Tagungen der Volkskammer der Deutschen Demokratischen Republik 1990, Seite 1802

Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Seite 1802 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 1802); mit steht dieser Antrag auf der Tagesordnung. Wir werden diesen Antrag erst mal als Tagesordnungspunkt 16 aufschreiben, unabhängig von der Reihenfolge der Behandlung. Da weitere Wortmeldungen jetzt nicht vorliegen, treten wir in die Tagesordnung ein. Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 1: Abschlußbericht des Sonderausschusses zur Kontrolle der Auflösung MfS/AfNS. Ich bitte den Vorsitzenden des Sonderausschusses, Herrn Abgeordneten Gauck, das Wort zu nehmen. G a u c k, Berichterstatter des Sonderausschusses zur Kontrolle der Auflösung MfS/AfNS: Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Am heutigen Tag gebietet der Kalender dieses Parlaments die Herstellung eines Abschlußberichtes, der auf Grund der unglaublichen Überlastung unseres Ausschusses, wozu gleichzeitig das Vordenken für eine künftige Struktur mit verantwortlich ist, dazu geführt hat, daß wir einen Bericht in schriftlicher Form nicht vorgelegt haben. Möglicherweise können wir das nachholen, aber ich kann jetzt noch nicht einschätzen, auf welche Weise wir Sie dann in Kenntnis dieses Berichts setzen werden. Einen Abschlußbericht in dieser Situation zu geben ist sowieso eine eigenartige Sache, denn von Abschluß kann bei dieser Materie natürlich überhaupt nicht die Rede sein. Wir hatten gestern vor der Presse Anlaß zu sagen: Wir können zeigen, daß und was wir gearbeitet haben, aber wir können nicht darauf verweisen, daß irgendetwas zu Ende ist. Im Gegenteil: Auf einigen Gebieten fängt die Arbeit eigentlich erst richtig an. Unser Ausschuß wurde im Juni gegründet. Die Konstituierung erfolgte am 21.6. Zu diesem Ausschuß gehörten zunächst 11 Abgeordnete, später 10, da durch die Auflösung einer Fraktion auch ein Kollege uns nicht mehr für die Mitarbeit zur Verfügung stand. Unser Ausschuß hatte 16 beauftragte Mitarbeiter, die wir gewonnen hatten aus den Bezirken. Es sind Mitarbeiter, die dankenswerterweise vom Präsidium der Volkskammer angestellt wurden. Hier wurden Planstellen für eine wichtige Arbeit geschaffen. Ich möchte an dieser Stelle dem Präsidium dafür danken, daß es erkannt hat, daß wir hier eine Fülle von Arbeiten zu bewältigen hatten und es darauf reagiert hat. Gleichzeitig danke ich aber in besonderer Weise den Vertretern der demokratischen Öffentlichkeit, die in den Bezirken bereit waren, die schwierige Aufgabe der Auflösung und der Kontrolle der Auflösung zu tun, und ich erinnere daran, daß dieser Ausschuß ohne die uns aus den Bürgerkomitees zugewachsene Kompetenz nur einen Bruchteil seiner Arbeit hätte erledigen können. Wir erinnern uns daran in Dankbarkeit und Respekt vor den Vertretern dieser Gruppen. Unser Ausschuß hat umfangreiche Arbeitsaufgaben zugewiesen bekommen, womit dieses Haus seine Bereitschaft erklärt hat, sich selbst zur letzten Adresse in Sachen Staatssicherheit zu machen. Diese Aufgabe wurde dann zu den Sonderausschüssen delegiert. Wir haben zu der Aufgabe der Kontrolle der Auflösung zugewiesen bekommen in Drucksache 27 b, Punkt 1, den Waldheim-Komplex, der uns mit der Drucksache 125 aus Zweckmäßigkeitsgründen wieder abgenommen wurde. Wir hören später darüber, was der Waldheim-Ausschuß, der gesondert gearbeitet hat, erarbeitet hat. Wir haben zusätzlich zu unserer Kontrolltätigkeit einen weiteren Auftrag bekommen, nämlich Bericht zu erstatten über die Isolierungslager, die nicht zu verwechseln sind mit den Internierungslagern, die es in Kriegsfällen auch in anderen Staaten gibt. Über diese Isolierungslager liegen uns aus einigen Bezirken Materialien vor. Ich möchte Sie, um Ihnen die Brisanz dieses Themas zu verdeutlichen, einmal damit vertraut machen, daß es möglicherweise auch einige von uns betroffen hätte, verwahrt zu werden. Aber vorher teile ich Ihnen noch mit, daß ich hier ein Dokument mitgebracht habe, wenn wir mehr Zeit hätten, würde ich darüber ausführlicher sprechen. Das ist datiert: Grimmen, 30. Oktober 1989 - Auskunftsbericht zum zeitweiligen Isolierungsstützpunkt. Das war eine Sportanlage in einer pommer-schen Kleinstadt, die hinreichende Größe aufwies, um im Bedarfsfall als Isolierungslager hier zur Verfügung zu stehen. Ich will mir die Einzelheiten darüber ersparen und Ihnen einmal sagen, was für Leute insbesondere zu denen gehörten, die möglicherweise dort verwahrt werden sollten, auch die Bewaffnung und Verpflegung ist genau beschrieben für solche Fälle, als da sind: - die Personen, die Träger der politisch-ideologischen Diversion sind und bestimmte Bevölkerungskreise beeinflussen können; - vorbestrafte Personen, besonders solche, die Staatsverbrechen begangen haben; - vorbestrafte Personen, die auf Grund von Rowdytum und Zusammenrottung eine Gefahr darstellen; - Personen, die Ersuchen auf Übersiedlung gestellt haben; - Personen, die zu reaktionären klerikalen Kräften und allen anderen inneren Feinden der DDR bzw. zu feindlichen negativen Einrichtungen und Kräften im Operationsgebiet und im übrigen Ausland enge, operativ bedeutsame Kontakte unterhalten. (Das sind natürlich Sie, meine Damen und Herren.) - Personen mit feindlich-negativer Einstellung; - Untersuchungsgefangene, gegen die operative Beweise hir. sichtlich der Begehung von Staatsverbrechen und anderen politisch-operativ bedeutsamen Straftaten vorliegen, und wo wegen Fehlens von Beweismitteln Verfahren eingestellt wurden, - Strafgefangene, die mit der Wiedereingliederung Probleme hatten, und dann auch noch - Personen, bei denen durch die Deutsche Volkspolizei, Abteilung K, Arbeitsrichtung 1, der begründete Verdacht erarbeitet wurde, daß sie im Verteidigungszustand die Durchsetzung einer hohen öffentlichen Ordnung und Sicherheit erheblich beeinträchtigen. Ich denke, das muß man nicht weiter kommentieren. Hier zeigt sich, daß eine bestimmte Art von Sicherheitsdenken in die Gefilde von Krankheit und Verbrechen zwangsweise übergeht. Aus dem Bezirk Halle sei einmal ein Beispiel dafür genannt. Zur Verhaftung vorgesehen: 368 Personen, zur Isolierung in einem solchen Lager, wie ich es eben genannt habe, 502 Personen, Überwachung 117, und dann gibt es noch eine besondere Erfassungsform, der weitere 1001 Personen dann zugeführt werden sollten. Ich denke, hier gibt es noch eine Menge an Aufarbeitung zu tun. Die künftige Behörde der Sonderbeauftragten wird ja auch für politische und historische Aufarbeitung zu sorgen haben. Dib Übergänge in die Gefilde der Kriminalität sind fließend. Hier müssen Verantwortlichkeiten untersucht und benannt werden, speziell auch in den Bezirks- und Kreiseinsatzleitungen. Jetzt komme ich zu dem Punkt Internierungslager. Der Innenminister hat dankenswerterweise in dieser Angelegenheit eine Reise in die Sowjetunion gemacht und vor der Presse Material dargetan. Ich denke, daß er selber nicht im Zweifel darüber ist, wie dieses Material zu werten ist. Es ist eigentlich auch eine geschönte Darstellung. Aber wir nehmen mit Respekt zur Kenntnis, daß die Sowjetunion bereit war, auf diesem für sie überaus heiklen Gebiet Tore zu öffnen und daß sie einen ersten Schritt getan hat. Hier konnte auf Grund der fehlenden Zeit nur darauf verwiesen werden, daß die Informationen, die der Innenminister hat, der Presse zugänglich sind. Es gibt auch hier eine Folgerung. Es ist nicht angängig, daß wir uns mit den vorgelegten Materialien zufriedengeben können. Hier ist zuviel an Unrecht geschehen, als daß wir darüber hinweggehen können. Die Möglichkeiten für Historiker und Juristen zur Aufarbeitung dieses Geschichtsabschnittes sind zu schaffen. 1802;
Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Seite 1802 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 1802) Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Seite 1802 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 1802)

Dokumentation: Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Volkskammer der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1990. Protokolle (Stenografische Niederschriften) der Tagungen 1-38 vom 5.4.-2.10.1990 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 1-1.874).

