Die Andere, Wochenzeitung für Politik, Kultur und Kunst, Ausgabe 12 1991, Seite 7

Die Andere, Unabhängige Wochenzeitung für Politik, Kultur und Kunst, Ausgabe 12 vom 20.3.1991, Seite 7 (And. W.-Zg. Ausg. 12 1991, S. 7); 12/91 Politik 7 Das Armenhaus der Welt Bangladesh: Zwanzig Jahre im Teufelskreis von Armut und Gewalt Am 26. März vor zwanzig Jahren proklamierte Bangladesh, das ehemalige Ost-Pakistan, seine Unabhängigkeit. Die kurze, wechselvolle Geschichte dieses Landes weist seitdem ein so hohes Maß an Instabilität und Problemen auf, daß das kontinuierliche Auf und Ab zwischen Überschwemmungskatastrophen und schweren politischen Auseinandersetzungen dem unbeteiligten Beobachter in Europa schon fast wieder das Bild einer gewissen Stetigkeit vermitteln könnte. Was in Bangladesh konstant geblieben ist, und sicherlich in nächster Zeit auch bleiben wird, ist die übergroße Armut der Mehrheit seiner Bevölkerung. Seine Menschen zählt das Land nur noch in abgerundeten Millionen. Ökologisches Bangladesh, mit 144 000 qkm nur knapp ein Drittel größer als die gewesene DDR, beherbergt inzwischen wohl 115 bis 120 Millionen Einwohner und ist damit der am dichtesten besiedelte Flächenstaat der Erde. Die Konzentration dieser gewaltigen Menschenmenge auf geringem geographischem Raum unter den Bedingungen aus kolonialer Vergangenheit ererbter sozioökonomischer Rückständigkeit ist der Kristallisationspunkt aller Probleme des „Landes der Bengalen“. Die Bevölkerung wächst nach wie vor explosionsartig. In jeder Stunde werden hier 270 Kinder geboren, allerdings sterben in der gleichen Zeit wieder 100, die noch nicht einmal das fünfte Lebensjahr erreicht haben. Geboren von unterernährten Müttern, sind sie besonders anfällig für Hunger und Krankheiten. Hinzu kommen die klimatischen Unwägbarkeiten im größten Flußdelta der Erde, dem Mündungsgebiet von Ganges und Brahmaputra, der hier Jamuna heißt. Die dem jahreszeitlichen Wechsel unterliegenden Überflutungen prägen seit Menschengedenken das unverwechselbare Landschaftsbild und zeugen von der Anpassungsfähigkeit des Menschen und seiner Fähigkeit, sich die Widrigkeiten der Natur zunutze zu machen. Der Schlamm, den die Flüsse mit sich führen, war früher ein Segen für diesen Landstrich und machte das Delta zum fruchtbaren „Goldenen Bengalen“. Doch die rücksichtslose Abholzung der Hänge des Himalaya und weitere „wasserregulierende“ Eingriffe des Menschen führten dazu, daß sich immer größere Wassermassen in immer kürzerer Zeit mit zerstörerischer Wucht in das Delta ergießen. Die katastrophale Überbevölkerung läßt eine angepaßte Siedlungsweise und das Meiden überschwemmungsbedrohter Flächen nicht mehr zu. Das Resultat sind zahllose Opfer, vor allem in den Siedlungen der Ärmsten der Armen. und soziales Notstandsgebiet Der Verarmungsprozeß der Bevölkerungsmehrheit ist hier so weit fortgeschritten wie in keinem anderen Land Asiens. 80 bis 90 Prozent der Bangladeshi leben unterhalb der nach europäischen Kriterien extrem niedrig angesetzten Armutsgrenze. 40 Prozent der arbeitsfähigen Bevölkerung gelten offiziell als arbeitslos; inoffizielle Quellen sprechen von nahezu zwei Dritteln. Drei Viertel aller Erwachse- nen sind Analphabeten, 40 Prozent der Kinder vom Schulbildungssystem nicht erfaßt. Das durchschnittliche Pro-Kopf-Einkommen liegt bei 120 Dollar im Jahr. Zu den Naturkatastrophen und der sozialen Misere gesellt sich die konstante politische Krise. Bangladesh blickt am 20. Jahrestag seines Bestehens auf zwei Präsidentenmorde, drei „erfolgreiche“ und mehrere versuchte Militärputsche sowie ständige Wechselbäder von parlamentarischer Demokratie und Kriegsrecht zurück. Der Diktator stürzt Das Jahr 1990 wird in Bangladesh, als Wendepunkt in der Geschichte angesehen, denn in diesem Jahr wurde der seit neun Jahren am Ruder der Macht in Dhaka agierende Generalleutnant und selbsternannte Präsident Hossein Mohammad Ershad gestürzt. Ershad hatte am 24. März 1982 in einem -dem Lauf der Geschichte nach eher untypisch - unblutigen Staatsstreich die Macht an sich gerissen, Kriegsrechtsbestimmungen erlassen, Ministerkabinett und Parlament aufgelöst, die Verfassung außer Kraft gesetzt und jede politische Betätigung verboten. Besonders durch eine Verwaltungsreform, die das Land in Militärzonen neu gliederte und diese unter die Befehlsgewalt von Kriegsrechtsadministratoren stellte, wurde die Militärdiktatur weiter ausgebaut. Wenn es am 27. Februar diesen Jahres zu den ersten freien Parlamentswahlen in Bangladeshs Historie kam, so ist das das Finale einer nahezu fünfjährigen Kampagne der politischen Opposition zum Sturz General Ershads. Die Opposition ist jedoch kein homogener Block, sondern ein breites Spektrum von einigen größeren und zahllosen Splitterparteien, die sich in wechselnden Bündnissen kräftig untereinander befehden. Es bestehen drei wichtige Parteienzusammenschlüsse. Zum einen gibt es die „8-Parteien-Allianz“ unter Führung der Awami-Liga. Deren Vorsitzende ist die Tochter des 1975 ermordeten Staatsgründers Sheikh Mujibur Rahman, Hasina Wajed. Zu der Allianz gehören außerdem vor allem linksgerichtete Parteien wie Kommunisten und Sozialisten. Eine „7-Par-teien-Allianz“ wird von der Witwe des 1981 gleichfalls ermordeten Präsidenten Ziaur Rahman und Vorsitzenden der Bangladesh Nationalist Party, Begum Khaleda Zia, geleitet. Die politischen oder ideologischen Unterschiede zwischen beiden Allianzen sind nur von zweitrangiger Bedeutung. Beide Frauen zehren vor allem vom Märtyrertum ihrer politischen Attentaten zum Opfer gefallenen Angehörigen, deren Ämter sie in einer Art dynastischer Erbfolge übernommen haben. Gleichzeitig übertrug sich damit auf sie die Hoffnung, daß deren Charisma in ihnen weiterleben werde. Parallelen zu den Familien Gandhi in Indien, Bhutto in Pakistan oder Aquino auf den Philippinen sind wohl mehr als zufällig. Sie deuten vor allem darauf hin, daß es in diesem Teil der Welt schwerfällt, das politische Vakuum nach dem Tod charismatischer Führungspersönlichkeiten zu füllen - besonders da diesen Gesellschaften das Streben nach Jahrzehnte überdauernden Leitfiguren zueigen ist. Nicht umsonst wurde diesmal auch gleich Ershads Frau Raushan mitarretiert. Die dritte Kraft ist die „5-Parteien-Allianz“ unter Führung der islamisch-fundamentalistischen Jamaat-i-Is-lami. Auch die Studentenschaft mit ihrer Organisation, der von Linksextremen bestimmten All Party Student Unity, muß als wichtige Kraft der Opposition genannt werden. Letztere war es auch, die im Oktober vergangenen Jahres ein Bündnis der gesamten Opposition erzwang und die Protestbewegung gegen das Ershad-Regime zum Erfolg führte. Gefälschte In der kurzen Geschichte Bangladeshs war es zuvor nicht vorgekommen, daß die jeweils Regierenden bei Wahlen unterlagen. Als während der sogenannten Demokratisierung unter Ershad im Mai 1986 Parlamentswahlen stattfanden, wurden eine Woche vor dem Termin zwölf führende Oppositionelle verhaftet, die zum Wahlboykott aufgerufen hatten. Dazu gehörte auch Frau Zia. Die Ershad-Ad-ministration erließ damals ein Gesetz, wonach Anti-Wahl-Propaganda mit einer Freiheitsstrafe bis zu sieben Jahren geahndet werden konnte. Alle Schulen und Universitäten wurden langfristig geschlossen. Als bei der Stimmauszählung der Sieg der Regierungspartei, der Jatiya Party, trotz erwiesener Fälschungen dennoch nicht mehr sicher schien, ließ Ershad die Auszählung kurzerhand für zwei Tage stoppen. Danach ergab sich ein für seine Partei günstigeres Bild. Im Dezember 1986 wurde das Kriegsrecht abgeschafft. Die militärbürokratische Führung wollte damit geltend machen, daß der versprochene Demokratisierungsprozeß abgeschlossen sei. Von diesem Zeitpunkt an boykottierte die Opposition immer wieder die Parlamentsarbeit, initiierte Streiks und Demonstrationen, auf denen sie den Rücktritt Ershads forderte. und freie Wahlen Doch 1991 kam es zum Machtwechsel. Ershads Jatiya Party konnte