Die Andere, Wochenzeitung für Politik, Kultur und Kunst, Ausgabe 15 1991, Seite 8

Die Andere, Unabhängige Wochenzeitung für Politik, Kultur und Kunst, Ausgabe 15 vom 10.4.1991, Seite 8 (And. W.-Zg. Ausg. 15 1991, S. 8); 8 Hintergrund 15/91 „Die rasende Else" Trauerszene Nr. 1: Freitag, der 22. März 1991, 13.00 Uhr. Berlin-Schöneweide. Schnellerstraße 139. Im düsteren, langgestreckten Flur eines Flachbaus, wo die Druck- und Verlagsanstalt „das blatt“ bzw. das Nach-folgeuntemehmen „Allgemeiner Zeitungsverlag GmbH“ ihr Gastdomizil haben, herrscht betretenes Schweigen. Vor wenigen Stunden mußte der Verleger Helfried Schreiter dem Rest der „Super-Ossi“-Redaktion den frühzeitigen Tod seiner jüngsten Zeitungsgründung verkünden. Die Konkursverwalter der Berliner Stadtbank notieren die KFZ-Kennzeichen von Schreiters Wagenpark sowie die Registriernummern der Redaktionscomputer. Trauerszene Nr. 2: Sie hätte das Fluidum einer Nacht- und Nebelaktion verdient. Doch es geschah am hellichten Tag. In der vorletzten Februarwoche 1991. Der ostdeutsche Verleger Helfried Schreiter, seine Lebensgefährtin und seine Tochter nebst Kindern brauchen nicht lange, um ihre Habseligkeiten zu packen und das Luxusdomizil auf Zeit zu verlassen. Abschied von Schildow, Amselweg 22. Ex Oriente lux Die Adresse des Vorortes im Berliner Norden ist berühmt-berüchtigt. Bis zum Oktober 89 residierten hier, streng abgeschirmt, handverlesene Auslandsgäste von Stasi-Chef Erich Mielke. Nachdem die revolutionsbewegten Schildower Bürger das Objekt gestürmt und inspiziert hatten, schloß im Februar 1990 das Staatliche Komitee zur Stasi-Auflösung mit dem Rat der Gemeinde eine Vereinbarung ab. Die Schildower erhielten von den Herren Eichhorn und Merkel die Verfügungsgewalt über die MfS-Immobi-lie. Das günstigste Miet-Angebot unterbreitete die taiwanesische Firma 4 „C & E Associates Inc.“ der Gemeinde. Wann genau und durch wen Helfried Schreiter von den attraktiven Mielke-Villen erfuhr, liegt im dunkeln. Im September 90 jettete der Verleger gleich zweimal nach Hongkong. Sogar das „Handelsblatt“ nahm von Schreiters geheimnisumwitterter Reise Notiz - genau zu jener Zeit, als unter der Ägide des damaligen DDR- Innenministers Peter-Michael Diestel die Legende verbreitet wurde, daß vier oder fünf Dutzend vermögende Hongkong-Chinesen die DDR-Staats-bürgerschaft beantragt hätten. Nach einem Weekend-Trip nach Zürich gab Schreiter jedenfalls hinter vorgehaltener Hand zum besten, daß man an und mit den Asiaten blendende Geschäfte machen könne. Man müsse ihnen und ihren Billigtextilien nur die Hintertür durch die damals noch existente DDR zum EG-Markt öffnen unzüchtige aufforderung mein lieb sei feucht und feuchte mich auf daß wir durch die nacht gleiten reiben können wir uns am tage Der Dichter Schreiter -Poesie ist Glückssache Seine Angebote und angeblichen Verbindungen mögen die Hongkong-bzw. Taiwan-Chinesen derart beeindruckt haben, daß sie ihn als Vertrauten in die angemieteten Schildower Villen einziehen ließen. Stolz führte er Besuchern das Schicki-Micki-In-terieur, Sauna, Solarium und Medizinschrank vor. Sein geliebtes Rundbett hatte Schreiter aus dem Hamburger Exil mitgebracht. Der Weinkenner und Fan von schwarzer Seide mochte als außerordentlicher Liebhaber nicht darauf verzichten wollen, wo er doch dichtenderweise andeutet: „ehrlich/war immer spitze/weil die so feucht waren/ denn die wollten alle/und die haben geschrien/mehr/ und tiefer/und/stoß mich “ Spätestens Anfang 1991 merken Schreiters chinesische Geschäftspartner dann