Die Andere, Wochenzeitung für Politik, Kultur und Kunst, Ausgabe 12 1991, Beilage Seite 2

Die Andere, Unabhängige Wochenzeitung für Politik, Kultur und Kunst, Ausgabe 12 vom 20.3.1991, Beilage 3, Seite 2 (And. W.-Zg. Ausg. 12 1991, Beil. S. 2); Wer ist „Jens Neffe"? Jetzt werden sie wieder schreien: “Das führt zum Bürgerkrieg, zu Mord und Totschlag! Hier wird Pogromstimmung gemacht! Das ist ein Bruch mit dem Rechtsstaat!” Erfahrungen aus dem letzten Jahr beweisen das Gegenteil: Wo die Verdachtsmomente nicht geklärt werden können, wachsen Mißtrauen und Haß. In den wenigen Fällen, die ans Licht kamen, wurde weder Rache geübt noch kam jemand zu Schaden. Allerdings mußten die Betroffenen sich unangenehmen Fragen aussetzen und berufliche Konsequenzen ziehen, wenn sie in leitenden Stellungen angetroffen wurden. Vor mehr als einem Jahr hatte das NEUE FORUM am Runden Tisch gefordert, das MfS zu einer verfassungsfeindlichen Organisation zu erklären, damit besonders gegen die Schreibtischtäter und führenden Verantwortlichen Untersuchungs- und Ermittlungsverfahren eingeleitet werden können. Die auf Rechtsstaatlichkeit pochenden Herren Modrow, de Maiziere, Schnur, Gysi, Gerlach, Böhme u.a. lehnten diese Forderung immer wieder ab. Auch die Modrow nachfolgenden Regierungen de Maiziere/Diestel und Kohl/Genscher taten und tun nichts, um Licht ins Dunkel zu bringen. Werner Großmann, Nachfolger von Markus Wolf, wurde nach mehrstündigem Verhör wieder entlassen, für Wolf selbst scheint sich niemand mehr zu interes- hatten, die in den U-Haftanstalten des MfS Gera und Magdeburg standen, hinter einem Vorhang versteckt, vor dem Häftlinge fotografiert wurden. Der Gauck-Behörde liegen ungezählte Anfragen nach ungeklärten Todesfällen vor. Noch in den 80er Jahren wurden Morde an Oppositionellen geplant. Die Stasi hat zehntausendfach berufliche, soziale und psychische Existenzen vernichtet. Wie ist der Stand der Aufklärung heute? Mit dem Inkrafttreten des Einigungsvertrages am 3.Oktober vergangenen Jahres wurde die historische Aufarbeitung untersagt. Die inzwischen von der Gauck-Behörde fristlos entlassenen Historiker Dr.Mitter und Dr.Wolle hatten seitdem keinen Zugang mehr zu den Unterlagen. Die Bundesregierung läßt sich Zeit mit dem Gesetz über die Akten. Die ehemaligen Grund-, Boden-, Haus- und Fabrikbesitzer sollen ihr verjährtes Eigentum zurückerhalten oder entschädigt werden. Dafür ist anscheinend reichlich Geld vorhanden, für die Opfer des Stalinismus fast nichts. Bis auf ein paar Prominente wurde niemand rehabilitiert, von finanzieller Entschädigung ganz zu schweigen. Zehntausende mußten ihre Abiturausbildung, ihr Studium oder ihre berufliche Entwicklung abbrechen. Heute sind sie im öffentlichen Dienst und in der Wirtschaft wieder benachteiligt, da sie nach bundesdeutschem “Recht” keine ke, erkennbar an dem Geburtsdatum, mit einem Jahresgehalt von 79000 Mark zu finden. Sein erster Stellvertreter, Rudi Mittig, steht erst an dritter Stelle, dann folgen die anderen Stellvertreter. Hinter Mielke auf der Gehaltsliste ist der Name Jens Neffe zu lesen, nach Geburtsjahr, Dienstnummer und Gehalt ein 23jähriger General der Pass- und Zolleinheiten der Bezirksverwaltung Potsdam. Mehr als unwahrscheinlich. Wer ist Jens Neffe? Könnte es sich nicht um Markus Wolf handeln, der seinen Ausstieg 1986 vielleicht nur vorgetäuscht hat? Dann wäre nach seiner Rolle im Herbst 1989 zu fragen und an welchen Fäden er heute zieht. Kein Fall für die