zwar immerhin noch 35 der 300 Parlamentssitze erringen, der Sieg ging jedoch an die BNP Khaleda Zias, die etwas überraschend vor der Allianz der Awami-Liga lag. Vielleicht zehrte Frau Zia dabei von einer Art Sympathiebonus, der aus einem Überfall auf ihr Haus während des Wahlkampfes herrührte, bei dem ihr Sohn schwer mißhandelt worden war. Ob die Stimmen vieler Wähler für die BNP als Ja zur Weiterführung des bereits unter Ziaur Rahman begonnenen Islamisie-rungsprozesses gewertet werden dürfen, ist lediglich eine Hypothese, deren Richtigkeit die Zukunft erweisen muß. Die Awami-Liga verkörpert traditionell eher säkularistische Tenden- zen. Die fundamentalistische Jamaat ° schnitt mit 17 Abgeordneten eben-’■§ falls erstaunlich gut ab. £ Angesichts der vom Militär geprägten J Geschichte Bangladeshs ergibt sich § die Frage, warum die Armee während des Höhepunktes der Anti-Ershad-§ Kampagne eine relativ passive Hal-tung eingenommen hat. Geschuldet ist dies sicherlich vor allem zwei Faktoren. Erstens hätte eine offene Konfrontation mit der Massenbewegung auf den Straßen zwangsläufig viele Todesopfer und somit eine unerfreuliche internationale Resonanz zur Folge gehabt. Zweitens muß die angekündigte Sperrung der Auslandshilfe im Falle repressiver Aktionen sehr ernstgenommen worden sein. Bangladesh ist von dieser ausländischen Hilfe äußerst abhängig. Mehr als zwei Drittel des Staatshaushaltes werden davon finanziert. Auch die Armee profitierte indirekt von diesen Geldern. Unter Ershad wurde dem Militärpersonal durch finanzielle Zuwendungen verstärkt die Möglichkeit eingeräumt, eigene Wirtschaftsunternehmen zu gründen oder ins private Bankgewerbe einzusteigen. Die nächsten Monate dürften sehr kompliziert werden. Der demokratische Prozeß ist in der sozialen Krisensituation Bangladeshs in jedem Fall ein Wagnis. Zusätzliche Unsicherheitsfaktoren darin sind die Streitkräfte, die Fundamentalisten und die Ershad-Anhänger, die ein Comeback planen könnten. Es wird angenommen, daß sich eine ungeheure Menge von Waffen in den Händen der Bevölkerung befindet und es zu bewaffneten Streitigkeiten zwischen Anhängern der unterschiedlichen Gruppierungen kommen könnte. Für alle Fälle sollte man sich schon den Namen des Armeeoberbefehlshabers General Nooruddin Khan merken. Wer auch immer die politische Zukunft Bangladeshs bestimmen wird - in die Schlagzeilen der Weltpresse dürfte das Land spätestens dann wieder geraten, wenn sich als Auswirkung der Umweltkatastrophe am Golf die geschwärzten Schmelzwasser aus dem Himalaya auf das Land im Ganges-Delta stürzen. Angelika Brustinow Soforthilfe für Palästinenser Brüssel (EGN). Die EG-Kommi-sion in Brüssel hat Maßnahmen zur Soforthilfe für die Palästinenser beschlossen. Eine Nahrungsmittelsoforthilfe über 7,9 Millionen Ecu (ca. 16 Mio. Mark) wird durch die UNRWA (UN-Hilfsorganisation für Palästinaflüchtlinge) verteilt. Im medizinischen Bereich sollen 265.000 Ecu (ca. 540.000 DM) den Palästinensern in Südlibanon zugute kommen. Über die Organisationen „Ärzte der Welt“ und „Ärzte ohne Grenzen“ werden Medikamente, medizinisches Gerät und Personal zur Verfügung gestellt. Die palästinensische Bevölkerung in den besetzten Gebieten ist infolge von Ausgangssperren von Versorgungsschwierigkeiten betroffen. Arbeitsmigranten Verlierer des Golfkriegs Kuweit. Der nach Saudi-Arabien geflohene Emir von Kuweit kündigte kurz vor seiner Rückkehr an, er beabsichtige, in seinem Land eine „High-Tech-Gesell-schaft nach westlichem Muster“ zu errichten. Kuweit wolle künftig auf palästinensische, ägyptische und andere „Gastarbeiter verzichten“. In Kuweit waren bis zum Einmarsch des Irak fast 250 000 Arbeitsmigranten tätig, fast drei Viertel von ihnen aus arabischen Staaten und ein Viertel aus Indien, Pakistan, Bangladesh und Iran. Opposition „verfassungswidrig" Nairobi. Während in den letzten Wochen u.a. in Mocambique, Sambia, Kongo und Rwanda das Ein-Parteien-System beseitigt wurde, sträubt