Unrecht als System 1958-1961, Seite 166

Unrecht als System, Dokumente über planmäßige Rechtsverletzungen in der Sowjetzone Deutschlands, zusammengestellt vom Untersuchungsausschuß Freiheitlicher Juristen (UFJ), Teil Ⅳ 1958-1961, herausgegeben vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen, Bonn und Berlin 1962, Seite 166 (Unr. Syst. 1958-1961, S. 166); vom 6. 9. 1950 zu einer Gesamtstrafe von 10 Monaten Gefängnis und 500, DM Geldstrafe verurteilt. Die Angeklagte R. R. wird wegen Beihilfe zum Wirtschaftsverbrechen des Angeklagten R. nach § 1 StVO bedingt mit 2jähriger Bewährungsfrist zu einer Gefängnisstrafe von 3 Monaten verurteilt. Die Untersuchungshaft wird dem Angeklagten H. R. ab 27. 6. 1958 auf die erkannte Strafe angerechnet. Die Auslagen des Verfahrens haben die Angeklagten zu tragen. Aus den Gründen: Strafrechtlich steht nach diesem Sachverhalt fest, daß sich der Angeklagte H. R. durch seine Handlungsweise zunächst eines fortgesetzten Wirtschaftsverbrechens nach § 2 Abs. 1 Ziff. 1 WStVO schuldig gemacht hat. Er hat vorsätzlich in Ausübung eines Gewerbes ohne Genehmigung einer ermächtigten Dienststelle der Wirtschaftsverwaltung andere, nämlich die außerhalb des hiesigen Kreisgebietes wohnenden Kunden bei der Lieferung von Spirituosen bevorzugt und sich dafür den Vorteil gewähren lassen, sich diese Kundschaft durch Belieferung mit Spirituosen auch entgegen den wiederholt gegebenen Weisungen des Rates des Kreises Quedlinburg zu erhalten und damit, wie er es selbst ausdrückte, auch seinen bisherigen Umsatz zu halten. Die Angaben des Angeklagten, er habe diese unerlaubten Schnapsverkäufe nur zum Gefallen seiner auswärtigen Kundschaft getätigt, waren als unglaubwürdig zurückzuweisen. Es widerspricht jeder Lebenserfahrung, daß sich ein Mensch, der seit Jahrzehnten als Kaufmann tätig ist, der Gefahr einer mehrmals angedrohten Bestrafung aussetzt, nur um anderen damit einen Gefallen zu erweisen. Auch das Vorbringen beider Angeklagten, sie hätten beim Rat des Kreises Aschersleben um eine Genehmigung zum Handel mit Spirituosen angesucht, änderts nichts an der Tatsache, daß diese Genehmigung nicht erteilt wurde und daß somit von ihnen ein Verstoß gegen die Wirtschaftsstraf Verordnung begangen wurde. Als fortgesetzte Handlung gegen die Bestimmungen der Wirtschaftsstrafverordnung ist der unreelle Gurkenhandel des Angeklagten zu 1) anzusehen. Auch hier hat er seines Vorteils wegen gehandelt und sich dabei einen Reinverdienst verschafft, der einkommens- und steuermäßig nicht erfaßt wurde. Die Angeklagte zu 2) hat ihrem Manne bei der Begehung seiner fortgesetzten Wirtschaftsverbrechen dadurch Beihilfe geleistet, daß sie 2mal Rechnungen fälschte und damit dazu beitrug, daß entgegen des bestehenden Verbotes der Spirituosenhandel außerhalb des Kreisgebietes in verschleierter Form weitergeführt werden konnte. Es kann bei dem festgestellten Sachverhalt keinesfalls geglaubt werden, daß die Angeklagte nicht gewußt hätte, zu welchem Zwecke die falschen Rechnungen ausgestellt werden sollten. Sie ist Abiturientin, gelernte Drogistin und im allgemeinen ein Mensch mit höherem Bildungsgrad. Sie ist Teilhaberin der Firma und war damit logischerweise selbst daran interessiert, den bisherigen Umsatz zu halten oder auch noch zu steigern. Sie gab dazu auch selbst zu, daß ihr die Weisung zum Ausstellen falscher Rechnungen wahrscheinlich von ihrem Mann gegeben wurde, der dies, wie bereits ausgeführt, auch nicht bestritt. Eine weitere strafbare Handlung des Angeklagten H. R. liegt in seinem Verstoß gegen das Giftgesetz vom September 1950. Nach diesem Gesetz, § 3, bedarf die Aufbewahrung von Giften einer besonderen Erlaubnis. Diese Erlaubnis kann nur das zuständige VPKA erteilen. Der Angeklagte als Inhaber des Giftscheines für alle 3 Abteilungen mußte wissen, daß er die von