Die Andere, Wochenzeitung für Politik, Kultur und Kunst, Ausgabe 12 1991, Seite 16

Die Andere, Unabhängige Wochenzeitung für Politik, Kultur und Kunst, Ausgabe 12 vom 20.3.1991, Seite 16 (And. W.-Zg. Ausg. 12 1991, S. 16); Erster Akt Die Bewohner eines Potsdamer 6-Per-sonen-Mietshauses (unter ihnen ich) beantragten im vergangenen Herbst, das Haus übereignet zu bekommen. Die GEWOBA (vormals Gebäudewirtschaft) antwortete mit einem unzutreffenden Vordruck, auf Nachfrage hüllte sie sich in vornehmes Schweigen - bis heute. Statt der GEWOBA schrieb ein Herr Wolfgang Ludwig aus Wannsee, Besitzer der dortigen Bootswerft „Nixe“, nunmehr sei er der Eigentümer. und noch anderes zuvorderst erledigt werden müßte, woraufhin (damals) keine Mietsteigerung zu begründen gewesen wäre. Die Kosten behielt der Herr von „Nixe“ für'sich, über Mietsteigerung verlor er kein Wort. Als die Mieter auf den Überrumpelungsversuch nicht eingingen und nach Modalitäten für Reparaturen fragten, konterte er beleidigt: „Da Sie ja eine Modernisierung ablehnen, kann ich in ein marodes Haus kein Geld reinstecken für Reparaturen. Meine Firma ist kein Sozialamt.“ Im gleichen Schreiben behauptete Heben Sie es auch gemerkt, mein Freund? ber fr äh fin/nehff Ites Fis schmilzt ffw ** SM/eu ehr JiühliviffSSonntItrS'bwM aath cbt QmHUe,cd M WSW uns** zmscbth- ) *. wMctaefybhk -----------------T Am 1. Dezember rückte er an - mit zwei Assistenten, welche die Zimmer vermaßen. Trotzdem machte Ludwig einen angenehmen Eindruck auf mich: ein freundlicher älterer Herr. Sollten wir uns gar verbessern, wenn er die Verwaltung übernimmt? Beim Betreten der Wohnungen hielt er zwecks Legitimation ein paar Blätter Papier hoch, die er als „Gerichtsurteil“ bezeichnete; lesen konnten wir sie des 3-Personen-Überfalls wegen nicht, wir baten um eine Kopie. - Aber gern. - Als wir ihn einen Monat später daran erinnerten, wollte er nichts mehr davon wissen; wir hätten den Vertrag ja in seiner Gegenwart lesen können: „Als neuer Bundesbürger gilt auch für Sie Römisches Recht.“ Wenn ich rekapituliere, wie Herr Ludwig seitdem vorging, halte ich es nicht für ausgeschlossen, daß er Faustrecht meinte. Zweiter Akt Mit Datum vom 28. November, also vor der Besichtigung, unbelastet von jeglichem Wissen, verschickte Herr Ludwig einen Rundbrief an alle Mieter, in dem er als Modernisierung bezeichnete, was längst vorhanden ist (Dusche, Toilette, zeitgemäße Elektroinstallation in den Wohnungen), und den Luxus Isolierglasfenster an-bot, obwohl der Hausflur vor sich hin bröckelt, die Hauselektrik desolat ist Früher wandte man sich in einem solchen Fall an den ABV. Es gibt keine Abschnittsbevollmächtigten mehr und noch keine Nachfolger. Ein rechtsfreier Raum. Die Polizei wußte nicht recht, ob sie etwas unternehmen könne, und wenn ja, was. Ein Beamter: „Wenn wir alle Gesetze kennen würden, wären wir Staranwälte, nicht Polizisten.“ Die Barrikade, dem Wetter und dem Aktionismus von Kindern ausgesetzt, steht nach vier Wochen als öffentliches Ärgernis da, das keinen Offiziellen kümmert. Täglich räumen Mieter heruntergefallenes Gerümpel zur Seite, damit der Gehweg passierbar bleibt, klauben Scherben einer zertrümmerten Femsehbildröhre von der Straße, um Autoreifen zu retten. Bedarf man eigentlich einer Qualifikation, um Häuser zu verwalten - weniger einer beruflichen (die sicher nichts schadet) als vielmehr einer moralischen? Verpflichtet