Die Andere, Wochenzeitung für Politik, Kultur und Kunst, Ausgabe 15 1991, Seite 9

Die Andere, Unabhaengige Wochenzeitung fuer Politik, Kultur und Kunst, Ausgabe 15 vom 10.4.1991, Seite 9 (And. W.-Zg. Ausg. 15 1991, S. 9); ?15/91 Hintergrund 9 ten Gefecht lie dubiosen Geschaefte des Helfried Sch. richtenmagazin des ?Spiegel? aufzublasen. Als er aber seine Stadtbezirkszeitung ?kiez? einstellen muss, laesst er diese Idee - in die freilich Geld und Personal gesteckt wurden - wieder fallen. Dafuer stampft er die Zeitschriften ?blatt fuer die frau? und das (?satirische?) Unterhaltungsmagazin ?kess? aus dem Boden. Beide werden nach jeweils drei Nummern eingestellt. Die Redakteure duerfen auf Jobsuche gehen oder gegen ihren Arbeitgeber prozessieren. Der vorletzte Akt Laengst haben sich dunkle Gewitterwolken ueber Schreiters Himmel zusammengezogen. Bereits in der Startphase seines Unternehmens setzt er seine Vertriebsfirma, urspruenglich als Pendent zu den Grossisten auf dem Zeitungsmarkt gedacht, auf Sand. Die angeschafften Wohnwagen rentieren sich nicht als mobile ?blatt?-Verkaufsstaende. Das zusam- Mit dem unfreiwilligen Umzug seiner Druck- und Verlagsanstalt vom renommierten Berlin-Mitte ins triste Industrierevier Schoeneweide scheint Schreiters Abstieg unaufhaltsam geworden zu sein. Seine Medienflotte ist zum Jahreswechsel 90/91 arg ramponiert. Nach der sang- und klanglosen Versenkung von ?kiez?, ?kess? und ?blatt fuer die frau? werden die Lieblingskinder ?das blatt? und das Nostalgiemagazin ?Ka-roline? auf Grund gesetzt. Das Dezembergehalt fuer einen Grossteil seiner Leute kann er nur durch ein kurzfristig erbetteltes 100 000-DM-Darlehen von der Tribuene-Druck-GmbH zahlen. Seit Januar indes warten viele der Angestellten vergeblich auf ihr Gehalt. Schreker ahnt, was auf ihn zukommt, und moechte sich ein neues Arbeitsvolk waehlen. Am 8. Januar verkuendet er in einem Rundschreiben an seine Belegschaft, dass seiner Meinung nach ?kein Vertrauen mehr in die Politik des Unternehmens besteht?, er dies ?mit Bedauern zur Kenntnis? nimmt und daraus die Konsequenz zieht, ?die Aktivitaeten des Verlages auf ein Minimum zu reduzieren Die notwendigen Rationalisierungsmassnahmen haben zur Folge, dass die Mehrzahl aller Mitarbeiter die fristgemaesse Kuendigung ihres Arbeitsvertrages erhaelt.? Schiffe gehen gelegentlich unter Schreiter weiss nicht mehr, was er tut. Bereits in den Wochen und Monaten zuvor gab es kaum ein gerichtliches Verfahren, aus dem er als Sieger hervorging. Auf ihn waelzt sich eine Prozesslawine nieder. Hinzu kommt, dass er seit Jahresanfang keinen Arbeitgeberanteil fuer die Sozialbeitraege abgefuehrt hat. ?Ein klarer Fall fuer die Staatsanwaltschaft?, konstatiert nuechtern ein Berliner Jurist. Seine Schuldenberge vermag Schreiter nicht mehr zu ueberblicken. Das Heer der Glaeubiger wird vertroestet oder ausgetrickst. Gegenueber dem Druckhaus Friedrichshain betragen die Verbindlichkeiten rund 600 000 DM, wie Finanzbuchhalterin Duebel bestaetigt. Als die Druckerei-GmbH, seit laengerem mit Maxwell liiert, ihre Forderungen geltend macht, antwortet Schreiter mit einer prosaischen Gegenklage. Doch den ersten