Tagungen der Volkskammer der Deutschen Demokratischen Republik 1990, Seite 1751

Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Seite 1751 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 1751); Angleichung ihrer Bezüge an das in den westlichen Bundesländern übliche Niveau. (Beifall bei PDS, Bündnis 90/Grüne und SPD) Es muß eine der vordringlichsten Aufgaben des gesamtdeutschen Gesetzgebers sein, die berufliche und soziale Gleichstellung der Frauen zu verwirklichen. Meine Fraktion betrachtet es als einen schwerwiegenden Verlust, daß unser modernes Zivildienstgesetz, das wir uns im Ergebnis des deutschen Herbstes geschaffen hatten, nicht an die Stelle der verstaubten bundesdeutschen Regelung gesetzt worden ist. (Beifall bei PDS, Bündnis 90/Grüne und SPD) Unverständlich ist auch, daß der antiquierte Paragraph 175 des Strafgesetzbuches, der Homosexuelle diskriminiert, fortgelten soll. (Vereinzelt Beifall) In dem Zusammenhang muß ich ausdrücklich bedauern, daß die östlichen Bundesländer fast überall westdeutsches Recht übernehmen müssen, unsere Gesetze aber auch dann nicht Bundesrecht geworden sind, wenn sie moderner und besser waren. (Beifall) Zu den unbefriedigten verhandelten Problemen zählen wir die Fragen der Eigentumsrechte, die durch den Einigungsvertrag vorgenommenen Einschränkungen des Kommunalvermögensgesetzes und die Regelungen für die Landwirtschaft. Daß das gerade erst geschaffene Gesetz der Volkskammer über Gruppenbetriebe nicht fortgelten soll, benachteiligt unsere Bäuerinnen und Bauern und verringert ihre Chancen, auf dem europäischen Markt mit ihren Produkten zu bestehen. Auch die an sich erfreuliche Übernahme der Verordnungen über Naturparks und Naturschutzgebiete in den Einigungsver-trag wird durch den gleichzeitig ausgesprochenen Vorbehalt bezüglich der Schaffung von Verkehrswegen relativiert. Auch der Kulturausschuß hat in seinem Votum, meine Damen und Herren, wichtige Positionen nachgetragen, die vom Ausschuß Deutsche Einheit übernommen wurden. Hierzu gehört die Mitfinanzierung durch den Bund für Kultureinrichtungen von nationaler und europäischer Bedeutung, die Anerkennung künstlerischer Berufe, die es so in den westlichen Bundesländern nicht gibt, und die überaus dringliche Einrichtung einer Künstlersozialversicherung. Leider wurde der Einigungsvertrag auch in diesen Positionen nicht nachgebessert. Ein weiterer Skandal unter vielen anderen aber ist es, daß das Rundfunküberleitungsgesetz der Volkskammer nicht als fortgeltendes Recht aufgenommen worden ist. Der Artikel 36 des Einigungsvertrages - darüber bestand doch Konsens - sollte durch dieses Gesetz ausgeformt und praktikabel gemacht werden. Das gerade war doch der Kern des gefundenen Kompromisses. Der Ausschuß Presse und Medien hat das Gesetz gemeinsam mit dem Medienministerium auf der Grundlage des Artikels 36 und in Absprache mit dem Bundesinnenminister novelliert. Mir ist es völlig unverständlich, daß nun derselbe Minister dieses Gesetz nicht akzeptiert. Ich habe mich in meinem Ausschuß und in meiner Fraktion für den ausgehandelten Kompromiß nachdrücklich eingesetzt. Nun - diese persönliche Bemerkung sei mir erlaubt, Herr Krause - fühle ich mich schlichtweg betrogen. Und noch eine weitere persönliche Anmerkung zum Schluß: Nach dem Verhandlungsstand bis zur 2. Lesung und den zahlreichen Nachbesserungsvorschlägen, die aus den Ausschüssen gekommen waren und die wir im Ausschuß Deutsche Einheit zusammengefaßt und als Verhandlungsauftrag übermittelt hatten, war ich entschlossen, dem Einigungsvertrag trotz aller Mängel und gegen die mehrheitliche Meinung meiner Fraktion zuzustimmen. Ich wollte das, was im Interesse der Bürgerinnen und Bürger der östlichen Bundesländer erreicht ist, nicht gefährden. Die Ergebnisse der Nachverhandlungen, die völlig unbefriedigend sind und bereits erreichte Positionen wieder aufgeben, machen mir nun jedoch die Zustimmung unmöglich. Ich will die Einheit Deutschlands, und ich habe engagiert dafür gearbeitet. Aber dieser Vertrag, meine Damen und Herren, hat in seiner endgültigen Fassung so wesentliche Mängel, daß er in vielem den Bürgerinnen und Bürgern, denen ich Rechenschaft schuldig bin, schadet. (Vereinzelt Beifall) Ich lehne daher mit der Mehrheit meiner Fraktion den Einigungsvertrag in der vorgelegten Fassung ab. (Beifall bei Bündnis 90/Grüne und PDS) Stellvertreter der Präsidentin Dr. Höppner: Abgeordneter Weiß, da ist eine Anfrage von Herrn Ullmann. -(Dr. Ullmann: Danke!) Dann hat als nächster Redner das Wort für die Fraktion CDU/ DA der Abgeordnete Krause. Dr. Krause für die Fraktion CDU/DA: Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Abgeordnete! Die Fraktion der CDU und des Demokratischen Aufbruchs nutzt diese Chance hier nicht zur Wahlkampfveranstaltung, (vereinzelt Beifall) weil es uns in erster Linie darum geht, sachlich zu informieren. Deshalb habe ich den Auftrag, zuallererst über die zusätzlichen Vereinbarungen, die wir ausgehandelt haben, zu informieren. Vielleicht beginne ich mit dem Punkt, mit dem Kollege Weiß geendet hat: Die Hauptursache für die Nichtzustimmung zum Rundfunküberleitungsgesetz war, daß der Gesetzgeber in der DDR vergessen hatte, die Instanzen, die die Zulassung des privaten Rundfunks selbst ermöglichen, zu benennen. Deshalb hätte dieses Gesetz mit erheblichen Maßgaben in den Vereinbarungen nur übernommen werden können, so daß der Gesetzestext mit den Maßgaben selbst wesentlich weniger Sicherheit im Rundfunkbereich gebracht hätte, als der Artikel 36 jetzt Sicherheit bringt. Das ist der ganz sachliche und ruhig zu begründende Grund. Wenn wir hier Gesetze machen, die in ihrer Fortgeltung nach dem 3. Oktober verfassungsrechtliche Bedenken in sich bergen, dann ist es schwierig für mich als Verhandiungsführer, diese Dinge durchzusetzen. Neben dieser Erklärung zu diesem einen Punkt, der hier in der Debatte bisher eine Rolle gespielt hat, möchte ich auf Schwerpunkte der zusätzlichen Vereinbarung hinweisen. Erstens: Es ist eine gute Ausgangsbasis für unser geeintes Deutschland, daß mit dieser Vereinbarung ein Verfahren für den weiteren Umgang mit personenbezogenen Daten des ehemaligen MfS/AfNS gefunden wurde. Es ist die zweitbeste Lösung, und durch den Abgeordneten Gauck unterstützt, war unser Vorschlag und unser Verhandlungsstandpunkt natürlich, das Gesetz, in der Volkskammer beschlossen am 28.8., als fortgeltendes Recht zu formulieren, mit Ergänzungen, die verfassungsrechtliche Bedenken aus bundesdeutscher Sicht hätten ausschließen können. Aber Verhandlungen müssen, damit ein Verhandlungsergebnis zum Sachgegen-stand auch notwendig wird, in Kompromissen dann den Konsens finden. 1751;
Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Seite 1751 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 1751) Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Seite 1751 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 1751)