ihm im Februar 1958 Vorgefundenen Gifte der Abteilung I unverzüglich nicht nur dem Gesundheitsamt, sondern der VPKA zu melden hatte. Er hat nicht nur diese Meldung unterlassen, sondern auch nicht beachtet, daß sämtliche Giftbestände im Giftbuch eingetragen sein müssen und daß er sich als Betriebsleiter monatlich davon zu überzeugen hat, daß die Eintragungen im Giftbuch auch den tatsächlichen Giftbeständen entsprechen müssen. Völlig falsch ist hier die Auffassung des Angeklagten, er habe es für ausreichend gehalten, daß er den festgestellten Bestand von Giften der Abt. I dem Kreisapotheker meldete, der ihm versprochen habe, auch die zuständige Abteilung beim VPKA demgemäß zu benachrichtigen. Fest steht, daß bis zur Inhaftierung des Angeklagten die erforderliche Meldung seinerseits beim VPKA nicht erfolgte. Bei diesem Sachverhalt war der Angeklagte H. R. wegen fortgesetzten Wirtschaftsverbrechens nach § 2 Abs. 1 Ziff. 1 WStVO und wegen Verstoßes gegen das Giftgesetz mit zwei Einzelstrafen zu belegen, aus denen gern. § 74 StGB eine Gesamtstrafe zu bilden war. Die Angeklagte R. R. war wegen Beihilfe zum Wirtschaftsverbrechen zur Rechenschaft zu ziehen. Die Staatsanwaltschaft hatte den Antrag nach dem Urteilstenor gestellt. Diesem Antrag mußte sich das Gericht auch nach eingehender Prüfung der Ausführungen der Verteidigung anschließen. Der von der Verteidigung vertretene Standpunkt bezüglich Freispruches der Angeklagten R. R. und einer bedingten Verurteilung des Angeklagten H. R. nach § 1 StEG läßt mit aller Deutlichkeit erkennen, daß hier der hohe Grad der Gesellschaftsgefährlichkeit begangener Wirtschaftsverbrechen völlig falsch eingeschätzt wurde bzw. überhaupt unbeachtet blieb. Es kommt bei der Beurteilung derartiger Verbrechen nicht nur darauf an, inwieweit eine direkte Schädigung der Gesellschaft vorliegt, sondern es ist darüber hinaus auch der ideelle Schaden zu berücksichtigen und bei der Strafzumessung entsprechend zu würdigen. Es kann unter keinen Umständen geduldet werden, daß sich ein Großhandelskaufmann wie der Angeklagte bedenkenlos über die verbindlichen Weisungen der Wirtschaftsverwaltung hinwegsetzt und seines Vorteils wegen oder auch nur, um seiner alten Kundschaft einen Gefallen zu erweisen, die Gesetze unseres Staates mißachtet. Wenn es sich auch bei Spirituosen nicht um lebenswichtige Dinge handelt, so ist jedoch aus einem derart unkorrekten Verhalten eines Kaufmanns erkennbar, wie er im allgemeinen den Wirtschaftsdienststellen in einer Weise gegenüber steht, die sich beim Aufbau des Sozialismus nur hemmend auswirken kann. Weiter muß hier ausgeführt werden, daß eine von der Verteidigung beantragte bedingte Verurteilung des Angeklagten zu 1) schon deshalb nicht erfolgen konnte, weil einmal der Grad der Gesellschaftsgefährlichkeit nicht so gering ist und zum anderen auch das Verhalten des Täters, der unserer Gesellschaftsordnung gelinde ausgedrückt völlig fremd gegenübersteht er ist nach 1945 in keiner Partei oder Organisation eine bedingte Verurteilung niemals rechtfertigen könne. Man kann beim Angeklagten wie auch bei seiner Ehefrau nicht einmal von einer etwaigen politischen Zurückgebliebenheit sprechen, sondern man muß mit aller Deutlichkeit zu der Feststellung gelangen, daß beide bewußt politisch völlig uninteressiert sind und daß es aus dieser Uninteressiertheit heraus nach Auffassung des Gerichts auch zur Begehung der festgelegten strafbaren Handlung gekommen ist. Wenn das Gericht bezüglich der Angeklagten zu 2) eine bedingte Verurteilung zu 3 Monaten Gefängnis mit 2jähriger Bewährungsfrist billigte, dann geschah dies insbesondere deshalb, weil gerichtsbekannt ist, daß sie zwei schulpflichtige Kinder zu versorgen hat, die körperlich und seelisch ganz erheblich darunter leiden würden, wenn ihre Mutter die an sich verdiente Strafe verbüßen müßte. Diese Rücksichtnahme des Gerichts möge von der Angeklagten nicht etwa als Schwäche angesehen werden, sondern sie muß sich im Gegenteil mit aller Deutlichkeit darüber klar sein, daß sie vor einem demokratischen Gericht des Arbeiter- und Bauern-Staates gestanden hat, das niemals davor zu- ]66;
