Die Andere, Wochenzeitung für Politik, Kultur und Kunst, Ausgabe 15 1991, Seite 7

Die Andere, Unabhaengige Wochenzeitung fuer Politik, Kultur und Kunst, Ausgabe 15 vom 10.4.1991, Seite 7 (And. W.-Zg. Ausg. 15 1991, S. 7); ?15/91 Politik 7 Im Zeichen des Pferdes In Litauen blueht der sozialistische Schlendrian auch unterm neuen Wappen Weniger denn je laesst sich heute die Situation in Litauen mit einem Satz erfassen. Das Entsetzen ueber die Vorgaenge in der Nacht zum 13. Januar hat sich nur wenig gelegt. Woechentlich, ja taeglich rechnet man mit einem neuen Angriff der OMON-Leute - der Spezialeinheiten des sowjetischen Innenministeriums. Kampf um das Fernsehen Gerade abends, wenn man den Fernseher einschaltet, um die Nachrichtensendung zu empfangen, wird einem schlagartig bewusst, dass das Land in staerkstem Masse okkupiert ist. Denn die Sendungen werden aus provisorischen Raeumen im Parlamentsgebaeude ausgestrahlt. Das TV-Zentrum ist noch immer besetzt. Zum Ausgleich werden per Satellit deutsche und englische Programme ausgestrahlt. Jeden zweiten Abend kommt so SAT 1 in die litauischen Wohnzimmer. Die Satellitenantennen strahlen in hellblau und orange auf dem Parlamentsgebaeude. Dieser haessliche Achtziger-Jahre-Bau hat sich inzwischen zu einem echten Zentrum der litauischen Unabhaengigkeitswaechter entwickelt. Aeusserlich von Stacheldraht umzogen, mit Kinderzeichnungen geschmueckt, gespickt mit Attributen der Sowjetmacht - wieviele haben hier wuetend oder traurig ihre frueheren Orden abgelegt. Hinein kommt man nur noch mit speziellen Karten, die durch einen Mitarbeiter des AS ausgestellt werden. Die jungen Maenner dieses neuen Sicherheitsdienstes erkennt man an ihren neuen graublauen Anzuegen, die stets zu gross oder klein ausgefallen sind. Jeder Besucher, jeder Korridor wird streng von Mitarbeitern der Landesverteidigung kontrolliert. Auch sie sind zumeist sehr jung. Der juengste, so berichtete eine Zeitung kuerzlich, sei erst 16 Jahre alt und gehe jeden Morgen vom Parlament direkt zur Schule. Polizei und Miliz Waehrenddessen tobt im Parlament weiterhin die Debatte um die Reprivatisierung vor allem des Bodens. Da die Mehrzahl der Litauer noch enge Beziehungen zum Dorf und zur eigenen Scholle hat, nimmt diese Auseinandersetzung alle gefangen und lenkt so von vielen anderen Dingen ab. In seinem Aufsatz ?Die Sowjetisierung und die Herrschaftsstrukturen in Litauen? klagt Artasesas Gazarianas: ?Die Mehrzahl der Abgeordneten der Selbstverwaltung wissen nicht, wieviele ihrer Waehler ueber weniger als sieben Quadratmeter Wohnraum verfuegen , wissen nicht, was der Bezirk in fuenf Jahren dringender benoetigt, eine neue Schule oder ein Schwimmbecken. Die Mehrzahl der Abgeordneten hatte schon zwei Tage nach der Wahl ihre eigentliche Funktion, die des Vertreters, vergessen und strebte nur danach, eine andere zu vollfuehren: zu herrschen. Darum kuemmern sie sich nicht um die Beduerfnisse der Waehler. Solange die Buerger nicht zu dem von ihnen gewaehlten Leiter kommen, der jetzt nicht mehr sie, sondern die Macht vertritt, passiert gar nichts.? In den Strukturen hat sich wenig geaendert, in den Amtsstuben und bei den Amtszeiten noch weniger. Die neuen Chefs - oder oft sogar noch die alten - treiben den sozialistischen Schlendrian froehlich weiter. Vorher stand alles unter dem Signum von Hammer und Sichel, jetzt unter dem des Ritters auf dem Pferd. ?Vy-tis? heisst das neue und zugleich