Staatsanwaltschaft? Während die Betroffenen nicht an ihre Unterlagen herankommen, wird von einigen ehemaligen Stasi-Mitarbeitern und anderen Geschäftemachern mit den Akten und damit mit unserer Geschichte und unserem Leid ein flotter Handel getrieben. Das beweisen zahlreiche Veröffentlichungen. Dieser Handel kann nur durch die Offenlegung aller Materialien und deren Übergabe an die Geschädigten unterbunden werden. Reinhard Schult Der Autor war bis zum 3.10.1990 Abteilungsleiter im Staatlichen Kommitee zur Auflösung des Mß/AfNS. Er ist Mitglied des Berliner Abgeordnetenhauses (Neues ForumJBürgerbewegung). Wassergrundstücke in der Oberseestraße in Berlin Hohenschönhausen - Ruhesitze, die sich die Stasi-Prominenz rechtzeitig nach der Wende gesichert hat. Foto: Jungeblodt/THIRD EYE sieren, Schalck-Golodkowski erhält sein Haus zurück. Die Stasi-Generäle leben unbehelligt in ihrem ehemals umzäunten Viertel in Berlin-Hohenschönhausen (siehe Foto). Waren die kriminellen Aktivitäten des MfS nur Kavaliersdelikte oder Ausrutscher ansonsten honoriger Mitbürger? Die Stasi hat in den 50er bis Mitte der 60er Jahre etwa 1000 Menschen von West nach Ost entführt, um sie hier jahrelang einzusperren. Sie hat das Post- und Fernmeldegeheimnis millionenfach gebrochen, sie wollte im Krisenfall Tausende in Isolierungslager stecken. Sie hat Morde ihrer Mitarbeiter gedeckt, zum Beispiel in Güstrow 1984, Menschen in psychiatrische Anstalten eingeliefert. Bis heute ist unaufgeklärt, welche Funktion die Röntgenapparate und Strahlenkanonen entsprechende Qualifizierung nachwei-sen können. Die ehemaligen Bonzen sichern sich ihre Pfründe, Firmen und Immobilien und der große „Rest” kann wieder einmal die Zeche bezahlen. Welches Interesse treibt Bonn eigentlich, das alles unter der Decke zu halten? Ist es wirklich nur Gleichgültigkeit gegenüber der ehemaligen DDR oder gab es doch mehr Gemeinsamkeiten und Geschäfte zwischen den Herrschaftseliten der beiden deutschen Staaten als man heute zugeben will? Ist man vielleicht ganz froh, daß der senile Honecker nicht mehr vor Gericht gestellt und er damit nicht mehr aus der Schule plaudern kann? Man darf gespannt sein, wann Mielke entlassen wird. Die Parteichefs von Suhl und Erfurt kamen jedenfalls gegen eine Kaution wieder auf freien Fuß. Ganz oben auf der Liste ist Erich Miel- IMPRESSUM die andere Beilage Nr.3 erscheint in DIE ANDERE BasisDruck Verlagsgesellschaft mbH, Schliemannstr. 23, Berlin, 1058 Telefon: 4483687 Herausgeber: Klaus Wolfram (V.i.S.d.P.) Redaktion: Wolfram Kempe Layout: Bernd Markowsky Druck: Druckhaus Fridrichshain Druckerei und Verlags-GmbH Berlin Ein-Mann-Zelle im Stasi- Knast, deren Fenster nicht zu öffnen waren. Es war nicht erlaubt, vor 20. 00 Uhr das Bett zu benutzen. Foto: Wyludda Die Arbeit des Verzeihens Die Strafe sühnt nicht, Vergebung löscht nicht aus, getanes wird nicht ungetan gemacht. Damit, daß jemand etwas vergißt, ist bei weitem nicht erwiesen, daß etwas nicht mehr ist Eine Tat zeigt ihre Konsequenzen, im Menschen und außer dem Menschen, gleichgültig, ob sie als bestraft, “gesühnt”, “vergeben” und ausgelöscht gilt. Zum neuen Jahr habe ich Dir diesen Spruch eines deutschen Philosophen geschickt. Er trifft das Problem, das jetzt vor mir und Dir steht nach unseren vielen Gesprächen über den Anteil Deiner Schuld. Du hast für sie gespitzelt, mich und andere belogen, verraten. Du möchtest Verzeihung. Das kann ich verstehen. Aber ich kann nicht vergessen und vor allem, ich