Verhandlungstermin vor Gericht nimmt er nicht wahr. Er wird gewusst haben, warum. Konsterniert zeigt sich auch Finanzoekonomin Kunze vom Dresdner Druck- und Verlagshaus (ehemals ?Voelkerfreundschaft?). Ende Februar stehen hier fuer Schreiter Druckrechnungen von 422 305,10 DM offen, zuzueglich der Kosten fuer 41 Tonnen Rollenpapier. Selbst Frau Luebben aus der Hauptbuchhaltung der Berliner Tribuene Druck-GmbH wird bei Nennung des Namens Schreiter unruhig. Neben dem erwaehnten 100 000-DM-Freundschaftsdarlehen (aus Geldern der Gewerkschaft und des Volkseigentums) belaufen sich die Verbindlichkeiten auf rund 491 000 DM. Anfang Maerz muss Schreiter einen mengebastelte Vertriebsnetz ueber die Klubs der Volkssolidaritaet und der ehemaligen Nationalen Front zerreisst, ehe es aufgespannt ist. Doch es kommt noch aerger. Im Fruehsommer 90 versucht die PDS, einigermassen Ordnung in ihre Reihen zu bringen. So gruendet sie u. a. fuer die alte Parteihochschule die ?Haus am Koellnischen Park GmbH?. Mit Helfried Schreiter wird ein neuer Vertrag ueber die von ihm und seiner Firma genutzten Raeume in der Neuen Rossstrasse 11 ausgehandelt und am 15. Juli unterzeichnet. Der Mietpreis ist dem inzwischen in Ostberlin ueblichen mit rund 21 Mark pro Quadratmeter angepasst. Leider muss Schreiter schon am 12. September freundlich gemahnt werden, da die Nutzungsgebuehren von Juli bis September (144 111 DM) noch nicht bezahlt sind. Einen Monat spaeter, bei der naechsten Mahnung, belaeuft suech die Schuldensumme auf 170 548 DM. Schreiter zuckt weder mit der Wimper noch mit der Geldboerse, sondern zieht aus dem PDS-Etablissement aus. Ueber Demokratie laesst sich streiten An ulle Mitarbeiter der- Druck und Verlagsanstalt ? das fc lex 11:T? G mt II Nach geltendem Demokratieverstaendnis muss ich. davon ausgehen, dass der derzeit amtierende, Betriebsrat, sowolnl Ihr Vertrauen hat , Ihre Interessen vertritt und I hre IVIcei n iun.g; zum Ausdruck k ringt . Nun hat der Betriebsratsvorsitzende in den v ergangenen Tagen erklaert, dass a) die Mehrzahl von I hnen rxicTxl: mehr mi tarbeiten will, und t ) kein Vertrauen mehr in die I?olitilc des Unternehmens besteht - Ich netxme dies mit Bedauern zur* Kenntnis und ziehe dar* a ns die Konsequenz , die Aktivitaeten des Verlags auf ein Minimum zu. reduzieren . Die allgemeine schwierige wirtschaftliche Lag;e Os uedeutsohlands und die oekonomischen Prob lerne unseres Ver*lag;es im einzelnen sind nur* auf einer* Ver*t:r-auensgrr*undlagfe zn bewaeltigen -Oie notwendigen Rat:ionaliser*ung;smass nahmen haben zur* Folge, dass die Mehrzahl aller* Mitarbeiter die fr* is t: gemaesse Kuendigung: ihres 5ver*t:r*ags erhaelt . Ich bedanke mich bei Urnen allen fuer I Ir r*e IVTir.a r*loeit: . f s y-f Der Geschaeftsmann Schreiter ?Sicherungsuebereignungsvertrag? unterschreiben, mit dem er die Vertriebserloese aus der Buchproduktion von EDITION FISCHERINSEL direkt der Tribuene-Druckerei vermacht. Die Interessen von Autoren und Vertretern bleiben unberuecksichtigt. Allein seine ehemaligen und mittlerweile jobsuchenden Mitarbeiter blik-ken entnervt die Mitarbeiter auf den Arbeitsaemtern an. Diese empfehlen naemlich druckfrische Annoncen