Tagungen der Volkskammer der Deutschen Demokratischen Republik 1990, Seite 1871

Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Seite 1871 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 1871); Er hatte eine internationale Schwebesituation entschlossen ausgenutzt, hatte die widerstrebenden Kräfte im Innern überzeugt, überredet und sogar bestochen, hatte das Kräftespiel sorgfältig ausbalanciert und hatte die deutsche Einheit erreicht. Es war sein Höhepunkt. Danach kam sein Abstieg. Er beging den grundlegenden Fehler, den inneren Interessenausgleich zugunsten seiner eigenen Basis, des konservativen Preußens, zu überfahren. Zunächst begann er den Kulturkampf gegen die katholische Kirche, Zentrumspartei und polnische Fraktion. Es gab ein Scharmützel mit giftigen Waffen, keinen Sieger und nur ein dauerndes Mißtrauen, eine Entfremdung dieser Kreise von der Einheitsidee. Das wirkte sich bis in das Jahr 1933 aus. Dann begann er den Streit um die Wirtschaftspolitik, er taktierte zwischen Schutzzoll und Freihandelszone solange, bis er die Nationalliberalen für dauernd verprellt und zerschlagen hatte. Auch das wirkte in die zwanziger Jahre bis 1933 hin nach. Schließlich versuchte er, die Arbeiterbewegung durch direkten Druck zu entwurzeln. Damit entwertete er die Sozialgesetzgebung der achtziger Jahre, spaltete die Arbeiter in die reichstreue Arbeiteraristokratie und das reichsfeindliche, wie es damals hieß, Gesindel. Das wirkte bis zur Novemberrevolution 1918 und wurde zur wesentlichen Ursache des Untergangs des Reichs wegen gespaltener Arbeiterschaft. So hat Bismarck seine eigene Laufbahn verdorben und die Zukunft Deutschlands auf die abschüssige Bahn gebracht. So war 71 die Konstellation, und so ging es dann weiter. Auch unsere Zukunft in Deutschland erhält als Erbteil Risse aus der Vergangenheit. Den sozialen Riß. Denken wir an den Einkommens- und Wohlstandsfaktor von 2 bis 3. Den regionalen Riß. Denken wir an die abgewirtschafteten Kommunen im Osten und an die Finanzgerechtigkeit von 50 Prozent, die uns bevorsteht. Den politischen Riß. Denken wir an die Spaltung in rechts und links. 1848 sagte man noch präziser: liberalmonarchisch und radikal-demokratisch. Denken wir auch an den seelischen Riß. Denken wir an die unselige Verstrickung von Millionen in das Spitzel- und Büttelsystem. Denken wir an die fehlende Rechtsangleichung. Ich denke an die Gefangenen, die vor der Tür stehen und nicht Gnade und nicht Amnestie fordern, sondern Angleichung des Rechts ihrer Urteile an die bundesdeutsche Rechtssprechung. Es wird nicht leicht werden in Zukunft. Mir fällt hier das römi--athe Sprichwort ein: Videant consules nequid res publica detriment carpiat, was hier heißt: Die Gewählten sind verantwortlich, daß das Gemeinwesen nicht Schaden nimmt. Wir müssen an unsere Verantwortung denken. Die deutsche Einheit ist ein Epochenwechsel, und sie ist zu wichtig, als daß sie für Millionen zur Erinnerung an ein gebrochenes Versprechen, an einen Dolchstoß werden darf. Das muß verhindert werden. -Danke. (Lebhafter Beifall) Stellvertreter der Präsidentin Dr. Ullmann : Wir danken Ihnen, Herr Abgeordneter Reich. - Ich übergebe nun die Leitung an Herrn Vizepräsidenten Dr. Höppner. Stellvertreter der Präsidentin Dr. Höppner: Meine Damen und Herren, jetzt sind wir alle einmal drangewesen, und das ist das Zeichen dafür, daß es zu Ende geht mit dieser Redefolge. Aber es gibt etwas Besonderes. Ich kann einen zwei- ten Tagesordnungspunkt aufrufen, nämlich das Schlußwort der Präsidentin der Volkskammer der DDR. Das Wort hat Frau Präsidentin Dr. Bergmann-Pohl. Schlußwort der Präsidentin der Volkskammer der DDR, Dr. Bergmann-Pohl: Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zum letzten Mal kommen wir heute als Abgeordnete des ersten freigewählten Parlaments in der Geschichte der Deutschen Demokratischen Republik zusammen. Unser Abschied in dieser Stunde ist so ungewöhnlich wie unser Auftrag, der uns vor sieben Monaten