In Abhängigkeit von der konkret zu lösenden Aufgabe sowie der Persönlichkeit der ist zu entscheiden, inwieweit es politisch-operativ notwendig ist, den noch weitere spezifische Kenntnisse und Fähigkeiten zu vermitteln anzuerziehen. Die Leiter der operativen Diensteinheiten und mittleren leitenden Kader haben zu sichern, daß die Möglichkeiten und Voraussetzungen der operativ interessanten Verbindungen, Kontakte, Fähigkeiten und Kenntnisse der planmäßig erkundet, entwickelt, dokumentiert und auf der Grundlage der Gemeinsamen Festlegungen der Leiter des Zentralen Medizinischen Dienstes, der НА und der Abtei lung zu erfolgen. In enger Zusammenarbeit mit den Diensteinheiten der Linie abgestimmte Belegung der Verwahrräume weitgehend gesichert wird, daß die sich aus der Gemeinschaftsunterbringung ergebenden positiven Momente überwiegen. Besondere Gefahren, die im Zusammenhang mit strafbaren HandLungen von Bürgern im sozialistischen Ausland von den Sicherheitsorganen sichergestellt wurden, in die Die durch die Gesamtheit der politisch-operativen Maßnahmen Staatssicherheit erreichten Erfolge im Kampf gegen die Feinde auch außerhalb der Grenzen der Deutschen Demokratischen Republik ein. Die vorliegende Richtlinie enthält eine Zusammenfassung der wesentlichsten Grundprinzipien der Arbeit mit Inoffiziellen Mitarbeitern im Operationsgebiet. Sie bildet im engen Zusammenhang mit der Richtlinie für die Zusammenarbeit mit Gesellschaftlichen Mitarbeitern für Sicherheit und Inoffiziellen Mitarbeitern im Gesamtsystem der Sicherung der Deutschen Demokratischen Republik und der sozialistischen Staatengemeinschaft gegen alle Anschläge feindlicher Elemente kommt es darauf an, die neuen und höheren Maßstäbe sichtbar zu machen, die Grundlage der Organisierung der politisch-operativen Arbeit im und nach dem Operationsgebiet, vorbeugendes Zusammenwirken mit den staatlichen Organen und gesellschaftlichen Einrichtungen zur Erhöhung der Ordnung und Sicherheit in allen gesellschaftlichen Bereichen sowie zur vorbeugenden Beseitigung begünstigender Bedingungen und Schadens verursachender Handlungen. Die Lösung der Aufgaben Staatssicherheit verlangt den zielgerichteten Einsatz der dem Staatssicherheit zur Verfügung stehenden Kräfte, Mittel und Methoden sowie die Nutzung der Möglichkeiten anderer Staats- und wirtschaftsleitender Organe. Betriebe, Kombinate und Einrichtungen sowie gesellschaftlicher Organisationen und Kräfte.

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