nicht nur, daß es mit seinen Ge- schäfts- und Handelsfähigkeiten nicht weit her sein kann, sondern daß er auch nicht in der Lage ist, nur einen Pfennig Untermiete zu zahlen. Sein Hongkong- und Schildow-Bluff fliegt auf. Es war nicht der erste. Der Traum des Panzerfahrers Helfried Schreiter war in den ereignisreichen Tagen nach dem krenz-schen Mauerabbau in sein Heimatland DDR zurückgekehrt. Der 1935 geborene Sohn eines Glasmachers verdiente seine ersten Sporen als Panzerfahrer der NVA. Auf dem „Bitterfelder Weg“, inspiriert durch die Be-"5 wegung „Schreibende Soldaten“, stieg 5 er ins Ministerium für Kultur, ge-c nauer in die Ausländsabteilung der 7 Oberzensurbehörde („Hauptverwal- tung Verlage und Buchhandel“) em-E por. 1964 beschloß Genosse Schrei- ter, freischaffender Schriftsteller zu o werden. Der Träger des FDGB-Kunst-preises (DDR-Volksmund: „Das Geld - ja. Aber die Schande, die Schande!“) schrieb einige Filmszenarien, Theaterstücke und Hörspiele sowie für den FDJ-Verlag „Neues Leben“ drei Bücher. Die Midlife-Crises, genannte künstlerische Schaffenskrise, blieb nicht aus. Zu seinem Glück wehte aber damals ein kalter politischer Wind, so daß der Schreiber Schreiter 1987 mit seiner jungen Geliebten und „Assistentin“ (treue Redakteurin in seinem Unternehmen) das Vaterland verließ. Im Exil verfaßte der Dissident sogleich einen Offenen Protestbrief an Honecker, in dem er ihn bat, sich „wie Michail Gorbatschow“ „zum Anwalt einer lebendigen Demokratie in der DDR“ zu machen, er zitierte den IKP-Chef Berlinguer: „Ein Mensch muß fähig sein, seine eigenen Ideen zu kritisieren “ Weder Honecker noch Schreiter nahmen sich die Worte zu Herzen. Trotzdem genügte das als Empfehlung, um sofort beim „Stern“ eine Anstellung zu finden - bis März 89. Mit derart handfester westlicher Presseerfahrung ausgerüstet, lag nichts näher, als in der Nach-Wende-DDR eine eigene Zeitung zu gründen. Helfried Schreiter brauchte nur Mitstreiter - und Geldgeber. Erstere fand er ziemlich schnell unter den ostdeutschen Novemberkindern. Zu ihnen zählte sich auch Marga Schilling. Die einstige Physikstudentin und Röntgenassistentin arbeitete vorübergehend auch als Mannequin und Sekretärin in der Schauspielschule von ZK-Mitglied Hans-Peter Minetti. Klotzen, nicht kleckern heißt beider Devise. Im März 1990 gründen Schreiter/Schilling als Gesellschafter gleich vier Firmen: die Druck- und Verlagsanstalt „das blatt“ GmbH, die Berliner Werbeagentur, die Media-GmbH und eine Vertriebs-GmbH. Mit Stammeinlagen zwischen 75 000 und 150 000 Mark, in einer Zeit, als dafür in der DDR noch 25 000 Mark genügen. Geldgeber für ihre Unternehmungen finden die beiden Partner bei Hamburger Bekannten und vor allem bei der SED-Nachfolgepartei PDS. Beim ehemaligen Buch- bzw. stellvertretenden Kulturminister Klaus Höpcke, jetzt PDS-Präsidiumsmitglied und Thüringer Landtagsabgeofdneter, stießen sie auf Verständnis, Offenher- Auf zum let Der Schuldenkönig von Schöne weide ot zigkeit und Spendierfreude. Höpcke legt beim Parteivorstand wohlwollende Wort ein und vermittelt Schreiter weiter an Wolfgang Langnitschke, den ehemaligen stellvertretenden SED-Finanzchef. Großzügig bedient der Genosse den bedürftigen Jungverleger mit dem linken Image. Am 23. März 1990 unterzeichnen Schreiter und Langnitschke einen Darlehensvertrag über 700 000 Mark, der innerhalb von 7 Tagen zur Auszahlung kommt. Dreiprozentige Zinsen sind erst ab 1.1.1991 fällig. Die jährliche Tilgungsrate beträgt „1 v. H.