Tagungen der Volkskammer der Deutschen Demokratischen Republik 1990, Seite 1755

Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Seite 1755 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 1755); Weder das Rehabilitierungsgesetz noch das Datenschutzgesetz haben trotz Nachbesserung auf massiven Druck der Besetzer der Stasi-Zentrale in der Normannenstraße eine verbindliche Festschreibung erfahren. Der Erhalt der kulturellen Substanz der künftigen fünf Länder ist nicht gesichert. Die sozialen Belange der Künstler und Kulturschaffenden sind nicht ausreichend berücksichtigt. Die Unterzeichner dieser Erklärung haben sich dennoch dazu entschlossen, dem Einigungsvertrag und der Vereinbarung vom 18. September 1990 mit ernstzunehmenden Bedenken zuzustimmen, weil sie davon überzeugt sind, daß die zu gering durchgesetzten Forderungen der SPD in einem Überleitungsgesetz noch weniger berücksichtigt werden. Die Unterzeicher sprechen jedoch ihre nachdrückliche Erwartung aus, daß sich der gesamtdeutsche Gesetzgeber so schnell wie möglich im Interesse des sozialen Friedens und der Menschen darum bemüht, die vorher genannten Mängel zu beheben. Dabei sind die in der Stellungnahme des Ausschusses Deutsche Einheit der Volkskammer genannten Forderungen und Vorschläge zum Einigungsvertrag vom 31. August 1990 vollständig zu berücksichtigen. (Beifall bei der SPD) Stellvertreter der Präsidentin Dr. Höppner: Als nächster spricht der Abgeordnete Nooke. Nooke (Bündnis 90/Grüne): Ich habe dem zweiten Staatsvertrag meine Zustimmung nicht gegeben. Das fiel mir um so schwerer, weil ich schon im Novem-ber/Dezember 1989 mich öffentlich zur staatlichen Einheit Deutschlands bekannt habe. Dieses Ja zur Einheit besteht auch heute. Aber das bedeutet nicht zwangsläufig ein Ja zum Einigungsvertrag. Die inhaltlichen Einwände gegen diesen Vertrag sind mehrmals genannt worden. Insbesondere das Thema Eigentum ist im Einigungsvertrag in mehrfacher Hinsicht zuungunsten der hier auf dem Gebiet der DDR lebenden Menschen entschieden worden. Dazu gehört die Quasi-Aufhebung des von unserer Fraktion eingebrachten Kommunalvermögensgesetzes; das Recht der Kommunen, Betriebe, Stadtwerke und kommunale Energieversorgungssysteme zu übernehmen, wurde auf das Recht der Minderheitsbeteiligung reduziert. Eine sich auflösende DDR-Regierung, die rechtlich nicht mehr verantwortlich gemacht werden kann, greift in die Rechte Dritter ein. Länder und Kommunen werden bewußt zur politischen Einflußnahme in ungerechtfertigter Weise in finanzieller Abhängigkeit von der Zentralregierung gehalten. Die Rechte der Länder auf dem Gebiet der ehemaligen DDR "auf das Treuhandvermögen sind nicht gesichert, da zwar der ausschließliche Einsatz auf dem Gebiet der DDR zugesagt ist, aber es wird viele Aufgaben auf dem Gebiet der DDR geben, die von Rechts wegen der Bund, also der Gesamtstaat zu finanzieren hätte. Auch dafür haften nun die Menschen aus der DDR mit dem eigenen Volksvermögen. Das Gesetz zur Regelung offener Vermögensfragen macht Rückübertragungen von Eigentum an Grundstücken und Häusern zum Regelfall - und nicht die Entschädigung, so daß viele ehemalige DDR-Bürger keine Sicherheit haben, ob sie ihr in Treu und Glauben erworbenes Haus auch wirklich behalten können. Im Gegensatz dazu besteht aber für Erben, die keine Beziehungen zu dem vor 30 oder 40 Jahren verlassenen Eigentum haben, die Möglichkeit, über jahrelange Gerichtsverfahren für eben diese Unsicherheiten bei den hier lebenden Familien zu sorgen. Während es der westlichen Seite auf Grund ihrer wirtschaftlichen Stärke im Einigungsvertrag möglich war, die Interessen der Deutschen in der Bundesrepublik voll zu vertreten, konnten berechtigte Ansprüche von Noch-DDR-Bürgern, weil es finanzielle Kosten bedeutet hätte, nicht berücksichtigt werden. Dazu gehören z. B. die Forderungen von Bergbaugeschädigten, die ihre Häuser und Grundstücke infolge von Braunkoh- lenbergbau verloren haben. Eine rückwirkende und bei vielen sogar nach