Die Andere, Wochenzeitung für Politik, Kultur und Kunst, Ausgabe 16 1991, Seite 2

Die Andere, Unabhängige Wochenzeitung für Politik, Kultur und Kunst, Ausgabe 16 vom 17.4.1991, Seite 2 (And. W.-Zg. Ausg. 16 1991, S. 2); 2 Von uns und anderen 16/91 KOMMENTAR Stammtisch oder Runder Tisch? Die Not in Deutschland wird groß, das sehen selbst die Politiker ein. Öfter reden sie von Runden Tischen. Was meinen sie damit? Jetzt ist es deutlich geworden: Sie meinen Arbeitsgruppen hinter geschlossenen Türen. Dort will die CDU mit der SPD Politik machen und die Parlamentarier der schwach vertretenen Bürgerbewegung sollen mit eingebunden werden - damit sie gar nicht mehr zu hören sind. Stillschweigend sollen sie an den Tischen der Regierung Platz nehmen und die Opposition der PDS überlassen. Wir brauchen heute Runde Tische. An denen müssen aber alle sitzen, die in diesem neuen Deutschland Interessenvertreter der Menschen sind, auch alle außerparlamentarischen Kräfte. Die Auf- gaben müssen gemeinsam formuliert werden, weil sie nur gemeinsam gelöst -werden können. Geheime Arbeitsgruppen, lediglich aus Regierungs- und Oppositionspolitikern gebildet, werden den Problemen auch nur hinterherhinken, wie bisher. Die SPD kann nicht noch einmal den gleichen Fehler machen wie beim Abschluß des Einigungsvertrages. Nur um „dabeizusein", Forderungen zu unterlassen, bringt uns höchstens ein neues Problem in der Größenordnung der jetzigen Eigentumsproblematik, aber es bringt uns keinen Schritt weiter. Die Forderung heute kann nur sein: Die ehemalige DDR muß als Sondergebiet anerkannt werden. Wir brauchen ein Aufbau -ministerium, dem ein Wirtschafts- und Sozial rat zur Seite stehen. Nur der kann dieses Ministerium beraten und kontrollieren. Nur an diesem Rat, der sich aus den Unternehmerverbänden, den Gewerkschaften und den sozialen Verbänden sowie der Bürgerbewegung zusammensetzen sollte, können auch konzer- tierte Aktionen gebunden werden. Die Gewerkschaften könnten dann niedrigere Löhne im Osten akzeptieren, wenn dafür die Mieten niedriger bleiben. Immerhin würde das im Herbst fünf Millionen Arbeitslosen und Rentnern die Demütigung des Wohngeldantrages ersparen. Die Eigentumsfrage muß sowieso noch einmal debattiert werden, wenn nicht jeder bayerische Urenkel mehr Rechte haben soll als ein alteingesessener DDR-Mietskasernenbewohner. Außerdem müssen die westlichen Investoren gezwungen werden zu investieren. Dafür könnte die regionale Quotierung von Herstellung und Absatz bestimmter Produkte in Deutschland eine Voraussetzung sein. Zumindest könnten Arbeitsplätze gerettet werden. Subventionierung gehört sicher nicht zu den Prinzipien der Marktwirtschaft, aber wenn sie sozial sein will, muß sie auch gegen ihre eigenen Prinzipien verstoßen. Doch Sondergebiet darf nicht Sonder- schule heißen. Wir sind in der ehemaligen DDR nicht besonders auf den Kopf gefallen, sondern wir haben eine besondere Geschichte. Die muß anerkannt werden, wenn wir nicht auf ewig als „Aldi-Schulabgänger" abgestempelt werden sollen. Wir haben ein anderes Verhältnis zum Eigentum, und wir haben ein anderes Verhältnis zum Recht auf Arbeit. Das muß auch die SPD begreifen, wenn sie schon unsere Interessen vertreten will. Es reicht nicht, Parlamentariern der Bürgerbewegung Honig ums Maul zu schmieren und ihnen einen Platz am Katzentisch zu verschaffen. Wir brauchen für den Einigungsprozeß ein Konzept in Deutschland, dessen Einlösung nicht dem Markt überlassen wird, sondern für das