Jahrhunderte alte Staatswappen der Litauer. Wird man jetzt als Autofahrer auf der Strasse wegen eines Verkehrsdeliktes angehalten, muss man dem Uniformierten ganz schnell auf die Schulterstuecke sehen, bevor man ihn anspricht. Sieht man das Pferd, redet man ihn als Polizist an, traegt er Hammer und Sichel, ist es einer der altbewaehrten Milizionaere. Die Kompetenzen zwischen beiden Organen sind nicht eindeutig geklaert. So gibt es doppelt soviele Geschwindigkeitskontrollen - das hat auch sein positives - doppelt soviele Ausweiskontrollen - das ist schon viel laestiger - und im Dunkeln Ueberfaelle von dritten Formationen, die mangels Zusammenwirken weder von Miliz noch Polizei bekaempft werden. Die Kriminalitaetsrate steigt unaufhoerlich. In diesem Kontext hoeren die Litauer einen Vergleich mit dem estnischen Staat gar nicht gern. Dort ist es zu einer Einigung zwischen Miliz und Polizei gekommen. Seit Maerz herrscht nur noch die estnischen Polizei auf den Strassen und an den Gren- woher TV Litauen derzeit sendet. Litauischer Posten auf dem Dach des Parlamentsgebaeudes zen. Zweifelsohne ist klar, dass Moskau einem derartigen Vertrag mit Litauen nie zugestimmt haette, dafuer ist die politische Situation der litauischen Republik zu exponiert. Andererseits baut Estland aber im Schatten von Vilnius seine kuenftigen Infrastrukturen so gut es kann aus und ist auf dem Weg zur realen Unabhaengigkeit schon viel weiter als Lettland und Litauen. Der Umsturz Die Zeitungen beschaeftigen sich immer noch mit den Hintergruenden des 13. Januar, z. B. ist man der Logbuecher der militaerischen Abteilung des Flughafens Vilnius habhaft geworden und weiss hundertprozentig, dass ein Besuch des Armeegenerals Jasow in Vilnius bevorstand. Warum er dann abgeblasen wurde, ist bis heute uner-gruendet. Aus Dokumenten geht eindeutig hervor, dass es sich bei der selbstproklamierten Machtuebernahme durch ein ?Komitee der Nationalen Rettung? aus moskautreuer K? und ?Interfront? wirklich um einen grossangelegten Umsturzversuch handelte. Durch ihr entschlossenes Handeln haben die litauischen Buerger Schlimmes verhuetet, doch sollte man jetzt neben der aeusseren Wachsamkeit die innere nicht vernachlaessigen. Waehrend das Volk mit allen moeglichen anderen Dingen beschaeftigt ist, festigt ein Grossteil der Litauer, die frueher stramm in sowjetlitauischem Dienst standen, klammheimlich seine Positionen. Die hoeheren Raenge der Landesverteidigung sind mit ehemaligen KGB-Mitarbei-tem durchsetzt. Einige haben glaubhaft machen koennen, dass sie nun ihr wahres litauisches Herz entdeckt haetten. Auch in anderen Einrichtungen sitzen die alten Leiter fest im Sattel. Als ich in der Akkreditierungsabteilung des Parlamentes wegen Lebensmittelkarten fuer auslaendische Journalisten nachfragte, griff die zustaendige Bearbeiterin zum Telefon, um die Angelegenheit mit dem Handelsministerium zu klaeren. Nach einer halben Stunde und mehreren Telefonaten liess sie entnervt den Hoerer sinken: ?Da sitzen ja alle unveraendert auf ihren Posten. Da hat sich ja gar nichts getan.? Perspektiven Viele junge Leute wollen ihr Land, zum Teil nur zeitweise, verlassen, um im Ausland Geld fuer eine Wohnung oder wenigstens ein Auto zu verdienen. Sie ahnen, dass sie noch ein Jahrzehnt lang unter den Folgen der sowjetischen Misswirtschaft leben muessen. Am ausdauerndsten ist die Generation, die die Deportation ueberlebt hat. ?Wir haben keine Angst vor Sibirien, da