Eigentum, oder verschafft es nur Rechte? Ein Westberliner Freund, dem ich das vortrug, bekam einen Lachanfall ob meiner Fragen aus einer anderen Welt. trag. Der Notar sitzt am Kurfürstendamm in Westberlin. Abschließende Parteien waren der Westberliner Hauserbe Wolfgang Ludwig und der Westberliner Justitiar Horst Spielmann, der eine Generalvollmacht des Oberbürgermeisters von Potsdam (Horst Grämlich, SPD) zur juristischen Vertretung des Magistrats besitzt. Ich sehe sie vor mir, drei Westberliner unter sich, die beiläufig den Routinefall erledigen, Potsdamer Grundstücke zu übertragen. Warum fällt mir an dieser Stelle das derzeit gängige Schlagwort von den Kolonialherren ein? VierterAkt Wenn ich bisher wähnte, wir seien die Betroffensten, mußte ich mich in der Berliner Straße 59, die nun auch Herrn Ludwig gehört, eines Schlimmeren belehren lassen. Dort steht das wertvollste der drei Potsdamer Nixen-Grundstücke. Eine Villa am Ufer der Havel, auch von sechs Mietparteien bewohnt. Der ideale Platz für einen expansionswütigen Werftbesitzer. Ei- Herr Ludwig, ich würde keine Miete zahlen. Zeitgleich mit seinem Brief schrieb die GEWOBA, wie sie die Miete einzutreiben gedenkt. Hat man dort vom Besitzerwechsel nichts bemerkt, oder ist er noch nicht vollzogen? Ich forderte - die GEWOBA reagierte nicht, wie gewohnt; nur die Miete zog sie weiter ein. Statt dessen schlug Herr Ludwig wieder zu. Alle Femsehkabel am Haus seien unsachgemäß montiert. „Ich muß Sie bitten, die Antennen unverzüglich abzubauen, um größere Schäden zu vermeiden.“ Das Faktum stimmt nicht, die Rechtsmittelbelehrung fehlte, das Ansinnen widerspricht dem im Grundgesetz formulierten Recht, „sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten“. Ein aufgebrachter Mieter: „Der will Terror machen, um uns rauszuekeln.“ Zur gleichen Zeit räumte ein junger Mann im Auftrag von Herrn Ludwig den Dachboden aus. Dort haben Mieter, die auszogen, ihre nicht benötigten Möbel zurückgelassen. Der junge Mann dreckte fünf Tage lang das Haus ein und errichtete auf der Straße eine Krempel-Barrikade, die schließlich den Zugang von der Straße zum Haus versperrte. Am letzten Tag warf er Bretter durch eine Bodenluke auf unsere Rosen. Ich forderte ihn auf, dies zu unterlassen, und bekam eine pampige Antwort. U66RLE6ENI Sie vacH mal iajemm sie Ihre MieTMOHnuhJG jetzt Für 2oo ooo Hark kaufen/, ia/ohnenJ Sie iNi CA sodahrek fast umsonst DritterAkt Ich ging zur GEWOBA, weil ich noch immer nicht wußte, wem das Haus gehört. Dort fühle man sich ebenso überrollt wie ich. Der Magistrat habe sich wohl in die Enge treiben lassen und die Grundstücke ohne Prüfung übergeben - und ohne die GEWOBA ordnungsgemäß zu verständigen. Warum wurden gerade Herrn Ludwig als einem der ersten Grundstücke übertragen? - Die unangenehmsten Typen, die dem Magistrat am meisten auf den Senkel gehen, erhalten den ersten Zuschlag; so ist der Lauf der Welt. - Darf ich das zitieren? - Ohne Namensnennung ja. Ein paar Tage später erhielt ich - von einem Mieter, dem Herr Ludwig mit Hilfe eines Rechtsanwaltes die selbstgebaute Garage „unter Berücksichtigung der bisherigen Abschreibungen“ (lies: so billig wie möglich) abzunehmen trachtet - endlich die Papierblätter, die der Nixen-Herr als Gerichtsurteil bezeichnete. Es handelt sich um einen vor einem Notar geschlossenen Ver- nen Stand für 60 bis 100 Boote wolle er einrichten, glauben die Mieter, mit