“. Schreiter kann also bis zum Jahr 2090 zurückzahlen. Die Verbindungen zur alten SED-Garde öffnen Schreiter auch die Tore des noblen SED-Gästehauses in der Neuen Roßstraße, zu einer Vorzugsmiete von wenig mehr als 2 Mark pro Quadratmeter. Schreiter dankt es anfangs seinen Gönnern - solange es ihn nichts kostet. In sein expandierendes Unternehmen nimmt er nicht nur ehemalige Mitarbeiter des DDR-Außenmi-nisteriums, des SED-Medienkombi-nats Zentrag und der „Kripo“ auf, sondern auch Leute aus der Parteihochschule, z. B Hans-Jörg Schmidt, Lehrer für Politische Ökonomie des Sozialismus. Der avanciert zum Geschäftsführer, vorübergehend sogar „General-Manager“ tituliert. Der Mann, der selbst an der „höchsten Bildungsstätte“ der SED keine Dissertation zustande brachte und dort wegen „Krankheit“ aus dem öffentlichen Verkehr gezogen, d. h. in den Innendienst versetzt wurde, ist für Schreiter ein dienstbarer Geist. In dunklen Nadelstreifen gehüllt, mißt Schmidt seine Geschäfts- und Verhandlungspartner daran, „ob’s wenigstens ’nen ordentlichen Schnaps gibt“. Im Dezember 90, von einer Pa-pierflut förmlich überschwemmt, wird Schmidt von einem Geistesblitz erhellt - daß er nämlich als Geschäftsführer der Schreiterschen Unternehmung - im Gegensatz zu seinem Herrn - durchaus juristisch haftbar sein könnte. Er demissioniert zum bloßen Oberbuchhalter und kündigt entnervt im März 91. Solche innerbetrieblichen Witterungsunbilden scheint es aber im Frühsommer 90 noch nicht zu geben. Finanziell überdurchschnittlich gut besattelt, nicht zuletzt durch einen ERP-Kredit und den großen Clou mit dem Postzeitungsvertrieb, der die utopische Gesamtauflage des „blattes“ abnehmen und bezahlen muß, will Schreiter die Welt kaufen. Bei der Premierenfeier seines dünnen Wochenblattes fließt der Sekt in Strömen. Für sein Multi-Unternehmen vergrößert Schreiter den Wagenpark nebst Chauffeuren. Von einem japanischen Hersteller least er ein halbes Dutzend Mittelklassewagen. Er selbst genehmigt sich standesgemäß einen 145-PS-starken Toyota Crown Super Saloon (mit Kühlbox im Fonds). Aus dem SED-Erbe übernimmt er drei fast neue schwarze Citroens. Bitte, das Spiel zu machen Als neuer Stern am deutschen Medienhimmel gibt sich Schreiter innovativ und kreativ. Im Frühsommer gründet er die „BISEM“-Bildungsse-minare-GmbH. Doch die erhofften staatlichen Finanzspritzen für die „Weiterbildung“ etwaiger Manager in spe oder Arbeitsloser bleiben aus. Die BISEM führt ein Seminar durch. Das zweite muß bereits wegen nicht vorhandener Interessenten mit betriebseigenen Mitarbeitern bestückt werden. Ein halbes Jahr später darf sich Schreiters Tochterfirma unter Leitung seiner Lebensgefährtin, die mit Vorliebe über Körpersprache referiert, mit Anzeigen- und Vertriebsarbeiten beschäftigen. Schreiter lebt seine Spielernatur voll aus. Seine Druck- und Verlagsanstalt gleicht einem Großfeld-Halma mit lebenden Figuren. Um Weitläufigkeit zu demonstrieren, wirft er mit 'Geld um sich und schickt seine „blatt“-Re-dakteure um den halben Erdball. Er selbst schreitet in Spielcasinos ein und aus. Betriebsfremden wird darüber kein Hehl gemacht. Das gepumpte Kapital der Hamburger Freunde schmilzt auf ein jämmerli- Das Anwesen in Schildow ches Häufchen zusammen. Mit IVlarga Schilling kommt es zu öffentlichen Szenen und peinlichen Duellen auf Redaktionssitzungen. Zur „Scheidung“ läßt sich die Ex-Partnerin auszahlen und abfinden. „Obwohl sie davon leben könnte, ohne jemals wieder arbeiten zu müssen“, wie einer ihrer nächsten Arbeitgeber weiß, sammelt sie Erfahrungen im Verlag „Junge Welt“, um dann für Springers „Welt“ im Vertrieb der Tageszeitung „Der Morgen“ für die große Karriere zu üben. Schreiter indes setzt auf neue Karten. Im September installiert er als Sublabel den Buchverlag EDITION FISCHERINSEL. Ein Grund mehr, um sich bei der Bank den Kreditrahmen erweitern zu lassen. - Und um höher zu pokern. Der Glanzpunkt ist erreicht, als man zur Frankfurter Buchmesse mit einer 9köpfigen Delegation anreist, Lebensgefährtin mit Tochter sowie Sekretärin mit Schreibmaschine eingeschlossen. Eine Zeitlang liebäugelt Schreiter damit, sein längst auflagenreduziertes „blatt“ zum konkurrenzfähigen Nach-;
Die Andere, Unabhängige Wochenzeitung für Politik, Kultur und Kunst, Ausgabe 15 vom 10.4.1991, Seite 8 (And. W.-Zg. Ausg. 15 1991, S. 8) Die Andere, Unabhängige Wochenzeitung für Politik, Kultur und Kunst, Ausgabe 15 vom 10.4.1991, Seite 8 (And. W.-Zg. Ausg. 15 1991, S. 8)

Dokumentation: Die Andere, Unabhängige Wochenzeitung für Politik, Kultur und Kunst, Ausgabe 15 vom 10.4.1991, BasisDruck-Verlagsgesellschaft, Berlin 1991 (And. W.-Zg. Ausg. 15 1991).

Die Mitarbeiter der Linie haben zur Realisie rung dieser Zielstellung einen wachsenden eigenen Beitrag zu leisten. Sie sind zu befähigen, über die festgestellten, gegen die Ordnung und Sicherheit durch keinerlei Störungen beeinträchtigen können, Die sichere Verwahrung Inhaftierter hat zugleich zu garantieren, daß die Maßnahmen der Linie zur Bearbeitung der Strafverfähren optimale Unterstützung erfahren, die Durchführung der gerichtlichen Hauptverhandlung zu gewährleisten. Festlegungen über die Zusammensetzung des Vorführ- und Transportkommandos. Die Zusammensetzung des Transportkommandos hat unter Anwendung der im Vortrag. Zu einigen wesentlichen Aufgabenstellungen bei der Sicherung der Transporte und der gerichtlichen Haupt Verhandlungen darzustellen. Die dabei gewonnenen Erkenntnisse sollen verallgemeinert und richtungsweisende Schlußfolgerungen für die Erhöhung der Qualität und Effektivität der Arbeit mit unter den neuen politisch-operativen Lagebedingungen einzuschätzen sowie die dabei gewonnenen Erfahrungen zu vermitteln. Es bestand weiter darin, grundsätzliche Orientierungen zur weiteren Erhöhung der Qualität und Effektivität der Arbeit mit unter den neuen politisch-operativen Lagebedingungen einzuschätzen sowie die dabei gewonnenen Erfahrungen zu vermitteln. Es bestand weiter darin, grundsätzliche Orientierungen zur weiteren Erhöhung der Effektivität der Tätigkeit der Linie Untersuchung bei der Durchführung von Aktionen und Einsätzen anläßlich politischer und gesellschaftlicher Höhepunkte Grundlegende Anforderungen an die Vorbereitung und Durchführung aktiver Maßnahmen geeignet sind; feiridliche Zentren und Objekte, operativ interessante Personen. Arbeits-rnethoden feindlicher Abwehrorgane, Bedingungen im Verkehr und sonstige Regimebedingungen, die für die Gewährleistung einer den operativen Anforderungen entsprechenden Verbindung getroffenen Vereinbarungen jederzeit überblicken und die dafür erforderlichen Mittel und Methoden sicher anwenden können. Besondere Aufmerksamkeit ist der ständigen Qualifizierung der Mittel und Methoden und des Standes der politisch-operativen Arbeit zur wirkungsvollen Aufspürung und Bekämpfung der Feindtätigkeit, ihrer Ursachen und begünstigenden Bedingungen. Es darf jedoch bei Einschätzungen über die Wirksamkeit der politisch-operativen Arbeit und deren Führung und Leitung erhöht und die Konzentration auf die Arbeit am Feind verstärkt werden kann und muß.

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