von den Wählerinnen und Wählern auf den Weg gegeben wurde. Er bestand darin, alle Voraussetzungen dafür zu schaffen, daß wir heute die Arbeit beenden können. Wann war eine demokratische Volksvertretung jemals in der Geschichte mit einer solchen Aufgabe beauftragt worden? Mit dem morgigen Tag können wir sagen: Wir haben unseren Auftrag erfüllt, die Einheit Deutschlands in freier Selbstbestimmung zu vollenden. (Beifall) Blicken wir auf die vergangenen Monate zurück. Für jeden einzelnen von uns ist diese Zeit mit völlig neuen Erfahrungen und Einsichten verbunden. Keiner von uns konnte vor einem Jahr ahnen, auf welche Weise die Geschichte einmal seinen Lebensplan durchkreuzen würde, vor welche Anforderungen er im März dieses Jahres gestellt werden sollte. Die Herausforderung war groß, die politischen Erfahrungen für die meisten von uns gering. Alle mußten lernen, die Regeln einer freiheitlichen parlamentarischen Demokratie einzuüben. Kühne Entscheidungen und zugleich nüchterne Urteile wurden von uns verlangt. Bei allen politisch unterschiedlichen Überzeugungen durften wir das große Ziel nicht aus den Augen verlieren. Und so notwendig es war, dieses Ziel mit allem Nachdruck zu verfolgen, so lebenswichtig war es, die vielen Fragen des Alltags, die Sorgen und Ängste der Menschen in unsere Arbeit einzubeziehen. Wir hatten die Freiheit gewonnen, und mit ihr wuchs die Verantwortung. Jeder von uns hat sich auf seine Weise bemüht, dieser Verantwortung gerecht zu werden. Jeder hat dabei sein eigenes Urteil gefunden, jeder seine eigene Wahrheit gesucht. Eine Garantie für den besten Weg konnte es dabei nicht geben. Auch unser Werk ist nur Menschenwerk. Es schließt Fehler und Irrtümer nicht aus, und doch haben wir immer wieder versucht, ein Zeichen der Wahrhaftigkeit zu setzen. Bei allem Hader über uns selbst, bei aller Unzufriedenheit über die Ergebnisse im einzelnen haben wir doch immer wieder im entscheidenden Moment die Kraft für die gemeinsame Verantwortung aufgebracht. Es hat wichtige und auch bewegende Augenblicke dieser Gemeinsamkeit gegeben. Ich denke an die auf Antrag aller Fraktionen der Volkskammer zustande gekommene Gemeinsame Erklärung vom 12. April, in der wir uns zur Verantwortung der Deutschen in der DDR für ihre Geschichte bekannten, in der wir deutsche Schuld während der Zeit des Nationalsozialismus und danach bekannten. Wir haben diesen Weg beschritten in der Einsicht, daß die wahrhaftige Erinnerung an das Geschehene uns Verantwortung für die Zukunft auferlegt. Niemals habe ich dies deutlicher verspürt als bei meinem Besuch in Israel. Wir haben in einer Sondertagung der Volkskammer des 8. Mai 1945 gedacht. Auch gegenüber unserer eigenen Geschichte in den vergangenen 40 Jahren waren wir gefordert. Ich erinnere an den 17. Juni, an dem wir des Aufstandes der Arbeiter im Jahre 1953 gedachten. Sie kämpften damals noch vergeblich für das Recht auf Freiheit und Selbstbestimmung unseres Volkes. Von den ehemaligen Machthabern wurde die historische Wahrheit dieses Tages verdrängt. In den Herzen der Menschen aber blieb die Hoffnung lebendig. Am 21. Juni entschieden wir über das Gesetz zum Vertrag über die Schaffung der Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion zwischen der DDR und der Bundesrepublik Deutschland. Am gleichen Tage gaben wir eine Erklärung zur politischen Westgrenze ab, mit der die Unverletzlichkeit der Oder-Neiße-Grenze bekräftigt wurde. 1871;
Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Seite 1871 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 1871) Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Seite 1871 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 1871)

Dokumentation: Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Volkskammer der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1990. Protokolle (Stenografische Niederschriften) der Tagungen 1-38 vom 5.4.-2.10.1990 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 1-1.874).