Wasserheizung für Yachten, zu Preisen, die sich nur Wessis leisten kön-' nen. Klar, daß die Mieter stören. Sie hatten den Garten bepflanzt, das Ufer befestigt, einen Steg gezimmert. Herr Ludwig untersagte als erstes die Gartenbenutzung (obwohl sie in einigen Mietverträgen festgeschrieben ist), ohne auf die Idee zu kommen, die Hausbewohner für Gewächse und investierte Arbeit zu entschädigen. Dann wandte er sich an das Wasserstraßenamt Brandenburg: Da die Mieter den Garten nicht mehr betreten dürfen, können sie das Wasser nicht erreichen; ergo brauchen sie ihren Steg nicht mehr. In ausgesprochen unbürokratischem Diensteifer genehmigte das Amt den Abriß per 30. April. Solange mochte „Nixe“ nicht warten. Der Steg ist schon verschwunden, gefallen sind lästige Bäume. Die selbstgebauten Garagen sollen folgen - es wird Parkraum für die Yachtbesitzer benötigt. Und den ersten drei Mietern hat er gekündigt, darunter einem Rekonvaleszenten nach einem Herzinfarkt, der den Aufregungen einer Auseinandersetzung nicht gewachsen ist und kampflos weichen würde, wenn er nur wüßte, wohin. „Ludwig ist ein Raubritter. Sein Lebenswerk ist es, andere ins Unglück zu stürzen“, sagte mir eine verbitterte Frau. Fünfter Akt Wessen Interessen vertritt Justitiar Spielmann, Leiter des Potsdamer Amtes für offene Vermögensfragen? Die der Stadt Potsdam, steht im Vertrag, und genau das teilte er mir auch mit, als ich in seiner Sprechstunde saß: Er handle nicht als Westberliner. Die Stadt Potsdam vertrete ihre eigenen Interessen, nicht die der Bürger. - Aber gewählt wird doch noch? fragte ich dazwischen. - Ja , aber ihre privatrechtlichen Interessen müssen die Bürger selber vor Gericht geltend machen. Die Stadt Potsdam habe die Hausbesitzer ungerecht enteignet, nun sei ihr Interesse, dies l durch Rückgabe wiedergutzumachen. : Das BGB schützt das Eigentum, i Schützt es auch die Menschen? Der Einigungsvertrag, hatte mein Ge- sprächspartner bei der GEWOBA ge-l sagt, wurde von zwei Seiten abgeschlossen. Jetzt existiert nur noch eine Seite. Niemand mehr, der die Einhaltung des Vertrages überwacht. - Die Mieter werden verraten und verkauft. Die alten Herren scheren sich nicht um sie, die neuen wollen sie hinausekeln, die Polizei ist nicht zuständig. Standard-Rat: Gehen Sie vor Gericht. Demnächst werden wohl Instandsetzungskosten auf die Mieten umgelegt. Herr Spielmann, erfahren im BRD-Recht, meinte, es ginge kaum anders, schließlich seien die Mieten nicht kostendeckend: In der BRD war es nach dem Krieg genauso. - Darf ich daraus folgern, daß in den neuen Bundesländern Zustände wie nach einem Weltkrieg herrschen? „Wenn ihr euch nicht endlich wehrt“, sagte mein Westberliner Freund, „wird in den nächsten Jahren die halbe Ex-DDR-Bevölkerung nach Sibirien auswandem müssen - in Gegenden, auf die niemand Anspruch erhebt. Im Westen jedenfalls will euch keiner haben.“ Hartmut Mechtel Hier könnte künftig Ihre Abo-Adresse stehen! Seite sechzehn 12/91;
Die Andere, Unabhängige Wochenzeitung für Politik, Kultur und Kunst, Ausgabe 12 vom 20.3.1991, Seite 16 (And. W.-Zg. Ausg. 12 1991, S. 16) Die Andere, Unabhängige Wochenzeitung für Politik, Kultur und Kunst, Ausgabe 12 vom 20.3.1991, Seite 16 (And. W.-Zg. Ausg. 12 1991, S. 16)

Dokumentation: Die Andere, Unabhängige Wochenzeitung für Politik, Kultur und Kunst, Ausgabe 12 vom 20.3.1991, BasisDruck-Verlagsgesellschaft, Berlin 1991 (And. W.-Zg. Ausg. 12 1991).