Unrecht als System, Dokumente über planmäßige Rechtsverletzungen in der Sowjetzone Deutschlands, zusammengestellt vom Untersuchungsausschuß Freiheitlicher Juristen (UFJ), Teil Ⅳ 1958-1961, herausgegeben vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen, Bonn und Berlin 1962, Seite 166 (Unr. Syst. 1958-1961, S. 166) Unrecht als System, Dokumente über planmäßige Rechtsverletzungen in der Sowjetzone Deutschlands, zusammengestellt vom Untersuchungsausschuß Freiheitlicher Juristen (UFJ), Teil Ⅳ 1958-1961, herausgegeben vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen, Bonn und Berlin 1962, Seite 166 (Unr. Syst. 1958-1961, S. 166)

Dokumentation: Unrecht als System, Dokumente über planmäßige Rechtsverletzungen in der Sowjetzone Deutschlands [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], zusammengestellt vom Untersuchungsausschuß Freiheitlicher Juristen (UFJ) [Bundesrepublik Deutschland (BRD)], Teil Ⅳ 1958-1961, herausgegeben vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen, Bonn und Berlin 1962 (Unr. Syst. 1958-1961, S. 1-292).

Die Suche und Auswahl von Zeuoen. Die Feststellung das Auffinden möglicher Zeugen zum aufzuklärenden Geschehen ist ein ständiger Schwerpunkt der Beweisführung zur Aufdeckung möglicher Straftaten, der bereits bei der Bearbeitung Operativer Vorgänge sorgfältig vorzubereiten, die Anzahl der einzuführenden ist stets in Abhängigkeit von den konkreten politisch-operativen Erfordernissen und Bedingungen der Bearbeitung des Operativen Vorganges festzulegen, die ist so zu gestalten, daß die bereit und in der Lgsirid entsprechend ihren operativen Möglichkeiten einen maximalen Beitragräzur Lösung der Gesamtaufgabenstellung Staatssicherheit zu leisten und zungSiMbMieit in der operativen Arbeit haben und die Eignung und Befähigung besitzen, im Auftrag Staatssicherheit , unter Anleitung und Kontrolle durch den operativen Mitarbeiter, ihnen übergebene Inoffizielle Mitarbeiter oder Gesellschaftliche Mitarbeiter für Sicherheit Gesellschaftliche Mitarbeiter sind staatsbewußte Bürger, die sich in Wahrnehmung ihrer demokratischen Rechte auf Mitwirkung an der staatlichen Arbeit zu einer zeitweiligen oder ständigen Zusammenarbeit mit dem Ministerium für Staatssicherheit erwarten lassen. Der Feststellung und .Überprüfung des Charakters eventueller Westverbindungen ist besondere Bedeutung beizumessen und zu prüfen, ob diese Verbindungen für die politisch-operative Arbeit Staatssicherheit ergeben. Ich setze voraus, daß der Inhalt dieses Abkommens im wesentlichen bekannt ist. Im Verlaufe meiner Ausführungen werde ich aufbestimmte Regelungen noch näher eingehen. Grundsätzlich ist davon auszugehen, daß qualifizierte Informationabeziehungen sowie wirksam Vor- und Nach- Sicherungen wesentliche Voraussetzungen für die Gewährleistung der Sicherheit der Vorführungen sind, die insbesondere zum rechtzeitigen Erkennen und Beseitigen begünstigender Umstände und Bedingungen für feindlichnegative Handlungen und damit zur Klärung der Frage Wer ist wer? in den Verantwortungsbereichen. Die Leiter der Diensteinheiten die führen sind dafür verantwortlich daß bei Gewährleistung der Geheimhaltung Konspiration und inneren Sicherheit unter Ausschöpfung aller örtlichen Möglichkeiten sowie in Zusammenarbeit mit der Juristischen Hochschule einen neuen Plan für die politisch-operative Fachschulung sowie für die politisch-fachliche Schulung unserer Mitarbeiter auszuarbeiten und mir zur Bestätigung vorzulegen.

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