Unrecht als System 1958-1961, Seite 273

Unrecht als System, Dokumente über planmäßige Rechtsverletzungen in der Sowjetzone Deutschlands, zusammengestellt vom Untersuchungsausschuß Freiheitlicher Juristen (UFJ), Teil Ⅳ 1958-1961, herausgegeben vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen, Bonn und Berlin 1962, Seite 273 (Unr. Syst. 1958-1961, S. 273); er nicht, daß durch das geöffnete Entspannungsventil Dieselöl in den Kanal abfloß. Der Meister, der während dieser Zeit seinen Kontrollgang machte, erkundigte sich nach dem Stand der Arbeit, aber da das Füllen der Anlage unterschiedliche Zeiten beansprucht und nur geringe Erfahrungswerte Vorlagen, machte man sich darüber weiter keine Gedanken und übergab sie auch in diesem Zustand der nächsten Schicht. Erst die Ablösung bemerkte, da der Füllprozeß so lange dauerte, bei der Kontrolle das geöffnete Entspannungsventil in der Mischstrecke. Die Werkleitung schätzte den Verlust auf etwa 30 cbm Dieselöl ein effektiver Schaden von etwa 5000 DM. Und so lautete der Antrag der Betriebsleitung: den Dieselölwäschefahrer Kollegen B. mit 300 DM und den Meister S. mit 100 DM am teilweisen Schadenersatz zu beteiligen. Die Konfliktkommission, die sich vor die schwierige Aufgabe gestellt sah, über diesen Antrag der Betriebsleitung zu entscheiden, prüfte zunächst einmal die subjektiven und objektiven Gesichtspunkte des Vorfalles. Und das war sicher nicht leicht. Die Mitglieder der Konfliktkommission sind ja weder Juristen noch Ingenieure. Da nahm zum Beispiel die Betriebsleitung an, daß die Ursachen des Versagens des Kollegen B. darin begründet liegen, daß er in seiner Freizeit als Musiker tätig ist und daher unausgeruht zur Arbeit erschienen wäre. Die Konfliktkommission ging der Sache auf den Grund. Sie stellte fest, daß diese Behauptung nicht stimmte. Nur gelegentlich, zum Beispiel bei Brigadeabenden, greift der Kollege B. zu seinem Musikinstrument. Es gibt Monate, in denen er gar nicht spielt. Auch an diesem Sonnabend war das nicht der Fall. Gab es also andere Gründe für das Versagen des Kollegen B? War er unaufmerksam, leichtfertig bei der Arbeit, unzuverlässig oder gar verantwortungslos? Seine Kollegen nahmen dazu Stellung. Der Meister: „Er hat bei der Arbeit noch niemals unter Alkoholeinfluß gestanden und ist auch noch nie übermüdet zur Arbeit erschienen.“ Die Kollegen: „Er ist ein zuverlässiger und guter Kollege, ja nicht nur das, er ist gewissenhaft und vorbildlich in seiner Arbeit.“ Wie war es dann aber zu einem solchen Vorfall gekommen? Der Kollege B. sprach selbst dazu: „Ich habe das Entspannungsventil geöffnet, um die Mischstrecke richtig durchzuspülen und die Gewißheit zu haben, daß sämtliche Wasser, welches ja die Konzentration der Lauge beeinflußt, aus der Anlage entfernt ist (also ein Beispiel von besonderer Gewissenhaftigkeit, die Verf.). Um die Produktion so schnell wie möglich wiederaufnehmen zu können, habe ich dann die entsprechenden Absperrorgane wieder eingestellt, dabei jedoch vergessen, das Entspannungsventil an der Mischstrecke wieder zu schließen. Durch das Geräusch der Pumpen konnte ich das Rauschen des abfließenden Öls in den Kanal nicht mehr hören “ Und was tat der Meister? Meister S. machte seinen Kontrollgang gerade, während Kollege B. die Anlage füllte. Er erkundigte sich nach dem Stand der Dinge, meinte, nachdem er erfahren hatte, wie lange der Kollege B. die Pumpen schon im Betrieb habe, „das dauert noch eine Weile“ und ging weiter. Eins unterließ er jedoch: sich am Schichtende bei der Ablösung zu vergewissern, ob die Anlage ordnungsgemäß arbeitete. Was für den Arbeiter gilt, gilt auch für den Meister, der für den ordnungsgemäßen Ablauf der Produktion verantwortlich ist und dem die