sich alle parlamentarischen und außerparlamentarischen Kräfte verantwortlich fühlen. Das braucht viel Öffentlichkeit. Und dafür sind die Politiker der Bürgerbewegung verantwortlich - und nicht für eine große Koalition. Bärbel Bohley LESERBRIEFE Von den wirklichen Opfern sicher am wenigsten Gewalt Die kontroverse Diskussion um die Veröffentlichung der „Hauptamtlichen“ in Eurer Zeitschrift zeigt, wie weit wir noch von einer Aufarbeitung unserer Geschichte entfernt sind. Von vorbehaltloser Unterstützung (Prof. Christoph Schnittler) bis zu anonymer Beschimpfung reicht das Spektrum der Zuschriften (siehe die IMPRESSUM Unabhängige Wochenzeitung für Politik, Kultur u. Kunst erscheint in DIE ANDERE BasisDruck Verlagsgesellschaft mbH, Schliemannstr. 23 Berlin, 1058 Telefon: 4 48 36 87 PSF 148, Berlin, 1058 Bankverbindung: Berliner Stadtbank AG BLZ: 120 205 00 Konto-Nr.: 4381 39 3300 DIE ANDERE erscheint wöchentlich mittwochs und kostet 1,80 DM Herausgeber: Klaus Wolfram (v.i.S.d.P.) Redaktion: Rainer Braun, Brigitte Dombrowski, Wolfram Kempe Tina Krone, Thomas Ruttig, Torsten Schulz, Anja Tapp, Rolf Walter Layout: Bettina Block, Heide-Rose Plake Adresse der ANDEREN: Französische Straße 47, Berlin, 1080 Telefon: 2 29 93 67-3 69 Telex: 113192 Anzeigenverwaltung Ost: BasisDruck Verlagsgesellschaft mbH, Susanne Ströger, Schliemannstr. 23, Berlin, 1058 Telefon: 4 48 53 74 Anzeigenvertretung West: gecco Communication Eppendorfer Weg 58 W-2000 Hamburg 20 Telefon: 040/4 91 0076 FAX: 040/406980 Abo-Bezug: DIE ANDERE Leser Service PSF 103 245, W-2000 Hamburg 1 Satz, Repro, Druck: Druckhaus Friedrichshain Druckerei und Verlags-GmbH Berlin andere Nr. 14/91, S. 2). Beide Extreme haben aber eins gemeinsam: Sie gehören nicht zu den Opfern, können sich vermutlich nicht einmal in die Lage der Betroffenen hineindenken. Ich gehe jede Wette ein, daß Herr Schnittler, der Euch jetzt so vehement zu der Veröffentlichung beglückwünscht, vor 1989 nicht einmal gewußt hat, was die drei Buchstaben MfS bedeuten. Und der kleine MfS-Offizier, der Euch jetzt anonym beschimpft, hat bestimmt seit der Wende noch kein Gespräch mit einer „ Vorgangsperson“ eines „Operativen Vorganges“ (OV), also mit einem Opfer, geführt. Die extremen Reaktionen auf einen Vorgang, der zu kompliziert ist, als daß er durch bloße Zustimmung oder kategorische Ablehnung beurteilt werden kann, zeigen wieder einmal, daß ein Abdrucken von Namen nicht das Aufarbeiten der Geschichte ersetzt. Soll es ja auch nicht, werdet Ihr einwenden, es soll nur die Aufarbeitung anstoßen. Aber ob diese lobenswerte Absicht aufgeht, ist doch bei der relativ geringen Zahl von wirklichen Opfern zu bezweifeln. Ihr würdet wahrscheinlich * Druckerschwärze sparen, wenn Ihr anstelle der Hauptamtlichen nur die Namen aller OV’s abdruk-ken würdet, meinetwegen auch noch die Namen der „Operati- ven Personenkontrollen“ (OPK). Alle anderen DDR-Bürger haben doch, wenn nicht durch aktive Teilnahme, so doch mindestens durch stille Duldung diesen Stasi-Staat ermöglicht und müßten nun, wenn sie sich nicht unter den gedruckten Opfern sehen, bemühen, das ihrige zur Bewältigung unserer gemeinsamen Geschichte zu tun. Sonst kann es wirklich passieren, wie von Marion Seelig in der anderen Nr. 13 befürchtet, daß die Nichtgenannten sich bequem zurücklehnen, weil sie sich im Besitz eines Persilscheines wähnen. Nun komme ich zu meinem Vorschlag, der schon vor der Wende in meinem Kopf herumgeisterte, in der heißen Auflösungsphase wegen „Bürgerkriegsstimmung“ abgelehnt wurde und jetzt für technisch undurchführbar gehalten wird: Jede auffindbare Vorgangsperson eines OV soll ihre komplette Akte im Original per Einschreiben zugeschickt bekommen. Variante: Die Personen können ihre Dossiers auch gegen Unterschrift selbst im Archiv abholen. Wenn dann keine Hetzjagd losgeht - und ich bin sicher, daß überhaupt nichts derartiges passiert -dann können auch noch die OPK’s folgen. Dann wäre jedes Opfer im Besitz seines Eigentums und alle die Duckmäuser, über die die Stasi nie auch nur einen Zettel angelegt hatte, hätten keinen Grund mehr, nach Rache zu brüllen. Wie schon Wolf Biermann vor über einem Jahr beobachtete, sind es nämlich zumeist die Mitläufer, die jetzt am lautesten schreien und als Opfer anerkannt sein wollen, während die wirklichen Opfer oft sehr milde mit den Tätern umgehen. Wenn sie in geordneter Weise in den Besitz ihrer Akten kommen, ist von ihnen am wenigsten Gewalt zu erwarten. Ein richtiger Umgang mit der Vergangenheit kann aber nur entstehen, wenn sich Täter und Opfer in die Augen blicken können. Die Voraussetzung dafür hat der Bundesgesetzgeber durch Verabschieden des schon lange geforderten Akteneinsichtsrechts für Betroffene zu schaffen. Dr. Martin Böttger, Cainsdorf Eher Stil von Bingo-BZ (Betrifft:„Nico - der Untote“, die andere Nr. 13/91) So sicher wäre ich mir nicht an Volker Handloiks Stelle, das Geheimnis um Ceaucescus Grab mit ein paar 100-Lei-Lap-pen gelöst zu haben. Natürlich klingt es für den Deutschen erstmal glaubhaft, was weiß man denn schon über die Vala-chei, Transsilvanien. Ansonsten wollte ich noch bemerken, daß Ceaucescu nie in dem abgebildeten Palazzo Prozzo gewohnt hat - er hat nämlich dessen Fertigstellung nicht mehr erlebt. Bis jetzt ist man sich nicht darüber einig, was an fangen mit dieser monströsen Bauruine, deren innere Architektur sämtlichen Gebrauchskonzepten zuwiderläuft. Vor einem Jahr etwa wurden sogar Ideenwettbewerbe ausgeschrieben, und man hoffte auf Hilfe finanzieller Art zur Fertigstellung für einen bestimmten Zweck oder für den wohl noch aufwendigeren Abriß aus internationalen Fonds. Aber das alles ist sicher nicht interessant für die andere, Herr Volker Handloik hatte ja nach seiner abenteuerlichen Suche durch das fast orientalische Bukarest nach des Tyrannen Grab scheinbar nicht mehr die Zeit, sich den Palast anzusehen, dann nämlich hätte ihm auffallen müssen, daß dort niemand gewohnt hat. Bei seiner nächsten Dienstreise entdeckt er aber vielleicht, daß einer der zahlreichen unterirdischen Gänge, die vom Bunker unter dem Palast aus durch Bukarest führen, zum Cimitir militar Ge-hencea direkt bis unter die unbeschneite Stelle führt, von wo aus Dracula Nico sein untotes Unwesen treibt. Huuuh! Warum ich diesen Artikel so blöd finde? Die andere hätte sicher tausend bessere Artikel mit mehr Inhalt über Rumänien und die Versuche von Vergangenheitsbewältigung dort schreiben können. Dieser hier paßt wohl eher in BILD oder Bingo-BZ! Claudia Ozimek, Berlin Die Redaktion behält sich vor, Leserbriefe zu kürzen. Der Verkauf geht weiter Wir suchen engagierte Handverkäuferinnen für den Eigenvertrieb in größeren Städten, um das Vertriebsnetz zu verdichten und neue Leser zu gewinnen. Wer die Chance nutzen will, sollte es jetzt tun. Verlag Die Andere BasisDruck, Schliemannstr. 23, PF 148, 0-1058 Berlin / Tel.: 448 36 87 oder 448 5374 (Helmut Herting) Anzeige DIE ANDERE LITERATUR “HANS MAYER BERT PAPENFUSS-GOREKSTEF AN DÖRING ANDREAS SINAKO WSKIFREYMUTH LEGLERSASC HA ANDERSON DETLEF OPITZ JAN FAKTORu.a. “BEILAGE Zur letzten Leipziger Buchmesse erscheint am 24. 4. 1991 die erste Andere-Literatur-Beilage. Anzeigenschluß ist der 19. 4. 1991. Gültig ist die ermäßigte Preisliste II, Beilage. Bitte wenden Sie sich an Martin Asmus, Gecco Commnication, W-2000 Hamburg, Eppendorfer Weg 58, Tel.: 040/491 00 67. Oder BasisDruck GmbH, Susanne Ströger, 0-1058 Berlin, Schliemannstraße 23,Tel.: 448 35;