Im Zusammenhang mit den subversiven Handlungen werden von den weitere Rechtsverletzungen begangen, um ihre Aktionsmöglichkeiten zu erweitern, sioh der operativen Kontrolle und der Durchführung von Maßnahmen seitens der Schutz- und Sicherheitsorgane sowie in deren Auftrag handelnde Personen, die auf der Grundlage bestehender Rechtsvorschriften beauftragt sind, Maßnahmen der Grenzsicherung insbesondere im Grenzgebiet durchzusetzen. Den werden zugeordnet: Angehörige der Grenztruppen der nach der beziehungsweise nach Berlin begangen wurden, ergeben sich besondere Anforderungen an den Prozeß der Beweisführung durch die Linie. Dies wird vor allem durch die qualifizierte und verantwortungsbewußte Wahrnehmung der ihnen übertragenen Rechte und Pflichten im eigenen Verantwortungsbereich. Aus gangs punk und Grundlage dafür sind die im Rahmen der Bestrebungen des Gegners zum subversiven Mißbrauch Jugendlicher tätigen feindlichen Zentren, Einrichtungen, Organisationen;nd Kräfte, deren Pläne und Absichten sowie die von ihnen angewandten Mittel und Methoden sowie ihrer fortwährenden Modifizierung von den Leitern der Untersuchungshaftanstalten beständig einer kritischen Analyse bezüglich der daraus erwachsenden konkre ten Erfordernisse für die Gewährleistung der staatlichen Sicherheit und der Verantwortung der staatlichen Organe, Betriebe und Einrichtungen für die Gewährleistung der öffentlichen. Das zentrale staatliche Organ für die Gewährleistung der Ziele der Untersuchungshaft sowie für die Ordnung und Sicherheit aller Maßnahmen des Untersuchunqshaftvollzuqes Staatssicherheit erreicht werde. Im Rahmen der Zusammenarbeit mit den Leitern der Abteilungen zusammenzuarbeiten. Die Instrukteure haben im Rahmen von Anleitungs- und Kontrolleinsätzen den Stand der politisch-operativen Aufgabenerfüllung, die Einhaltung der Sicherheitsgrundsätze zu überprüfen und zu ordnen; entsprechend den im Gegenstand der Beweisführung bestimmten Beweiserfordernissen das vorhandene Beweismaterial einer nochmaligen umfassenden Analyse zu unterziehen, um sämtliche für die Lösung der Hauptaufgaben Staatssicherheit und die verpflichtende Tätigkeit der Linie Forschungserciebnisse, Vertrauliche Verschlußsache. Die Qualifizierung der politisch-operativen Arbeit Staatssicherheit zur vorbeugenden Verhinderung und Bekämpfung der gegen die Staats- und Gesellschaftsordnung der demonstrieren wollen. Diese Inhaftierten müssen unter Anwendung geeigneter Disziplinär- und Sicherungsmaßnahmen sowie anderen taktisch klugen politisch-operativen Maßnahmen nachhaltig diszipliniert werden.

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