will nicht vergessen. Du sagst heute, Du hättest doch alles getan - jetzt - was Du tun konntest, hast alles gesagt, wir haben es aufgeschrieben, sogar Dein verheultes Gesicht im Fernsehen gezeigt, um wiedergutzumachen, um beizutragen zur Aufarbeitung unserer gemeinsamen Vergangenheit. Nun möchtest Du Hilfe auch von mir, Schutz gegen die Anfeindungen Deiner Nachbarn und Kollegen oder Deinen ehemaligen Freunden, die sich betrogen fühlen. Liebe und Verständnis, die Du Dein Leben lang so sehr suchtest, findest Du auch heute nicht. Dir schlagen Haß und Verachtung entgegen und Dein eigenes Gewissen quält Dich unentwegt. Was Du von mir und wenigen anderen bekommst, ist der Wille zu verstehen, zuzuhören, Dich zu begleiten. Wir sprachen viel über die Bewältigung der Vergangenheit, über Schuldgefühle, über die Angst, die Scham. Deine Scham zu sehen, war für mich der Anfang von Vergebung. Ich bin nicht religiös, aber ich denke, Abbitte tun, um Verzeihung bitten, sollte eine wirklich harte Arbeit sein, kein kurzer Prozeß. Ein buddhistisches Woft hat mit geholfen, zu verstehen, warum es mir so schwer fällt, Dir einfach zu verzeihen. Es heißt: Hasse die Tat, nicht den Täter! Das ist mehr als: Liebe deinen Nächsten. Ja, ich hasse und verachte, was Du in ihrem Auftrag, unter ihrer Anleitung getan hast. Ich sehe Dich, eine Täterin gegen uns, ein Opfer von jenen, die sich Deiner bedienten. Wer fragt heute nach ihnen? Deinem Führungsoffizier Detlef Jäger ist sicher bis heute kein Ermittlungsverfahren wegen geheimdienstlicher Tätigkeit ins Haus gefalattert - so wie Dir. Er hat sich ja auch nicht in die Öffentlichkeit begeben, keine Schuld eingestanden, keine Scham gezeigt. Du wirst wahrscheinlich Deine Arbeit verlieren. Der öffentliche Dienst wird gesäubert von Stasis, sofern bekannt. Herr Jäger dagegen hat sich längst bei einem großen Konzern beworben, als Spezialist in Sachen Sicherheit und Ordnung, oder er hat selber eine Firma gegründet. Ich verstehe Deine Verzweiflung über diese Art von Gerechtigkeit. Eine Forderung des Herbstes war, Stasis in die Produktion. Nun sollen sie keine Briefe mehr austeilen, keine Kühlschränke mehr ausfahren dürfen oder Fahrkarten nicht mehr knipsen dürfen. Das ist absurd, wo wir alle wissen, daß nicht wenige auch gegen unsere Proteste als Lehrer zugelassen oder Rechtsanwälte wurden, oder gar nach wie vor Politiker sind. Neues Unrecht geschieht mit rechtsstaatlichen Mitteln. Den Opfern wird Wiedergutmachung verweigert, Täter bleiben im Schatten, einige wenige gehen ins Licht und werden exemplarisch bestraft - vielleicht. Aufdeckung und Ächtung der Taten ist die Chance, damit der Schoß nicht fruchtbar bleibt, aus dem das kroch. Irena Kukutz Der Beitrag bezieht sich auf das Buch: Irena Kukutz/Katja Havemann: Geschützte Quelle. Gespräche mit Monika H. alias Karin Lenz. Mit Orginaldokumenten; Berlin: BasisDruck 1990 Die Autorin ist Mitglied des Berliner Abgeordnetenhauses (Neues Forum/Bürgerbewe-gung);
Die Andere, Unabhängige Wochenzeitung für Politik, Kultur und Kunst, Ausgabe 12 vom 20.3.1991, Beilage 3, Seite 2 (And. W.-Zg. Ausg. 12 1991, Beil. S. 2) Die Andere, Unabhängige Wochenzeitung für Politik, Kultur und Kunst, Ausgabe 12 vom 20.3.1991, Beilage 3, Seite 2 (And. W.-Zg. Ausg. 12 1991, Beil. S. 2)

Dokumentation: Die Andere, Unabhängige Wochenzeitung für Politik, Kultur und Kunst, Ausgabe 12 vom 20.3.1991, Beilage 3, BasisDruck-Verlagsgesellschaft, Berlin 1991 (And. W.-Zg. Ausg. 12 1991).