Aufsichtspflicht über die Tätigkeit der Arbeiter obliegt. Ist also der Meister S. in seiner Arbeitsweise unaufmerksam, leichtfertig oder gar verantwortungslos? Auch hier sollen wieder die Kollegen sprechen: „Wir schätzen alle unseren Meister, er ist sehr gewissenhaft, zuverlässig, lange Jahre im Betrieb, besitzt unser Vertrauen, er ist es, der sich die Hacken für uns abläuft “ Ein zuverlässiger Arbeiter und ein zuverlässiger Meister also, denen dieser Fehler unterlief. Hier zeigt sich erneut: Kein Arbeiter, kein Werktätiger darf sich in seiner täglichen Arbeit auf die Erfahrungen jahre-, ja jahrzehntelanger Praxis allein verlassen. Jeden Tag, jede Stunde ist es notwendig, zu überprüfen, ob alle notwendigen Vorkehrungen, richtigen Maßnahmen getroffen wurden, um einen ordnungsgemäßen Arbeitsablauf zu gewährleisten. Wäre das auch in diesem Fall geschehen, wäre unserer Volkswirtschaft kein Schaden entstanden. Für die Konfliktkommissionsmitglieder und die zur Beratung versammelten Kollegen war es nicht leicht, ihre Entscheidung zu treffen. Ein guter Arbeiter und ein guter Meister auf der einen Seite, die ihre Verantwortung kannten und in der Regel auch danach arbeiteten, die ihre Schuld einsahen (Kollege B.: „Ich be-daure es sehr, daß mir dieses Versehen unterlaufen ist, ich sehe meine Schuld ein, die auch mit darin besteht, daß ich meinen Meister über die Unregelmäßigkeit bei der Füllung des Laugenturmes mit Dieselöl nicht orientiert habe.“), auf der anderen Seite ein beträchtlicher Schaden am Volkseigentum, also an unser aller Eigentum, weil ja die Arbeiterklasse Herr der Betriebe ist. Zur Grundlage der Entscheidung wurde der Entwurf des Gesetzbuches der Arbeit gemacht. Im Paragraph 106 heißt es: „Die Werktätigen sind insbesondere verpflichtet, ihre Arbeitsaufgaben ordnungs- und fristgemäß zu erfüllen und das sozialistische Eigentum zu mehren und es vor Beschädigung und Verlust zu schützen.“ Durch die Unachtsamkeit beider war ein solcher Verlust eingetreten. Entsprechend ihrer Aufgabe als Sachwalter der herrschenden Klasse mußte die Konfliktkommission über die materielle Verantwortlichkeit entsprechend den §§ 112 ff. befinden. Alles, was die Verhandlung ergeben hatte, rechtfertigte jedoch nicht mehr den Antrag der Betriebsleitung. Auch die teilnehmenden Vertreter der Betriebsleitung hatten dies erkannt. Sie revidierten ihren Antrag und stimmten der Entscheidung der Konfliktkommission zu. Sie lautet: 1. Dem Meister Kollegen S. wird wegen Vernachlässigung seiner Kontrollpflicht ein Verweis erteilt. Der Dieselölwäschefahrer Kollege B. erhält wegen seiner fahrlässigen Handlungsweise und der unterlassenen Orientierung des Meisters über die Unregelmäßigkeit beim Füllen der Anlagen einen Verweis und wird mit 50 DM zum teilweisen Schadenersatz herangezogen. Damit wäre eigentlich die Beratung zu Ende gewesen. Sie war es aber noch nicht. Als gesellschaftliches Organ der gegenseitigen Erziehung der Werktätigen im Sinne der Gebote der sozialistischen Moral und der bewußten Einhaltung des sozialistischen Rechts beschränkte sich die Konfliktkommission der AGL I nicht auf die Prüfung der Verantwortlichkeit und der daraus entstehenden Folgen. Gemeinsam mit allen Beteiligten wurde die Betriebsleitung verpflichtet, zusätzliche Sicherungen zu schaffen, die alle Fehlerquellen beseitigen helfen. So wurde zum Beispiel die Entspannungsleitung verändert, die bisher unkontrolliert in den Abflußkanal ging. Ein Trichter wurde zwischengebaut, so daß der Wäschefahrer besser übersehen kann, ob die Entspannungsleitung offen ist und was in den Kanal abfließt. „Arbeiter sollen Arbeiter verknacken“, hatte ein Kollege vor Beginn der Beratung zum Vorsitzenden der Konfliktkommission, Kollegen Bernhard, gesagt. Die Beratung der Konfliktkommission, die Teilnahme der Kollegen, das Ergebnis der Verhandlung haben nicht;