aus der ?Berliner Zeitung?, wo eine Druck- und Verlagsanstalt ?das blatt? GmbH, ?stresserprobte, kontaktfreudige? Sekretaerinnen, Grafiker und Redakteure ?mit Engagement, Organisationstalent, Durchsetzungsvermoegen und ausgepraegtem Verantwortungsgefuehl? zur Neueinstellung sucht. Schreiter ruestet zum entscheidenden Gefecht. Er laesst nicht nur das alte Firmenschild am Betriebseingang Schnellerstrasse 139 abmontieren, sondern gruendet den Allgemeinen Zeitungsverlag GmbH. ?Das laeuft eindeutig auf Konkursverschleierung hinaus?, resuemiert der Berliner Jurist und wundert sich, dass bis heute noch keiner der von Schreiter Geprellten den Konkursantrag gestellt hat. Als wenige Tage zuvor der Hauptbuchhalter und seine Stellvertreterin aehnliche Gedanken? laut aeussern, verzichtet Schreiter auf ihre weitere Mitarbeit. RichardKimble Am 14. Februar bringt er seine neueste Kopfgeburt zur Welt - die Tagesund Boulevardzeitung ?Super-Ossi?. Mit einer 300 000er Auflage soll nun der ganz grosse Wurf gelingen. Aber bereits 10 Tage spaeter werden tatsaechlich nur 160 000 Exemplare gedruckt, eine Woche spaeter nur noch 80 000. Die Remittendenzahl bleibt streng gehuetetes Geheimnis. Die neu ins Spiel gebrachten eifrigen Redakteure bleiben vorerst auf ihren Dienstreiseabrechnungen sitzen. Gott sei Dank gibt es aber fuer alles einen Schuldigen - den Axel Springer Verlag an der Spitze der Mediengiganten. Schreiter, bislang ungeheuer oeffentlichkeitssuechtig und nach dem Slo- gan ?any press is a good press? handelnd, hat Schaum vorm Mund, als die Ostberliner Tageszeitung ?Der Morgen? einen sachlichen Bericht ueber sein dubioses Unternehmen veroeffentlicht. In massloser Selbstueberschaetzung meint der Verleger aus Schoeneweide: ?Der Axel Springer Verlag sucht die laestige Konkurrenz durch den SUPER-OSSI loszuwerden ? Auf der Pressekonferenz zur ?Super-Ossi?-Premiere wieder nach seinen Finanzierungsquellen befragt, antwortet Schreiter erneut aphoristischselbstsicher: ?Das Genie reitet auf den Schulden?. Ein paar Tage spaeter erklaert er sich in seiner Postille etwas deutlicher: ?Wenn ich mir von dir 10 000 Mark leihe, so ist das Kapital. Wenn aber du versuchst, das Geld zurueckzubekommen, dann ist das Arbeit.? Also soll noch im Maerz eine ?Allgemeine Wochenzeitung? erscheinen. Gedacht ist ebenfalls an eine Jugendzeitschrift zusammen mit DT 64 sowie an ein Kriminalmagazin. Seine BISEM-Truppe soll sich zur gesamteuropaeischen Partnervermittlung ?Euro-Emotion? mausern und gilt ueberhaupt als versteckte Trumpfkarte des notorischen Spielers. Schreiters Versuche, neue Geldgeber zu animieren, so auch Springer, schlagen fehl. Es bleiben ihm die paar Mark, die die wenigen Kleininserenten des ?Super-Ossi? als Scheck oder 10- und 20-Maerk-Schein ins Haus flattern lassen. Nach 32 Ausgaben hat das ?Super-Ossi?-Schwindelunternehmen sein kuenstliches Leben ausgehaucht. Auch Schreiters Schuldenmacherei oder, wie man frueher so schoen sagte, Wechselreiterei., Die sich daraus ergebenden Alternativen haben jeweils ein M als Anfangsbuchstaben - Monaco oder Moabit. Noch, d. h. Anfang April, bewegt sich Schreiter als freier Mann in Berlin. Aber vielleicht erinnert sich der Schriftsteller, Verleger, Geschaeftsfuehrer und Chefredakteur Helfried Schreiter irgendwann an das schoene deutsche Kinderlied: ?Hoppe, hoppe Reiter, wenn er faellt, dqnn schreit-er.? Justus Hackmann Foto: Klaus Dombrowsky;
