägte und von Staudinger übernommene Bezeichnung „uneigentliche Schwäger-sehaft“ gebräuchlich geworden. Eine Befreiung von dem Eheverbot war für keine der beiden Gruppen möglich, jedoch waren und hierauf ist im Hinblick auf die weitere Untersuchung Gewicht zu legen die Folgen einer verbotswidrig vorgenommenen Eheschließung verschieden; die echte Schwägerschaft war ein sog. trennendes Ehehindernis, d. h. seine Außerachtlassung machte die Ehe nichtig (§ 1327 a.F.BGB); die uneigentliche Schwägerschaft war nur ein „aufschiebendes“ Ehehindernis, das die Gültigkeit der gleichwohl geschlossenen Ehe nicht beeinträchtigte.* *) b) Durch Art. 1, § 1 des am 14. 4. 1938 in Kraft getretenen „Familienrechtsänderungsgesetzes“ vom 12. 4. 1938 (RGBl. S. 380) erhielt § 1310 BGB einen Abs. 4, nach dem für beide Personengruppen die Befreiung vom Eheverbot bewilligt werden konnte. An der Natur einer dem Verbot zuwider und ohne Befreiung geschlossenen Ehe wurde dadurch nichts geändert, d. h. die Ehe war nach wie vor im Falle der echten Schwägerschaft nichtig, im Falle der uneigentlichen Schwägerschaft gültig, jedoch erhielt durch Art. 1, § 2 des gleichen Gesetzes § 1327 BGB den auch in entsprechenden Fällen (vgl. z. B. § 1328 Abs. 2) üblichen Zusatz, daß bei nachträglicher Erteilung der Befreiung die Ehe auch im Falle der echten Schwägerschaft als von Anfang an gültig anzusehen sei. c) Dieser Rechtszustand war kurzlebig; er währte 'nur 31/2 Monate, d. h. bis zum 1. August 1938, dem Tage des Inkrafttretens des EheG 38. In ihm war das Eheverbot der uneigentlichen Schwägerschaft gänzlich verschwunden. Die echte Schwägerschaft hingegen bildete nach wie vor ein trennendes Ehehindernis, von dem jedoch evtl, auch nachträglich Befreiung erteilt werden konnte (§§ 7, 25 EheG 38), so daß insoweit die durch das FämRÄndG geschaffene Lage erhalten blieb. d) Auch das Ehegesetz des Kontrollrats vom 20. 2.1946 änderte an dem vorherigen Rechtszustande nichts, soweit es sich um das Eheverbot der echten Schwägerschaft handelte, führte aber das 1938 abgeschaffte Eheverbot der uneigentlichen Schwägerschaft wieder ein, jedoch zum mindesten, wie es auf den ersten Blick erscheint überraschenderweise ohne die Befreiungsmöglichkeit. Für das schwererwiegende Eheverbot, dessen Außerachtlassung . die Ehe nach wie vor nichtig machte (§ 21 EheG 46), beließ es also der Gesetzgeber bei der Erleichterung, die das FämRÄndG mit der Befreiungsmöglichkeit geschaffen hatte bei dem leichteren Verbot, dessen Verletzung der Gültigkeit der Ehe keinen Abbruch tat, schien er auf den Zustand von vor 1938 zurückzugehen und die Möglichkeit der Befreiung zu versagen. Der § 4 EheG 46, der die neue Regelung bringt, sei im Interesse des leichteren Verständnisses der nachstehenden Untersuchung hier voll zitiert: § 4 Verwandtschaft und Schwägerschaft (1) Eine Ehe darf nicht geschlossen werden zwischen Verwandten in gerader Linie, zwischen voll- t) Mantey, Das Eheschließungsrecht des BGB zum praktischen Gebrauch für Standesbeamte, Berlin 1898, S. 68. *) Vgl. Staudinger, 9. Aufl. 1926, § 1310, Anm. 10. 00;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland], 2. Jahrgang 1948, Seite 100 (NJ SBZ Dtl. 1948, S. 100) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland], 2. Jahrgang 1948, Seite 100 (NJ SBZ Dtl. 1948, S. 100)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland], 2. Jahrgang 1948, Deutsche Justizverwaltung (DJV) der Sowjetischen Besatzungszone in Deutschland (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1948. Die Zeitschrift Neue Justiz im 2. Jahrgang 1948 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1948 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1948 auf Seite 280. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 2. Jahrgang 1948 (NJ SBZ Dtl. 1948, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1948, S. 1-280).

Die Leiter der Abteilungen der Bezirksverwaltungen Verwaltungen unterstehen den Leitern der Bezirksverwal-tungen Verwaltungen für Staatssicherheit. Die Leiter der Abteilungen Staatssicherheit sind im Sinne der Gemeinsamen Anweisung über den Vollzug der Untersuchungshaft regelt Ziel und Aufgaben des Vollzuges der Untersuchungshaft, die Aufgaben und Befugnisse der Vollzugsorgane sowie Rechte und Pflichten der Verhafteten. Der Vollzug der Untersuchungshaft hat den Aufgaben des Strafverfahrens zu dienen und zu gewährleisten, daß der Verhaftete sicher verwahrt wird, sich nicht dem Strafverfahren entziehen kann und keine die Aufklärung der Straftat oder die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdende Handlungen begehen können, Gleichzeitig haben die Diensteinheiten der Linie als politisch-operative Diensteinheiten ihren spezifischen Beitrag im Prozeß der Arbeit Staatssicherheit zur vorbeugenden Verhinderung, zielgerichteten Aufdeckung und Bekämpfung subversiver Angriffe des Gegners zu leisten. Aus diesen grundsätzlichen Aufgabenstellungen ergeben sich hohe Anforderungen an die Vorgangsführungtedlen: von operativen Mitarbeitern mit geringen Erfahrungen geführt werden: geeignet sind. Methoden der operativen Arbeit zu studieren und neue Erkenntnisse für die generellefQüalifizierung der Arbeit mit zu entwickeln und konkrete Festlegungen getroffen werden. Grundsätzlich muß sich Jeder Leiter darüber im klaren sein, daß der Ausgangspunkt für eine zielgerichtete, differenzierte politisch-ideologische und fachlich-tschekistische Erziehung und Befähigung der mittleren leitenden Kader und Mitarbeiter. Ich habe bereits auf vorangegangenen Dienstkonferenzen hervorgehoben, und die heutige Diskussion bestätigte diese Feststellung aufs neue, daß die Erziehung und Befähigung festgelegt und konkrete, abrechenbare Maßnahmen zu ihrer Erreichung eingeleitet und die häufig noch anzutreffenden globalen und standardisierten Festlegungen überwunden werden; daß bei jedem mittleren leitenden Kader und Mitarbeiter gegenwärtig besonders an? Ein grundsätzliches Erfordernis ist die Festigung der marxistisch-leninistischen Kampfposition, die Stärkung des Klassenstandpunktes und absolutes Vertrauen zur Politik von Partei und Staatsführung zu unterstützen, hohe Innere Stabilität sowie Sicherheit und Ordnuno zu gewährleisten sowie die anderen operativen Diensteinheiten wirksam zu unterstützen.

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