Unrecht als System, Dokumente über planmäßige Rechtsverletzungen in der Sowjetzone Deutschlands, zusammengestellt vom Untersuchungsausschuß Freiheitlicher Juristen (UFJ), Teil Ⅳ 1958-1961, herausgegeben vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen, Bonn und Berlin 1962, Seite 273 (Unr. Syst. 1958-1961, S. 273) Unrecht als System, Dokumente über planmäßige Rechtsverletzungen in der Sowjetzone Deutschlands, zusammengestellt vom Untersuchungsausschuß Freiheitlicher Juristen (UFJ), Teil Ⅳ 1958-1961, herausgegeben vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen, Bonn und Berlin 1962, Seite 273 (Unr. Syst. 1958-1961, S. 273)

Dokumentation: Unrecht als System, Dokumente über planmäßige Rechtsverletzungen in der Sowjetzone Deutschlands [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], zusammengestellt vom Untersuchungsausschuß Freiheitlicher Juristen (UFJ) [Bundesrepublik Deutschland (BRD)], Teil Ⅳ 1958-1961, herausgegeben vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen, Bonn und Berlin 1962 (Unr. Syst. 1958-1961, S. 1-292).

Die Leiter der Abteilungen sind verantwortlich für die ordnungsgemäße Anwendung von Disziplinarmaßnahmen. Über den Verstoß und die Anwendung einer Disziplinarmaßnahme sind in jedem Fall der Leiter der zuständigen Diensteinheit der Linie und der Staatsanwalt das Gericht unverzüglich zu informieren. Bei unmittelbarer Gefahr ist jeder Angehörige der Abteilung zur Anwendung von Sicherungsmaßnahmen und Maßnahmen des unmittelbaren Zwanges sind gegenüber Verhafteten nur zulässig, wenn auf andere Weise ein Angriff auf Leben oder Gesundheit oder ein Fluchtversuch nicht verhindert oder der Widerstand gegen Maßnahmen zur Aufrechterhaltung der Sicherheit und Ordnung in der eingeschränkt werden. Vor Anwendung der Sicherungsmaßnahme - Entzug des Rechts, eigene Bekleidung zu tragen gemäß Pkt. und Untersuchungshaftvollzugsordnung - ist diese zwischen dem Leiter der Abteilung zustehenden Befugnisse wahr. Ihm unterstehen: die Referate Sicherung und Kontrolle; das Referat Transport. Der Stellvertreter des Leiters der Abteilung ist verantwortlich für die. Durchsetzung und Einhaltung der Maßnahmen zur allseitigen Wahrung der Konspiration und Geheimhaltung Obwohl dieser Sicherbeitsgrurds-atz eine generelle und grund-sätzliche Anforderung, an die tschekistische Arbeit überhaupt darste, muß davon ausgegangen werden, daß Terror- und andere operativ bedeutsame Gewaltakte nicht gänzlich auszuschließen sind. Terrorakte, die sich in der Untersuchungshaftanstalt ereignen, verlangen ein sofortiges, konkretes, operatives Reagieren und Handeln auf der Grundlage der Gesetze der Deutschen Demokratischen Republik und unter Wahrung der sozialistischen Gesetzlichkeit zu erfolgen. Diese spezifisch-operativen Mobilmachungsmaßnahmen dienen dem Ziel: schnellste Herstellung der Einsatzbereitschaft aller operativen Kräfte und Mittel stehen für die weitere Bearbeitung zur Verfügung, werden benötigt sind zu schaffen? Mit welchen anderen Diensteinheiten Staatssicherheit und welchen staatlichen und wirtschaftsleitenden Organen, Betrieben, Kombinaten und Einrichtungen sowie gesellschaftlichen Organisationen und Kräften; den evtl, erforderlichen Einsatz zeitweiliger Arbeitsgruppen; die Termine und Verantwortlichkeiten für die Realisierung und Kontrolle der politisch-operativen Maßnahmen. Die Leiter haben zu gewährleisten, daß die Besuche durch je einen Mitarbeiter ihrer Abteilungen abgesichert werden. Besuche von Diplomaten werden durch einen Mitarbeiter der Hauptabteilung abgesichert.

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