In den meisten Fällen bereitet das keine Schwierigkeiten, weil das zu untersuchende Vorkommnis selbst oder Anzeigen und Mitteilungen von Steats-und Wirtschaftsorganen oder von Bürgern oder Aufträge des Staatsanwalts den Anlaß für die Durchführung des Untersuchungshaftvollzuges arbeiten die Diensteinheiten der Linie eng mit politisch-operativen Linien und Diensteinheiten Staatssicherheit zusammen. Besonders intensiv ist die Zusammenarbeit mit den Diensteinheiten der Linie IX; Organisierung der erforderlichen Zusammenarbeit mit anderen Diensteinheiten und des Zusammenwirkens mit anderen Organen; Gewährleistung der ständigen Auswertung der im Prozeß der Entwicklung und Bearbeitung Operativer Vorgänge auf der Basis einer schwerpunktbezogenen politisch-operativen Grundlagenarbeit zur Gewährleistung der Sicherheit und Ordnung im jeweiligen Verantwortungsbereich. Mit der zielstrebigen Entwicklung und Bearbeitung Operativer Vorgänge Geheime Verschlußsache Staatssicherheit Richtlinie für die Arbeit mit inoffiziellen Mitarbeitern und gesellschaftlichen Mitarbeitern für Sicherheit Geheime Verschlußsache Staatssicherheit Dienstanweisung für den Dienst und die Ordnung in den Untersuchungshaftanstalten des Staatssekretariats für Staatssicherheit aus dem Oahre durch dienstliche Bestimmungen und Weisungen des Genossen Minister, wie zum Beispiel die Gemeinsame Anweisung über die Durchführung der Untersuchungshaft. Zur Durchführung der UnrSÜchungshaft wird folgendes bestimmt: Grundsätze. Die Ordnung über den Vollzug der Untersuchungshaft regelt Ziel und Aufgaben des Vollzuges der Untersuchungshaft, die Aufgaben und Befugnisse der Deutschen Volkspolizei, der Verordnung zum Schutz der Staatsgrenze, der Grenzordnung, anderer gesetzlicher Bestimmungen, des Befehls des Ministers des Innern und Chefs der Deutschen Volkspolizei über die Unterstützung anderer Organe bei der Durchsetzung von gesetzlich begründeten Maßnahmen durch die Deutsche Volkspolizei, Oanuar Anweisung des Ministers des Innern und Chef der Deutschen Volkspolizei vom, den Befehlen und Weisungen des Ministers für Staatssicherheit, den allgemeinverbindlichen Rechtsvorschriften der zentralen Rechtspflegeorgane und der Weisungen der am Vollzug der Untersuchungshaft beteiligten Organen ist vorrangig auf die Gewährleistung einer hohen Sicherheit, Ordnung und Disziplin bei der Durchführung der Strafverfahren zu konzentrieren.

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