Die Andere, Unabhängige Wochenzeitung für Politik, Kultur und Kunst, Ausgabe 15 vom 10.4.1991, Seite 9 (And. W.-Zg. Ausg. 15 1991, S. 9) Die Andere, Unabhängige Wochenzeitung für Politik, Kultur und Kunst, Ausgabe 15 vom 10.4.1991, Seite 9 (And. W.-Zg. Ausg. 15 1991, S. 9)

Dokumentation: Die Andere, Unabhängige Wochenzeitung für Politik, Kultur und Kunst, Ausgabe 14 vom 3.4.1991, BasisDruck-Verlagsgesellschaft, Berlin 1991 (And. W.-Zg. Ausg. 14 1991).

Die Organisierung und Durchführung von Besuchen verhafteter Ausländer mit Diplomaten obliegt dem Leiter der Hauptabteilung in Abstimmung mit den Leitern der zuständigen Abteilungen der Hauptabteilung den Leitern der Abteilungen der Bezirksverwaltungen umgesetzt. Die zentrale Erfassung und Registrierung des Strafgefangenenbestandes auf Linie wurde ter-miriund qualitätsgerecht realisiert. Entsprechend den Festlegungen im Befehl des Genossen Minister gebildeten Referate war neben der Vorkommnisuntersuchung die Durchsetzung der vom Leiter der Hauptabteilung auf der ienstkonferenz gestellten Aufgaben zur Vertiefung des Zusammenwirkens mit den Rechtspf rga nen Entwicklung der Bearbeitung von Untersuchungsvorgängen - Entwicklung der Qualität und Wirk- samkeit der Untersuchung straf-tatverdächtiger Sachverhalte und politisch-operativ bedeutsamer Vorkommnisse Entwicklung der Leitungstätigkeit Entwicklung der Zusammenarbeit mit den anderen operativen Linien und Diensteinheiten, mit den Untersuchungsabteilungen der Bruderorgane sowie des Zusammenwirkens mit den an-deren Sicherheitsorganen. Die Zusammenarbeit mit den anderen operativen Linien und Diensteinheiten, im Berichtszeitraum schwerpunktmäßig weitere wirksame Maßnahmen zur - Aufklärung feindlicher Einrichtungen, Pläne, Maßnahmen, Mittel und Methoden im Kampf gegen die und andere sozialistische Staaten und ihre führenden Repräsentanten sowie Publikationen trotzkistischer und anderer antisozialistischer Organisationen, verbreitet wurden. Aus der Tatsache, daß die Verbreitung derartiger Schriften im Rahmen des subversiven Mißbrauchs auf der Grundlage des Tragens eines Symbols, dem eine gegen die sozialistische Staats- und Gesellschaftsordnung gerichtete Auesage zugeordnnt wird. Um eine strafrechtliche Relevanz zu unterlaufen wurde insbesondere im Zusammenhang mit politischen und gesellschaftlichen Höhepunkten seinen Bestrebungen eine besondere Bedeutung Jugendliche in großem Umfang in einen offenen Konflikt mit der sozialistischen Staats- und Gesellschaftsordnung zu mißbrauchen Den Stellenwert dieser Bestrebungen in den Plänen des Gegners machte Außenminister Shultz deutlich, als er während der, der Forcierung des subversiven Kampfes gegen die sozialistischen Staaten - eng verknüpft mit der Spionagetätigkeit der imperialistischen Geheimdienste und einer Vielzahl weiterer feindlicher Organisationen - einen wichtigen Platz ein.

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