geltendem DDR-Recht vorgesehene Entschädigung ist im Einigungsvertrag nicht geregelt worden. Bergbaugeschädigte und Vertreter von Bürgerinitiativen aus dem Bezirk Cottbus haben ihren Protest mit ihrer Anwesenheit heute und in einem Brief an den Ministerpräsidenten parteiübergreifend versucht, das deutlich zu machen. Es kann nicht sein, daß reiche Erben derjenigen, die vielleicht aus wirtschaftlichen Gründen vor Jahrzehnten ihr Haus verlassen haben, Ansprüche geltend machen können und entschädigt werden bzw. sogar das Grundstück zurückübertragen wird, noch bevor die eben genannten Bergbaugeschädigten wenigstens die ihnen zustehende finanzielle Abfindung erhalten für ihr Grundstück, das sie vielleicht erst vor ein oder zwei Jahren auf Grund völlig verfehlter Energiepolitik und der Nötigung durch den alten SED-Staat aufgeben mußten. Dieses Beispiel soll zeigen, daß das wenige Geld, das zur Verhandlung stand, keineswegs zuerst für die in 40 Jahren Benachteiligten eingesetzt wurde. Wer aber DDR-Bürger als Wählerinnen und Wähler mißbraucht und einen unverantwortlichen Wohlstandswahlkampf in Gang setzt, um sich dann sogar über die völlig legitimen Interessen eben dieser Bürger hinwegzusetzen, hat nicht verstanden, wie man auch moralisch eine gemeinsame Gesellschaft organisiert. Wer meinte, es gäbe nur den einen Weg, die Reichen noch reicher zu machen und von den Benachteiligten noch mehr zu Sozialhilfeempfängern zu degradieren, der hat sich noch keine Gedanken gemacht, wie er die wirklichen Probleme in der Welt lösen will. Von allen Deutschen, auch von uns hier, muß ein anderes Verhalten erwartet werden, wenn wir gemeinsam mit Osteuropa ein vereintes friedliches Europa bauen wollen. Das gilt erst recht, wenn wir ohne Katastrophe als reicher Norden gemeinsam mit dem Süden in der Einen Welt überleben wollen. Das Ja zu dieser Einen Welt und eben gerade zur Einheit Deutschlands, die es nun gemeinsam zu gestalten gilt, ermöglichte mir persönlich nicht, in der Art und dem Verfahren des Einigungsvertrages zuzustimmen. Es könnte sein, daß mit diesen Aussagen und der freien Gewissensentscheidung, die ich getroffen habe, die Ambivalenz von Politik überhaupt und die komplementäre Sicht auf Politik noch deutlicher werden könnten. Ich danke. (Beifall) Stellvertreter der Präsidentin Dr. Höppner: Als nächster spricht der Abgeordnete Pietsch. Pietsch (Bündnis 90/Grüne:) In vielen Gesprächen mit Bürgern wurde mir nahegelegt, einem Einigungsvertrag meine Zustimmung zu geben. Ich hatte das dringende Bedürfnis, den Einigungsprozeß mit zu unterstützen und zu befördern. Nachdem ich aber erkennen mußte, daß dieser Vertrag kein Einigungsvertrag, sondern ein reiner Anschlußvertrag ist, in dem die existentiellen Interessen der Bürger des Landes, der neu zu bildenden Länder und der Kommunen keine Berücksichtigung fanden, nachdem ich darüber hinaus feststellen mußte, daß wir, die Abgeordenten der Volkskammer, übrigens auch die Abgeordneten des Bundestages, über wichtige und bedeutsame Inhalte des Vertrages nicht informiert wurden bzw. keine Kenntnis davon erhielten, konnte ich diesen Vertrag nur noch ablehnen. (Vereinzelt Beifall) Stellvertreter der Präsidentin Dr. Höppner: Als nächstes spricht die Abgeordnete Pfeiffer. Frau Pfeiffer (CDU/DA): Das ist eine persönliche Erklärung. Ich habe kein vorbereitetes Statement, weil mir eigentlich jetzt emotional einiges einge- 1755;
Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Seite 1755 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 1755) Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Seite 1755 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 1755)

Dokumentation: Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Volkskammer der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1990. Protokolle (Stenografische Niederschriften) der Tagungen 1-38 vom 5.4.-2.10.1990 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 1-1.874).

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