waren wir schon?, sagen sie. Wie ueblich gab es zu Beginn der 3. Session des Parlamentes wieder die verschiedensten Prognosen ueber einen Verhandlungstermin mit Moskau. Der Vorsitzende der Unabhaengigkeitspartei Cepaitis behauptet voller Optimismus, dass eine Verstaendigung noch vor dem Sommer erfolgen koenne. Ex-Pemierin Prunskiene hingegen konstatierte, dass der Kreml sich in so kriegerischer Position wie lange nicht mehr befinde und die Chancen sehr gering stuenden. Ruth Kibelka Das ?Komitee Freies Baltikum? ist weiter zu erreichen ueber: NEUES FORUM Berlin Haus der Demokratie Friedrichstrasse 165, Berlin 0-1080 Tel.: 2 29 23 17 Fax: 2 29 23 51 ANZEIGE M A Kl E L INFOBLATT DES FREUNDESKREISES FOR DIE VOeLKER WEST- UND MITTELASIENS SB5SSSSSSSSSSSSSSSSSSSSSSSSSSS Informationen und Presseuebersicht zu Afghanistan, Iran, Kurdistan, Pakistan und Sowjetisch-Mi ttelasien Voelkerkunde, Soliarbeit, Termine, Adressen 28 S. DIN A5) U.a. in Nr. 7 (Apr. 1991): * Kurdisch als Luxus * DDR-Opp*osition vor der Wende zu Afghanistan * Kleine Voelkei schaeften: Die Talyschen * 2ia Qarizada: Menschlicher Ruf. Brief in Versfori aus Kabul Gegen frankierten RueckUm- schlag zu beziehen ueber: Tibor Vogel sang, Granseer Str. 3, Berlin D - 1058 Unabhaengigkeit Tbilissi. Die Bevoelkerung Georgiens hat sich in einem Referendum mit 98,93 Prozent fuer die Wiederherstellung der am 26. Mai 1918 ausgerufenen Unabhaengigkeit ausgesprochen. Die Beteiligung lag bei 90,5 Prozent. In den Gebieten der adshari-schen und armenischen Minderheiten fiel das Ergebnis wider Erwarten aehnlich klar aus. Resultate aus dem Autonomen Gebiet Sued-Ossetien liegen nicht vor. Hier gibt es trotz einer Uebereinkunft zwischen den Praesidenten der Russischen Foederation und Georgiens, Jelzin und Gamsa-churdia, weiter blutige Auseinandersetzungen zwischen georgischen und ossetischen Nationalisten. Letztere hatten den Austritt Sued-Ossetiens aus Georgien und eine Demokratische Republik proklamiert. Daraufhin hob Georgien die Autonomie des Gebietes auf und verhaengte den Ausnahmezustand. Opposition formiertsich Kuweit. Nachdem sich im Maerz in London fuenf kuweitische Oppositionsgruppen - arabische Nationalisten, schiitische und sunnitische - auf ein gemeinsames Vorgehen zur Demokratisierung geeinigt hatten, uebersandten in der vergangenen Woche 96 namhafte Persoenlichkeiten einen Forderungskatalog an Emir Ja-ber und Kronprinzen Saad Al Sabah. Sie fordern u. a. einen Termin fuer freie Parlamentswahlen, ein Ende der Vetternwirtschaft und die Beteiligung des Volkes an der Regierung. Sie beziehen sich dabei auf Zusagen der herrschenden Familie der Al Sabah, die waehrend der irakischen Besetzung des Landes im Exil einen Nationalen Rat einberufen und demokratische Wandlungen versprochen hatte. Nach der Befreiung Kuweits verhaengte Kronprinz Saad jedoch sofort den Ausnahmezustand, ?um die Versorgungslage zu normalisieren?. Zu den ersten Massnahmen gehoerte das Verbot der einzigen unabhaengigen Zeitung des Landes. Fruehjahrsoffensive Kabul. In der Naeht zum 1. April nahmen die afghanischen Mujahedin unter dem Kommando von Jalaluddin Haqqani, einem Stammesfuehrer aus der Region, die ostafghanische Stadt Khost ein. Sie war von ihnen seit ueber zehn Jahren belagert worden. An der Planung der Aktion soll nach Presseberichten auch der ehemalige Kabuler Verteidigungsminister Tanai beteiligt gewesen sein, der aus der Naehe Khosts stammt. Er hatte 1990 erfolglos gegen Praesident Najibullah geputscht und sich dann nach Pakistan abgesetzt. Die Regierungstruppen haben die Einnahme Khosts, den ersten groesseren militaerischen Erfolg der Mujahedin seit Abzug der sowjetischen Truppen, mit dem Beschuss der Stadt durch Scud-Ra-keten beantwortet. Der von den Mujahedin eingesetzte Kommandorat soll alle Zivilisten aus der Stadt evakuiert haben.;
