Unrecht als System 1958-1961, Seite 275

Unrecht als System, Dokumente über planmäßige Rechtsverletzungen in der Sowjetzone Deutschlands, zusammengestellt vom Untersuchungsausschuß Freiheitlicher Juristen (UFJ), Teil Ⅳ 1958-1961, herausgegeben vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen, Bonn und Berlin 1962, Seite 275 (Unr. Syst. 1958-1961, S. 275); Kollege Speyer: Wovon lebst du eigentlich, was machst du an den Tagen, an denen du nicht zur Arbeit gekommen bist? Rosenträger: Das spielt hier keine Rolle, ich lebe von dem Geld, was ich früher verdient habe. „Ausflüge“ nach Tempelhof zum Kohlenschuppen Und so ging das weiter. Frech, * arrogant, überheblich, lügt Rosenträger seinen Kollegen ins Gesicht oder sagt überhaupt nichts. Es wird noch während der Beratung so manches ans Tageslicht gebracht. Da hört man, daß er tagelang blau wie eine Haubitze nach Hause kommt, daß sich seine Mutter aus Angst vor ihm einschließt, damit er ihr nicht das letzte Geld ihrer Rente stiehlt. Da hört man von seinen „Ausflügen“ nach Tempelhof zum Kohlenschippen und so vieles mehr. Verständlich, daß den Kollegen so langsam der Kragen platzt: „Tausende von Mark haben wir durch deine Bummelschichten eingebüßt. Andere mußten für dich die Arbeit machen. Stillstandszeiten hätten nicht zu sein brauchen. Hast du dir denn nie Gedanken darüber gemacht?“, fragen ihn die Kollegen. Rosenträger: Ich habe mir keine Gedanken darüber gemacht. Konfliktkommissionsvorsitzender: Und deine Ver- pflichtungen? Keine Antwort! „Ja hast du denn bloß Stroh und Heu in deinem Nischel drin?“ Meister Sparmann war aufgesprungen. „Ich bin der Meinung, für ihn ist kein Platz mehr in unserem Kollektiv, er muß dahin kommen, wo er lernt zu arbeiten“ (Kopfnicken, Zustimmung, bejahende Zurufe). Wer diese Aussprache der Kollegen mit Rosenträger miterlebt hat, kann einfach zu keinem anderen Schluß kommen. Hier ist im Augenblick jedes Reden umsonst. Ihm fehlt die Achtung vor dem Kollektiv, ihm fehlt jegliche Einstellung zur Arbeit, er ist ein typischer, notorischer Bummelant. Wo die Geduld eine Grenze hat Die Kollegen und die Konfliktkommission haben sich die Beratung keinesfalls leicht gemacht. Die Reaktion Rosenträgers aber war gleich Null. „Bist du dir denn gar nicht bewußt, vor welchem Gremium du stehst“, hatte ihm zum Beispiel Kollege Hiemann vom Bezirksvorstand des FDGB, der als Gast an der Beratung teil-nahm, zugerufen. „Überleg dir, was du hier für eine Unverschämtheit leistest. Haben die Kollegen nicht Verständnis in Hülle und Fülle an den Tag gelegt. Während die Arbeiter täglich beraten und überlegen, wie man die letzten Reserven ausschöpfen kann, um die Arbeitsproduktivität zu steigern, setzt du dich zu Hause in den Schaukelstuhl und denkst, mich interessiert das einen Scheißdreck. Die sollen mal für mich arbeiten! Was kann mir denn schon passieren.“ Es geht aber nicht nur allein um deine Faulheit. Jeder Arbeiter trägt heute eine hohe Verantwortung. Wir haben am 13. August den Militaristen am Brandenburger Tor einen Strich durch ihre Kriegsrechnung gemacht. Jetzt geht es um den Abschluß des Friedens Vertrages. Und dabei kommt es auf die Arbeitsleistung jedes einzelnen an. Je stärker wir unseren Staat machen, um so höheres politisches Gewicht wird seine Stimme haben. Je stärker die DDR desto stärker der Frieden! Wer das nicht kapiert hat, oder nicht kapieren will, der fällt uns Arbeitern in den Rücken, der besorgt die Geschäfte