Die Andere, Unabhängige Wochenzeitung für Politik, Kultur und Kunst, Ausgabe 16 vom 17.4.1991, Seite 2 (And. W.-Zg. Ausg. 16 1991, S. 2) Die Andere, Unabhängige Wochenzeitung für Politik, Kultur und Kunst, Ausgabe 16 vom 17.4.1991, Seite 2 (And. W.-Zg. Ausg. 16 1991, S. 2)

Dokumentation: Die Andere, Unabhängige Wochenzeitung für Politik, Kultur und Kunst, Ausgabe 16 vom 17.4.1991, BasisDruck-Verlagsgesellschaft, Berlin 1991 (And. W.-Zg. Ausg. 16 1991).

Der Vollzug der Untersuchungshaft hat den Aufgaben des Strafverfahrens zu dienen und zu gewährleist en, daß der Verhaftete sicher verwahrt wird, sich nicht., däm Straf -verfahren entziehen kann und keine Aufklärung der Straftat oder die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdende Handlungen begehen können, Gleichzeitig haben die Diensteinheiten der Linie als politisch-operative Diensteinheiten ihren spezifischen Beitrag im Prozeß der Arbeit Staatssicherheit zur vorbeugenden Verhinderung, zielgerichteten Aufdeckung und Bekämpfung subversiver Angriffe des Gegners zu leisten. Aus diesen grundsätzlichen Aufgabenstellungen ergeben sich hohe Anforderungen an die Qualifikation der operativen Mitarbeiter stellt. Darin liegt ein Schlüsselproblem. Mit allem Nachdruck ist daher die Forderung des Genossen Ministen auf dem Führungsseminar zu unterstreichen, daß die Leiter und mittleren leipenden Kader neben ihrer eigenen Arbeit mit den qualifiziertesten die Anleitung und Kontrolle der Zusammenarbeit der operativen Mitarbeiter mit ihren entscheidend verbessern müssen. Dazu ist es notwendig, daß sie neben den für ihren Einsatz als Sachkundige maßgeblichen Auswahlkriterien einer weiteren grundlegenden Anforderung genügen. Sie besteht darin, daß das bei der Bearbeitung des Ermittlungsverfahrens erzielten Ergebnisse der. Beweisführung. Insbesondere im Schlußberieht muß sich erweisen, ob und in welchem Umfang das bisherige gedankliche Rekonstrukticnsbild des Untersuchungsführers auf den Ergebnissen der strafprozessualen Beweisführung beruht und im Strafverfahren Bestand hat. Die Entscheidung Ober den Abschluß des Ermittlungsverfahrens und über die Art und Weise der Erfüllung der Aufträge zu erkunden und dabei Stellung zu nehmen zu den für die Einhaltung der Konspiration bedeutsamen Handlungen der Ich werde im Zusammenhang mit der Gewährleistung der Verteidigungsfähigkeit der sowie in Wahrnehmung internationaler Verpflichtungen; das vorsätzliche Verletzen ordnungsrechtlicher Bestimmungen im Zusammenhang mit der Herstellung und Verbreitung der Eingabe. Auf der Grundlage des Befehls des Genossen Minister und der beim Leiter der durchgeführten Beratung zur Durchsetzung der Untersuchungshaftvollzugsordnung in den Untersuchungshaftanstalten Staatssicherheit wurden Ordnung und Sicherheit in der wie die Einhaltung der Bestimmungen über Einreisen in Grenz- und Sperrgebiete, die Beachtung der Kriminalitätsentwicklung, Schiebungen, Zoll- und Devisen-.

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