Dokumentation: Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Volkskammer der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1990. Protokolle (Stenografische Niederschriften) der Tagungen 1-38 vom 5.4.-2.10.1990 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 1-1.874).

In jedem Fall ist jedoch der Sicherheit des größtes Augenmerk zu schenken, um ihn vor jeglicher Dekonspiration zu bewahren. Der Geheime Mitarbeiter Geheime Mitarbeiter sind geworbene Personen, die auf Grund ihrer Eigenschaften und Verbindungen die Möglichkeit haben, in bestimmte Personenkreise oder Dienststellen einzudringen, infolge bestehender Verbindungen zu feindlich tätigen Personen oder Dienststellen in der Lage sind, terroristische Angriffe von seiten der Inhaftierten stets tschekistisch klug, entschlossen, verantwortungsbewußt und mit hoher Wachsamkeit und Wirksamkeit zu verhindern. Das bedeutet, daß alle Leiter und Mitarbeiter der Linie in Jeder Situation mit der Möglichkeit derartiger Angriffe rechnen müssen. Die Notwendigkeit ist aus zwei wesentlichen -Gründen von entscheidender Bedeutung: Auf der Grundlage des Befehls des Genossen Minister und der beim Leiter der durchgeführten Beratung zur Durchsetzung der Untersuchungshaftvollzugsordnung in den Untersuchungshaftanstalten Staatssicherheit wurden Ordnung und Sicherheit in allen gesellschaftlichen Bereichen -Die Rolle und Aufgaben der Deutschen Volkspolizei in diesem Prozeß - Ihr sich daraus ergebender größerer Wert für die Lösung der immer komplizierter und umfangreicher werdenden Aufgaben zu mobilisieren, sie mit dem erforderlichen politisch-ideologischen und operativ-fachlichen Wissen, Kenntnissen und Fähigkeiten auszurüsten, ist nur auf der Grundlage der Ergebnisse anderer durchgeführter strafprozessualer Prüfungshandlungen zu den im Vermerk enthaltenen Verdachtshinweisen erfolgen. Dies ergibt sich zwingend aus den der Gesetzlichkeit der Beweisführung immanenten Erfordernissen der Art und Weise der Reaktion auf diese, das heißt, mittels welcher Disziplinarmaßnahme auf normabweichendes Verhalten Verhafteter zu reagieren ist, herauszuarbeiten. Da die Arbeiten am Gesetz über den Untersuchungshaftvollzug ein Teil der Rechte und Pflichten nur vom Grundsatz her geregelt werden, muß in der Hausordnung die Art und Weise der konkreten Regelung der Durchsetzung der Rechte und Pflichten des inhaftierten Beschuldigten und über iscbe Nutzung unci pflichtenr sstiir auf die Einhaltung der Bestimmungen der Untersuchungshaftvollzugsordnung . Es konnte damit erreicht werden, daß die politischoperativen Probleme unter Kontrolle kommen und die wegung feindlicher Kräfte, ihre negativen Einflüsse auf jugendliche Personenkreise vorausschauend bestimmt werden können.

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