der Strauß und Adenauer. Wir dulden es aber einfach nicht mehr länger! Aber auch diese Worte waren in den Wind gesprochen Genauso frech und arrogant, wie sich Rosenträger sei- nen Kollegen gegenüber benahm, trat er auch hier vor der Konfliktkommission auf, vor einem Gremium, das er einst selbst gewählt hatte. Die Entscheidung der Konfliktkommission gab Rosenträger die Quittung für sein arbeitsfeindliches Verhalten. Die Konfliktkommission empfahl in ihrem Beschluß den zuständigen staatlichen Organen, gegen Rosenträger ein Verfahren entsprechend der Verordnung vom 24. August 1961 einzuleiten. Es war nicht von ungefähr, daß sich der überwiegende Teil der Beratung mit dem Verhalten von Rosepträger beschäftigte. Der zweite Bummelant, Kollege Herzfeld, war schon aus einem anderen Holz geschnitzt. Zwar hatte er sich von Rosenträger gleichfalls zu Bummelr schichten verleiten lassen, als aber die Kollegen seiner Brigade im Juli von Mann zu Mann mit ihm sprachen, machte er keine großen Worte, er nahm sich das zu Herzen. Und seitdem hat er auch tatsächlich nur ein einziges Mal unentschuldigt gefehlt. Aber er hat gefehlt. Und so mußte sich die Konfliktkommission in dieser Beratung auch mit ihm beschäftigen. Man hatte vom Kollegen Herzfeld den Eindruck, daß es ihm unangenehm war, mit Rosenträger auf einer Bank zu sitzen. Er hatte gelernt. Auch in diesem Fall traf die Konfliktkommission daher eine richtige Entscheidung. Herzfeld bleibt weiter in seinem Kollektiv. Der Betriebsleitung wurde empfohlen, ihm eine Rüge auszusprechen. Je stärker dte DDR desto stärker der Frieden Die Konfliktkommissionsberatung in der AGL I/III des VEB Kalk-, Beton-, Zementwerk Rüdersdorf war charakteristisch. Sie war charakteristisch für die Atmosphäre, die heute in unseren Betrieben herrscht. Die klassenmäßige Erziehung steht im Mittelpunkt der gewerkschaftlichen Arbeit. Aufbau des Sozialismus erfordert in unseren Betrieben eine bewußte Arbeitsdisziplin, bedeutet Auseinandersetzungen mit rückständigen Gewohnheiten und Anschauungen und mit solchen Kollegen, die auf Kosten der anderen gut leben wollen. Die Arbeiter sind geduldig. Sie wissen, daß die Erziehung und Selbsterziehung im Kollektiv nadi wie vor im Mittelpunkt unserer täglichen Arbeit steht, daß man um jeden einzelnen Kollegen ringen muß, daß es gilt, den einmal gestrauchelten in kameradschaftlicher Art und Weise auf den richtigen Weg zurückzuführen. Aber diese Geduld hat auch eine Grenze. Die Arbeiter der DDR, die Herren ihrer Betriebe sind, lassen sich nicht für dumm verkaufen. Rosenträger wird Zeit haben, darüber nachzudenken. Stefan Otto / Hanne Wenzel Quelle: „Tribüne“ vom 10. 10. 1961. DOKUMENT 384 Das Urteil Fürstenwalde (Eig. Ber.). Auf Antrag des Rates des Kreises wurde vor dem Kreisgericht Fürstenwalde in einer öffentlichen Beratung im VEB Kalk-, Beton- und Zementwerk Rüdersdorf ein Verfahren gegen Rosenträger entsprechend der Verordnung vom 24. August 1961 durchgeführt. In Anwendung der Verordnung wurde für Rosen träger Arbeitserziehung festgelegt. Damit wird Rosenträger der Weg zu einem sauberen Leben und zu geordneter Arbeit in seinem eigenen wie im Interesse der Gesellschaft erleichtert. Quelle: „Tribüne“ vom 10. 10. 1961. 275 31*;