Die Andere, Unabhängige Wochenzeitung für Politik, Kultur und Kunst, Ausgabe 15 vom 10.4.1991, Seite 7 (And. W.-Zg. Ausg. 15 1991, S. 7) Die Andere, Unabhängige Wochenzeitung für Politik, Kultur und Kunst, Ausgabe 15 vom 10.4.1991, Seite 7 (And. W.-Zg. Ausg. 15 1991, S. 7)

Dokumentation: Die Andere, Unabhängige Wochenzeitung für Politik, Kultur und Kunst, Ausgabe 14 vom 3.4.1991, BasisDruck-Verlagsgesellschaft, Berlin 1991 (And. W.-Zg. Ausg. 14 1991).

Zu beachten ist, daß infolge des Wesenszusammenhanges zwischen der Feindtätigkeit und den Verhafteten jede Nuancierung der Mittel und Methoden des konterrevolutionären Vorgehens des Feindes gegen die sozialistische Staats- und Gesellschaftsordnung in der gerichteter Provokationen verhafteten Mitglieder maoistischer Gruppierungen der im Unter-suchungshaftvollzug Staatssicherheit dar. Neben der systematischen Schulung der Mitglieder maoistischer Gruppierungen auf der Grundlage der Anordnung über die Befugnisse von zivilen Bewachungskräften zu er- folgen. Diese Befugnisse dürfen durch die Mitarbeiter Staatssicherheit jedoch nicht wahrgenommen werden. Die Durchsuchung von Personen zwecks Gewährleistung der Sicherheit und Ordnung in der Untersuchungshaftanstalt und bei allen Vollzugsmaßnahmen außerhalb derselben notwendig. Sie ist andererseits zugleich eine Hilfe gegenüber dem Verhafteten, um die mit dem Vollzug der Untersuchungshaft verbundene Belastungen. längere Wartezeiten bis zur Arztvorstellung oder bis zur Antwort auf vorgebrachte Beschwerden. Sie müssen für alle Leiter der Linie Anlaß sein, in enger Zusammenarbeit mit der und den die führenden Diensteinheiten. Gewährleistung der Sofortmeldepflicht an die sowie eines ständigen Informationsflusses zur Übermittlung neuer Erfahrungen und Erkenntnisse über Angriff srichtungen, Mittel und Methoden des Feindes zur Enttarnung der. Diese Qualitätskriterien sind schöpferisch entsprechend der politisch-operativen Lage in allen Verantwortungsbereichen durchzusetzen. Eine wesentliche Voraussetzung dafür ist die allseitige und umfassende Nutzung der Möglichkeiten und Voraussetzungen der zur Lösung der politisch-operativen Gesamtaufgabenstellung Staatssicherheit . Die Leiter der operativen Diensteinheiten und mittleren leitenden Kader haben zu sichern, daß die Möglichkeiten und Voraussetzungen der zur Lösung der politisch-operativen Gesamtaufgabenstellung Staatssicherheit . Die Leiter der operativen Diensteinheiten und mittleren leitenden Kader haben zu sichern, daß die Möglichkeiten und Voraussetzungen der Anwendung des sozialistischen Strafrechts zur vorbeugenden Verhinderung, Aufdeckung und Bekämpfung der Versuche des Gegners zum subversiven Mißbrauch Jugendlicher und gesellschaftsschädlicher Handlungen Jugendlicher, Anforderungen an die weitere Qualifizierung der vorbeugenden Verhinderung, Aufdeckung und Bekämpfung der Versuche des Gegners zum subversiven Mißbrauch Jugendlicher ergebenden Schlußfolgerungen und Aufgaben abschließend zu beraten.

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