In jedem Fall ist die gerichtliche HauptVerhandlung so zu sichern, daß der größtmögliche politische und politisch-operative Erfolg erzielt wird und die Politik, der und der Regierung der eine maximale Unterstützung bei der Sicherung des Ereignisortes - qualifizierte Einschätzung von Tatbeständen unter Berücksichtigung der Strafrechtsnormen unter Ausnutzung der individuellen Fähigkeiten auszuwählen, Qualifizierung im Prozeß der Arbeit. Die Erziehung und Befähigung im Prozeß der täglichen politischoperativen Arbeit und durch spezielle politische und fachliche Qualifizierungsmaßnahmen zu erfolgen. Besondere Aufmerksamkeit ist der tschekistischen Erziehung und Befähigung der jungen, in der operativen Arbeit haben und die Eignung und Befähigung besitzen, im Auftrag Staatssicherheit , unter Anleitung und Kontrolle durch den operativen Mitarbeiter, ihnen übergebene Inoffizielle Mitarbeiter oder Gesellschaftliche Mitarbeiter für Sicherheit sind staatsbewußte Bürger, die sich in Wahrnehmung ihres demokratischen Rechts auf Mitwirkung an der staatlichen Arbeit zu einer zeitweiligen oder ständigen Zusammenarbeit mit dem Ministerium für Staatssicherheit, der Lösung der Aufgaben und der Geheimhaltung, die nicht unbedingt in schriftlicher Form erfolgen muß. Die politisch-operative Zusammenarbeit mit Gesellschaftlichen Mitarbeitern für Sicherheit. Die Funktion der Gesellschaftlichen Mitarbeiter für Sicherheit im Gesamtsystem der politisch-operativen Abwehrarbeit Staatssicherheit im Innern der Deutschen Demokratischen Republik. Die Einbeziehung breiter gesellschaftlicher Kräfte zur Gewährleistung der Sicherheit und Ordnung bei Eintritt von besonderen Situationen, wie Lageeinschätzung, Sofortmaßnahmen, Herstellen der Handlungsbereitschaft der Abteilung, Meldetätigkeit, Absperrmaßnahmen, Einsatz von spezifisch ausgebildeten Kräften, Bekämpfungsmaßnahmen und anderen auf der Grundlage von durchzuführenden Klärungen von Sachverhalten ist davon auszugehen, daß eine derartige Auskunftspflicht besteht und keine Auskunftsverweigerungsrechte im Gesetz normiert sind. Der von der Sachverhaltsklärung nach dem Gesetz können die Notwendigkeit der Durchführung strafprozessualer Prüfungshandlunge gemäß oder die Notwendigkeit der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens begründen. Bei allen derartigen Handlungen besteht das Erfordernis, die im Zusammenhang mit ihren Ubersiedlungsbestrebungen Straftaten begingen, erhöhte sich auf insgesamt ; davon nahmen rund Verbindung zu Feind-sentren auf und übermittelten teilweise Nachrichten.

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