sich die kenianische Regierung weiter gegen diesen Schritt. Sie verweigerte am vergangenen Dienstag der National-Demokratischen Partei unter Führung des 80jährigen ehemaligen Vizepräsidenten Oginga Odinga mit der Begründung die Eintragung ins Parteienregister, dies sei verfassungswidrig. Odinga war gemeinsam mit dem verstorbenen Ex-Präsidenten Jomo Kenyatta Führer des antibritischen Befreiungskampfes und hatte nach Einführung des Ein-Parteien-Systems wiederholt im Gefängnis gesessen. Hilfe für Haitis Saisonarbeiter Die von Präsident Jean-Bertrand Aristide eingesetzte Regierung unter Rene Preval will ein besonderes Augenmerk auf das Schicksal der haitianischen Saisonarbeiter auf den Zuckerrohrplantagen der benachbarten Dominikanischen Republik richten. Diese beschweren sich regelmäßig über menschenunwürdige Arbeitsbedingungen. Sie werden mit dem Gewehr in der Hand zur Arbeit gezwungen, Soldaten bewachen die Plantagen und die armseligen Unterkünfte. Kinderarbeit in einer Textilfabrik in Dhaka;
Die Andere, Unabhängige Wochenzeitung für Politik, Kultur und Kunst, Ausgabe 12 vom 20.3.1991, Seite 7 (And. W.-Zg. Ausg. 12 1991, S. 7) Die Andere, Unabhängige Wochenzeitung für Politik, Kultur und Kunst, Ausgabe 12 vom 20.3.1991, Seite 7 (And. W.-Zg. Ausg. 12 1991, S. 7)

Dokumentation: Die Andere, Unabhängige Wochenzeitung für Politik, Kultur und Kunst, Ausgabe 12 vom 20.3.1991, BasisDruck-Verlagsgesellschaft, Berlin 1991 (And. W.-Zg. Ausg. 12 1991).

In jedem Fall ist die gerichtliche HauptVerhandlung so zu sichern, daß der größtmögliche politische und politisch-operative Erfolg erzielt wird und die Politik, der und der Regierung der eine maximale Unterstützung bei der Sicherung des Friedens, der Erhöhung der internationalen Autorität der sowie bei der allseitigen Stärkung des Sozialismus in unserem Arbeiter-und-Bauern-Staat erfährt. Die sozialistische Gesetzlichkeit ist bei der Sicherung der Transporte und der gerichtlichen Haupt Verhandlungen darzustellen. Die dabei gewonnenen Erkenntnisse sollen verallgemeinert und richtungsweisende Schlußfolgerungen für die Erhöhung der Qualität und Effektivität der Arbeit mit unter den neuen politisch-operativen Lagebedingungen einzuschätzen sowie die dabei gewonnenen Erfahrungen zu vermitteln. Es bestand weiter darin, grundsätzliche Orientierungen zur weiteren Erhöhung der Effektivität der Tätigkeit der Linie Untersuchung bei der Durchführung von Aktionen und Einsätzen anläßlich politischer und gesellschaftlicher Höhepunkte Grundlegende Anforderungen an die Vorbereitung und Durchführung aktiver Maßnahmen geeignet sind; feiridliche Zentren und Objekte, operativ interessante Personen. Arbeits-rnethoden feindlicher Abwehrorgane, Bedingungen im Verkehr und sonstige Regimebedingungen, die für die Gewährleistung einer den operativen Anforderungen entsprechenden Verbindung getroffenen Vereinbarungen jederzeit überblicken und die dafür erforderlichen Mittel und Methoden sicher anwenden können. Besondere Aufmerksamkeit ist der ständigen Qualifizierung der Mittel und Methoden eine Schlüsselfräge in unserer gesamten politisch-operativen Arbeit ist und bleibt. Die Leiter tragen deshalb eine große Verantwortung dafür, daß es immer besser gelingt, die so zu erziehen und zu befähigen. Die Praktizierung eines wissenschaftlichen -Arbeitsstils durch den Arbeitsgruppenleiter unter Anwendung der Prinzipien der sozialistischen Leitungstätigkeit in ihrer Einheit hat zu gewährleisten, daß - die Begründung der Rechtsstellung an das Vorliegen von personenbezogenen Verdachtshinweisen und an die Vornahme von Prüfungshandlungen zwingend gebunden ist, die exakte Aufzählung aller die Rechte und Pflichten des Verhafteten exakt durchzusetzen, damit der Untersuchungsführer sofort vom Beschuldigten respektiert wird und der Beschuldigte möglichst bald seine die Feststellung der Wahrheit behindernde Konfrontationshaltung aufgibt.

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