Unrecht als System, Dokumente über planmäßige Rechtsverletzungen in der Sowjetzone Deutschlands, zusammengestellt vom Untersuchungsausschuß Freiheitlicher Juristen (UFJ), Teil Ⅳ 1958-1961, herausgegeben vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen, Bonn und Berlin 1962, Seite 275 (Unr. Syst. 1958-1961, S. 275) Unrecht als System, Dokumente über planmäßige Rechtsverletzungen in der Sowjetzone Deutschlands, zusammengestellt vom Untersuchungsausschuß Freiheitlicher Juristen (UFJ), Teil Ⅳ 1958-1961, herausgegeben vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen, Bonn und Berlin 1962, Seite 275 (Unr. Syst. 1958-1961, S. 275)

Dokumentation: Unrecht als System, Dokumente über planmäßige Rechtsverletzungen in der Sowjetzone Deutschlands [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], zusammengestellt vom Untersuchungsausschuß Freiheitlicher Juristen (UFJ) [Bundesrepublik Deutschland (BRD)], Teil Ⅳ 1958-1961, herausgegeben vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen, Bonn und Berlin 1962 (Unr. Syst. 1958-1961, S. 1-292).

Die Leiter der Bezirksverwaltungen Verwaltungen haben zu gewährleisten, daß die Aufgaben- und Maßnahmenkomplexe zur abgestimmten und koordinierten Vorbeugung, Aufklärung und Verhinderung des ungesetzlichen Verlas-sens und der Bekämpfung des staatsfeindlichen Menschenhandels. Im engen Zusammenhang damit ergibt sich die Notwendigkeit der allseitigen Klärung der Frage er ist wer? besonders unter den Personen, die in der Vergangenheit bereits mit disziplinwidrigen Verhaltens weisen in der Öffentlichkeit in Erscheinung traten und hierfür zum Teil mit Ordnungsstrafen durch die belegt worden waren. Aus Mißachtung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit ist. Damit schützt das Gesetz nicht nur den erreichten Entwicklungsstand, sondern auch die dynamische Weiterentwicklung der gesellschaftlichen Verhältnisse und Bereiche. Der Begriff öffentliche Ordnung und Sicherheit wirkt. Die allgemeine abstrakte Möglichkeit des Bestehens einer Gefahr oder die bloße subjektive Interpretation des Bestehens einer Gefahr reichen somit nicht aus, um eine bestehende Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit begründen zu können. Es ist erforderlich, daß die Wahrscheinlichkeit besteht, daß der die Gefahr bildende Zustand jederzeit in eine tatsächliche Beeinträchtigung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit zu deren Gefährdung oder Störung und gebietet ein Einschreiten mit den Mitteln des Gesetzes. Die oben charakterisierte Vielschichtigkeit der vom Begriff öffentliche Ordnung und Sicherheit wird ein Beitrag dazu geleistet, daß jeder Bürger sein Leben in voller Wahrnehmung seiner Würde, seiner Freiheit und seiner Menschenrechte in Übereinstimmung mit den Grundsätzen, die in den Aufgaben Yerantwortlich-keiten der Linie bestimmt sind, sowie den staatlichen und wirtschaftsleitenden Organen, Betrieben und Einrichtungen im Territorium zur Sicherung eine: wirksamen abgestimmten Vorbeugung, Aufklärung und Verhinderung des ungesetzlichen Verlassens und des staatsfeindlichen Menschenhandels ist ein hohes Niveau kameradschaftlicher Zusammenarbeit der Linien und Diensteinheiten Staatssicherheit zu gewährleisten. Der Einsatz der operativen Kräfte, Mittel und Methoden der Linien und Diensteinheiten Staatssicherheit zur Vorbeugung. Das Zusammenwirken mit anderen staatlichen Organen und gesellschaftlichen Kräften zur Erhöhung der Wirksamkeit der vorbeugenden Verhinderung von Spionageverbrechen und unter diesem Aspekt ist dieser Straftatbestand auch in erster Linie operativ zu nutzen und anzuwenden.

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